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Auch auf der Basis 818 war man von den Ereignissen natürlich nicht verschont geblieben. Time und Yetron hatten in Times Bereitschaftsraum gesessen, als sich die Ereignisse zugespitzt hatten. Sofort hatte der Demetaner das Ruder übernommen, nachdem ihm sein terranischer Vorgesetzter deutlich gemacht hatte, dass ihn die Situation vom Intellekt her wohl überfordern würde. Yetron wusste zwar, dass Time nicht dumm war, aber er wusste auch, dass er so erzogen war, dass Tote eben im Jenseits und Lebende im Diesseits zu bleiben hatten. Das, was jetzt passiert war, konnte Time einfach nicht fassen, da es nicht in sein Bild von der Welt passte. Die demetanische Erziehung war mit diesem Thema wohl offener umgegangen. Deshalb hatte Yetron auch verfügt, dass Cenda auf keinen Fall den Computerkern mit Rosannium fluten durfte. Der Agent hatte den Computer sogar einige der Energiemuster mit Hilfe der Sternenflottendatenbank identifizieren lassen, um einen Beweis zu haben. Dies hatte ihn nur noch in seinem Vorhaben bestätigt. Zu Cenda hatte er nur gesagt: „Gönnen Sie sich eine Pause, Techniker! Ich denke, wir können den Toten vertrauen. Es ist aber auch wichtig, dass Sie mir vertrauen. Ich bin sicher, es ist alles in Ordnung. Ich weiß, dass all das unfassbar klingt, was ich Ihnen jetzt sage, aber unsere Freunde aus dem Jenseits wollen offenbar auch nicht, dass Sytania mit ihren Spielchen durchkommt. Wenn Sie das auch nicht wollen, dann lassen Sie jetzt schön das Ventil für das Rosannium ein Ventil sein und lassen es in Ruhe! Haben Sie mich verstanden, Techniker?!“ „Das habe ich sehr wohl, Mr. Yetron.“, hatte die kesse Celsianerin entgegnet und dabei zu überspielen versucht, dass sie sehr weiche Knie bekommen hatte. Das, was ihr Vorgesetzter ihr gerade gesagt hatte, ängstigte sie doch sehr, Aber sie vertraute ihm schlussendlich doch. Das hatte dazu geführt, dass auch die Electronica, die Niagara und die Basis umgestaltet werden konnten, denn auch zwischen Commander Cinia und Agent Indira hatten ähnliche Gespräche stattgefunden.

„Ich hätte nie gedacht, dass so etwas funktionieren kann, Agent.“, sagte ein leicht verwirrter Time. „Da kommen ein paar Tote und ändern unsere Technik per geistigem Befehl. Das ist etwas, mit dem wohl Sytania auch nicht gerechnet hat. Hoffen wir nur, dass auch andere Kommandanten so schlau waren oder zumindest so schlaue Erste Offiziere haben, wie ich einen habe. Nicht auszudenken, wenn ich Cenda befohlen hätte, den Computerkern mit Rosannium zu fluten.“ „Ich danke Ihnen für das Kompliment, Sir.“, sagte Yetron bescheiden. „Aber wenn man nur ein bisschen offen für bestimmte Tatsachen ist, dann wird jeder so entscheiden können, wie ich entschieden habe. Die Tatsache, dass die Toten nicht mehr unter uns weilen, bedeutet ja nicht, dass sie nicht mehr existieren, wie wir bereits aus diversen Aussagen bestimmter Leute gelernt haben. Sie sind nur in eine rein energetische Form übergegangen und benötigen jetzt andere Lebensbedingungen, die sie in der Dimension, in die sie gegangen sind, zweifelsfrei vorfinden werden. Sie würden einen Fisch ja auch nicht zwingen wollen, auf dem Trockenen zu überleben. Das Ergebnis wäre fatal.“ „Logisch.“, sagte Time. „Also manchmal glaube ich, Sie und Mr. Spock haben eine ganze Menge gemeinsam.“

Er drehte sich der Sprechanlage zu und gab das Rufzeichen der Stationszentrale ein. Dann sagte er: „Sensora, schicken Sie einen Testruf an alle Sternenflottenrufzeichen! Lassen Sie sich vom Computer sagen, wer den Ruf empfängt und wo er ins Leere geht. Der Rechner soll eine Liste anfertigen, die Sie mir dann schicken werden!“ „Verstanden, Commander.“, sagte die Androidin nüchtern und machte sich an Ihre Arbeit.

