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Sytania hingegen war gar nicht zum Lachen zumute. Sie hatte sich die Geschicke in der Dimension der Föderation angesehen und war über das, was sie dort gesehen hatte, gar nicht erfreut.

„Wir müssen uns etwas überlegen, Cirnach!“, sagte sie zur Stellvertreterin und Ehefrau ihres Vertrauten. „Ich kenne dieses Schiff. Sie heißt Shary und ist das Schiff von Tchey Neran-Jelquist! Wenn die sich einmischt, dann haben wir garantiert nichts Gutes zu erwarten!“ „In der Tat, Milady.“, sagte die Vendar. „Wenn sie den Genesianern die Daten gibt, die sie gemeinsam mit dieser Xylianerin gesammelt hat, dann werden sie ein Mittel gegen unser Virus haben und dann ist es mit der Abhängigkeit der Genesianer von Valora und Euch, auf die Ihr ja gemeinsam mit ihr hinarbeitet, vorbei. Gut, diejenigen, die infiziert sind, können nicht geheilt werden, aber es wird sich niemand sonst mehr infizieren, wenn sie denen den Impfstoff gibt. Wir müssten dafür sorgen, dass sie bei den Genesianern in Ungnade fällt und ich kann mir auch schon sehr gut vorstellen, wie wir das anstellen könnten.“ „Sprich!“, befahl Sytania und wurde ganz aufgeregt. „Ich denke.“, setzte Cirnach an, „Dass wir zu diesem Zweck den Wettflug benutzen können, den Tchey den Genesianern vorschlagen wird, damit ihr Schiff ihr Versprechen gegenüber den Cobali einlösen kann.“

Sie machte eine dramatische Pause, in die Sytania einhakte: „Lass dir gefälligst nicht alles aus der Nase ziehen! Was genau meinst du damit?!“ „Ich meine.“, erläuterte die Vendar. „Dass Ihr vielleicht die Schiffe der Genesianer ein wenig manipulieren könntet mit Hilfe Eurer Macht. Sie könnten technische Fehler erleiden oder so etwas. Wenn Tchey dann trotzdem den Flug beenden würde, wäre das in den Augen der Genesianer doch sehr unehrenhaft und sie würde in Ungnade fallen. Das wäre ja genau das, was wir benötigen. Shashana wird sie achtkantig rauswerfen, noch bevor sie überhaupt eine Silbe über die Daten und den Impfstoff verlieren kann!“

Sytania sprang von ihrem Thronsessel auf und klatschte in die Hände. „Genauso werden wir es machen, Cirnach!“, sagte sie. „Diese einfältige Reptiloide wird nicht merken, was hier vorgeht. Sie fliegt viel zu gern Rennen. Da ist sie wie Tom Paris. Dem war auch alles egal, sobald er ein schnelles Schiff unter dem Hintern und eine schöne Frau in Reichweite hatte!“ Sie grinste gehässig. „Ach, manche Sterbliche sind doch zu einfach gestrickt!“ „Das ist korrekt, Hoheit!“, bestätigte die Vendar. „Der Nervenkitzel wird Tchey alles andere vergessen lassen. Wir haben also sehr gute Chancen, dass unser Plan aufgeht. Bitte lasst uns sie weiter beobachten. Ich denke, dass ich schon einen geeigneten Zeitpunkt für unsere Taktik erkennen werde.“ „Dessen bin ich mir auch völlig sicher, Cirnach.“, sagte die imperianische Königstochter. „Neben deinem Mann bist du meine beste Strategin. Wie geht es ihm übrigens? Wie kommt er mit der Umerziehung seines Teils des Feldes voran?“

Cirnach schluckte. Sie fühlte sich sichtlich ertappt. Sie hatte eigentlich gehofft, Sytania von ihrem Mann abgelenkt zu haben und erreicht zu haben, dass sie nie wieder das Gespräch auf dieses Thema brachte. Aber, wie sie jetzt selbst sehen konnte, war gerade das Gegenteil eingetreten. Allerdings wusste sie auch, dass Sytania an die Legende glaubte, Ein Vendar würde einen Telepathen sofort aussaugen, wenn dieser freiwillig mit ihm Kontakt aufnehmen würde. Deshalb standen ihre Chancen sehr gut, ihr vielleicht noch etwas länger etwas vormachen zu können. Außerdem sollte ihr der Zufall in die Hände spielen.

Sie versuchte sich zu beherrschen, damit Sytania nicht auf die Idee kommen würde, sie würde ihr etwas vorlügen. Dann sagte Cirnach: „Es geht ihm sehr gut, Hoheit. Aber das Fütterungsritual nimmt ihn jeden Tag sehr in Anspruch. Es ist sehr schwierig für ihn, dem Feld die böse Energie einzuimpfen. Wir sind dazu übergegangen, dass er es nur alle zwei Tage tut, damit es einen Tag hungert und an den Rand seiner Existenz gerät. Aber das hilft auch nicht wirklich. Und dann sind da die Visionen, die er immer dann hat, wenn er es versucht. Die Quellenwesen wissen natürlich alles, was geschehen ist und sie versuchen uns zu erpressen. Sie wollen ihn unbedingt dazu bringen, Joran das Feld zurückzugeben. Wenn er es nicht täte, dann würden sie dafür sorgen, dass er es auf sehr schmerzhafte Weise verlieren würde. Das sei ihre Strafe für den Diebstahl. Ich habe Telzan etwas gegeben, damit er die Visionen nur noch abgemildert wahrnehmen kann. Ganz abstellen kann das Medikament sie leider nicht. Dafür sind die Quellenwesen zu mächtig. Aber …“

