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Shary und Tchey hatten das Gebiet der Föderation unbehelligt verlassen und waren jetzt in der neutralen Zone auf dem Weg auf die genesianische Seite der Grenze unterwegs. Das konnte ihnen aber auch nur gelingen, da Tchey Shary immer unterhalb der Sensoren der Föderation gehalten hatte. Jetzt aber gab sie ihr den Gedankenbefehl, ihren Höhenvektor um mindestens 30 Parsec nach oben zu verlagern. „Das kann nicht dein Ernst sein, Tchey.“, sagte Shary und ihr Avatar vor dem geistigen Auge der Reptiloiden machte ein ernstes Gesicht. „Oh doch, Shary!“, sagte Tchey. „Das ist mein voller Ernst! Die Föderation sollte uns nicht sehen, weil sie dann immer so viele Fragen stellen. Ich hasse viele Fragen und gebrauchen können wir sie jetzt erst recht nicht. Aber die Genesianer müssen uns ja sehen, wenn sie von unserer Herausforderung Wind bekommen sollen, oder bist du da etwa anderer Meinung, he?“ Sharys Avatar schüttelte den Kopf. „Na Also.“, sagte Tchey.

Vor ihnen tauchte plötzlich ein kleines Shuttle auf. Es wurde offenbar von einer jungen Kriegerin geflogen. Jedenfalls ging das aus dem Bild hervor, das Shary Tchey dann auch gleich zeigte. „Sie ruft uns.“, sagte das Schiff. „Stell durch!“, befahl Tchey und setzte sich im Pilotensitz zurecht. Dann holte sie tief Luft und sagte: „Ich bin Tchey Neran-Jelquist! Ich bin hier, um euch alle herauszufordern! Mein Schiff und ich müssen eine Schuld begleichen. Dazu benötigen wir einige eurer Toten. Es müssen ja keine Frauen sein. Wir wollen ja nur das, was für euch sowieso keine Verwendung mehr hat und an dem ihr auch nicht wirklich hängt, nämlich eure toten Männer. Die sind ja nach ihrem Ableben eurer Meinung nach eh zu nichts mehr nütze und eurem Glauben nach auch sowieso nichts wert, ob nun tot oder lebendig. Aber keine Sorge! Ich werde nicht um sie betteln! Ich werde sie euch in einem fliegerischen Wettkampf abjagen, der Kriegerinnen würdig ist!“

Sie erteilte Shary neue Befehle, die sie zunächst veranlassten, sich auf ihr Heck zu stellen und sich dann um sich selbst zu drehen wie ein Brummkreisel. Dann folgte das gleiche Manöver noch einmal auf dem Bug. Darauf folgte eine kurze scharfe Wende auf einem vollen Impuls, worauf sie dann sofort wieder in den Geradeausflug wechselte. Der einzige Grund, aus dem Sharys Hülle dem standhielt war, dass Tchey entsprechend mit den Trägheitsdämpfern hantierte. Am Ende einer willkürlichen Strecke folgte dann noch ein voller Stopp, dem eine harte Ausweichbewegung nach links vorangegangen war.

Die Antwort der Genesianerin erfolgte prompt: „Du hast gezeigt, dass du fliegerisch einiges drauf hast, Tchey Neran-Jelquist. Darf ich wissen, welchen Clan genau du herausfordern willst? Ich bin nur eine Patrouillenfliegerin. Ich darf gar nichts entscheiden. Aber ich könnte dir den Weg zur Prätora des Clans ebnen.“ „Schön!“, sagte Tchey und klang dabei fast schon etwas lakonisch. „Dann darfst du mich gleich mal bei der Obersten Prätora anmelden. Sie ist es nämlich, die ich herausfordern will!“ „Große Worte, Fremde!“, sagte die Kriegerin anerkennend, die von Tchey erst jetzt genauer gemustert worden war. Sie war von großem Wuchs, wirkte jedoch etwas hager. Ansonsten trug sie die übliche Rüstung, die Tchey schon oft bei ihresgleichen gesehen hatte. Sie hatte flammendrotes Haar, wie die meisten ihres Volkes, die Tchey je zu Gesicht bekommen hatte.