Yetron und Time waren wartend in Times Bereitschaftsraum zurückgeblieben. „Warum haben Sie ihr diesen Befehl erteilt, Sir?“, fragte Yetron. „Weil ich einige meiner Kollegen für reichlich begriffsstutzig halte, was das hier angeht, Agent!“, sagte Peter etwas missmutig. „Vielleicht haben sie so viel Angst vor den Toten, dass sie ihren Ingenieuren tatsächlich die Flutung der Computerkerne ihrer Stationen und Schiffe mit Rosannium befohlen haben.“ „Das, Commander.“, sagte der demetanische Agent ungerührt und fast schon recht kalt. „Würde zweifelsfrei auch ihren Tod und die Vernichtung ihrer Crews, sowie ihrer Schiffe und ihrer Basen bedeuten, weil sie nicht angepasst werden konnten.“ „Da stimme ich Ihnen ja zu, Agent.“, sagte Time. „Ich bete nur, dass es nicht so ist.“

Die Sprechanlage piepte. Im Display sah Peter genau das Rufzeichen von Sensoras Arbeitskonsole. „Na, das ging ja schnell mit der Liste, Allrounder.“, flapste er. „Aber Sie sollten sie mir nicht vorlesen.“ „Oh das hatte ich auch nicht vor.“, sagte Sensora. „Es ist nur eine vendarische Rettungskapsel aufgetaucht, deren Pilotin dringend mit uns reden möchte. Laut Computer ist sie ein Hybrid aus Ferengi und Platonierin. Ihr Name ist Meroola Sylenne. Sie behauptet, für die Tatsache verantwortlich zu sein, dass es die Dimensionen noch gibt. Sie behauptet ferner, Sytanias Allmachtspläne empfindlich gestört zu haben. Sie möchte unbedingt von einem Spionageoffizier vernommen werden.“

Das war Yetrons Stichwort. Sofort stellte er sich neben Time und bedeutete ihm, das Mikrofon an ihn zu übergeben. Das tat der Terraner auch. „Sensora, weisen Sie Miss Meroola Sylenne nach Andockbucht vier. Ich werde sie dort persönlich abholen und sie dann vernehmen. Sagen Sie ihr das und sagen Sie ihr auch, dass ich sehr gespannt auf ihre Geschichte bin.“ „Aye, Agent.“, gab die Androidin nüchtern zurück und beendete die Verbindung.

Time sah seinen Ersten Offizier fragend an. „Ein Hybrid aus Ferengi und Platonierin?“, fragte er verwundert. „Kann es das geben? Ich dachte immer, es sei biologisch unmöglich.“ „Auf natürlichem Wege definitiv.“, sagte Yetron. „Aber es gab einen Fall, in dem eine entführte Platonierin das bedauernswerte Opfer eines wahnsinnigen Ferengi wurde, der sich dermaßen in seine Obsession, einen Sohn bekommen zu wollen, hineingesteigert hat, dass er alles entführte, was weiblich war. Er wird versucht haben, sich einen im Labor zu basteln. Aber da er, wie ich gerade sagte, ja nicht bei Verstand war, als er das tat, wird er einige Fehler gemacht haben. Sein Opfer hat er später einfach wieder auf ihrem Planeten entsorgt. Mutter Schicksal sei Dank konnte sie aussagen.“ „Und Sie meinen, ihre Tochter ist …“ „Exakt.“, sagte Yetron. „Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, Sir. Ich lasse eine Dame ungern warten.“ Time nickte Yetron nur auffordernd zu, worauf dieser den Bereitschaftsraum verließ.