Sytania stöhnte gelangweilt auf. „Wie du das regelst, interessiert mich nicht wirklich. Aber du hast meine Frage immer noch nicht beantwortet.“ „Es gibt Fortschritte.“, log Cirnach. „Meine vorherigen Sätze sollten Euch nur den Grund erklären, aus dem es so langsam vorangeht. Ich wollte nur damit sagen, dass …“

Ein Geräusch aus ihrer Tasche hatte sie plötzlich innehalten lassen. „Das gerade war mein Sprechgerät.“, erklärte sie in Richtung der sie fragend ansehenden Sytania. „Meine Leute haben Befehl, mich nur in sehr dringenden Fällen zu stören, wenn ich bei Euch bin. Da sie sich immer an Telzans und meine Befehle gehalten haben, wird es wohl sehr dringend sein. Ich denke, ich werde den Ruf kurz beantworten müssen.“ „Von mir aus tu das.“, sagte Sytania immer noch sehr gelangweilt.

Cirnach zog ihr Sprechgerät aus der Tasche und las sich das Display durch. Hier erkannte sie neben dem Rufzeichen der vendarischen Garnison auch das Unterrufzeichen des Raums, von dem aus die interdimensionale Sensorenplattform überwacht wurde. Dort war Telzan mit Mirdan. Da der Novize sich ja in Sytanias Augen sehr verdient gemacht hatte, war er vor kurzer Zeit in den inneren Kreis befördert worden, obwohl er das dazu nötige Alter noch gar nicht erreicht hatte.

Die Vendar verdeutlichte ihrem Gerät durch das Drücken der Sendetaste, dass sie das Gespräch annahm. „Was gibt es?“, fragte sie. „Anführerin, wir sehen zwei Schiffe, die sich sehr ähneln. Sie scheinen von gleicher Bauart zu sein. Eines von ihnen wird von Ginalla geflogen. Die kenne ich zwar selbst nicht, aber dein Mann hat sie mir geschildert. Laut unseren Scans ist es aber harmlos. Im Frachtraum befinden sich nur Lebensmittel. Anscheinend will Ginalla mit ihren Freunden eine Party feiern. Das andere Schiff aber ist viel interessanter. Telzan hat mir von der Situation um Invictus berichtet. Das Schiff hat eine Apparatur an Bord, von der Telzan glaubt, sie könne benutzt werden, um ihm zu helfen. Das darf doch auf keinen Fall geschehen, oder?“, meldete Mirdan. „Recht hast du!“, lobte Cirnach. „Das darf nicht geschehen! Dieses Schiff und vor allem das Gerät, darf die Erde nie erreichen! Nimm gemeinsam mit meinem Mann und einigen unserer Leute ein paar Schiffe und bringt es auf!“ „Zu Befehl, Anführerin.“, sagte Mirdan schmissig und beendete die Verbindung.

Cirnach hatte diese Entwicklung erleichtert zur Kenntnis genommen. Sie war froh, dass ihr Mann jetzt wieder weit weg sein würde. So würde Sytania nicht auf die Idee kommen, ihn aufzusuchen und hinter ihren Schwindel kommen können. Aber die Königstochter hatte wahrlich andere Sorgen. „Sie wollen Invictus helfen!“, grollte sie. „Ich hoffe, dein Mann und sein Schüler werden ihnen diese Suppe gründlich versalzen!“ „Da könnt Ihr sicher sein, Hoheit!“, versicherte die Vendar. „Das werden sie! Ihr werdet sehen!“ „Ich glaube dir, Cirnach.“, sagte Sytania und setzte sich wieder zufrieden in ihrem Thronsessel zurecht.

Shimar hatte die Nacht in Rudis Gästezimmer in einem bequemen Bett verbracht. Durch ein Kratzen an der Tür war er erwacht und hatte sie leicht geöffnet, nachdem er schlaftrunkenen Zustands zu ihr gewankt war. Dort war er von einem kleinen Wirbelwind begrüßt worden, der mit dem Schwanz wedelnd um ihn herum gewuselt war. „Hi, Mausi!“, begrüßte er das Hündchen, das er im fahlen Dämmerlicht erst jetzt erkannt hatte. „Was ist los?“

Mausi wuselte voran in Richtung Küche, wo sich auf dem Schrank ihre Leine befand. Hier befand sich aber auch Mikosch, der Shimar erst schnurrend begrüßte und sich dann auf den Weg auf sein Katzenklo im Flur machte. „Danke für die Übersetzung, Katerchen.“, witzelte Shimar und legte Mausi die Leine an. Er konnte sich denken, warum alles hier noch genauso war, als wäre er im Reich der Lebenden. Er war ja schließlich noch in der Übergangsphase.

Überrascht nahm Shimar zur Kenntnis, dass Mausi sich ihm sofort anschloss. Von mir hatte er erfahren, dass sie dies eigentlich sonst nicht tat. Sie war gegenüber Fremden eigentlich immer sehr reserviert gewesen, aber er dachte sich dann wohl doch, dass dies wohl mit seinem Talent zum Bespaßen zu tun haben könnte. Das hatte ihr wohl geholfen, zu ihm Vertrauen zu fassen. Also nahm es nicht Wunder, dass sie jetzt vor ihm her wuselte.

