- Schriftgröße +

 

Shannon war wieder auf dem Weg zur Andockrampe. Sie hatte Zirells und Marons Wink mit dem Zaunpfahl zwar verstanden, dennoch konnte die blonde Irin fast nicht glauben, was ihre Vorgesetzten ihr da vorgeschlagen hatten. Gerade von Maron hätte sie das nicht gedacht. Er war doch Sternenflottenoffizier! Er war jemand, von dem Shannon ja eigentlich vorschriftsmäßiges Handeln gewohnt war. Gut, die Demetaner galten zuweilen als Rasse, die es sehr gut verstand, auch die kleinsten Schlupflöcher zu finden und für sich auszunutzen, aber gerade Maron war dafür nicht gerade ein Musterbeispiel gewesen. Dass an der Sache etwas faul war und man nur ihre Reaktion testen wollte, glaubte sie nicht. Sie war einerseits zu 100 % sicher, dass Zirell und Maron auch gemeint hatten, was sie sagten, aber auf der anderen Seite spielte ihr wohl ihre angeborene Skepsis einen Streich. Dieses Problem würde sie aber nie lösen, wenn sie untätig herumsäße. Sie musste also etwas tun!

Sie legte ihren Finger auf den Sensor und IDUSA öffnete ihr die Luke zum Cockpit. Dann stieg sie ein und schloss ihren Neurokoppler an, nachdem sie sich auf den Pilotensitz gesetzt und das Sicherheitskraftfeld aktiviert hatte. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Shannon wusste, dass sie etwas Illegales tat. Die Tatsache, dass Zirell und Maron es ihr erlaubt hatten, machte es unter den gegebenen Umständen noch lange nicht gesetzlich. Die Kommandantin und ihr Erster Offizier hatten sich ja ebenfalls auf dieses etwas kriminell anmutende Spielchen eingelassen. Sie hatten ja mit ihr konspiriert, um die Entführung von Shimars Schiff möglich zu machen. O’Riley hoffte nur, dass sie auch noch zu ihr halten würden, wenn es vor das tindaranische Kriegsgericht ging.

„Wohin soll es gehen, Shannon?“, fragte das Schiff. „Das wird dein letzter Flug, IDUSA.“, sagte Shannon und versuchte dabei, so überzeugend wie möglich zu klingen. Allerdings konnte das Schiff sehr wohl den Unterschied zwischen dem, was sie sagte und ihren Gedankenbefehlen feststellen. Der Kurs beispielsweise, den sie ihr eingegeben hatte, führte sie in den offenen Weltraum und nicht zurück ins tindaranische Sonnensystem, in dem die Werft lag, auf der das Schiff abgewrackt werden sollte.

„Sie scheinen heute nicht ganz Herrin Ihrer Sinne zu sein, Shannon.“, sagte IDUSA. „Oh doch!“, sagte Shannon. „Bitte vertrau mir. Ich bringe dich an einen wunderschönen Ort.“

Dass sie sich gerade sehr nebulös ausgedrückt hatte, war der blonden Irin durchaus bewusst. Tatsächlich hatte sich nämlich unter tindaranischen Theologen ein Streit entzündet, bei dem es darum ging, ob die künstlichen Persönlichkeiten demontierter Schiffe auch ins tindaranische Totenreich kämen und somit irgendwann wieder mit ihren Piloten, wenn diese sterben würden, vereint wären. Aber sie musste auch so reden, falls die Regierung ihnen doch draufkommen würde und Zirells Station kontrollierte. Dann musste ja alles darauf hinweisen, dass Shannon das Schiff, wie von der Regierung gefordert, zur Werft nach Tindara gebracht und dort übergeben hatte. Als agierende Chefingenieurin der Station gehörte das jetzt ja zu ihren Aufgaben, wenn es auch eine sehr traurige Aufgabe war. Dass Shannon dies aber nicht so meinte, wie es jetzt sicher von vielen verstanden wurde, stand auf einem ganz anderen Blatt.

