- Schriftgröße +

 

Shimar hatte eine für ihn sehr merkwürdig anmutende Sache gespürt, die er nicht einordnen konnte. Er hatte das Gefühl, aus seinem Körper ausgetreten zu sein, denn er hatte sich selbst gesehen und es hatte für ihn ausgesehen, als sei er von sich selbst aufgestiegen. Dann hatte es ein weißes Licht gegeben, das ihn umfangen und ihn erst jetzt wieder freigegeben hatte. Da das Letzte, an das er sich erinnerte, war, dass er in IDUSAs Cockpit gesessen hatte und sie ihn über den Umstand informiert hatte, dass sie ihn mit Alpha-Wellen bestrahlt hatte, glaubte er eingeschlafen zu sein und zu träumen und wurde auch nicht stutzig, als er sich in einer parkähnlichen Landschaft wiederfand, in der ihn die Wolke aus Licht abgeladen hatte.

Er wählte eine Richtung und sah sich um. Es gab eine Menge Pflanzen, die er auch von Tindara kannte. Aber auch welche aus anderen Welten schienen dabei zu sein. Der Park war recht übersichtlich angeordnet. Die breiten Kieswege wurden rechts und links von grünen Wiesen gesäumt. Hin und wieder gab es dort auch eine Bank aus mit warmen Farben gestrichenem Holz.

Auf so einer ließ sich Shimar jetzt nieder und begann nachzudenken. Die Gerüche in der Luft und vor allem seine telepathische Wahrnehmung hatten ihn an die Zeit erinnert, als er einmal seinen Körper verlassen hatte, um im Reich der Toten einen Besuch zu machen. Vielleicht spielte ihm seine Erinnerung jetzt einen Streich und er träumte davon. Aber wenn das der Fall war, dann war es ein sehr realer Traum. Es war alles so real! So …

Er kam nicht großartig weiter dazu, über seine Situation nachzudenken, denn im nächsten Moment hörte er eine Schelle und ein dicker schwarzer Kater sprang auf seinen Schoß. Er musste aus der Deckung irgendeines Gebüsches gekommen sein. Jedenfalls hatte Shimar ihn nicht gesehen.

Großspurig setzte sich das Tier jetzt auch noch hin und begann zu schnurren. Es schien es als selbstverständlich zu erachten, von jedem Zweibeiner, der ihm begegnete, gestreichelt und bespaßt zu werden.

Shimar bemerkte, dass der Kater ein Geschirr trug, an dem die Schelle befestigt war, die er gerade gehört hatte. Das Geschirr hatte außerdem eine Öse für eine Leine. Die einzige Katze, von der er allerdings gehört hatte, dass sie freiwillig an der Leine ging, war mein kleiner lieber Kater Mikosch gewesen. Das musste er sofort überprüfen. Zu diesem Zweck sah er sich den Kater noch genauer an.

„Du könntest Carusos Bruder sein.“, stellte er fest. „Nur die Augenfarbe stimmt nicht. Deine sind ja so gelb wie Bernstein!“

Er berührte das Fell des Katers. „Bist du weich!“, rief er aus. „Das ist ja schon fast ein Verbrechen, so weich zu sein, du Verführer! Kein Wunder, dass dich alle so gern streicheln. Alle inklusive meiner Person. Sag mal, bist du etwa der Mikosch?“ Als er Mikosch gesagt hatte, hatte der Kater die Ohren zu ihm gedreht und sie gespitzt. „OK.“, sagte Shimar. „Aber der Mikosch ist doch schon seit mindestens 800 Jahren tot. Wenn ich dir hier also begegne, dann heißt das ja, ich bin auch …“

Er dachte kurz nach und wiegte den Kopf hin und her. Dann verfinsterte sich der Ausdruck in seinem Gesicht und er sagte mürrisch: „Ich bin tot! Na toll! Beschissen! Oh, Mann! Wenn ein Tag schon so anfängt! Scheißmorgen! Ist heute vielleicht Montag?!“

Ein weiteres kleines Tier kam aus einem Weg gewuselt. Es war eine kleine weiße Hündin. Sie rannte auf Mikosch und ihn zu und wuselte um beide und die Bank herum. Wenn immer sie vor ihm stand, machte sie kurz halt und stellte sich mit Schwung auf ihre Hinterpfoten, um dann mit dem Schwanz wedelnd ein lautes: „Ruuuuu!“, mit weit aufgerissener Schnauze von sich zu geben.