Ihr Weg führte beide in den Park von Shinells Therapiezentrum. Mausi schien diese Strecke schon zu kennen. Trotzdem blieb sie alle paar Meter stehen und schnupperte. Shimar ließ sie gewähren. Schließlich hatte auch sie das Recht, sich über ihre Umgebung zu informieren und erst einmal sozusagen die Morgenzeitung zu lesen.

Plötzlich bog ein Schatten um eine Ecke. Shimar konnte eine etwa 1,70 bis 1,80 m messende Frau ausmachen, die einen großen Hund an einer Leine führte. Der ging zwar brav neben ihr her, Shimar aber hatte von mir erfahren, dass Mausi oft sehr große Angst vor großen Hunden hatte. „Komm, wir nehmen einen anderen Weg.“, flüsterte er Mausi zu. „Gegen den hättest du keine Chance.“

Er drehte sich und wollte gerade die andere Richtung einschlagen, als er bemerkte, dass Mausi ganz ruhig dastand und einfach weiterschnupperte. Das war ein Umstand, der ihn etwas verwirrte. Jetzt sah er auch noch, wie die Frau auf sie zukam. Seine Gedanken waren nur noch von einem Thema beherrscht. Er hatte von mir gehört, dass Mausi aus Angst einfach geradeaus flüchtete und dann nicht mehr zurückzurufen sein konnte. Von ihm, den sie kaum kannte, schon mal gar nicht. Ihr gerade erst aufgebautes Vertrauensverhältnis könnte dann zerstört werden. Das durfte auf keinen Fall passieren!

„Miss, bitte nehmen Sie sofort Ihren Hund weg!“, sagte Shimar und versuchte dabei so souverän wie möglich zu klingen. „Die Kleine hat Angst!“ Statt seiner Bitte nachzukommen kamen Frauchen und Hund aber weiter auf ihn zu. Erst jetzt sah Shimar, dass sie Bajoranerin war. Sie trug ein weißes Kleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte und rote offene Sommerschuhe. Der Hund hatte ein langes weiches schwarzes Fell.

Shimar wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Wenn er sich herunterbeugen und Mausi streicheln würde, dann würde er ihre Angst eventuell nur noch verstärken. Würde er sie auf den Arm nehmen, dann würde er ihr auch genau die gleiche Botschaft vermitteln. Allerdings fand ihre Angst ja nur in seinem eigenen Kopf statt. Dies war aber eine Tatsache, die ihm wohl gänzlich entgangen war, denn Mausi machte keinerlei Anstalten zur Flucht. Sie setzte sich jetzt sogar hin und forderte den fremden Hund zum Spielen auf.

Der junge tindaranische Flieger, dem das völlig entgangen war, wandte sich noch einmal dessen Frauchen zu: „Nehmen Sie den Hund weg, Miss! Ich sage es kein drittes Mal! Ich warne Sie! Ich bin Tindaraner! Wir können auch ganz anders!“ Um Mausi zu beschützen war er also auch bereit, seine Kräfte einzusetzen, was er dann auch tat. Mausi war meine Mausi gewesen und ich war die, die er liebte. Dass allem, was zu mir gehörte, also kein Leid geschehen durfte, war ihm sonnenklar.

Sein Blick fiel auf einen Sandkasten. Der musste von Shinell extra angeschafft worden sein. Das konnte er sich zumindest vorstellen. Wegen der Kinder war das sicher auch ganz gut.

Er stellte sich vor, wie Frauchen und Hund in diesen Sandkasten flogen, aber nichts geschah. Er hatte sie ja nicht ernsthaft verletzen wollen. Sie sollten ja nur aus Mausis und seiner Reichweite verschwinden!

Die Bajoranerin hatte jetzt genau seine Kopfhaltung beobachtet. Er hatte seinen Kopf nämlich nicht vom Sandkasten abgewandt. Aber das war nicht der Grund gewesen, aus dem sich nichts tat. Wie ihr vielleicht wisst, bauen die Tindaraner, wenn sie jemanden direkt beschützen wollen, eine Verbindung zu demjenigen Wesen auf. Wenn das Wesen aber nicht beschützt werden will, können sie ihre Kräfte dafür auch nicht einsetzen.

„Na, da haben wir den Mund wohl etwas zu voll genommen, was?!“, spottete die Fremde, deren Stimme Shimar jetzt irgendwie bekannt vorkam. „Offenbar will die Kleine gar nicht beschützt werden! Ja, ich weiß über euch und diese Sache mit der Schutzverbindung Bescheid. Sie können mit Sicherheit telepathisch nachvollziehen, ob mein Hund wirklich eine Gefahr für Ihren darstellt, nämlich, indem Sie herausbekommen, wer er wirklich ist! Na los! Sie schaffen das! Aber damit Sie beruhigt sind, gehen wir sogar freiwillig dort hinüber! Komm, Odo!“ Sie hatte den Namen des Hundes an ihrer Seite noch stark betont. Offenbar wollte sie Shimar auf etwas aufmerksam machen. Dann gingen sie und der große Hund hinüber zum Sandkasten und setzten sich an dessen Rand.