„Sie wissen, dass ich so etwas wie Vertrauen nicht empfinden kann.“, sagte IDUSA. „Ich bin eine künstliche Intelligenz und kann zwar emotionales Verhalten, das ich gelernt habe, reproduzieren. Aber trotzdem fühle ich nicht in dem Maße, in dem Sie es tun. Das wissen Sie doch. Ich kann nur aufgrund meiner Daten Schlüsse ziehen. Leider sieht es dort nicht so gut aus für Sie. Sie sind leider dafür bekannt, dass Sie oft erst über ihre Taten nachdenken, wenn es zu spät ist.“ „Aber nich’ dieses Mal.“, sagte O’Riley und klang dabei sehr enttäuscht. „Dieses Mal handle ich wirklich clever. Aber wenn wir hier so weiter diskutieren, dann kommen sie vielleicht doch noch dahinter. Das willst du doch wohl nich’, he?“ „Sicher nicht.“, sagte IDUSA. „Aber ich kann mir auf Ihr Verhalten keinen Reim machen, Shannon. Ich weiß nicht, wie … Was tun Sie da?!“

O’Riley hatte einen Datenkristall aus ihrer Tasche geholt und ihn in ein Laufwerk an der Flugkonsole geschoben. Sofort hatte das sich auf diesem Kristall befindende Programm damit begonnen, sich selbstständig in IDUSAs Systemen zu installieren und sie mit falschen Daten zu füttern. Jede Verbindung zu ihren eigenen Sensoren hatte es unterbrochen. So konnte das Schiff die Daten nicht verifizieren. „Was in aller Götter Namen tun Sie mit mir, Shannon?!“, fragte IDUSA und die Stimme ihres Avatars klang schon sehr ängstlich. „Ich bin taub und blind und bekomme Dinge eingeredet. Jetzt macht sich Ihr Programm auch noch an den Dateien für meine höheren Funktionen und mein selbstständiges Denken zu schaffen. Auch meine Identität wird umgeschrieben. Shannon, dass Sie mich mit einem Virus außer Gefecht setzen, hätte ich Ihnen nicht …“

Ein letztes kurzes Signal und dann war die Stimme von IDUSAs Avatar verstummt. Auch ihr Bild war vor Shannons geistigem Auge verschwunden. „Tut mir leid, Süße.“, sagte Shannon. „Ich konnte nicht anders. Du hättest ja den gewaltfreien Weg haben können, aber wir haben keine Zeit. Deshalb musste ich das tun.“

Sie holte ein Pad aus der Tasche und schloss es an die Konsole an. Auf dem Pad war ein Programm, mit dem sie ihr jetzt die Koordinaten für einen interdimensionalen Flug überspielte. Dieser würde sie nach Celsius führen. Nach Celsius in die Heimat von Scotty, von dem sich Shannon wohl Hilfe erhoffte. Durch die Kontrollen würden sie kommen. Dafür hatte sie mit ihrem Virus gesorgt. IDUSAs Schilde generierten Felder, die ihre tindaranische Bauart rein äußerlich optisch verschleierten. Auch alle anderen Werte wiesen sie als kleinen zivilen Frachter aus.

Nach Ginalla Ausschau haltend hatte sich Scotty auf seine Terrasse gesetzt. Was er aber jetzt sah, verstand er gar nicht. Da kam ein Schiff, das er irgendwie kannte, aber es war nicht Kamurus. Er hätte schwören können, diese Umrisse schon einmal gesehen zu haben. Aber sicher war er sich nicht, da IDUSAs Konturen ja, wie bereits gesagt, sehr verschwommen waren. Jetzt machte das Schiff auch noch Anstalten, mitten in seinem Vorgarten zu landen!

Von der Neugier getrieben wagte es Scotty, seinen Stuhl zu verlassen und hinüber zum Ort des Geschehens zu gehen. Hier sah er jetzt, wie eine ihm sehr wohl bekannte Person dem Schiff entstieg. „O’Riley!“, rief er aus. „Was machen Sie denn hier?!“ „’n Schiff retten!“, flapste die blonde Irin. „Allerdings denke ich, dass ich dabei Ihre Hilfe brauchen könnte, Techniker Scott.“ „Was war das denn?!“, flapste Scotty zurück und klang dabei etwas verärgert. „Sie sind doch sonst nich’ so förmlich! Ich bin Scotty, klar?!“ „OK.“, sagte Shannon mit einem beschwichtigenden Blick. „Dann bin ich Shannon. Aber Moment Mal. Ich habe noch was zu erledigen.“

Sie zog sich wieder in das Innere von IDUSA zurück, wo sie einen weiteren Datenkristall in das Laufwerk schob, aus dem sie vorher ihren anderen entnommen hatte. Allerdings enthielt dieser ein Gegenvirus, das viele Dinge, die das vorherige Virus IDUSA eingegeben hatte, wieder annullierte. Allerdings nicht alles, wie das Schiff gleich darauf feststellte.