Shimar, der dem Verhalten der Kleinen lange zugesehen hatte, musste anfangen zu lachen. Ob er nun wollte oder nicht. Ihr fliegendes Fell und ihr Gebaren waren einfach zu lustig, zumal sie jetzt auch noch ihre Vorderbeine einknickte, ihren Hintern mit dem immer noch wedelnden Schwanz in die Luft streckte und mit ihren jetzt freien Vorderpfoten immer wieder über ihr Gesicht wischte, das sie nur erreichen konnte, weil sie ihren Kopf von rechts nach links über den Boden schleifte. Dabei grunzte sie genießerisch.

Mikosch sprang plötzlich, wie auf eine für Shimar unverständliche Einladung, von dessen Schoß und dann rannten die Beiden hintereinander her. Bei diesem Spiel blieben aber Zähne und Krallen bedeckt. Ein Faktum, das ihn sehr faszinierte. Aber er wusste, dass die kleine Mausi die Sprache der Katzen verstand. Nur Mikosch hatte mit der Hundesprache so seine Probleme gehabt. Aber sie hatten ja fast 1000 Jahre zum Üben gehabt. Jetzt tobten sie miteinander herum, sprangen und purzelten übereinander, rannten voreinander davon und gaben dabei Laute von sich, die Shimar in starkes Entzücken versetzten. „Nein!“, rief er zwischen zwei Lachsalven aus. „Wie süß seid ihr denn miteinander?!“ Er hielt sich den Bauch.

So schnell das Spiel begonnen hatte, so schnell war es auch wieder vorbei. Jetzt lagen die Beiden total erschöpft vor ihm auf dem Fußweg und sahen ihn mit schmeichelnden Blicken an. „Na, ihr wollt wohl beide wieder auf meinen Schoß, was?“, sagte Shimar. „Also gut. Aber vertragt euch, sonst landet ihr beide wieder da unten! Ich will nämlich nicht als Kampfplatz missbraucht werden, klar?!“

Als wollten sie ihm versprechen, sich definitiv zu vertragen, kuschelten sich die kleine Mausi und Mikosch aneinander und der Kater schnurrte sogar laut auf. Mausi schmatzte. „OK!“, sagte Shimar. „Genehmigt! Na dann kommt her, ihr Schmuseknubbel!“

Er hob beide nacheinander auf seinen Schoß und setzte Mikosch auf sein rechtes und Mausi auf sein linkes Bein. Sofort kuschelten sich beide aneinander und an ihn. Auch er begann zufrieden damit, sie zu streicheln.

Während dessen merkte er nicht, dass sich langsam und leise jemand neben ihn gesetzt hatte. Erst dann, als der Mann ihn ansprach, wurde Shimar hellhörig: „Moin, Kamerad!“

Der junge Tindaraner stutzte. Ich war die Einzige gewesen, von der er dieses Wort je gehört hatte. Der Fremde hatte außerdem zwar die englische Aussprache benutzt, aber einen sehr starken Akzent in seiner Sprechweise. Das waren alles Dinge, die ihn sehr verwirrt hatten.

Die Tiere allerdings schienen ein sehr vertrautes Verhältnis zu dem Fremden zu haben, denn Mausi schnupperte nur kurz zu ihm herüber und schaute ihn freundlich an, während Mikosch ein lautes und freudiges: „Meng!“, hören ließ. „Das war der Beweis!“, lachte Shimar, der sein Miau wohl sehr lustig fand. „Du bist tatsächlich der Mikosch. So miaut nur einer.“ Ich hatte ihm von Mikoschs spezieller Art zu miauen erzählt.