Die Kriegerin setzte sich mit ihrem Schiff vor Shary und ließ es kurz mit dem Heck wackeln. „Tchey, sie signalisiert uns zu folgen.“, übersetzte Shary dieses Manöver korrekt. „Dann folgen wir mal!“, sagte Tchey. „Komm!“

Sie gab Shary den Gedankenbefehl, auf einen halben Impuls zu gehen. Schneller flog das Schiff der Genesianerin jetzt ja auch nicht. „Sie scheint es nicht besonders eilig zu haben, deine Botschaft zu überbringen.“, stellte Shary fest. „Ruhig Warpplasma, Shary.“, witzelte Tchey. Wahrscheinlich fand sie ruhig Blut in diesem Zusammenhang eher unpassend. „Lass uns doch erst mal die Aussicht genießen. Du kannst schon noch zeigen, was du und ich so draufhaben. Dafür werde ich schon sorgen. Aber du könntest etwas anderes für uns tun. Weißt du, meine Augen haben eine viel begrenztere Reichweite als deine Sensoren. Du könntest uns schon mal ’ne Strecke aussuchen. Wir fliegen ja recht langsam und haben wohl viel Zeit. Dann dürfte so etwas ja gehen.“ „OK.“, sagte Shary und Tchey sah an den Veränderungen des Bildes vor ihrem geistigen Auge sehr wohl, dass sie ihre Umgebung permanent zu scannen begonnen hatte.

Plötzlich rückte sie ein bestimmtes Bild in den Fokus. „Schau dir diese Strecke hier mal an, Tchey. Meinen Berechnungen nach könnte der Startpunkt in der Umlaufbahn von Genesia-Prime liegen und das Ziel, beziehungsweise die Wendemarke, könnte dieser Planet dort sein. Allerdings müssen sie erst einmal dort hinkommen. Es gibt einige Herausforderungen auf diesem Stück Weltraum, Tchey. Ich zeige sie dir.“

Vor dem geistigen Auge der Reptiloiden auf dem virtuellen Schirm stellte sich eine Grafik dar, die verschiedene Abschnitte der Strecke darzustellen schien. Diese waren mit Farben gekennzeichnet, die Tchey, als ausgebildete Pilotin, sehr gut einordnen konnte. Sie bezeichneten den Schwierigkeitsgrad der einzelnen Abschnitte. Grün hieß leicht, gelb mittelmäßig und rot bedeutete sehr schwer. Dies erklärte sich vor allem durch enge Passagen zwischen Planeten hindurch und auch durch erst jetzt neu dazugekommene dimensionale Verwerfungen, wie es sie erst seit Auftreten der Ladungsverschiebung in den Dimensionen gab.

Tchey hatte ihren mentalen Blick über die Strecke schweifen lassen. „Ganz schön rot.“, sagte sie, was in der Fachsprache der Flieger so viel wie: „Ganz schön schwierig!“, hieß. „Na ja.“, sagte Shary. „Du wolltest doch eine Herausforderung für die Genesianer. Die würden uns ja bestimmt auslachen, wenn wir mit einer Strecke für Anfänger daherkämen. Als Herausforderer stellen wir schließlich die Bedingungen. Die Genesianer sagen doch immer von sich, sie seien ein Volk aus mutigen Kriegerinnen. Dann sollen sie das auch beweisen! Für uns zwei, Tchey, sehe ich da keine Probleme. Mit dir an meiner Seite, ich meine, in meinem Cockpit, meistere ich jede Strecke!“ „Hör auf zu schmeicheln, Shary.“, sagte Tchey. „Da wird man ja ganz verlegen und wenn ich das werde, dann heißt das schon was. Aber ich finde das echt eine coole Strecke, die du uns da berechnet hast. Sie wird sicher sehr viel Spaß machen!“ „Danke, Tchey.“, sagte Shary. „Hoffen wir mal, dass die Oberste Prätora das genauso sieht.“

Sie schwenkten in ein Sonnensystem ein. „Genesia kommt in Sicht.“, meldete Shary und stellte Tchey auch gleich die Sensorenbilder durch. „OK.“, sagte Tchey ruhig. „Dann ist es ja bald so weit. Ich denke, dass ich herunterbeamen muss. Du kommst hier klar?“ „Sicher.“, sagte Shary. „Mir wird schon niemand etwas tun. Geh du ruhig und überbringe Shashana unsere Herausforderung. Ich bin aber heilfroh, dass du dieser unerfahrenen Kriegerin da in dem anderen Shuttle nicht gesagt hast, dass du gleich gegen zehn Genesianerinnen antreten willst.“ „Du hast den Grund gerade selbst genannt, aus dem ich das nicht getan habe, Shary.“, sagte Tchey. „Sie ist total jung und somit auch total unerfahren. Ich hätte sie damit bestimmt sehr erschreckt.“ „Ach Gottchen!“, sagte Tchey und klang dabei sehr ironisch. „Hey!“, sagte Tchey. „Ich meinte das ernst!“