Shimar stand stocksteif da. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er offensichtlich beinahe einen großen Fehler gemacht hätte! Diese Szene war ihm bekannt. Er hatte sie von mir aus meinen Beschreibungen oft genug gehört. Auf die gleiche Weise hatten sich Neris und Odo damals mir genähert. Er wollte aber vorsichtshalber ganz sicher gehen. Deshalb konzentrierte er sich auf den Geist des Hundes und dann auf den seines Frauchens. Dann sagte er: „Sie haben Recht, Neris. Ich war ein ausgemachter Vollidiot! Wieso habe ich das nicht gemerkt?!“ Er beugte sich zu Mausi hinunter: „Danke, meine Süße. Du hast mich gerade vor einem riesigen Fehler bewahrt.“

Bedient wankte er zu Neris und Odo hinüber und setzte sich neben sie. „Nervös, was?!“, sagte Neris und zog grinsend einen Schokoladenriegel aus der Tasche ihres Kleides. Den packte sie aus und brach ihn in zwei Hälften, von denen sie Shimar eine gab. „Für Ihre Nerven.“, sagte sie. „Danke, Neris.“, sagte Shimar, der sie jetzt auch tatsächlich erkannt hatte. „Bitte entschuldigen Sie, aber die Situation …“ „Die Situation.“, griff Neris seine letzten beiden Worte auf. „Über die Situation wollte ich auch mit Ihnen und Rudi reden. Deshalb bin ich hier. Fangen Sie jetzt aber bitte nicht mit der Zeitlinie oder gar der Obersten Direktive an. Hier hat das alles keine Bedeutung. Das wissen Sie.“ „Das ist logisch.“, sagte Shimar. „In der Ewigkeit ist Zeit nicht relevant, sonst wäre es ja nicht die Ewigkeit. Aber die restlichen Dimensionen …“

Neris stand auf und blickte verächtlich auf ihn herab. „Die restlichen Dimensionen!“, spottete sie. „Pah! Die wird es nicht mehr geben, wenn wir den Quellenwesen nicht unter die Arme greifen und ihnen helfen, das Ende aller Welten zu verhindern! Natürlich geben sie es nicht zu, aber sie benötigen unsere Hilfe, wie beim letzten Mal auch. Deshalb ist auch keiner von uns bestraft worden. Ihre Freundin hatte Recht mit ihrer Theorie. Die sind so mächtig, dass sie es verlernt haben, um etwas zu bitten. Das ist aber keine böse Absicht! Es passt einfach nicht mehr in ihr Denkschema. Das hat Betsy damals richtig erkannt. Die Kleine hätte Psychologin werden können, wenn Sie mich fragen. Ein gewisses Talent dafür hat sie.“

Hastig hatte Shimar den Rest seiner Hälfte des Schoko-Riegels heruntergeschlungen. „Soll das etwa bedeuten?“, fragte er verwirrt. „Dass keiner von Ihnen bestraft worden ist für …“ „Genau das!“, sagte Neris. „Genau das, Shimar. Im Gegenteil! Die Füße haben sie uns geküsst! Genauso einen Fall haben wir jetzt auch wieder. Also, wir treffen uns alle heute Nachmittag bei Rudi in der Wohnung. Nicht nur Sie müssen in Ihren Körper und in Ihr Leben zurück. Jetzt, da wir alle unsere körperlichen Grenzen verlassen haben, haben wir auch direkte geistige Kontrolle über Gegenstände, wenn wir in sie gehen. Sie wissen, dass wir uns überall hin wünschen können, außer direkt zurück in unser Leben. Aber wir müssen ordentlich Dinge verändern, wenn es losgeht. Odo und ich haben eine Menge Freunde. Die wiederum haben Freunde uns so weiter. Aber über alles andere reden wir heute Nachmittag beim Tee!“

Es gab einen weißen Blitz und sie und der Hund waren verschwunden. Offensichtlich hatten sie sich zurück in ihre eigene Welt im Reich der Toten Namens Omarion gewünscht.

Bedient stand Shimar auf und griff nach Mausis Leine, die er fallengelassen hatte. Mausi hatte sich ruhig neben Odo gesetzt und sogar mit ihm gekuschelt. Offensichtlich wusste sie, dass von diesem großen Hund im Besonderen keine Gefahr ausging. „Komm!“, sagte er. „Wir gehen nach Hause. Ich muss mich erst mal beruhigen!“ Auch Mausi stand auf und tippelte neben ihm her, der sich jetzt in Richtung des Hauses auf den Weg gemacht hatte. Dabei rieb sie von Zeit zu Zeit ihren Kopf an seinem rechten Bein, als wollte sie ihn beruhigen. Shimar war das sehr willkommen. Offenbar gab es da Dinge, über die er dringend mit Rudi reden musste. Der alte Mann schien ihm noch nicht alles gesagt zu haben.

Meroola und ihr Schiff waren auf jenem Umweg zur Erde, den sie mit Scotty und Ginalla abgesprochen hatten. Ihrem Schiff hatte Meroola zwar den Plan auseinandergesetzt, dennoch hatte Kamura ein paar Bedenken. „Denkst du wirklich, dass Sytanias Vendar auf uns hereinfallen werden? Ich meine, die sind bestimmt auch nicht dumm.“, bemerkte das Schiff. „Nein.“, lachte ihre listige Pilotin. „Dumm sind sie nicht, Kamura. Aber gierig sind sie! Verdammt gierig! Und vor allem ist ihre Herrin verdammt gierig. Sie will bestimmt nicht, dass ihre Aussicht auf Allmacht durch uns zerstört wird. Also wird sie alles daran setzen, unser Vorhaben, Invictus zu helfen, zu sabotieren. Sytanias Vendar haben keine Ahnung, dass Ginalla das gleiche Gerät an Bord ihres Schiffes hat. Dein Vater generiert ein Täuschungsfeld. Sie glauben, er transportiere nur Lebensmittel.“ „Hoffentlich hast du Recht.“, sagte Kamura und ihr Avatar vor Meroolas geistigem Auge legte die Stirn in sorgenvolle Falten. „Ach, hör auf zu unken!“, sagte die ehemalige Raumpiratin etwas unwirsch. „Es wird schon gut gehen.“