Shannon sah in das Gesicht eines sich vor ihr räkelnden Avatars. „Na, gut geschlafen, Dornröschen?“, fragte sie. „Shannon, ich bin irritiert.“, sagte IDUSA. „Wo sind wir? Laut meinen Sensoren ist das hier Celsius. Das Letzte, an das ich mich jedoch erinnere, ist der Flug durch eine interdimensionale Verwerfung. Weder Sie noch ich hatten sie registriert, weil sie sich plötzlich vor uns auftat. Dann sind wir hineingestürzt und dann weiß ich nichts mehr. Was ist von diesem Zeitpunkt an bis nach Celsius geschehen und warum ist meine Hülle intakt. Die Wirbel und Kräfte innerhalb der Verwerfung hätten sie doch restlos verformen müssen. Nur ein geschickter Pilot wie Shimar oder Joran hätten das wohl verhindern können, aber Sie? Ich meine, es war offensichtlich, dass Sie mich per Hand hierher geflogen haben. Ihre fliegerischen Qualitäten …“ „IDUSA!“, unterbrach Shannon sie scharf. „Sagen wir doch einfach, wir zwei hatten das sprichwörtliche Glück der Iren. Wie du siehst, ist es mir ja tatsächlich gelungen, uns heil hierher zu bringen!“ Dass es jene Verwerfung nie gegeben hatte, erwähnte Shannon freilich mit keiner einzigen Silbe. „Also gut.“, sagte IDUSA. „Ich will Ihnen glauben, Shannon.“ „Na also.“, sagte O’Riley erleichtert. „Trotzdem benötigst du einige Reparaturen. Über die werde ich mit Scotty reden. Lass mich raus!“ Sie nahm den Neurokoppler ab und IDUSA öffnete wortlos die Luke. Dann stieg Shannon aus.

Sie ging zu Scotty hinüber, der in der Zwischenzeit ein Tablett mit zwei Gläsern und einer Flasche geholt und auf den Tisch seiner Terrasse gestellt hatte. Shannon erkannte sehr wohl, dass es echter schottischer Whisky war. „Sorry, nich’ für mich.“, flapste sie. „Wenn wir planen wollen, müssen wir einen klaren Kopf behalten.“ „Ach kommen Sie.“, sagte Scotty. „So ’n Tröpfchen in Ehren kann keiner verwehren. Aber was planen wir denn eigentlich?“ „Um ehrlich zu sein.“, sagte Shannon. „Planen wir eine echt irisch-schottische Kopfwäsche für die tindaranische Regierung. Hören Sie Nachrichten, Scotty?“ der Schotte nickte. „Dann wissen Sie ja zumindest die Hälfte von dem, was die sich in letzter Zeit geleistet haben!“ „Sie reden von der Sache mit den Vendar?“, fragte Scotty, während er beiden Whisky eingoss. Jetzt nickte die blonde Irin. „Ah ja.“, sagte Scotty. „Und ich bin mir sicher, die andere Hälfte werden Sie mir erzählen.“ „Das hatte ich vor.“, sagte Shannon. „Die hängt nämlich mit IDUSA zusammen. Die Hornochsen wollen sie demontieren, weil kein anderer Patrouillenflieger mit ihrer Persönlichkeit klarkommt. Ihre Daten wollen sie aber vorher noch entnehmen.“ „Was?!“, empörte sich Scotty und schlug so heftig auf den Tisch, dass Gläser, Tablett und Flasche in die Luft flogen. Ihr Inhalt regnete, da ja alle drei offen waren, auf Shannon und Scotty herab. Mit einem lauten metallischen Klirren landete das Tablett hinter ihnen auf den Steinen der Terrasse. Gläser und Flasche taten es ihm gleich und zerbrachen allerdings dabei. „Oh nein!“, ärgerte sich Scotty. „Was habe ich denn da angestellt?! Es is’ aber doch auch eine Unverschämtheit! Die künstlichen Lebensformen sind denen aus Fleisch und Blut doch rechtlich gleichgesetzt auf Tindara, dachte ich immer! Das würden sie mit einem Lebewesen nie machen! Da gehe ich jede Wette ein! Also gut, meine Schöne. Lassen Sie uns mal überlegen, wie wir denen den Kopf wieder zurechtrücken können. Bin mal gespannt, ob das auch ohne einen guten Tropfen klappt.“ Shannon nickte. Dann vertieften sich beide in ihre Gedanken.