Shary hatte einen Ruf vom Rufzeichen des Shuttles registriert. „Sie ruft uns, Tchey.“, meldete sie. „Dann immer her mit ihr.“, sagte Tchey. „OK.“, sagte das Schiff und stellte befehlsgemäß die Verbindung für ihre Pilotin her. „Die Oberste Prätora erwartet dich!“, sagte die Genesianerin und beendete die Verbindung gleich wieder. „Hat sie dir Koordinaten geschickt?“, wendete sich Tchey an ihr Schiff. „Das hat sie.“, sagte Shary. „Gut.“, erwiderte Tchey. „Dann nutze sie!“ Sie stand auf, nahm den Neurokoppler ab und dann überprüfte sie ein letztes Mal, ob sie ihr Sprechgerät dabei hatte und dieses funktionsbereit war. Dann wurde sie von Shary in die große Halle gebeamt.

Shashana erwartete sie dort bereits. Sie hatte zwar schon viel von der berühmten Tchey Neran-Jelquist gehört, gesehen hatten sich die Beiden aber noch nie. So kam es dazu, dass sich beide zunächst gegenseitig musterten, bevor die Genesianerin anhob: „Du bist also Tchey Neran-Jelquist. Ich hatte mir dich eigentlich etwas größer vorgestellt.“ „Klein, aber oho.“, entgegnete Tchey und grinste. „Ihr werdet schon sehen, was ich alles draufhabe!“ „Das möchte ich auch sehen.“, sagte Shashana. „Meine Grenzpatrouille hat dich mit einem sehr interessanten Belang bei mir angemeldet. Sie sagte, du wolltest gegen eine meiner Kriegerinnen in einem Flugwettkampf antreten, um ein paar tote Männer zu gewinnen. Das klingt für mich etwas seltsam. Was willst du mit denen? Sie sagte auch, du hättest erwähnt, dass dein Schiff und du jemandem etwas schuldig seid. Aber was will jemand mit ein paar genesianischen Leichen? Wenn die Person nicht zufällig Cobali ist, dann kann ich mir da nichts drunter vorstellen.“ „In gewisser Weise habt Ihr Recht, Oberste Prätora.“, sagte Tchey. „Die Personen, denen wir etwas schulden, sind Cobali, oder besser, werden es sein. Ich nehme an, die meisten toten Männer auf irgendwelchen Friedhöfen sind dem Virus zum Opfer gefallen. Die können wir also sowieso nicht gebrauchen. Aber was ist mit denen, die demnächst wieder eines natürlichen Todes sterben könnten?“ „Wie habe ich das zu verstehen?“, fragte Shashana, die aufgrund von Tcheys Aussage jetzt doch etwas hellhörig geworden war. „Sagen wir mal so.“, sagte Tchey. „Mein Schiff und ich verfügen über Daten, die Euch helfen könnten, dafür zu sorgen, dass keiner mehr mit dem Virus infiziert werden wird.“

Die letzten Worte der Reptiloiden hatten Shashana in großes Erstaunen versetzt. „Was sagst du da?!“, fragte sie. „Wie soll dir etwas gelingen, an dem sich unsere Wissenschaftlerinnen gemeinsam mit den Xylianern bereits die Zähne ausbeißen?! Wer bist du? Über welches Wissen verfügst du?!“ „Oh ich bin nur eine kleine Pilotin mit einem Sanitätskurs.“, sagte Tchey bescheiden. „Den brauchte ich, um das Rettungsshuttle fliegen zu dürfen. Aber ich habe Freundinnen mit viel umfangreicherem Wissen. Eine von ihnen ist zufällig auch Xylianerin. Ihr sagt, auch Ihr arbeitet mit den Xylianern zusammen. Ihre Taktik ist es, in so einem Fall eine Sonde zu schicken, die sozusagen die Aufgaben eines Verbindungsoffiziers wahrnimmt. Vielleicht solltet Ihr mich dieser Sonde mal vorstellen. Vielleicht kennt sie ja auch die Sonde, die ich kenne. Davon ist aber fast auszugehen, da die ja alle untereinander kommunizieren können. Sie müssen zwar nicht dauernd vernetzt sein wie die Borg, aber …“