Rudi war wieder in seiner Wohnung im Reich der Toten auf dem Gelände von Shinells Therapiezentrum eingetroffen. Der deutsche Terraner war überrascht, dort bereits auf die Besagte zu treffen, die Mikosch auf dem Schoß und Mausi neben sich auf der Couch liegen hatte. „Oh, das Fräulein Shinell!“, rief er aus. „Was verschafft mir die Ehre?“

Die junge Außerirdische wandte sich zu Rudi um und sah ihn ernst an. „Wir müssen reden.“, brachte sie nüchtern hervor. „Was ist los?“, fragte Rudi. „Ich dachte, unsere Operation ist ein voller Erfolg gewesen.“ „Das war sie auch.“, sagte Shinell. „Dennoch haben wir einige Verluste zu beklagen. Einige der Kommandanten waren nicht so schlau wie Kissara, Cinia oder Time. Du musst dir das vorstellen! Es gab tatsächlich Sternenflottenoffiziere, die sich wirklich lieber der Vernichtung anheimgegeben haben, als sich von uns helfen zu lassen. Dabei wollen sie doch immer so offen und tolerant sein!“ Sie warf einen verärgerten Blick in den Raum. „Rosannium!“, rief sie aus. „Kannst du dir das vorstellen? Sie haben Rosannium gegen uns benutzt! Das zerstört neurale Energie. Eigentlich nur die von Telepathen, aber wenn man länger als reines Energiewesen existiert, verändert sich die Struktur irgendwann so, dass alle für Rosannium anfällig werden. Je länger man von seiner körperlichen Existenz getrennt wird, desto stärker ist die Veränderung. Das macht es auch umso schwerer, wieder ins Leben zurückzukehren. 100 Jahre reichen dafür schon aus. Wusstest du das?“ „Ich dachte es mir, Shinell.“, sagte Rudi ruhig. „Bis dahin ist ja selbst der zäheste Körper verwest. Dazu kommt noch die Tatsache, dass ja einige unserer Freunde schon sehr lange hier waren.“ „Das ist richtig.“, sagte die Tindaranerin. „Du zum Beispiel. Du könntest nicht wieder zurück, weil du schon viel zu sehr an diese Dimension angepasst bist. Wenn, dann könntest du nur temporär einen Körper oder Gegenstand dort aufsuchen.“ „Das stimmt.“, sagte Rudi. „Genauso haben wir es ja auch gemacht. Aber das war ja bestimmt nicht alles, über das du mit mir reden wolltest, nicht wahr, Shinell?“ „Du hast Recht.“, sagte Shimars Schwester und gab einen schweren Seufzer von sich. „Ich habe heute eine Vision von den Quellenwesen empfangen, die ich nicht verstanden habe. Ich dachte, dass du mir mit deiner Lebenserfahrung vielleicht behilflich sein könntest, sie zu interpretieren, alter Mann!“ Bei ihren letzten zwei Worten hatte sie gegrinst.

Rudi setzte sich auf einen Sessel, den er in ihre Nähe geschoben hatte. Dann sagte er: „Na, dann erzähl mal.“ „OK.“, sagte Shinell und begann: „Ich sah eines von ihnen in einer Art Feuerwand stehen. Es hat sich mir in weiblicher Gestalt gezeigt. Sie war sehr klein und zierlich und sie trug eine Sternenflottenuniform. Ihr Rangabzeichen wies sie als Allrounder Ehrenhalber aus. Zuerst habe ich mich wahnsinnig erschrocken, weil ich meinte, es sei Betsy. Aber dann fiel mir auf, dass Betsy ja kein weißes Abzeichen trägt, das erkennen lässt, dass sie ihren Rang nur ehrenhalber hätte, weil das ja auch nicht stimmt. Ich habe dann …“ „Warte, Shinell!“, fiel ihr Rudi ins Wort. „Warum zeigst du es mir nicht einfach telepathisch. Dann bekomme ich doch fiel eher auch deine emotionalen Eindrücke mit.“ „Na gut.“, sagte Shinell. „Wenn du dich wirklich darauf einlassen willst …“ „Das will ich!“, sagte Rudi mit Überzeugung.

