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Cirnach und ihr Mann hatten sich in ihrem getarnten Schiff dem Planeten Celsius genähert und die Vendar hatte über ein Suchprogramm nach Saron fahnden lassen. Dabei hatte sie den Erfasser des Veshel sowohl mit seinem Aussehen, als auch mit seinen Biozeichen gefüttert. Sie dachte sich, dass ein Demetaner unter so vielen Celsianern sicher auffallen würde und sie hatte damit auch ganz Recht. Es dauerte nämlich nicht allzu lange, bis der Erfasser sie und auch Telzan piepend darüber in Kenntnis setzte, dass er die gesuchte Person gefunden hatte. „Er ist auf dem Weg zu einem öffentlichen Transporter.“, sagte Cirnach. Ich werde dich genau hinter ihm in den Turbolift beamen. Dort seid ihr im Moment allein.“ „In Ordnung, Telshanach.“, sagte Telzan und ging auf die Transporterplattform. Cirnach selbst übergab dem Mishar die Steuerkontrolle und ging dann zur Konsole, um den Transporter zu aktivieren.

Tatsächlich fand sich Telzan, dem Sytania ja die Gestalt eines Celsianers gegeben hatte, bald genau hinter Saron wieder und tippte ihm auf die Schulter. Erschrocken fuhr Nuguras Sekretär herum und erblickte einen Celsianer mittleren Alters, der etwa 1,90 m maß, eine schlanke Figur hatte und dessen Kopf von einer roten kurzen Haarpracht geziert wurde. Er war in einen feinen seidig glänzenden hellbraunen Anzug gekleidet und trug ebensolche Schuhe. Über seiner rechten Schulter hing eine Aktentasche. Diese öffnete er nun und zum Vorschein kamen eine Menge Datenkristalle. Dann sagte er: „Bitte verzeihen Sie, dass ich Sie erschreckt habe. Mein Name ist Milan. Ich bin Vertreter für Zeitschriften und würde Ihnen gern ein ganz besonderes Exemplar dicht an Ihr Herz legen. Sie sehen aus, als seien Sie ein Mann mit Humor, Mr. Saron.“

Seine letzten beiden Worte hatten den Sekretär nach Luft schnappen lassen. Dann fragte Saron: „Woher kennen Sie meinen Namen?“ „Ich bitte Sie!“, sagte Telzan, alias Milan. „Es gibt doch heute eigentlich fast niemanden mehr, der den Namen des wohl berühmtesten Sekretärs der Föderation nicht kennt.“

Er nahm einen der Kristalle aus seiner Tasche und steckte ihn ungefragt in die Brusttasche von Sarons Jackett. „Hey, was soll das!“, sagte dieser und versuchte sich fortzudrehen. „Finger weg! Ich rufe die Sicherheit!“ „Oh das wird nicht nötig sein, Mr. Saron.“, sagte der Fremde. „Aber als ich sagte, ich würde ihnen den Wadenbeißer dicht an Ihr Herz legen wollen, da meinte ich das durchaus wörtlich. Es ist doch auch nur ein Probestück, Mr. Saron. Sie sind zu nichts verpflichtet. Sie müssen die Zeitschrift ja nicht abonnieren, wenn Sie Ihnen nicht zusagt. Aber seien Sie doch ehrlich. Man kann doch schließlich über nichts urteilen, was man nicht kennt und nicht vorher ausprobiert hat, nicht wahr? Das müssten Sie, als ein weltoffener Charakter, der Sie ja zweifelsfrei sicher sind, doch wohl zugeben, oder?“

Saron konnte gar nicht ausdrücken, wie sehr ihn die sehr eindringliche und fast schleimige Art seines Gegenübers mittlerweile nervte! Er fragte sich, ob dieser Lift nicht ein wenig schneller fahren könnte, damit sie bald ihr Ziel erreichten und sie sich trennen konnten. Irgendwie hatte dieser Typ etwas Widerliches! Er erinnerte Saron mehr an einen schmierigen Ferengi, als an einen Celsianer. Irgendwas stimmte mit ihm ganz und gar nicht. Da war er sich sicher. Er konnte nur nicht genau sagen, was es war.

Gerade wollte er sich dem Fremden zuwenden, um ihm die Meinung zu sagen, als dieser plötzlich in einer Säule aus Energie verschwand. Das Einzige, das Saron jetzt noch von ihm hatte, war jener mysteriöse Kristall. Er wurde neugierig. Er wurde sogar so neugierig, dass er es kaum erwarten konnte, den Inhalt des Kristalls zu lesen. Leider war aber sein Termin für den Abflug so unglücklich gefallen, dass er gleich, wenn er wieder auf Elyrien war, zur Arbeit musste. Er würde also den Rechner im Büro benutzen müssen.