Shashana wandte sich kurz von Tchey ab, um ihrer Leibwächterin Meduse einen Befehl auf Genesianisch zu geben. Darauf nickte diese nur und verließ die Halle. „Puh!“, machte Tchey. „Und ich dachte schon, ich soll jetzt verhaftet werden.“ Dabei grinste sie. „Aber nein.“, lächelte Shashana. „Ich schätze es gar nicht, wenn jemand in meinem Gefängnis landet, die mir doch so einen großen Spaß verspricht. Reden wir also über deine Herausforderung, Tchey Neran-Jelquist. Gegen welche meiner Kriegerinnen willst du denn antreten. Ich nehme an, du willst die Beste als Gegnerin, oder? Schließlich genießt auch du den Ruf, die beste lebende Pilotin der Föderation zu sein.“ „Ah.“, machte Tchey. „Ihr habt also doch von mir gehört. Aber ich höre Euch immer nur von einer Gegnerin reden. Ich weiß nicht, woher Ihr und die Grenzpatrouille das habt. Davon habe ich nämlich nie gesprochen!“

Sie nahm eine sehr gerade Haltung ein und machte eine Pause, bevor sie fortfuhr: „Mein Schiff ist schnell und reaktionsfreudig und ich bin die Beste, wie Ihr schon festgestellt habt. Ich werde es also gleich mit zehn Eurer besten Fliegerinnen aufnehmen!“ „Mutige Worte, Tchey Neran-Jelquist!“, sagte Shashana anerkennend. „Ich schätze Mut. Aber wie genau hast du dir das denn vorgestellt?“

Tchey war etwas aufgefallen, das sie erst jetzt in der Brusttasche ihrer Bluse gefühlt hatte. Etwas Flaches hatte sich an ihre Brust geschmiegt. Sie fühlte nach und entdeckte ein Pad. Shary musste es ihr heimlich in die Tasche gebeamt haben.

Sie zog es heraus und betrachtete das Display. Hier konnte sie einen Dateinamen lesen, der ihr sofort verriet, dass es sich um eine Datei mit der Strecke handeln musste, die Shary ausgesucht hatte. „Du denkst aber auch an alles, Shary.“, flüsterte sie. Dann legte sie das Pad vor Shashana auf den großen Tisch, an dem die Oberste Prätora saß. „Seht her!“, sagte sie und zeigte auf das Pad. „Das ist die Strecke, die ich mir vorgestellt hatte. Die roten Spiralen dort sind dimensionale Verwerfungen. Schaut es Euch ruhig an. Ich käme da auf jeden Fall klar. Aber wie es bei Euch aussieht, weiß ich nicht. Falls Eure Kriegerinnen aber eine leichtere Strecke bevorzugen, kann ich gern …“ „Oh nein!“, fiel ihr Shashana ins Wort. „Diese Strecke ist in Ordnung. Du sprichst und handelst wie eine wahre Kriegerin! Ich denke schon, dass es in den Reihen der Meinen auch genügend gäbe, die deiner Herausforderung würdig sind. Aber nun zu deinen Bedingungen.“ „OK.“, sagte Tchey. „Ich habe mir das so vorgestellt: Wenn ich als Erste wieder an dem Punkt in der Umlaufbahn ankomme, dann kriege ich den nächsten Schwung toter Männer beziehungsweise die Koordinaten vom nächsten Friedhof für die Cobali und die bekommen sozusagen die Schürfrechte. Ihr versteht schon. Gewinnt aber eine der Euren, dann werde ich sang- und klanglos abziehen.“ „Und was ist mit den Daten, die du angeblich hast?“, fragte die Oberste Prätora. „Ich nehme an, die werden bereits unter den Xylianern weitergegeben worden sein. Aber da ich ja auch einen Teil dazu beigetragen habe und ich die Probe an Bord meines Schiffes habe, die notwendig ist, um die Daten zu verifizieren, überlasse ich Euch die Entscheidung, ob Ihr sie annehmen wollt oder nicht. Ich weiß ja, wie ungern Kriegerinnen etwas geschenkt bekommen, wenn sie es nicht vorher erlegt oder erstritten haben.“ „Du sprichst wie eine Frau von Ehre, Tchey.“, sagte Shashana. „Und von so einer lassen wir uns auch mal beschenken. Aber wir werden hier ja auch eine gute Gelegenheit haben, um zu prüfen, ob du auch eine bist! Wenn du dich also bei dem Wettflug uns gegenüber fair und ehrenvoll verhältst, dann werden wir auch dein Geschenk annehmen.“ „OK.“, sagte Tchey und gab Shashana die Hand. „Kehre auf dein Schiff zurück, Tchey.“, sagte die Oberste Prätora. „Ich werde inzwischen die Kriegerinnen aussuchen, die ich als würdig erachte, gegen dich anzutreten.“ „In Ordnung.“, sagte Tchey und zog ihr Sprechgerät. „Mein Schiff und ich werden dann schon mal zum Start fliegen. Dort werden wir ein Signal hinterlassen. Ich denke, das wird es ihnen auch einfacher machen, uns zu finden!“ Tchey wusste, dass kleine Provokationen sich in einem Gespräch mit einer Kriegerin gut machten. „Oh das werden sie auch so schaffen.“, sagte Shashana. „Ihre Augen sind sicher genauso gut wie die Deinen. Wenn nicht sogar noch besser!“ „nun, ich bin begierig darauf, das zu testen!“, konterte Tchey.