Shimar und Mausi waren vom Spaziergang zurückgekehrt und der Tindaraner hatte Rudi von der kleinen Panne erzählt, die er erlebt hatte. „Ich war so ein Idiot.“, stellte er fest. „Ich habe den Code nicht verstanden, den sie benutzt haben. Dabei war es doch der Gleiche, den sie gegenüber Betsy benutzt hatten. Der kleine weiße Wirbelwind hier neben mir hat die Sache viel besser kapiert als ich! Vielleicht sollten wir sie zurück ins Reich der Lebenden schmuggeln statt mich!“ Mausi gab, was sie selten genug tat, ein entschiedenes: „Wuff!“, von sich. Das bedeutete wohl so viel wie nein. „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, mein Junge.“, grinste Rudi. „Wenn du weißt, dass du etwas Dummes getan hast, dann passiert es dir bestimmt nicht noch ein zweites Mal.“ „Das denke ich auch.“, sagte Shimar. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass Neris und Odo sich hier wieder einmischen. Gut, dass Neris bei allem dabei ist, wo es darum geht, der Obrigkeit zu zeigen, dass etwas total falsch läuft, konnte ich mir vorstellen. Obwohl sie als Lebende ja eigentlich den Propheten und somit den Verwandten der Quellenwesen, ja uneingeschränkt vertraut hat, so wie ich die Geschichtsbücher interpretiere.“ „Aber da hatte sie ja noch nicht das Wissen, das sie heute hat, mein Sohn!“, korrigierte ihn Rudi. „Und im Bilden von Widerstandszellen gegen falsche Umstände war sie ja schon immer gut. Vergiss das nicht. Auch Odo hat mittlerweile eingesehen, dass es von Zeit zu Zeit auch gut sein kann, einmal gegen die Vorschriften zu handeln. Aber wie ich das sehe, müssen wir das ohnehin. Wenn wir nichts tun, dann wird alles zusammenbrechen, Shimar. Wirklich alles! Dann wird es auch diese Dimension nicht mehr geben und wir werden uns alle auflösen. Sytania glaubt, sie hätte dann Allmacht. Aber selbst das ist nicht richtig. Auch ihre Macht wird ihr nicht helfen, wenn alles vergeht. Sie, also der Minus-Pol, kann nicht ohne einen Plus-Pol herrschen. Wenn sie sich dann also nicht dazu entschließt, sich einen Gegenpol zu erschaffen, dann vergeht auch sie.“ „Und dazu wird sie sich nicht entschließen, wie ich sie kenne. Dazu ist sie viel zu gierig. Sie möchte nun einmal ihre Macht nicht teilen.“, sagte Shimar. „Ja.“, bestätigte der alte Terraner. „Aber ihre Gier wird sie umbringen. Deshalb müssen wir etwas tun! Geh doch mal bitte auf die Terrasse und schau nach, ob dort schon ein Teil unserer Freunde eingetroffen ist!“

Rudis letzte Anweisung war sehr deutlich und sein Gesichtsausdruck verriet dem jungen tindaranischen Flieger, dass er keinen Widerspruch duldete. Also nickte Shimar nur und tat, was ihm gerade aufgetragen worden war.

Als er die Tür zur Terrasse öffnete, staunte er nicht schlecht. Da standen viele Leute aus vielen verschiedenen Spezies und allen möglichen Zeiten. Auch berühmte Sternenflottenoffiziere konnte Shimar erkennen. Allen voran Captain Kirk und ihm zur Seite Mr. Spock. Dass der Terraner sich zu so etwas hinreißen ließ, war Shimar klar, vor allem nach Rudis Erklärung. Diese lieferte ihm aber auch den Grund, aus dem der Vulkanier sich an der Aktion beteiligte. Selbst der logischste Charakter musste einsehen, dass Sytania Einhalt geboten werden musste.