Shinell nahm eine sehr konzentrierte Haltung ein und dann sah Rudi bald alles, was sie während ihrer Vision gesehen hatte. Jetzt sah auch er das Quellenwesen, das in der Flammenwand tanzte. Er kannte es nicht, aber ich war es auf keinen Fall. Erstens wusste er genau, dass ich kein Quellenwesen war und zweitens war sie mindestens zehn Zentimeter kleiner als ich. Aber auch Shinells Schreck, der ihr durch Mark und Bein gefahren war, hatte er mitbekommen. Jetzt hörte auch er, wie das Quellenwesen zu Shinell im Geist sagte: Hab keine Furcht! Was wir dir zu sagen haben, ist sehr wichtig. Du weißt, dass unsere gemeinsame Aktion nur einen Aufschub bedeutet, nicht aber die endgültige Stabilisierung. Für die können nur die Sterblichen Sorgen. Das kann nur gelingen, wenn alle Freunde an einem Strang ziehen und auch sich Feind und Feind die Hand reichen. Denke über meine Worte nach, Shinell von Tindara! Denke gut über meine Worte nach!

Sie hatte die telepathische Verbindung zu Rudi wieder beendet. „Das war sehr interessant, Shinell.“, sagte dieser. „Findest du?“, fragte sie. „Mir hat das eher Angst gemacht. Feind und Feind sollen sich die Hand reichen! Wie stellen die Quellenwesen sich das vor? Sytania wird niemals …“ „Nein.“, sagte Rudi ruhig. „Sytania bestimmt nicht. Aber es gibt ja Gott sei Dank noch Wesen, die vernünftiger sind als ihre Herrin. Es haben ja schon einmal Vendar gegen sie gemeutert. Warum soll das kein zweites Mal geschehen?“ „Du kennst Telzan nicht.“, sagte Shinell. „Er ist der treueste unter Sytanias Dienern. Er wird niemals klein beigeben und sich gar der guten Sache anschließen! Niemals!“ „Na, da bin ich mir nicht ganz so sicher.“, sagte Rudi skeptisch. „Kennst du den Spruch: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff? Wenn Telzan merkt, dass das mit der Allmacht seiner Herrin unter den gegebenen Umständen nichts wird, dann wird er sich schon nach Alternativen umsehen. Dessen bin ich mir sicher! Dazu hängt er viel zu sehr an seinem Leben. Du weißt doch: Kein Minuspol ohne einen Pluspol und kein Pluspol ohne einen Minuspol. Wenn Sytania nicht bereit ist und das ist sie bestimmt nicht, sich einen guten Gegenpol zu ihrem bösen Pol zu schaffen, dann wird auch sie untergehen. Das ist nur eine Tatsache, die sie gern übersieht.“ „Weil sie ihr unbequem ist.“, begriff Shinell. „Und Sytania ist sehr bequem und selbstgefällig. Du meinst also wirklich, das könnte unser Vorteil sein?“ „Darum würde ich mit dir sogar wetten!“, sagte Rudi fest. „Also gut.“, sagte Shinell. „Ich glaube dir. Danke, dass du mir geholfen hast, die Vision zu verstehen. Ich wäre sonst noch verrückt geworden. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Sytanias Vendar bereit sein könnten, mit unseren Leuten zusammenzuarbeiten.“ „Warum nicht?“, fragte Rudi und machte ein optimistisches Gesicht. „Auch sie hängen an ihrem Leben und das ist nun einmal die Triebfeder der meisten Wesen in gefährlichen Situationen. Alle Instinkte raten einem dann dazu, sich selbst auf jeden Fall zu retten. Ich kann mir gerade von Telzan und seiner Frau Cirnach, die auch immer sehr auf ihren Vorteil bedacht sind, nicht vorstellen, dass sie dies vor lauter Treue zu Sytania völlig außer Acht lassen können. Training hin oder her! Das kann ich dir sogar beweisen.“

Er drehte sich dem Fernseher zu und konzentrierte sich auf Sytanias Kerker. Allerdings stellte er sich auch eine Uhr vor, die rückwärts lief. Dies tat sie aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Jetzt sahen Shinell und er genau, wie Meroola Telzan und Cirnach und somit auch Sytania betrogen hatte und sie sah vor allem genau, wie bereitwillig die Vendar darauf eingingen.