„Nur eines möchte ich dir noch mitgeben.“, sagte Shashana. „Ich werde an Bord der Rapach sein und alles von dort aus beobachten. Von dort werdet ihr auch das Startzeichen bekommen. Es wird aus drei Schüssen mit dem Phaser in den leeren Weltraum bestehen! Darauf bezog sich übrigens auch mein Befehl an Meduse. Sie sollte meinen Technikerinnen sagen, sie sollten mein Schiff präparieren.“ „Ihr hattet also von Anfang an vor, meine Herausforderung zu akzeptieren?!“, hinterfragte Tchey. „Oh ja!“, sagte Shashana und warf ihr einen genießerischen Blick zu. „Dein Ruf ist dir vorausgeeilt. Gegen dich anzutreten, wird jede meiner Kriegerinnen als große Ehre empfinden!“ „Ihr schmeichelt mir.“, sagte Tchey. „Keinesfalls.“, sagte die Oberste Prätora. „Ich spreche nur die Wahrheit. Ich werde sehr sorgfältig wählen müssen. Sie werden Schlange stehen. Aber das ist eine Herausforderung, die ich auch gern annehmen werde!“ „Das dachte ich mir.“, sagte Tchey. „Was wärt Ihr denn sonst auch für eine Kriegerin?!“ „Exakt!“, sagte Shashana. „In meinen Augen wärst du es wert, eine Genesianerin zu sein!“ „Vielen Dank.“, sagte Tchey. „Ich hoffe nur, dass Ihr mich nach dem Wettstreit noch genauso respektiert.“ „Oh das werde ich ja dann sehen.“, sagte Shashana. „Aber wenn du dich dort genauso ehrenhaft verhältst, dann sehe ich da keine Schwierigkeiten. Die Xylianerin wird übrigens auch bei mir an Bord der Rapach sein. „Dort werden wir dann auch über die Daten reden. Aber hübsch eines nach dem anderen.“ „Mein Reden.“, sagte Tchey. „Aber ich sollte jetzt wirklich gehen. Wir sollten das Ganze nicht länger als nötig herauszögern.“ „In Ordnung.“, sagte Shashana.

Tchey gab Sharys Rufzeichen in ihr Sprechgerät ein und befahl ihr, sie wieder an Bord zu holen. Dies tat Shary auch. Sie konnte es allerdings kaum erwarten, bis ihre Pilotin ihren Neurokoppler aufgesetzt hatte. „Was hat sie gesagt?“, fragte das Schiff. „Sie hat gesagt, dass wir uns zum Start begeben sollen.“, sagte Tchey. „Sie akzeptiert.“ „Über die Daten wird sie später mit uns reden.“ „OK.“, sagte Shary. „Schone deine Konzentration. Ich bringe uns hin!“ „OK.“, sagte Tchey und ließ zu, dass ihr Schiff die Steuerkontrolle übernahm. Dann flogen sie zu jenem Punkt, den Shary als Ausgangspunkt für den Wettflug berechnet hatte.