Cirnach hatte ihren Mann freudestrahlend empfangen. „Ich habe dich genau beobachtet!“, sagte sie. „Das war schon ein ganz schöner Taschenspielertrick, mit dem du diesem Demetaner den Kristall in die Tasche gezaubert hast! Kompliment, mein Lieber!“ „Ja.“, sagte Telzan. „Aber auf der Hülle des Kristalls war auch noch eine telepathische Botschaft von Sytania. Saron wird vor lauter Neugier platzen und es kaum noch erwarten können, den Kristall zu benutzen und dann …“ „Ja, mein kluger Ehemann!“, sagte Cirnach und grinste. „Und dann!“ Dann lachte sie teuflisch und bereitete alles für den Rückflug vor.

Ich hatte sehr gut geschlafen! So gut sogar, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass es bereits Abend geworden war. Das wurde mir erst durch Caruso bewusst, der mich durch das offene Fenster hindurch besuchte. Er schlich schnurrend auf meiner Decke entlang, um sich dann auf meinen Bauch zu legen. Er hatte mich, wenn ich zu Hause war, immer auf seiner nächtlichen Tour besucht, bevor er ging oder nach Hause kam, um sich von mir einige Streicheleinheiten abzuholen. „Hi, mein Kleiner!“, sagte ich und strich ihm über sein Fell, was er mit einem kurzen „Min-Mang.“ quittierte, um sofort danach weiter zu schnurren.

Ich kam allerdings nicht dazu, meine Zeit mit Caruso so richtig zu genießen, denn im gleichen Moment benutzte jemand die Sprechanlage in einer Weise, die ich nur meinen engsten Freunden zuordnen konnte. Da ich mich aber offenkundig nicht bewegen konnte, ohne bei Caruso sofort Protestverhalten auszulösen, benutzte ich das Mobilteil meiner Sprechanlage, das ich jetzt bei mir hatte: „Benutzt bitte den Türcode. Ich kann gerade nicht!“

Es dauerte ein paar Sekunden und dann kamen zwei Personen in mein Haus, die ich sofort an ihren Schritten identifiziert hatte. „D/4, Tchey, ich bin hier!“, sagte ich.

Die Beiden bogen in mein Schlafzimmer ab und standen dann vor meinem Bett. „Du verblüffst mich immer wieder, Betsy.“, sagte Tchey. „Ihre Fähigkeit, Personen an ihrem Gang zu erkennen, ist die logische Konsequenz der Behinderung des Allrounders.“, erklärte die Xylianerin. „Ihre Bemerkung war müßig.“ „Bitte nicht streiten, sonst schmeiße ich euch raus!“, grinste ich. Woher wisst ihr denn überhaupt, dass ich hier bin?“ „Mikels Unfall heute Morgen war in aller Munde.“, sagte Tchey. „Es gab die wildesten Gerüchte. Du siehst total fertig aus. Was is’ passiert?“ „Mich hat jemand telepathisch um Hilfe gebeten, glaube ich.“, sagte ich. „Cupernica will mich zur Kur schicken, weil das totalen Stress bei mir ausgelöst hat. Wo ihr schon mal da seid, könntet ihr auf mein Haus aufpassen, solange ich weg bin? Ich meine, ihr habt doch auch eure freie Woche und du hast mir gesagt, Tchey, dass ihr zwei sowieso euren Jahresurlaub nehmt.“ „Das ist korrekt.“, sagte die Sonde statt meiner Freundin. „Ihre Art, Dinge zu organisieren, ist sehr effizient.“ „Von Ihnen werte ich das als ein Ja.“, sagte ich. „Das ist korrekt.“, sagte die Sonde. „Von mir hast du auch ein klares Ja.“, sagte Tchey. „Freunde helfen sich ja schließlich gegenseitig und du kannst unsere Hilfe jetzt wohl eindeutig gebrauchen, du krankes Huhn, was?“ „Danke, Tchey.“, sagte ich. „Und auch Ihnen danke, D/4.“ „Keine Ursache.“, sagte die Xylianerin. Dann fragte sie: „Wann werden Sie Little Federation verlassen?“ „Ich weiß es nicht.“, antwortete ich. „Es hat wohl auch was mit Agent Sedrin und Commander Huxley zu tun. Ich denke, Cupernica will, dass sich die Beiden sozusagen als meine Betreuer betätigen.“ „Das ist angesichts Ihrer Situation auch sicher eine sehr gute Entscheidung.“, sagte D/4. „Wann musst du denn los?“, fragte Tchey. „Das weiß ich noch nicht.“, erwiderte ich. „Agent Sedrin wollte mich noch einmal besuchen. Ich denke, dann will sie den Rest mit mir klären.“ „OK.“, sagte Tchey in ihrer fast unverwechselbaren flapsigen Art. „Dann sagst du uns ja bestimmt Bescheid, he?“ „Klar.“, flapste ich zurück. „Ich will ja nicht, dass ihr es erst aus der Gerüchteküche erfahren müsst.“ Ich grinste sie an.