Die junge Tindaranerin gab einen Laut der Erleichterung von sich. „Danke für die Geschichtsstunde, Rudi.“, sagte sie. „Oh, ihr Götter! Ich hätte nicht gedacht, dass Vendar so einfach zu beeinflussen sind!“ „Sie sind eben auch nur Wesen aus Fleisch und Blut, Shinell.“, sagte Rudi erneut sehr ruhig. „Und alle Wesen haben eben Überlebensinstinkte. Gut, hier ging es nicht um Leben und Tod, sondern nur um den eigenen Vorteil und ein Luxusleben, aber wenn sie schon darauf so bereitwillig eingehen, dann möchte ich nicht wissen, wie schnell sie ihre Herrin verraten werden, wenn es wirklich um Leben und Tod für sie geht. Du sollst mal sehen, wie schnell sie sich unseren Freunden anschließen, wenn nur sie die richtige Idee haben sollten.“ „Das glaube ich dir jetzt sehr gern.“, sagte Shinell erleichtert und verabschiedete sich. Dann verschwand sie wieder in einem weißen Blitz, nachdem sie Mikosch, auch entgegen seines lauten Protestes, wieder auf dem Boden abgesetzt hatte.

Auf seiner Basis hatte Time noch immer in seinem Bereitschaftsraum gesessen. Verärgert hatte er sich Sensoras Liste angesehen. Dabei war er nicht etwa über seine Untergebene verärgert, sondern über die Tatsache, dass es wohl offensichtlich tatsächlich welche unter seinen Kollegen gegeben hatte, die sich und ihre Leute lieber der Vernichtung überließen, als Hilfe von denen anzunehmen, die offensichtlich die Einzigen waren, die sie ihnen geben konnten. Seiner Meinung nach passte ein solches Verhalten gar nicht in den Ehrenkodex eines Raumschiffkommandanten, der ja eigentlich immer versuchen sollte, das Beste und die größten Chancen zum Überleben in einer gefährlichen Situation für seine Crew und sich herauszuholen. Auch wäre eine Option, sich zu opfern, damit sie im Notfall überleben würden. Dies stand zwar hier nicht zur Debatte, weil die Situation völlig anders war, aber man hatte ihm schon auf der Akademie ein entsprechendes Leitbild für einen Commander eingeimpft, gegen das diese Kameraden jetzt bitter verstoßen hatten, wie er fand. „Eine Schande sind sie für ihren Berufsstand.“, hatte Time gezischt. „Eine Schande, Jawohl! Ich gebe ja zu, ich hatte vielleicht unverschämtes Glück. Nicht alle sind mit einem Mr. Yetron gesegnet, aber …“

Die Sprechanlage hatte seinem halblauten Hadern abrupt ein Ende gesetzt. Ohne auf das Display zu sehen, hatte Peter das Mikrofon in die Hand genommen und die Sendetaste gedrückt. Dann sagte er: „Jetzt nicht, Sensora, wenn es nicht wirklich dringend ist.“ Umso überraschter war er, eine männliche Stimme zu hören, die ihm antwortete: „Falsch, Peter, mein Freund. Ich bin nicht die Ersehnte. Aber dennoch muss ich mit dir reden. Es wäre gut, wenn dein Erster Offizier auch zugegen sein könnte. Was ich euch beiden zu sagen habe, ist enorm wichtig!“

Die Sprechweise des Mannes hatte Time bereits eine Vermutung entwickeln lassen. Aber er hatte erst jetzt auf das Display geschaut. Hier hatte er König Logars Gesicht erkannt. „Es tut mir leid, Majestät.“, entschuldigte er sich. „Aber bitte tretet doch ein. Mr. Yetron kann leider nicht unserem Gespräch beiwohnen, weil er gerade selbst eine Vernehmung führt. Aber ich denke, wir können uns auch darüber unterhalten, wenn es so dringend ist.“ Dann befahl er dem Rechner, die Tür zu entriegeln.

Logar hatte wenig später den Raum betreten und Time hatte sich und ihm vom Replikator eine Kanne terranischen schwarzen Tee und einige Gebäckstücke samt Geschirr replizieren lassen. Dann hatte der Amerikaner dem imperianischen König den Stuhl gegenüber seines eigenen Platzes an seinem Schreibtisch angeboten.