Shimar drehte sich dem Fremden zu. Er war ein alter Mann von ca. 82 Jahren mit einer Glatze und freundlichem Gesicht. Offenbar handelte es sich um einen Terraner. Shimar schätzte ihn auf etwa 1,90 m. Er war von mittlerer Statur und trug ein rotes Hemd mit einer blauen Hose und schwarzen Schuhen. Shimar fragte sich, woher dieser Mann ihn kannte und warum er ihn als seinen Kameraden bezeichnet hatte.

Er beschloss dann doch, etwas auf die Ansprache des Fremden zu erwidern. „Hi, Mister.“, sagte er. „Mein Name ist Shimar. Aber ich glaube, Sie müssen mich verwechseln. Ich kenne Sie nicht.“ „Na, da denk besser noch mal genau drüber nach, Junge.“, sagte der Alte und schaute geduldig. „Wir kennen uns. Darauf würde ich wetten. Zumindest kennst du mein Bild, oder sollte ich besser sagen, meine Simulation?“

Shimar schoss es plötzlich siedendheiß durch den Kopf. Tatsächlich hatte er sich an eine Simulation erinnert, die er einmal gemeinsam mit mir besucht hatte. Dort war auch ein alter Mann vorgekommen, der sich ihm als mein Großvater Rudi vorgestellt hatte. Dass dieser das Wort Simulation wie selbstverständlich gebrauchte, verwunderte Shimar nicht wirklich. Schließlich war er zwar schon 1000 Jahre tot, aber das bedeutete auch, dass er die Geschichte und ihre Abläufe beobachtet hatte. Das konnten ja die Toten. Sie konnten ja die Geschicke der Lebenden sehen, wenn sie wollten. Er war also sicher auch über mich auf dem Laufenden und sicher in seinem Denken auch nicht stehengeblieben. Bestimmt wusste er auch über die Situation der Dimensionen Bescheid. Er war sicher nicht mehr der primitive Bewohner des 21. Jahrhunderts gewesen, als der er gestorben war. Shimar würde sicher nichts riskieren, wenn er ihm vertrauen würde. Aber jetzt wurde ihm auch klar, warum der Fremde ihn als seinen Kameraden bezeichnet hatte. Auch mein Großvater hatte in seiner Jugend zur Flugschule des Militärs gehen müssen, wie die meisten Jungen seines Alters. Wer sich nicht fügte, der stand ganz schnell auf der Todesliste des damaligen Regimes und das wollte wohl niemand. Aber er hatte niemals ihre Überzeugungen geteilt. Dessen war ich sicher gewesen und das hatte ich Shimar auch einmal gesagt. Sonst hätte er mich als lebensunwertes Leben bezeichnen und mich links liegenlassen müssen wegen meiner Behinderung. Aber das Gegenteil war der Fall gewesen. Er hatte mir die Sterne vom Himmel geholt! Das würde ich auch jedem sagen, der mich danach fragte, oder der ihm Böses unterstellen wollte. Am liebsten hätte ich es ihm auch noch einmal selbst gesagt. Aber dazu war ich nicht mehr gekommen. Als ich dies aber Shimar sagte, sagte er nur: „Auf deinem Planeten, Kleines, gab es einmal ein Volk, die alten Griechen. Die haben geglaubt, dass die Toten die Gedanken der Lebenden hören können, wenn diese an sie denken. Ich weiß, dass du dich für nicht so gut in so was hältst. Deshalb würde ich gern versuchen, deinem geliebten Opa zu sagen, dass du ihm wegen seiner Jugend nicht böse bist. Bei mir, als einem Telepathen, ist die Wahrscheinlichkeit ja noch größer, dass die Gedanken von ihm empfangen werden.“ Ich hatte ihn darauf nur angelächelt, ihn umarmt und lange und intensiv geküsst. Jetzt sah Shimar dafür eine Gelegenheit, die er auch gleich nutzte. „Das hat sie wirklich gesagt?!“, fragte Rudi gerührt. „Das hat mein Miezerle wirklich gesagt?!“ Shimar nickte.