Das Bild vor Meroolas geistigem Auge änderte sich plötzlich. Sie sah einige Schiffe, die sich ihr und Kamura gefährlich näherten. Aus ihrer Bauart schloss Meroola, dass es sich um vendarische Schiffe handeln musste. An ihren Rümpfen war außerdem deutlich das Zeichen des Drudenfußes zu sehen. „Oh ich glaube sie kommen!“, sagte Meroola und grinste. „Jetzt beginnt der spaßige Teil!“

Sie erteilte Kamura den Gedankenbefehl, auf Warp drei zu gehen. „Wir wollen unsere Feinde ja nicht gleich überfordern!“ „Dass du in so einer Situation noch Humor hast.“, sagte Kamura und ihre Stimme klang fast etwas ängstlich. “Keine Angst.“, sagte Meroola zuversichtlichen Tons. „Dir wird schon nichts geschehen. Ich bin verdammt gut im Abschließen von Deals. Ich weiß genau, dass sie nicht dich wollen. Du bist in ihren Augen nur mein Transportmittel. Das Gerät in deinem Frachtraum und ich sind für sie viel interessanter. Glaub es mir. Los komm! Lass uns mit ihnen noch eine Weile Katz und Maus spielen! Sonst kommen sie uns am Ende noch drauf!“ Die ehemalige Kriminelle erteilte Kamura weitere Befehle, die von ihr auch vertrauensvoll ausgeführt wurden und dazu führten, Dass Meroola und ihr Schiff in einem Sonnensystem verschwanden, um dann auf dessen anderer Seite wieder aufzutauchen.

Jene Tatsachen waren auch Sytanias Vendar nicht verborgen geblieben. Telzan und Mirdan hatten sehr wohl mitbekommen, dass sie versuchten, sich vor ihnen zu verstecken.

„Es sieht aus.“, bemerkte der Novize, der auch das Schiff flog, gegenüber seinem Ausbilder. „Als würde sie versuchen, sich vor uns zu verstecken.“ „Das täte ich an ihrer Stelle sicher auch, Mirdan.“, sagte Telzan. „Wenn ich so eine kostbare Fracht an Bord meines Schiffes hätte, wie sie eine hat, dann würde ich auch alles tun, damit meine Feinde sie nicht in die Hände bekämen.“ „Sicher.“, sagte Mirdan. Sie wird mit Sicherheit … Halt dich fest, Anführer!“

Ein plötzliches Manöver, das von Meroola eingeleitet worden war, hatte den Novizen gezwungen, den Warpantrieb seines Schiffes einer Notabschaltung zu unterziehen, damit sie nicht mit einem vor ihnen im Weltraum treibenden Felsen zusammenstießen, der von Kamura mit Hilfe ihres sehr clever eingesetzten Traktorstrahls in ihren Weg geschoben worden war. Weder Mirdan, noch Telzan, hatten es auf dem Monitor gesehen. Der Novize konnte das Schiff nur in die richtige Richtung bringen, indem er die Trägheitsdämpfer noch zusätzlich auf volle Leistung schaltete. Dies aber hatte eine so große Abweichung vom Kurs zur Folge, dass es etwas dauerte, bis Mirdan das Schiff wieder hinter Kamura gebracht hatte.

Telzan hatte sich bei dem plötzlichen Manöver den Kopf angestoßen. „Kannst du mir mal sagen, was das sollte, Mirdan?!“, grollte er seinem Novizen entgegen. „Es tut mir leid, Anführer.“, entschuldigte sich der Novize. „Aber ich musste ausweichen. Sonst wären wir mit dem Stück eines Kometen dort zusammengestoßen!“ Er zeigte mit ernstem Blick auf den Monitor, wo das Problem jetzt sehr gut zu sehen war. „Wo verdammt noch mal ist das hergekommen?!“, fragte Telzan wütend und bekam einen hoch roten Kopf. „Das weiß ich nicht, Anführer.“, sagte Mirdan kleinlaut. „Es war plötzlich da. Es war einfach da.“ „Rede keinen Unsinn!“, sagte Telzan und stieß ihn unsanft zur Seite. „So etwas taucht nicht einfach auf! Ach, wenn man nicht alles selbst macht!“

Mittels eines strengen Blickes hatte Telzan Mirdan seines Platzes verwiesen und sich selbst auf den Pilotensitz des Schiffes gesetzt. Dann hatte er einige Eingaben in den Rechner getätigt. Bald zeigten ihm die Sensoren auch das gewünschte Ergebnis. „Habe ich es mir doch gedacht!“, sagte er und machte ein siegessicheres Gesicht. „Das sind Marken, wie sie ein Traktorstrahl hinterlässt und wenn ich mir dieses Energieschema so ansehe, dann passt es genau zu dem des Schiffes, das wir gerade verfolgen. Dieser verdammte Felsbrocken kam ihnen wohl gerade recht. Aber das wird ihnen auch nicht viel nützen.“ Damit brachte er das Veshel wieder auf Warp.