D/4 hatte sich zur Tür gedreht. „Lassen Sie uns gehen, Tchey.“, sagte sie. „Betsy muss sich erholen und wenn Agent Sedrin noch vorbeikommen möchte, um sie mit Informationen zu füttern, dann stören wir bestimmt nur.“ „OK.“, sagte meine Freundin aus Akademietagen und gab mir die Hand zum Abschied, um sich danach der Sonde, die dies ebenfalls getan hatte, anzuschließen. Dann gingen beide und ließen Caruso und mich wieder allein.

Der Kater kuschelte sich noch fester an mich. „Du brauchst keine Angst zu haben, Caruso.“, tröstete ich. „Ich komme ja bestimmt wieder.“

Eine Stimme am Fenster ließ mich plötzlich aufhorchen. „Betsy, wir sind es.“ Wem diese Stimme gehört hatte, wusste ich ganz genau. „Es war die von Commander Huxley gewesen. „Warten Sie einen kurzen Moment.“, sagte ich und entriegelte per Mobilteil meiner Sprechanlage die Terrassentür, die viel näher an ihrer Position war als die des Vordereingangs.

Sie hatten mein Haus betreten und Sedrin kam zu mir ins Schlafzimmer, während ihr Mann vor der Tür wartete. „Konnten Sie sich ausschlafen?“, fragte sie. „Ich denke schon, Agent.“, sagte ich. „Ich habe keine Angst mehr, was meinen Albtraum angeht und so verwirrt bin ich auch nicht mehr. Aber ich würde mich gern anziehen, damit ich Sie beide auch gebührend empfangen kann. Ich weiß, dass Ihr Mann aus Höflichkeit draußen geblieben ist, aber so muss das ja nicht bleiben.“ „In Ordnung.“, sagte Sedrin. „Soll Ich Ihnen bei etwas helfen?“ „Sie könnten mir vielleicht temporär diesen kleinen Schmuseknubbel hier abnehmen.“, sagte ich und deutete auf Caruso. Ich wusste ja schließlich, dass er Sedrin auch sehr mochte.

„Na komm her!“, sagte Sedrin und nahm den Kater auf den Arm, um sich mit ihm auf einen Stuhl zu setzen, den sie sich aus einer Ecke herangezogen hatte. Den benutzte ich normalerweise immer, um meine Kleidung abzulegen. Diese aber hatte ich jetzt nach dem Aufstehen mit ins Bad genommen.

Wenig später war ich in einem lockeren weichen T-Shirt und einer Sommerhose wieder zurück. So setzte ich mich dann auf mein Bett. Sedrin rief ihren Mann herein und beide setzten sich links und rechts neben mich. Sedrin legte mir sogar den noch immer laut schnurrenden Caruso auf den Schoß. „Wir wollen Ihrem kleinen lieben Gesellschafter ja nicht seinen Job wegnehmen.“, sagte sie dabei und strich ihm über den Kopf, der diesen fest gegen ihre Hand drückte. Dann sah sie ihren Mann an, der sofort erklärte: „Es is’ so, Allrounder. Cupernica will, dass wir Sie mit in den Urlaub nehmen, um auf Sie aufzupassen. Genauer sollen wir mit Ihnen in Kur gehen. Es gibt da in England einen Hof, auf dem stehen Campinghütten. Der Scientist meint, das könnte Ihnen beim Runterkommen helfen.“ „Mal der hektischen Zeit und dem Großstadtleben entfliehen?“, fragte ich. „Das klingt gut. Aber ich bin wahnsinnig schlecht im Jagen und Feuermachen.“, scherzte ich. „Ganz so schlimm ist es nicht.“, ergänzte Sedrin. „Wir haben ein gemietetes Fahrzeug, das zur Hütte gehört. Außerdem Elektrizität und fließendes Wasser. Sogar einen Replikator um uns zu versorgen. Die Grundbedürfnisse sind also gedeckt. Es gibt nur eine Regel: Ihre und unsere Sternenflottenausrüstung bleibt hier!“ „OK.“, sagte ich. Wann fahren wir?“ „Übermorgen.“, sagte Sedrin. „Morgen komme ich her und helfe Ihnen beim Packen, wenn Sie wollen.“ Ich nickte nur. „In Ordnung.“, sagte Sedrin und winkte Jaden. Dann verabschiedeten sich beide und gingen. Ich hingegen wandte mich meinem Hausrechner zu und befahl ihm, das Sprechgerät auf einen der Nachrichtensender der Föderation einzustellen. Die Debatten, die Nugura und ihr Parlament führten und die öffentlich übertragen wurden, hatten mich schon immer interessiert. Aber seit geraumer Zeit ging auch ein Gerücht durch die Presse, das ich dringend bestätigt oder dementiert wissen wollte. Angeblich würde Nugura den Genesianern in einer großen Krise die Hand reichen wollen. Das wäre ein großer Schritt in Richtung dauerhaftem Frieden zwischen unseren Nationen und erinnerte mich sehr an eine Situation aus der Geschichte, in der es auch ein Unglück bei den Klingonen gegeben hatte und die Föderation hatte auch ihnen die Hand gereicht. Wenn sich die Geschichte jetzt auf die gleiche Weise wiederholen würde, das stand für mich fest, dann würde ich das sehr begrüßen!