Dem alten Mann rannen einige Tränen über das Gesicht. Mikosch und Mausi blieb das nicht verborgen. Der Kater stand auf und schlich zu Rudi hinüber, um sich an ihn zu kuscheln und Mausi krabbelte hinterher und leckte ihm die Tränen ab. Dann legten sie sich so zwischen die Männer, dass beide sie streicheln konnten. Dabei fiel Rudi auf, wie schnell sich beide mit Shimar angefreundet hatten. „Na, ihr Schmusebacken!“, rief er aus und streichelte beiden über die Köpfe. „Habt ihr wieder ein williges Opfer gefunden?“ „Was heißt hier Opfer.“, nahm Shimar die Beiden in Schutz. „Ich bin auch ein ganz Verschmuster.“ Rudi schmunzelte.

Sie streichelten und kraulten die Tiere eine Weile lang gemeinsam, was diese sichtlich genossen. Mausi schmatzte und gab ab und zu ein leises: „Uff!“, von sich, während Mikosch fortwährend laut schnurrte. Das hatte er auch zu Lebzeiten oft getan. Er hatte viel geschnurrt. Eigentlich 24 Stunden am Tag.

Rudi hatte Shimar lange beobachtet. Der Terraner sah genau, dass seinen tindaranischen Freund etwas sehr belasten musste. „Was ist los, mein Sohn?!“, fragte er ihn schließlich und legte ihm väterlich die Hand auf die rechte Schulter. „Ich muss Shinell sehen!“, insistierte Shimar. „Ah, deine Schwester.“, sagte Rudi und versetzte ihn damit wieder in Erstaunen. „Wieso weiß du …?“, stammelte Shimar. „Jetzt hör mal zu, mein Junge!“, sagte Rudi ernst. „Wenn du mich noch einmal wie einen primitiven Urmenschen behandelst, lege ich dich übers Knie! Ich hatte 1000 Jahre Zeit zum Lernen und das habe ich auch getan! Ich lebe zwar normalerweise in einer Welt, die meiner Heimat im 21. Jahrhundert entspricht, ich habe mich aber schon oft in andere Welten hineingewünscht, die es hier im Totenreich gibt. Schließlich ist der Weg in die Deine, beziehungsweise in die deiner Schwester, mein täglicher Arbeitsweg, genau wie der von Mausi und Mikosch! Noch Fragen?!“

Der junge Tindaraner musste schlucken. So eine Antwort hatte er von Rudi wohl nicht erwartet. „Es tut mir leid.“, entschuldigte er sich. „Es ist nur, weil ich es nicht anders gelernt habe. Ich wollte nur die Zeitlinie beschützen und …“ „Ah ja.“, sagte mein Großvater. „Aber du weißt doch, dass Zeit Hier schon lange keine Bedeutung mehr hat. Also auch keine Zeitlinie. Ich kann mich genauso wenig in meinen Körper und somit in mein Leben zurückwünschen wie du. Damit ist schon mal verhindert, dass ich die Geschichte verändere. Sonst können wir zwar überall hingehen, wohin wir wollen, aber eben nicht in unser altes Leben zurück. Wir beide, auch du, mein Sohn, wir haben im Augenblick unseres Todes diesen akzeptiert. Deshalb bist auch du sozusagen im normalen Teil des Totenreiches gelandet und nicht im Therapiezentrum deiner Schwester. Aber du hast ja schon gehört, dass ich für Shinell arbeite. Zufällig suche ich noch einen Assistenten.“ „Dann bewerbe ich mich hiermit offiziell.“, nahm Shimar die Gelegenheit wahr, die Rudi ihm soeben auf dem Silbertablett serviert hatte.

Mikosch wurde plötzlich ganz unruhig und dann nahm auch Shimar die geistige Prägung seiner Schwester wahr, die Rudi etwas telepathisch zu sagen schien: Bitte komm her! Es ist eine neue Gruppe von Kindern angekommen. Wir brauchen dich und die Tiere sehr dringend. Sie sind alle total verstört! Meinen Bruder kannst du auch gleich mitbringen. Ich spüre, dass er bei dir ist! Ihr telepathischer Notruf endete.