„Mir ist aufgefallen.“, begann Logar das Gespräch. „Dass du mich gerade Majestät genannt hast. Aber ich bin ein König ohne Reich, Peter, mein Freund. Der Titel passt nicht mehr zu mir.“ „Bei allem Respekt, da irrt Ihr Euch gewaltig, Majestät!“, sagte Time fest. Dabei betonte er die Majestät noch einmal besonders stark. „Für mich seid Ihr noch immer der König in Eurer Dimension, da es Sytania bisher ja nicht gelungen ist, den Ring der Macht aufzuspüren und an ihren eigenen Finger zu stecken. Sie mag zwar jetzt Euer Schloss bewohnen, aber das ist nur eine Bleibe auf Zeit für sie. Was ich Euch sage! Iranachs Plan war anscheinend perfekt, was die Sache mit dem Versteck für die Kleinodien der Wahrung angeht. Darüber müsst Ihr Euch nun wirklich keine Sorgen mehr machen. Aber lassen wir das. Ihr wolltet ja mit mir reden. Worum geht es denn?“ „Es hat im Grunde auch etwas mit den Kleinodien der Wahrung zu tun.“, sagte Logar. „Meine seherischen Fähigkeiten haben mir verraten, dass eine gewisse Meroola Sylenne meine Tochter ganz schön betrogen hat und für ihre neueste Niederlage verantwortlich ist.“ „Dann stimmt das also.“, sagte Time. „Mr. Yetron vernimmt sie gerade.“ „Ja, es ist die Wahrheit.“, sagte Logar. „Aber das bedeutet auch, dass ihr nur drei Tage habt, um das zu tun, was wirklich notwendig ist. Aber ihr habt euren Teil fast erfüllt, deine Crew und du. Ihr müsst nur der USS Granger einige Informationen geben, die ich dir jetzt geben werde. Höre mir genau zu, Peter Time. Sag Commander Kissara, Dass Allrounder Scott zuerst den Dolch des Vertrauens für sich erringen muss und dann Akantus aufzusuchen hat. Er soll ihr genug Spinnfaden für ein Tuch liefern, das sie auf unserer Hälfte des Webstuhls des Schicksals weben wird. Diese Hälfte ist doch auch hier. Deine Ingenieurin soll eine zweite Hälfte replizieren, die sie auch an den Stuhl anbauen wird. Dann wird Kissara ihn abholen. Sie soll sich aber, bevor sie ins Dunkle Imperium fliegt, auch noch einmal nach Tindara begeben, um mit Commander Zirell zu sprechen. Warum dies notwendig wird, kann ich dir nicht sagen. Es würde die Möglichkeiten deiner Vorstellung überschreiten.“ „Na, da seid Euch mal nicht so sicher, Majestät!“, sagte Time fest. „Ich habe schon Dinge gesehen, da haben sich so manch anderem die Fußnägel hochgeklappt.“

Er wies, wahrscheinlich ohne es selbst zu merken, mit dem rechten Zeigefinger auf das Pad mit der Liste, das noch immer vor ihm auf dem Schreibtisch lag. „Ah, Allrounder Sensoras Liste.“, stellte der König fest. „Dann kann ich es dir ja doch sagen, wenn du dich schon so sehr mit derartigen Dingen beschäftigst. Sie haben eine Chance, Shimar von Tindara zurück ins Leben zu holen, oder besser, sie werden sie bekommen. Was deine Kollegin Kissara daraus macht, ist selbstverständlich ihr überlassen. Aber ich denke, sie wird schon die richtigen Entscheidungen treffen.“ „Davon gehe ich auch aus, wie ich sie kenne.“, sagte der Terraner. „In Ordnung. Ich werde ihr Bescheid sagen und ihr auch die Koordinaten des Waldes geben, in dem die drei Lateiner leben. Dort wird Scott den Dolch ja wohl finden, zumindest dann, wenn ich mich noch korrekt an die Ergebnisse von Yetrons Vernehmung von Iranach erinnere. Sonst werde ich sie auch gern selbst noch mal fragen. Sie und Elisa bewohnen ja das zweite Gästequartier.“ „Oh das musst du nicht, Peter.“, sagte Logar. „Deine Erinnerungen sind völlig richtig! Aber nun entschuldige mich, denn auch ich habe noch etwas zu erledigen.“ Damit stand der Herrscher auf und verließ Time.