„Bruder!“ Eine weibliche Stimme hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Jetzt entdeckte er auch Shinell in der Menge. Er ging zu ihr hinüber und sprach sie auf Tindaranisch an: „Hallo, große Schwester! Was hast du denn hiermit zu schaffen?!“ „Eine ganze Menge.“, antwortete Shinell und zog ihn mit sich auf die Seite. Dann, nachdem sie sich hinter einem Blumenkübel versteckt hatten, zischte sie ihm zu: „Neben Neris, Rudi und Odo bin ich eine der Hauptorganisatorinnen dessen, was hier bald steigen wird. Ich soll alle informieren. Wir können froh sein, dass sich so viele gemeldet haben. Sonst könnte es schwierig werden.“ „Was könnte schwierig werden?“, fragte Shimar. „Was habt ihr denn vor?“ „Das wirst du schon noch sehen.“, sagte Shinell und tat geheimnisvoll. „Der Plan selbst stammt übrigens von Rudi. Er hat ein sehr großes Verständnis für bestimmte Arten von Zusammenhängen. Aber jetzt komm mit!“

Sie zog ihn an die Spitze der Menge. Dann hob sie die Hand, so dass alle sie gut sehen konnten. „Ihr alle wisst, dass es darum geht, die Dimensionen zu retten!“, sagte sie sehr laut und sehr deutlich. „Dazu haben meine Freunde und ich bereits einen Plan, zu dessen Verwirklichung wir euch alle benötigen. Wenn das dimensionale Gefüge zusammenbrechen wird, dann benötigen alle eine Anpassung. Selbst wenn die Lebenden versuchen, ihre Technik anzupassen, um vielleicht noch eine Weile zu überleben, dann werden sie es nicht schnell genug schaffen. Wir aber haben jetzt einen Vorteil. Auch die Nicht-Telepathen unter euch haben ja längst ihre körperlichen Grenzen abgestreift und sind jetzt nur noch reine Geister. Was ihr euch wünscht, das geschieht. Das wissen ja mittlerweile alle von euch. Mit Hilfe dieser Fähigkeit können wir die Technik der Lebenden so ummünzen, dass sie den Zusammenbruch temporär überleben werden und Zeit haben werden, sich gegen Sytanias Pläne zu wenden. Deshalb müssen wir es so anstellen, dass sie später auch verstehen, was passiert ist und was sie tun sollen. Das Diesseits und das Jenseits müssen zusammenstehen, um die Tragödie zu verhindern! Diejenigen von euch, die sich die nötigen Kenntnisse in ihrem Leben nicht aneignen konnten, müssen sie sich ja nur wünschen. Dann bildet ihr Zweierteams und wünscht euch auf die Stationen und die Schiffe und überall sonst noch hin, wo ihr gebraucht werdet. Das werdet ihr dann schon wissen. Vertraut auf den Grundsatz, was ihr wünscht, das geschieht. So und nun verschafft euch die Kenntnisse. Mein Bruder und ich werden euch helfen, wenn es nötig ist, die richtigen Gedanken zu formulieren. Dann holt sich jedes Team bei mir sein Ziel ab! Also los!“ Alle hatten plötzlich sehr konzentrierte Blicke.

Shinell wandte sich ihrem Bruder zu: „Du kümmerst dich um die Männer und ich kümmere mich um die Frauen, OK?“ „OK.“, sagte Shimar. „Aber was ist mit dir und mir? Welches Schiff habt ihr für uns vorgesehen, he?“ „Wir beide!“, lachte Shinell. „Wir werden nicht zusammenarbeiten. Ich überwache alles von hier aus. Du arbeitest mit Rudi! Ihr nehmt die Granger!“ „Ich fürchte, da haben wir ein Problem, Schwesterchen.“, sagte Shimar. „Diejenige, die Commander Kissara alles erklären könnte, ist leider nicht an Bord. Sie ist krank und …“ „Ich weiß.“, sagte Shinell und klang dabei fast schon etwas gelangweilt. „Aber Mikel weiß mehr über diese Zusammenhänge als jeder sonst unter Kissaras Leuten. Er wird ihr die Sache auch sehr gut erklären können, denke ich! Das denken übrigens alle von uns. So, und nun zu dir. Es ist vorgesehen, dass du in der Dimension der Lebenden bleibst. Du wirst aber dann zunächst jemanden finden müssen, der mit dir seinen Körper teilt. Sonst wirst du automatisch hierher zurückgezogen.“ „Das habe ich verstanden.“, sagte Shimar. „Aber warum soll ich dort bleiben?“ „Das wirst du schon noch sehen.“, sagte Shinell. „Bitte vertrau mir einfach.“ „Das tue ich.“, sagte Shimar. „Schließlich bist du meine Schwester. Aber was ist mit Rudi?!“ „Er wird hierher zurückkehren.“, sagte die junge Tindaranerin. „Sein Platz ist hier. Aber der Deine ist noch immer unter den Lebenden, Shimar. Es ist noch lange nicht deine Zeit.“ „Aber wie soll das denn auf die Dauer gehen, Shinell?!“, fragte Shimar. „Ich kann doch niemanden zwingen, bis zum Ende seines oder ihres Lebens meine Präsenz zu akzeptieren! Ich glaube, dein Plan hat ein kleines aber feines Loch! Mein Körper war krank, als ich ihn verließ und jetzt ist er kristallisiert. Ich kann nicht …“ „Du hast eben gesagt, du würdest mir vertrauen!“, schnitt ihm Shinell etwas streng und mit enttäuschtem Blick das Wort ab. „Das hört sich jetzt aber gar nicht mehr danach an! Aber du hast schon immer gern diskutiert. Du und dein Schiff, ihr passt echt gut zusammen!“ „Ja, das tun wir.“, sagte Shimar.