Rudi wünschte sich einen roten Lederkoffer mit Hundespielzeug und eine weiße Tasche mit Katzenspielzeug und einer Bürste her. Dann noch eine geräumige Transportbox, in die er Mikosch setzte und dann zog er eine Hundeleine aus seiner Tasche, die er Mausi anlegte. Dann rief er ihr zu: „Mausi, Einsatz, komm!“ Freudig mit dem Schwanz wedelnd sprang die Kleine von der Bank und stellte sich neben ihn. Dann zog er den roten Koffer zu sich und nahm seinen Griff in die rechte Hand, während er mit der linken Hand die Leine hielt. Shimar nahm die weiße Box mit Mikosch und die Tasche.

Wenig später gab es einen weißen Blitz und sie fanden sich in Shinells Therapiezentrum wieder, das von Shimar gleich erkannt worden war. Shinell erwartete sie bereits. Sie musste sie auch hergeholt haben. „Ich freue mich, dass ihr hier seid.“, sagte die junge Tindaranerin. „Kommt mit!“

Sie führte sie in einen Innenhof des Gebäudes. Hier befanden sich große Töpfe mit Blumen und auch künstlerisch gestaltete Statuen. Aber für solche architektonischen Meisterleistungen hatten die wohl keine Augen, um die es hier ging. In einer Ecke saß ein Haufen Kinder aus allen möglichen Spezies. Traurig klammerten sie sich aneinander und viele weinten und riefen nach ihren Eltern. In diese Ecke zog Mausi Rudi jetzt. Sie schien schon zu wissen, was von ihr erwartet wurde. Jetzt war Shimar auch klar, was Rudi und die Tiere für Shinell taten. Sie waren Therapeuten.

Er sah sich um. In einer anderen Ecke entdeckte er ein kleines Mädchen, das einsam dasaß. Offenbar hatte sie versucht, vor ihrer Situation davonzulaufen, das war ihr aber natürlich nicht geglückt. Jetzt saß sie weinend auf einer Mauer.

Der junge Tindaraner nahm Box und Tasche und machte sich auf den Weg zu ihr. Seiner Meinung nach war Mikosch genau das richtige Tier für die Kleine, um ihr ihre Angst zu nehmen. Die wuselige Mausi war dafür viel zu hektisch.

Er stellte die Box ab und öffnete dann die Tasche, aus der auch eine Leine für Katzen zum Vorschein kam, die er mit einem Karabiner an Mikoschs Geschirr befestigte. Dann ließ er auch den Kater aus der Box, was von dem Mädchen, einer etwa 5-jährigen Terranerin in einem langen roten Blümchenkleid und weißen Sandalen, die zwei lange blonde Zöpfe hatte, aufmerksam beobachtet worden war.

Hi, Onkel.“, sagte die Kleine schließlich noch immer etwas traurig. „Hi, kleine Maus.“, erwiderte Shimar freundlich und mit einem lieben Blick. „Wer ist denn da so traurig? Wie heißt du denn?“ „Ich heiße Susan.“, sagte das Mädchen. „Das ist aber ein schöner Name.“, sagte Shimar und hockte sich neben ihr hin. „Ich bin der Onkel Shimar.“, sagte er dann. „Und das ist der Mikosch.“

Erneut begann Susan zu weinen. „Ich vermisse meine Mummy und meinen Daddy!“, schluchzte sie. „Und ich vermisse mein Kätzchen!“

Shimar ließ Mikoschs Leine locker und flüsterte ihm telepathisch zu, während er ihm ein Bild von dem sendete, was er von ihm wollte: Dein Stichwort, schwarzer Panther!