Kamura hatte nicht glauben können, was sie gerade erlebt hatte. Folgsam hatte sie zwar die Befehle ihrer Pilotin ausgeführt, hätte aber nie gedacht, zu so etwas in der Lage zu sein. „Ich wusste gar nicht, dass ich so etwas kann, Meroola.“, sagte sie. „Tja, man lernt nie aus, Kamura.“, sagte die ehemalige Raumpiratin, die nicht gerade wenig Stolz über ihr doch sehr gelungenes Manöver empfand. „Danke für dein Vertrauen.“ „Gern geschehen.“, sagte das Schiff.

Sie übernahm plötzlich selbstständig die Steuerkontrolle, ging auf Impuls zurück und flog eine weite Kurve. „Was ist los?“, fragte Meroola. „Ich musste jetzt meinerseits ausweichen.“, sagte Kamura zur Erklärung. „Die Vendar haben einen Torpedo abgeschossen und der hätte beinahe meinen Antrieb erledigt. Du hattest mir noch nicht erlaubt, die Schilde zu heben.“ „Natürlich nicht.“, sagte Meroola. „Sie sollten doch freie Sicht haben. Es sollte aussehen, als würden wir total naiv durch den Weltraum schweben und nicht darauf gefasst sein, auf feindliche Schiffe zu treffen. Aber wenn sie uns jetzt angreifen, sieht das natürlich ganz anders aus. Schilde hoch, Kamura!“ Bereitwillig und erleichtert führte das Schiff den Befehl ihrer Pilotin aus.

Verärgert hatte Telzan zur Kenntnis genommen, dass er das Ziel verfehlt hatte. Da sich sein Ziel ständig unberechenbar bewegte, hatte er es nicht für gut erachtet, den Mishar eine automatische Zielerfassung vornehmen zu lassen. „Ich kann auf keinen Fall manuell zielen und gleichzeitig das Schiff steuern!“, schimpfte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Dann lass mich doch bitte die Waffen bedienen, Anführer.“, bat Mirdan, der offensichtlich das klare und große Bedürfnis hatte, seinen Fehler von vorher wieder gut zu machen. „Also gut.“, sagte Telzan mürrisch und zeigte auf den Sitz neben sich: „Los, komm her!“ Mirdan nickte und setzte sich hin. Der Tonfall seines Anführers war für ihn nichts Besonderes. Unter den Vendar herrschte eben zuweilen ein sehr rüder Umgangston. Das war auch dem Novizen bekannt.

Über einen recht langen Zeitraum hatten Meroola und Kamura Telzan und Mirdan und auch den Rest ihrer Truppe, der ihnen natürlich gefolgt war, nun schon zum Narren gehalten, indem sie sich immer wieder hinter oder unter Planeten versteckt hatten. Oft waren sie auch in das Magnetfeld eines solchen Planeten geflogen und hatten sich so lange über dessen Polen aufgehalten, bis die Vendar vorbeigeflogen waren. Erst dann waren sie blitzschnell wieder hinter ihnen aufgetaucht, was sie zu sehr extremen Wendemanövern gezwungen hatte, bei denen sie fast miteinander zusammenstießen. Auf diese Weise wurde ihnen ihre große Zahl selbst zum Verhängnis, Was Telzan und seine Truppe auch bald bemerkten, denn am hinteren Ende der Formation passierte es dann tatsächlich. Zwei Schiffe stießen durch eine Unachtsamkeit ihrer Piloten bei so einem Manöver zusammen und blieben manövrierunfähig im Weltraum liegen. Der Notruf, den beide dann absetzten, verärgerte Telzan zutiefst. „Jetzt müssen wir diese Narren auch noch bergen!“, fluchte er. „Aber das tun wir später. Sie laufen uns ja nicht weg. Aber es muss doch irgendwie möglich sein, dass wir diese Frau und ihr verdammtes Schiff zur Strecke bringen!“

Auf ihren hinteren Sensoren hatte Kamura auch jenes Geschehen beobachten können. „Die können einem ja fast leid tun, Meroola.“, sagte sie. „Denkst du nicht, dass wir ihnen langsam gestatten sollten, uns gefangen zu nehmen, damit mein Vater und Ginalla …“ „Noch nicht.“, sagte Meroola. „Noch nicht, meine Kleine. Zuerst machen wir noch etwas anderes. Bring uns ganz nah an die Corona dieser Sonne dort. Dann simulierst du einen Antriebsschaden. Es muss ja schließlich einen Grund geben, aus dem sich unsere so gute Lage plötzlich ändert. Sonst …“ „Ich weiß.“, sagte Kamura. „Sonst kommen sie uns am Ende noch drauf.“ Damit führte sie Meroolas Befehle aus.