Tatsächlich waren Nugura und ihr Parlament zusammengekommen, um über Hilfen für die Genesianer zu beraten. Dies sollte auch der einzige Punkt auf der heutigen Tagesordnung sein. Nugura hoffte sehr, dass die von ihr gemeinsam mit Saron vorbereitete Rede ihren Zweck erfüllen würde.

Die formelle Begrüßung hatte man hinter sich gebracht und nun war es an ihr, ihr Belang vorzutragen. „Ladies und Gentlemen und auch Angehörige anderer Spezies mit mehreren Geschlechtern oder auch neutraler Spezies.“, begann die Präsidentin. Sie hatte noch gut ihre Schlappe vom letzten Mal in Erinnerung, bei der ihr parlamentarischer Gegner diesen Fehler eiskalt für sich ausgenutzt hatte. Diese Gelegenheit wollte sie ihm kein zweites Mal geben. „Wir leben in einer friedlichen Umgebung. Keiner muss hier Hunger leiden und Krankheiten sind auch so gut wie ausgerottet. Vielen aber, die nicht das Glück haben, in der Föderation zu leben, sind diese geradezu paradiesischen Zustände verwehrt, nur weil wir ihnen nicht die Hand reichen wollen, dürfen oder können. Das Wollen, meine Verehrten Kollegen, liegt ganz in unserer Hand. Mit dem Dürfen ist das schon so eine Sache. Sicher gibt es Gesetze wie die Oberste Direktive, die uns die Einmischung in fremde Belange verbieten. Aber hier kommen wir zum Können.“ „Wir können und dürfen auf Hilferufe reagieren! So einen Hilferuf haben uns die Genesianer gesandt. Sie sind ein Volk des Krieges und nicht der Forschung. Sie können mit einem Phaser sicher besser umgehen als mit einem Mikroskop. Aber Prätora Shashana war schlau genug, sich an eine Nation zu wenden, die sich die Forschung auf die Fahnen geschrieben hat, nämlich an uns! Das hat in meinen Augen nichts mit Feigheit oder Schwäche zu tun, sondern im Gegenteil eher mit Klugheit, denn eine kluge Führerin weiß, wann es Zeit ist, die eigene Strategie zu ändern und sich Hilfe zu holen. Das vermeidet nämlich unnötige Opfer. Zur Forschung, liebe Kollegen, bedarf es Klugheit und diese sollten wir daher erkennen, wenn wir sie sehen und uns somit anderen klugen Nationen gegenüber solidarisch zeigen, auch wenn sie bisher unsere Feinde waren! Das hat die Föderation ja schon einmal geschafft! Ich erinnere an das klingonische Beispiel Praxis! Das Virus, nennen wir es doch beim Namen, das Virus, welches die genesianische Heimatwelt befallen hat, kann auch leicht zu uns übertragen werden. Die genesianischen Männer werden oft auf Einzelgängern verscharrt, die auf ihrem Weg durchs All keine Rücksicht auf politische Grenzen nehmen. Es muss sich ja nur ein Forschungsteam von uns einmal dorthin verirren und schon ist eine Übertragung wahrscheinlich. Somit helfen wir auch uns selbst, wenn wir den Genesianern die Hand reichen. Stimmen Sie also bitte mit ja, verehrte Kollegen. Sagen Sie ja zu unser aller Überleben!“