Damit hatte er ihr den Wind aus den Segeln genommen. „Und es hat sich gezeigt, dass es meistens sogar sehr gut war, ein Thema bis zur Erschöpfung auszudiskutieren. So haben wir uns auf alle Eventualitäten vorbereitet. So konnten wir nicht überrascht werden!“

Das saß! Damit hatte er Shinell ins Mark getroffen. Der Grund, aus dem sie so jung gestorben war, war nämlich der gewesen, dass sie und ihr Schiff abgeschossen wurden und dass sie eben nicht auf alles vorbereitet gewesen war. Es war ihre Fehlentscheidung gewesen, die zum Abschuss geführt hatte.

„Wie lange willst du mir das denn noch aufs Brot schmieren?!“, fragte Shinell erbost. „So lange, bis du endlich einsichtig bist!“, sagte Shimar. „In manchen Situationen ist es nötig, zuerst das Gehirn einzuschalten, bevor man handelt.“ „Denkst du, das hätten wir nicht getan?!“, fragte Shinell. „Aber gut. Wenn du unbedingt willst, dann gebe ich dir einen Hinweis. Du wirst niemandem bis an sein Lebensende deine Anwesenheit aufbürden müssen. Nur so viel. Mehr darf ich dir nicht sagen. Das war mein Deal mit den Quellenwesen. Die sind nämlich damit auf mich zugekommen. Das Ganze war gar nicht Rudis und mein Plan allein!“ „Ach so.“, sagte Shimar. „Dass die unsere Hilfe brauchen, stimmt also.“ „Ja, das stimmt.“, sagte Shinell. „Aber sag das bitte nicht zu laut!“ „Jetzt komm!“, sagte Shimar. „Stell dich nicht so an. Die Quellenwesen müssen vor keinem von uns mehr ihr allmächtiges Gesicht wahren. Außerdem ist Hilfe zu brauchen nichts, für das man sich schämen müsste. Das haben sie ja auch längst eingesehen. Sonst wären sie doch wohl kaum zu dir gekommen und hätten diesen Handel mit dir abgeschlossen, oder?“ „Du hast ja Recht.“, sagte Shinell und seufzte. „Entschuldige.“ „Schwamm drüber.“, sagte Shimar. „Aber OK. Ich werde dir vertrauen. Ich werde dir und den Quellenwesen vertrauen.“

Kirk kam mit einer jungen Terranerin an der Hand auf die beiden Telepathen zu. Sie war wohl Zivilistin. Das konnten Shimar und Shinell an ihrer Kleidung sehen. Sie maß ca. 1,65 m, hatte langes schwarzes Haar und war von schlanker Statur. Sie trug ein rotes Kleid, weiße flache Schuhe, die vorn mit einer großen Schleife verziert waren und eine goldene Haarspange. „Ms. Shinell, diese Lady braucht Hilfe!“, sagte er und stellte sie neben Shinell ab. Shimar grinste, als er das sah. Kirk konnte sich als sehr galanter Gentleman geben. Diese Seite seines Charakters hatte er hier mal wieder eindrucksvoll ausgespielt.

Shimars Schwester drehte sich der Frau zu. „Kommen Sie. Wir gehen an einen ruhigeren Ort und dann machen wir es zusammen.“ Damit verschwanden sie und auch Shimar sah sich nach jemandem um, dem er vielleicht Hilfe angedeihen lassen konnte. Auch er sollte bald fündig werden.

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.
Creative Commons License
Science/Fantasy-Ecke Website von Kamil Günay steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.