Mirdan und Telzan hatten sehr wohl gesehen, was Kamura tat, aber die Gespräche in ihrem Cockpit hatten sie nicht mitbekommen. Das führte dann auch dazu, dass Telzan schadenfroh feststellte: „ja, ja! So eine Sonne kann schon mal einiges verbrennen! Jetzt hat sie wohl ein Problem!“ „In der Tat, Anführer.“, sagte Mirdan. „Sie kann weder vor, noch zurück, geschweige denn nach oben oder unten. Ich schlage vor, wir lassen den Rest der Truppe sie jetzt umringen und dann …“

Er konnte nicht aussprechen, denn im gleichen Moment wurde er vom Piepen des Sprechgerätes daran gehindert. Aus dem Augenwinkel erkannte er jenes Rufzeichen, das ihm bereits durch den Transponder angezeigt worden war. „Sie ruft uns, Anführer!“, lachte Mirdan schadenfroh. „Sie will sich bestimmt ergeben.“ „Das werden wir ja gleich sehen.“, sagte Telzan und bedeutete dem Gerät, das Gespräch anzunehmen. Dann sagte er: „Ich bin Telzan. Ich bin Sytanias oberster Vendar. Betrachte dich als Sytanias Gefangene!“

Meroola setzte ein frustriertes Gesicht auf. Es fiel ihr nicht schwer zu schauspielern. In ihrer Laufbahn als Betrügerin hatte sie das ja oft genug tun müssen. Dann sagte sie: „Ich bin Meroola Sylenne. Das muss ich ja dann wohl, Telzan. Ach, hätte ich dieses verdammte Manöver nur nicht geflogen! Ich ergebe mich ja schon. Nur lass bitte mein Schiff frei. Sie hat keine Ahnung von meinen Geheimnissen. Wir kennen uns erst wenige Stunden. Aber du willst ja eh nur mich und mein Gerät, damit wir Invictus nicht helfen können. Sie wäre ja nur im Weg.“ „Also gut.“, sagte Telzan, dem die Aussicht, scheinbar unsere Pläne durchkreuzt zu haben, sehr gefallen hatte. Dass sie gelogen hatte, was Kamura und sie anging, hatte er nicht gemerkt. Wie auch? Lügen war schließlich ihre Paradedisziplin.

„Also gut, Meroola Sylenne.“, sagte Telzan und lachte dreckig. „Dann bereite dich darauf vor, mitsamt deinem Gerät an Bord geholt zu werden.“ Die Verbindung wurde beendet.

„Was soll ich tun, wenn du gleich weg bist?“, fragte Kamura. „Dann verständigst du deinen Vater und Ginalla und sagst ihnen, dass die Ablenkung geklappt hat.“, sagte Meroola. „Mach dir keine Sorgen um mich. Ich finde schon einen Weg zurück in die Freiheit. Dann fliegst du nach Hause, klar?!“ „Danke, dass du mich da rausgehauen hast.“, sagte Kamura. „Ich werde dich nie vergessen.“ „Hey!“, machte Meroola. „So weit ist es noch lange nicht. Wir werden uns bestimmt wiedersehen. Ich kenne ja dein Rufzeichen.“

„Sie haben dich und das Gerät erfasst.“, sagte Kamura traurig. „Das ist dann wohl der Abschied.“ „Aber sicher keiner für immer!“, versicherte Meroola und nahm den Neurokoppler ab. Dann wurde sie von den Vendar an Bord ihres Schiffes gebeamt.

Kamura blieb zurück. Traurig verfasste sie die SITCH-Mail an ihren Vater und Ginalla. Dann aktivierte sie ihren interdimensionalen Antrieb, um wieder in ihre heimatliche Dimension zu fliegen.

Ginalla und Kamurus hatten die Erde fast erreicht, als das Schiff die SITCH-Mail seiner Tochter empfing. „Es hat funktioniert, Ginalla.“, meldete er seiner Pilotin, der nicht entging, dass der Avatar vor ihrem geistigen Auge ein besorgtes Gesicht aufgesetzt hatte. „Was is’?“, flapste Ginalla. „Gefällt dir das etwa nich’?“ „Doch, natürlich.“, sagte Kamurus, der sich fragte, warum sie nicht von selbst auf den Grund kam, aus dem er sich eventuell sorgen könnte. „Aber es geht um meine Kleine, Ginalla, weißt du, sie macht sich Sorgen. Ich würde ihr gern helfen.“ „Ach so.“, sagte die junge Celsianerin. „Jetzt wird mir einiges klar. Du musst schon entschuldigen. Aber ich hatte nie Kinder.“ „Schon gut.“, sagte Kamurus. „Aber vielleicht kann ich dir ja dabei helfen, deiner Kleinen zu helfen.“, sagte Ginalla, die jetzt stark den Drang verspürte, ihren Fehler von eben wieder gut machen zu müssen. „Ruf deine Tochter und dann stell mich an sie durch! Wollen doch mal sehen, was ich tun kann.“ „OK.“, sagte Kamurus. „Versuchen wir es. Falls dir ein grober Schnitzer passieren sollte, kann ich ja immer noch dazwischen gehen.“ „Hey!“, sagte Ginalla und stellte sich vor, seinen Avatar in die Seite zu pieken. „Gib mir lieber Kamura, als hier groß Maulaffen feilzuhalten!“ „Sekunde.“, sagte Kamurus und begann damit, die Verbindung für Ginalla herzustellen. Jene Ironie, die er in dieses eine Wort gelegt hatte, war ihr aber auch nicht entgangen. Offenbar glaubte er nicht, dass es ihr gelingen könnte, Kamuras Sorgen zu zerstreuen. Wahrscheinlich meinte er, sie sei dafür zu grobschlächtig.