Mikosch gab ein festes und motiviertes: „Meng!“, von sich und sprang Susan auf den Schoß. „Oh hallo, Kätzchen!“, rief Susan überrascht und fast schon wieder erfreut aus, während sie Mikosch zu streicheln begann. Dieser breitete sich schnurrend auf ihrem Schoß aus. „Ui, kannst du laut schnurren!“, staunte die Kleine. „Und wie lustig du miaust!“ Sie hatte ihre Trauer schon wieder fast vergessen.

Shimar hatte die Bürste aus der Tasche geholt, die Mikosch jetzt mit den Augen anschmeichelte. Schon zu Lebzeiten hatte er das Bürsten geliebt! „Der Mikosch möchte gebürstet werden.“, erklärte Shimar und nahm selbst einige Striche vor. Dann gab er Susan die Bürste in die Hand, die sein Werk auch gleich fortführte. Das Schnurren des Katers wurde immer lauter und er begann sich auf ihrem Schoß zu räkeln. „Mache ich das richtig, Onkel Shimar?“, wollte Susan wissen. „Der Mikosch findet, dass du es richtig machst.“, übersetzte Shimar. Er dachte sich schon, dass Susan aufgrund ihrer Situation sehr unsicher sein musste. „OK.“, sagte Susan.

Mikosch kuschelte sich an sie. „Ui, kannst du schmusen.“, sagte Susan erstaunt. Sie war jetzt schon wieder viel fröhlicher, was Shimar wohl zu dem Anfang eines Liedes inspiriert hatte. „Ja, der Mikosch, der kann schmusen.“, summte er vor sich hin.

Rudi und Mausi hatten mit den anderen Kindern gespielt und dann waren sie zu Susan und Shimar zurückgekehrt. Zufrieden hatte der alte Mann gesehen, dass es der Kleinen schon wieder viel besser ging. „Weißt du was, Onkel Shimar.“, sagte Susan schließlich. „Wenn ich den Mikosch jetzt öfter sehen darf, dann will ich doch hierbleiben. Er ist so schön weich und schmust so lieb. Er kann so schön schnurren und miaut so lustig.“ „Das kannst du sicher, Susan.“, sagte Shimar und sah Rudi an, der ihm nur bestätigend zunickte.

Der tindaranische Flieger griff in die Tasche mit dem Spielzeug und nahm eine künstliche Maus heraus. Die gab er Susan mit den Worten: „Sie gehört dem Mikosch. Aber er gibt sie dir sicher gern, damit du immer etwas hast, das dich an ihn erinnert, wenn er nicht bei dir sein kann.“ „Danke, Onkel Shimar.“, strahlte Susan und kraulte auch den Kater ganz fest, was dieser mit einem lauten Schnurren quittierte.

„Wie lief es bei dir?“, fragte Shimar in Rudis Richtung. „Alles in Butter.“, sagte Rudi. „Aber bei dir lief es ja auch sehr gut, wie ich sehe.“ „Das stimmt, Onkel!“, quietschte Susan, noch bevor Shimar antworten konnte. „Der Onkel Shimar und ich müssen dir ganz schnell ein Lied vorsingen, das wir gemacht haben.“ Na dann mal los!“, forderte Rudi sie grinsend auf.

Shimar zählte bis drei und dann begannen beide: „Ja, der Mikosch, der kann schmusen und das tut er mit Genuss, weil er weiß, dass bei der Susan dann die Angst bald gehen muss. Auch das Heimweh und die Trauer stehen zwar noch ihren Mann, gegen Mikoschs Schmusepower kommen doch auch sie nicht an. Und sie müssen sich verziehen mit ’nem letzten Donnergroll, denn dank Mikosch findet Susan auch das Reich der Toten toll!“

Rudi sah seinen neuen Freund stolz an. „Eins mit Sternchen, Schleifchen und mit Fleißkärtchen oben drauf!“, sagte er. „Du kannst dich ab sofort als eingestellt betrachten, mein Sohn. Deine Schwester und ich haben alles beobachtet und sind schwer beeindruckt! Wohnen wirst du erst mal bei mir.“ „OK.“, sagte Shimar. Dann verabschiedete er sich von Susan, setzte Mikosch in seine Box und versprach, am nächsten Tag mit ihm wiederzukommen. So folgte er Rudi wieder aus dem Innenhof. „Das wäre ja schon mal ein Anfang.“, sagte er halblaut zu sich selbst auf Tindaranisch. „Und der Rest wird sich auch noch ergeben.“