Der terranische Commander fasste noch einmal in seinem Kopf zusammen, was Logar ihm gerade gesagt hatte. Er wollte gerade die Sprechanlage betätigen, um sich von Sensora mit Kissaras Schiff verbinden zu lassen, als das Gerät erneut piepte. Um ein erneutes Missverständnis zu vermeiden, das erste war ihm peinlich genug, sah er jetzt zunächst auf das Display, um festzustellen, dass das Rufzeichen das der Türsprechanlage war und dass ein Strahlender Yetron in die Kamera lächelte. „Kommen Sie rein, Agent!“, sagte Time fest.

Die Türen glitten auseinander und der Demetaner betrat den Raum. Sofort legte er ein Pad vor Time auf dem Schreibtisch ab. Dann warf er ihm einen siegessicheren Blick zu.

„Ich nehme an, Ihre Vernehmung mit Ms. Meroola Sylenne lief zufriedenstellend?“, erkundigte sich Time und deutete auf den jetzt frei gewordenen Stuhl. „Oh viel mehr als das, Sir.“, sagte der Demetaner und schaute fasziniert, während er sich setzte. „Meroola hat mir stimmig geschildert, dass und wie sie Sytania und ihre Vendar betrogen hat. Sie hat tatsächlich dafür gesorgt, dass sie mit ihrem Plan, die Zerstörung der Dimensionen zu beschleunigen und alles nach Sytanias Willen neu zu erschaffen, erst einmal gescheitert sind. Die Details finden Sie alle in diesem Bericht.“ „Na, jetzt warten Sie mal, Agent.“, sagte Time. „Bei mir hat da gerade was geklingelt. Meroola Sylenne ist eine ehemalige Kriminelle, eine Betrügerin! Der Geheimdienst sucht sie schon seit Jahren! Ihr Vorstrafenregister könnte einen ganzen Frachtraum füllen und Sie glauben ihr, wenn sie mit einer Geschichte daherkommt, in der sie behauptet, sogar die mächtige Sytania aufs Kreuz gelegt zu haben?! Wo sind Ihre Beweise, Agent!“ „Der Beweis, Sir.“, sagte Yetron ruhig. „Der Beweis ist die Tatsache, dass wir alle noch leben. Ms. Meroola bringt, als Betrügerin, außerdem die idealen Voraussetzungen für ihren eigenen Plan mit, über dessen Inhalt Sie dieses Pad informieren wird. Nur so viel: Sie hat die Tatsache ausgenutzt, dass sowohl Sytania, als auch ihre Vendar, sehr auf ihren Vorteil bedacht sind. Sytania ist außerdem zu selbstgefällig und bequem. Sie gefällt sich viel zu sehr in der Rolle der Siegerin und ist somit auch für das Versprechen eines schnellen Sieges sehr empfänglich. Das macht sie unvorsichtig und ihre Kräfte nützen ihr dann gar nichts, wenn sie diese gar nicht einsetzt, um dies oder jenes zu verifizieren. Dazu ist sie zu gierig und Gier ist manchmal eben fatal. Dies ist ihr Nachteil und unser Vorteil, den wir bisher auch immer ausnutzen konnten. Ms. Meroola hat im Grunde nichts anderes getan.“ „Verstehe.“, sagte Time. „Wo ist sie jetzt?!“ „Sie befindet sich im Aufenthaltsraum auf Deck fünf.“, sagte Yetron. „Ich schlug ihr vor, sich dort etwas zu verlustieren, bevor der Chief-Agent über ihren weiteren Verbleib entschieden hat. Ich wollte sofort mit Tamara reden. Ich denke aber, eine Haft wird sie nicht mehr zu erwarten haben, wenn herauskommt, dass sie entscheidend zur Rettung der Dimensionen beigetragen hat.“ „In Ordnung.“, sagte Time. „Ich muss auch noch einmal SITCHen. Aber erst einmal lese ich mir durch, was Sie aus ihr herausgeholt haben, Agent.“

Er zog Yetrons Pad zu sich. „Oh sie hat mir alles freiwillig gesagt.“, sagte der Demetaner und grinste. „Dachte ich mir.“, sagte Time. „Ihr Angebot war ja auch eindeutig.“ Damit vertiefte er sich in das Pad. Yetron winkte ihm noch kurz und ging. Sein Gespräch mit Tamara würde er an anderer Stelle führen.

 

 

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