Shannon und Scotty hatten sich Minuten lang den Kopf zerbrochen, ohne dass ihnen etwas Gescheites eingefallen war. Schließlich hatte der Schotte ein Pad aus der Tasche gezogen, in das er einiges eingegeben hatte. „Was wird das, Scotty?“, fragte die blonde Irin interessiert und rutschte neugierig etwas näher an ihren Verbündeten heran. „Ich überlege.“, sagte Scotty. „Ob wir nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnten.“ „Was meinen Sie damit?“, fragte Shannon. „Passen Sie auf.“, sagte Scotty und legte das Pad so hin, dass beiden der gleiche Zugriff möglich war. „Die Regierung der Tindaraner misstraut den Vendar auf New-Vendar-Prime ja nur deshalb, weil sie denken, dass sie sehr leicht wieder unter Sytanias Bann geraten können. Im Prinzip ist das ja auch richtig, wenn man bedenkt, was mit dem armen Diran passiert ist. Aber wie sicherte man früher seine Habe, hm? Ganz einfach, man hing ein Vorhängeschloss davor. Die Tindaraner könnten das also ganz leicht selbst verhindern, indem sie die Vendar selbst unter einen Bann stellen, der ihnen verbietet, für Sytanias Einfluss empfänglich zu sein. Wenn sie zum Beispiel, wenn Sytania versuchen würde, auf sie Einfluss zu nehmen, temporär blind und taub wären, aber nur für sie und ihre Geister geschlossen, dann könnte sie es nicht. Die Tindaraner müssten ihr nur zuvorkommen und der Befehl müsste stark genug sein, dass sie ihn nicht übergehen kann. Ich hörte, die Tindaraner können sich geistig zusammenschließen und dann wie ein Geist agieren. So wären sie ja sicher stark genug.“ „Die Zusammenkunft wird das aber nicht versuchen wollen, wie ich sie einschätze.“, sagte Shannon. „Die sind im Moment viel zu mies drauf gegenüber den Vendar. Ich kenne nur ein bis zwei Tindaranerinnen, die uns jetzt vielleicht helfen würden. Zirell und Nidell. Aber der Rest …“ Sie stöhnte auf.

Scotty rief ein weiteres Programm aus dem Pad auf und gab die beiden Namen, die Shannon ihm gerade genannt hatte, in dieses ein. Augenblicklich erschien ein Diagramm auf dem Bildschirm. Dann gab Scotty noch Sytanias Namen ein und stellte die beiden Diagramme einander gegenüber. Danach betrachtete er dieses Bild sehr lange. „Verflucht!“, sagte er und zeigte mit leicht wütendem Blick auf das Pad. „Das arme Ding kann doch nichts dafür.“, sagte Shannon. „Aber woher haben Sie dieses Programm überhaupt?“ „Schöne Grüße von Ihrer Vorgesetzten.“, sagte mein Mann. „Die gute Jenn’ fand einmal, dass es nicht schaden könnte, wenn ich es hätte und hat es mir zugeschickt. Warum wusste ich damals auch nich’ so genau, aber ich habe es angenommen. Man weiß ja schließlich nie. Aber wir haben ein Problem, meine Liebe. Sehen Sie die beiden Kreise?“ „Sytania hat immer noch einen viel größeren Kreis allein, als Zirell und Nidell zusammen.“, stellte O’Riley fest. Scotty nickte nur resignierend und legte die Hände in den Schoß. „Ganz Ihrer Meinung.“, sagte Shannon. „Aber was machen wir denn da nur? Wir brauchen auf jeden Fall noch eine dritte Person, die Nidell und Zirell unterstützt. Sonst kommen wir nicht weit und Sytania könnte den Bann jederzeit aufheben. Davon, dass die Vendar mit unserer Aktion einverstanden sind, gehe ich aus. Aber …“

„Hier ist Ihre dritte Person!“ Eine weibliche Stimme und dann ein gleißendes Licht, das Shannon und Scotty zunächst geblendet die Augen schließen ließ. Dann, als der Lichtkegel sich etwas verzogen hatte, öffneten sie diese erst langsam wieder und erkannten Tolea, die sich langsam aus eben diesem schälte. Zumindest sah es für die Beiden so aus.