Auf Zirells Basis hatten sich alle zu Shimars Beerdigung versammelt. Die Offiziersmesse war mit schwarzen Tüchern verhängt und alle trugen schwarze Uniformen. Zirell stand einem pfeilförmigen Spalier voran, in dessen Mitte sich das Torpedogehäuse befand, in dem man Shimars Körper zur letzten Ruhe im Weltraum betten wollte. Fast alle waren an diesem Spalier beteiligt. Fast alle außer Shannon, die mit ihrem Sprechgerät in der Hand ganz vorn neben Zirell stand, um ihr Handzeichen, auf welches hin sie den Transporter per Fernsteuerung aktivieren sollte, auch wirklich gut sehen zu können.

Die Kommandantin räusperte sich und hob dann zu einer Grabrede an: „Meine Freunde und Kameraden, wir sind heute hier zusammengekommen, um uns von einem guten Freund und verlässlichen Kameraden zu verabschieden, den sicher alle Anwesenden hier sehr geschätzt haben. Shimar war nicht nur unser bester Flieger und nicht nur ein stets zuverlässiger und gewissenhafter Soldat. Nein, er war uns allen auch sehr ans Herz gewachsen, weil er für uns immer ein offenes Ohr hatte. Auch war er vielen von uns auch in der Freizeit ein guter Kumpel, mit dem man gern etwas unternahm. Kurz: Wir alle haben ihn sehr gemocht und es erfüllt uns sicher alle mit großem Schmerz, dass er von uns gegangen ist. Lasst uns also nun gemeinsam Abschied nehmen! Möchte noch jemand etwas sagen?“

Shannon meldete sich und sagte nur flapsig, wie es eben ihre Art war, aber trotzdem mit viel Trauer in der Stimme: „Mach’s gut, Fliegerass! Halt die Ohren steif! Wir werden dich vermissen!“ „Ich denke.“, sagte die Tindaranerin. „Dem können wir uns nur alle anschließen!“

Sie nahm eine zackige Haltung ein. Dann befahl sie: „Ehrenspalier, Achtung! Phaser auf Salutmodus gestellt! Nehmt Ziel! Auf mein Kommando Feuer! Feuer! Feuer!“

Alle führten ihre Befehle aus. Drei Lichtblitze zuckten durch den Raum. Dann wandte sich Zirell dem Computermikrofon zu: „IDUSA, die tindaranische Hymne abspielen! Sofort begann der Stationsrechner mit der Ausführung des Befehls, was auch für Zirell das Signal war, Shannon das Handzeichen zu geben, auf das sie den Transporter aktivierte. Dann wurde Shimars Körper in den Weltraum gebeamt.

In der interdimensionalen Schicht hatte sich ein kleines Schiff versteckt, das in seiner Bauart an einen irdischen Käfer erinnerte. Es war … genau! Ein Ferengischiff. Der Pilot jenes Schiffes war Gorg, der sich mit Sytanias Plänen durchaus einverstanden erklärt hatte. Sofort erfasste er Shimars Körper mit dem Transporter und beamte ihn an Bord. Er freute sich sehr darauf, ihn dem nächsten dummen Cobali, dessen Kinderwunsch nur verzweifelt genug war, verhökern zu können.

Daraus sollte aber nichts werden, denn er war wiederum von jemandem ganz anders beobachtet worden. Shary hatte eigentlich nach Kamurus Ausschau gehalten, aber was sie jetzt in der interdimensionalen Schicht zu sehen bekam, weckte ihre Neugier und sie wollte dem auf den Grund gehen. Was zur Hölle hatte ein Ferengi mit dem toten Körper eines ihrer Freunde vor?! Es konnte nichts Gutes sein, denn immer wenn Ferengi im Spiel waren, war ein Betrug offensichtlich, zumindest ihrer Meinung nach. Aber wer konnte ein Opfer so eines Betruges werden? Wer konnte etwas mit toten Körpern anfangen? Ihr fielen da nur die Cobali ein. Sie musste diese kriminelle Handlung verhindern! Das war ihr klar.