Wenige Momente später hatte er die Verbindung hergestellt und Ginalla sah in das sorgenvolle Gesicht von Kamuras Avatar. „Hi, Kamura!“, sagte Ginalla und lächelte sogar. „Du weißt ja bestimmt noch, wer ich bin, oder?“ „Klar weiß ich das.“, sagte Kamura. „Ich bin ja nicht mit ’nem Klammersack gepudert! Du bist Ginalla, die Pilotin meines Vaters. Sonst käme dein Ruf ja bestimmt nicht aus seinem Sprechgerät.“ „Kluges Kind! Kluges Kind!“, lobte Ginalla. „Ich wusste, dass du Kamurus‘ Intelligenz geerbt hast.“ Sie grinste. „Aber jetzt mal zu was anderem: Wieso machst du dir so viele Sorgen? Komm, erzähl mal. Kotz dich bei der guten Ginalla mal so richtig aus!“ „Es ist wegen Meroola.“, sagte Kamura traurig, die Ginalla ihren Kraftausdruck nun wirklich nicht übel nahm. Sie wusste ja, dass Celsianerinnen zuweilen etwas vulgär sprachen. „Sie hat sich von Sytanias Vendar einfach so gefangen nehmen lassen. Hoffentlich kommt sie da wieder raus. Ich meine, es wäre doch sicher besser, wenn wir ihr helfen würden, oder?“ „Hör mal zu, Kamy.“, sagte Ginalla. „Ich glaube, das müssen wir gar nich’. Sie scheint mir sehr gerissen zu sein. Außerdem is’ sie bestimmt mit noch mehr Wassern gewaschen als ich. Sie hat Jahre lang auf der Straße gelebt und ihren Lebensunterhalt mit Lügen und Betrügen verdient. Die windet sich aus Sytanias Gefängnis schon wieder raus. Darum wette ich mit dir. Die hat garantiert einen Plan, bei dem Sytanias Vendar Hören und Sehen vergehen wird! Aber das Letzte, was sie wahrscheinlich gebrauchen kann, is’ ’n Rollkommando, das versucht, sie da wieder rauszuholen. Das würde eventuell alles kaputt machen. Du kannst mir bei so was ruhig glauben. Ich war ja selbst mal kriminell, also quasi selbst mal böse. Und wer sollte das Böse wohl leichter besiegen können als jemand, der selbst mal böse war. Sie findet eine Schwachstelle und wird sie auch ausnutzen! Da gebe ich dir Brief und Siegel drauf!“ „Was macht dich so sicher, dass sie einen Plan hat, Ginalla?“, fragte Kamura unsicher. „Für mich sah es aus, als wollte sie sich einfach nur ergeben.“ „Hör mal zu.“, sagte Ginalla. „Hat sie nich’ irgendwas gemacht, das dich denken lassen könnte, sie hätte einen Plan? Überleg doch noch mal, Kamura!“

„Wenn du es so sagst.“, überlegte Kamura. Dann war da schon etwas, das so aussah, als hätte sie einen Plan. Sie hat die Vendar belogen, was mich anging. Sie hat ihnen gesagt, wir würden uns erst kurze Zeit kennen und ich würde gar nicht wissen, was wir so planen. Dadurch hat sie mir die Freiheit geschenkt.“ „Na Also.“, sagte Ginalla. „Das sieht für mich doch ganz eindeutig nach einem Plan aus. Wohin willst du jetzt, Kamura?“ „Sie hat gesagt, ich soll nach Hause fliegen und das werde ich auch tun.“, antwortete das Schiff. „Dann tu das am besten auch.“, sagte Ginalla. „Ich denke, da bist du immer noch am sichersten.“ „OK.“, sagte Kamura. „Vielen Dank, Ginalla.“ „Gern geschehen.“, lächelte die junge Celsianerin und beendete das Gespräch.

Schwer beeindruckt hatte Kamurus das Gespräch zwischen seiner Pilotin und seiner Tochter verfolgt. Da es ja auch über seine Systeme lief, war dies ja auch nicht weiter verwunderlich. „Kompliment, Ginalla.“, sagte er. „Das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut. Gerade hast du mir noch den Eindruck vermittelt, du wärst nicht sensibel genug für den Umgang mit einem Kind und jetzt beweist du mir das ganze Gegenteil.“ „Tja, da kannst du mal sehen, he?“, sagte Ginalla und grinste. „Ja, das sehe ich.“, sagte Kamurus. „Das sehe ich sehr genau. Du bist immer für eine Überraschung gut, scheint mir.“ „ja, das is’ eben Ginalla, wie sie leibt und lebt.“, grinste die junge Celsianerin.

Sie setzte sich in ihrem Sitz zurecht. „Wo sind wir jetzt, Kamurus?“, fragte sie. „Wir befinden uns bereits im irdischen Sonnensystem.“, sagte das Schiff. „Während wir hier gesprochen haben, habe ich mir die Freiheit genommen, uns bereits anzumelden. Du weißt ja, dass ich mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen kann.“ „Das weiß ich.“, sagte Ginalla. „Das konnte ja schon jeder primitive Rechner im 21. Jahrhundert. Dass du gegen so einen super anstinken kannst, ist mir nich’ neu. Was haben die Kontrollettis denn gesagt, he?“ „Die Kontrollettis, wie du dich ausdrückst, haben mir gesagt, dass sie uns einen direkten Korridor zu der Position geben, die ich ihnen gemeldet habe. Ich habe Betsy nämlich längst lokalisiert. Auch die anderen.“ „Hey, klasse!“, sagte Ginalla. „Dann los! Bring uns hin, bevor dein Korridor wieder vergriffen is’!“ „OK.“, sagte Kamurus und übernahm das Steuer, um dann den Kurs zum Haus der O’Gradys einzuschlagen. Große Wiesen gab es dort ja genug. Auf einer von diesen würden sie landen.

 

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