„Was machen Sie denn hier, Tolea?“, fragte Scotty etwas erschrocken, der genauso wenig mit dem Auftritt der Bewohnerin des Raum-Zeit-Kontinuums gerechnet hatte, wie die blonde Irin, die Tolea jetzt nur einen verächtlichen Blick zuwarf. Tolea sah sie nur mild an. „Ich weiß.“, sagte sie freundlich. „Sie mögen keine Mächtigen, nur weil sie mächtig sind. Aber ich dachte, bei mir hätten Sie mittlerweile eine Ausnahme gemacht.“ „Wie Sie sehen, habe ich das nich’.“, sagte Shannon. „Aber ich will gern in den sauren Apfel beißen, wenn es uns hilft und mal versuchen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“ „Sehr löblich.“, lobte Tolea. „Sie werden feststellen.“, setzte die Q diplomatisch nach, „Dass dieser Apfel süßer sein wird, als Sie auf den ersten Blick vermuten würden. Aber ich kann mir schon denken, dass Sie an meinen Motiven zweifeln, nur weil ich dem Volk der Q angehöre. Wir wollen zwar heute, zumindest zum größten Teil, nicht mehr als solche bezeichnet werden, weil das alte Wunden aufreißen könnte, aber in Ihren Augen … Na ja. Also, meine Motive sind aber sehr lauter. Ein Tindaraner, auch wenn er jetzt tot ist, hat mich davor bewahrt, den größten Fehler meines Lebens zu machen. Zumindest hat er meinem Bruder dabei geholfen. Da empfinde ich es nur als recht und billig, dass ich mich jetzt bei seinem Volk revanchiere. Vielleicht kann auch ich mithelfen, dessen Regierung vor einem ebenso dummen Fehler zu bewahren. Ich finde, das bin ich Ihnen allen schuldig und eine Schuld sollte man bezahlen, nicht wahr?“ Shannon knirschte nur mit den Zähnen.

„Ach, sie ist schon ein extrem harter Brocken, nicht wahr, Mr. Scott?“, fragte Tolea und sah den Angesprochenen etwas hilflos an. „Wenn Sie und ich sie nicht überzeugen können, Tolea.“, sagte der terranische Techniker. „Dann schafft es vielleicht dieses Maschinchen hier.“

Er schob Shannon das Pad hin. „Na los!“, forderte er sie auf. „Geben Sie schon Toleas Namen ein. Wenn sie selbst oder ich das täten, dann würden Sie uns ja nur vorwerfen, die Sache zu frisieren, nicht wahr?“ Missmutigen Ausdrucks tat Shannon, worum sie gerade von Scotty gebeten worden war.

Es dauerte eine kurze Zeit, in der Shannon dem Pad interessiert beim Rechnen zusah. Die Kreise auf dem Bildschirm veränderten sich merklich. Zirells, Nidells und Toleas Kreis wuchs so sehr an, dass Sytanias Kreis total verdrängt wurde und das Pad Hilfe suchend eine Meldung ausspuckte, der nach es ihm unmöglich war, beide Kreise im Vollbild auf dem Monitor anzuzeigen. Der Nutzer sollte sich durch Klicken für eines der Diagramme entscheiden oder die Verkleinerte Anzeige beider akzeptieren.

Die blonde Irin betrachtete diese Meldung sehr lang. Dann sagte sie schließlich: „OK, ich bin überzeugt. Ich bin auch damit einverstanden, dass Sie uns helfen, Tolea. Ohne Sie geht es ja doch nich’.“ „Na sehen Sie, Shannon.“, sagte Tolea freundlich. „Das war doch gar nicht so schwer, oder?“ „Haben Sie eine Ahnung!“, sagte Shannon.

Scotty ging ins Haus und kam wenig später mit einem Stuhl für Tolea zurück. „Wo sind nur meine Manieren?“, fragte er, während er ihn ihr hinschob. „Setzen Sie sich doch, Tolea.“ „Danke, Mr. Scott.“, sagte Tolea mild und ließ sich langsam und würdevoll auf den Stuhl sinken.