Sie änderte alle Parameter ihrer Software so um, dass sie dem Computer des Ferengischiffes gegenüber wie ein Schiff der Cobali scheinen musste, erstellte ein Programm, mit dem sie die Stimme und das Bild einer verzweifelten Cobali emittieren konnte und flog in die Schicht. Dort wartete sie.

Im Display seines Sprechgerätes hatte Gorg das Transpondersignal gesehen. Vor Gier lief ihm schier der Speichel aus dem Mund, als er seinem Computer den Befehl erteilte, das Schiff zu rufen. „Mein Name ist Gorg.“, sagte er mit hoch erregter Stimme. „Ich habe etwas, das ich Ihnen gern anbieten würde. Sie benötigen doch zu Ihrer Fortpflanzung tote Körper. Zufällig habe ich gerade einen für Sie. Ich mache Ihnen sogar einen Sonderpreis. Nur 20 Barren in Gold gepresstes Latinum!“ „Ich bin Malaia.“, ließ Shary die Stimme der Simulation verzweifelten Klangs antworten. „Ich nehme ihr Angebot an. Mein Mann und ich wünschen uns so sehr ein Kind.“ Sie ließ die Simulation sogar noch ein paar Tränen vergießen. „Ich zahle sofort.“

Damit ließ sie ihren Replikator die Barren replizieren. In sie hatte der Replikator aber nur Wasser gefüllt. So wollte sie dem Ferengi die Botschaft senden, dass sie seinen Betrugsversuch durchschaut hatte, indem sie ihn auch betrog. Das würde er aber erst sehr spät merken, wie sie vermutete. Shary wusste längst, dass sie ihn in der Hand hatte. Die Aussicht auf das Geld und ihre Ankündigung der sofortigen Zahlung hatten ihn sicher längst jede Skepsis vergessen lassen. Aber genau das war ja auch ihr Ziel gewesen.

Tcheys Schiff bemerkte, wie ihr Laderaum von einem Transporter erfasst wurde. „Machen Sie sich keine Umstände.“, sagte sie. „Ich hole ihn selbst.“ Damit beamte sie Shimars Körper in einen ihrer Transporterpuffer. Da sie diesen ständig mit Energie versorgte, würde sein Signal nicht degenerieren. Das wusste sie. Zumindest solange nicht, bis sie ausgeführt hatte, was sie vorhatte. Aber dafür würde sie Hilfe von einer ganz bestimmten Person benötigen, die sich aber sicher leicht überzeugen ließ.

Ihr Transponder suchte nach echten Signalen von Cobali. Sie wurde auch bald fündig und startete einen Sammelruf: „An alle Schiffe der Cobali in meiner Reichweite, Mein Name ist Shary. Ich warne Sie vor einem betrügerischen Ferengi, der versuchen wird, Ihnen den Körper eines toten Tindaraners zu verkaufen, den er aber nicht mehr hat. Ich weiß, dass Sie damit nichts anfangen können. Deshalb habe ich den Betrug an Ihnen verhindert. Vorsichtshalber sende ich Ihnen sein Bild und das seines Schiffes, sowie seine Transponderkennung. Wenn meine Pläne aufgehen, könnte ich Ihnen aber Körper vermitteln, mit denen Sie arbeiten können. Bitte warten Sie ab und vor allem: Fallen Sie nicht auf diesen Ferengi herein.“ Sie übersandte noch die Daten und ihr Ruf endete. Dann flog sie in die Dimension der Föderation ein und setzte Kurs Richtung Erde.

 

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.
Creative Commons License
Science/Fantasy-Ecke Website von Kamil Günay steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.