„Wir müssen aber genau überlegen, wie der Bann aussehen soll, unter den wir die Vendar stellen.“, sagte sie. „Was die zwei Tindaranerinnen und ich ihnen unter dem Bannwort telepathisch befehlen werden, werden sie wörtlich ausführen. Das war ja auch mein Fehler, durch den der arme bedauernswerte Diran zum Verräter wider Willen wurde. Aber das wird mir kein zweites Mal passieren! Dieses Mal werde ich mich richtig ausdrücken!“ „Sie waren in einer Ausnahmesituation, Tolea.“, entschuldigte Scotty ihr Verhalten. „Da kann so was schon mal …“ „Nein!“, sagte Tolea energisch. „Das akzeptiere ich nicht! Unsere Fähigkeiten sind ein mächtiges Werkzeug, mit dem wir euch Sterblichen eine Menge Leid zufügen können, wenn wir es falsch benutzen und das ist mir gegenüber Diran passiert. Es sollte aber nicht passieren! Gerade weil es so mächtig ist, sollten wir es und uns zu jeder Zeit unter Kontrolle haben! Zu jeder Zeit!“ „Und ich akzeptiere nicht, dass Sie sich hier weiter quälen!“, sagte Scotty. „Genau!“, schlug die blonde Irin in die Kerbe des Schotten. „Sie sind schließlich auch nur ein Wesen und haben eine Seele und wenn einem die bucklige Verwandtschaft die Nachricht vom Weltuntergang um die Ohren haut, dann kann einen das schon mal fertig machen! Ich meine natürlich Verwandtschaft im wissenschaftlichen Sinn.“ „Sie meinen die Quellenwesen.“, sagte Tolea. „Na gut. Aber lassen Sie uns mal nachdenken.“ „Oh das habe ich schon.“, sagte Scotty, grinste sie an und warf ihr Dann noch einen konzentrierten Blick zu. „War das eine Einladung in Ihren Geist?“, vergewisserte sich die Mächtige. Montgomery nickte nur und grinste erneut. „OK.“, sagte Tolea und nahm vorsichtig telepathischen Kontakt mit Scotty auf.

Die Dinge, die sie dort sah, erstaunten sie gleichermaßen und ließen sie lächelnd laut aussprechen, was Scotty ihr zeigte: „Tshê, Vendar! Niemals mehr werdet ihr empfänglich für Sytanias Befehle sein. Sollte sie euch aufsuchen, oder euch geistig kontaktieren, dann seid ihr taub und blind gegen sie und auch jeder eurer Geister ist fest gegen sie verschlossen und auch jeder eurer weiteren Sinne ist gegen sie blockiert! Dieser Befehl gilt ab jetzt bis an das Ende aller Zeiten und nicht nur für euch, sondern auch für die, die nach euch kommen!“

Sie ließ wieder lächelnd von Scottys Geist ab. „Das hätte ich Ihnen wahrhaftig nicht zugetraut!“, sagte sie und klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. „Warum?“, fragte Scotty grinsend. „Weil ich ein Sterblicher bin? Na ja. Ich bin aber einer, der Programmieren kann. Und das hier hat doch was vom Programmieren eines Computers, finde ich zumindest. Wenn man sich da falsch ausdrückt, kriegt man ja auch Fehlermeldungen oder ein falsches Programm, das genau das Falsche tut.“ „Kompliment, Mr. Scott.“, sagte Tolea. Diesen geistigen Transfer schaffen aber nicht viele.“ „Ich weiß.“, sagte Scotty. „Den Meisten stößt sauer auf, dass es sich um Lebewesen handelt. Deshalb kriegen sie das wohl nich’ hin. Aber das Problem habe ich nich’.“ „Man sieht’s.“, sagte Shannon. „Aber wir haben eines ganz außer Acht gelassen. Wie helfen wir damit eigentlich IDUSA? Vor Toleas denkwürdigem Auftritt haben Sie doch was gesagt von zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, Scotty.“ „Das machen wir so, Shannon.“, sagte der Schotte und grinste sie an. „Wenn wir sie damit schon mal weichgekocht haben, dass ihre Angst wegen der Vendar völlig unnütz war, dann konfrontieren wir sie auch noch mit der Sache mit ihrer zweiten Fehlentscheidung. Mal sehen, wie sie dann reagieren werden! Aber wir müssen einen Moment wählen, an dem sie sich so richtig vor der Presse blamieren würden. Vielleicht sollten wir mitten in eine Sitzung des Parlaments platzen oder so.“ Shannon klatschte Beifall und Tolea nickte nur: „Ganz recht, ganz recht. Lassen Sie uns nun zu Ihrem Sprechgerät gehen, Mr. Scott. Mit seiner Hilfe werden wir Commander Zirell über unsere Pläne informieren.“ „OK.“, sagte Scotty. „Wir sollten außerdem IDUSA für den Rückflug nutzen.“, sagte Tolea. „Schließlich ist sie auch ein Teil dessen, um das es geht.“ Shannon und Scotty nickten ihr nur zu. Dann machten sich alle auf den Weg in Richtung des Sprechgerätes, welches sich in Scottys Wohnzimmer befand.

 

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