Nugura hatte geendet und sich vom Mikrofon fortgedreht. Statt Beifall hatte sie aber nur skeptische Blicke und ein Raunen geerntet. „Es sieht jetzt schon nicht sehr gut für uns aus, Madam President.“, flüsterte ihr Saron zu, der die Reaktionen der anderen genau beobachtet hatte. „Lassen Sie uns abwarten, Mr. Saron.“, sagte Nugura. „Mein Gegenspieler muss es erst einmal besser machen.“

Goshewin, der Führer der Opposition, betrat die Bühne und stellte sich vor das Mikrofon. Dann begann er: „Verehrte Anwesende, ich kann mich leider überhaupt nicht damit anfreunden, was meine Vorrednerin da von sich gegeben hat. Ich halte ihre Rede für reine Schönfärberei! Wer sagt uns denn, dass die Genesianer, wenn wir ihnen helfen, diese Hilfe nicht eines Tages gegen uns verwenden. Jedes Produkt kann man ummünzen. Das wissen Sie genauso gut wie ich! Die Genesianer sind ein Volk der Kriegerinnen! Sie können und kennen doch nichts anderes! Was ist, wenn sie aus der Medizin, die wir ihnen geben, vorausgesetzt wir finden selbst eine, eine Waffe fertigen und sie gegen uns einsetzen? Können Sie mit dieser Verantwortung leben, verehrte Anwesende?! Können Sie wirklich mit dieser Verantwortung gegenüber Ihren Völkern leben? Wie wollen Sie ihnen erklären, dass ihre Angehörigen durch ein genesianisches Virus zu Tode gekommen sind?! Meine Vorrednerin hat Ihnen scheinbar einfache Antworten gegeben, für sie ist alles ganz einfach. Aber ich stelle Ihnen Fragen! Fragen, die wir uns alle stellen sollten, wenn auch wir überleben wollen! Stimmen Sie gleich, wenn Sie zu Ihrem Gerät greifen, also bitte mit nein, verehrte Anwesende. Sagen Sie nein zu jenem naiven und verrückten Plan meiner Vorrednerin, der uns alle ins Verderben stürzen wird. Sie scheint nicht mehr Herrin ihrer Sinne zu sein, wenn sie so etwas proklamiert! Vertrauen Sie ihr nicht! Ein Nein wäre dann auch gleichzeitig ein Misstrauensvotum und einer so naiven Person können Sie, wenn Sie klug sind, ja wohl kaum mehr Ihr Vertrauen geben. Stimmen Sie also bitte für meine Position! Stimmen Sie mit nein, damit der Friede gewahrt bleibt! Stimmen Sie mit Nein, verehrte Anwesende! Ich bitte Sie inständig, stimmen Sie mit nein!“

Beide hatten jetzt ihre Gründe dargelegt und der Computer war von einem Haustechniker entsprechend eingestellt worden. Dieser hatte Nugura dann ein Zeichen gegeben. Der Techniker war niemand Geringeres als Sendor, ihr oberster IT-Fachmann, gewesen. Dies sollte noch eine tiefere Bedeutung bekommen.

„Vielen Dank, Mr. Sendor.“, sagte Nugura. Dann wandte sie sich allen Politikern zu: „Mr. Sendor war so freundlich, uns allen die Möglichkeit einzuräumen, jetzt unsere Stimme abzugeben. Ich möchte Sie jetzt alle bitten, dies zu tun. Bitte folgen Sie dabei nur Ihrem reinen Gewissen.“

Es wurde sehr still im Raum. Nur das Rascheln von Kleidung und das Piepen der Abstimmungsgeräte waren zu hören. Dies war eine lange Zeit für Nugura und Saron, obwohl es nur knapp eine Minute dauerte. Gefühlt hatte es für beide aber mehr als eine Stunde gedauert.

Ein Signal ertönte und dann las der Computer das Ergebnis der Abstimmung vor: „Es entfielen 99,9 % der Stimmen auf nein und 0,1 % der Stimmen auf ja.“

Ein lauter Applaus war zu hören. Für Nugura allerdings hörte es sich an wie der Donner eines Maschinengewehrs zu ihrer politischen Hinrichtung. Goshewin hatte die Antwort schließlich direkt an den Fortgang ihrer Amtszeit geknüpft.

Zitternd hatte sie sich von Saron zurück in ihr Büro bringen lassen. „Wie konnten sich meine Kollegen nur auf so etwas einlassen?“, fragte sie traurig. „Warum laufen sie immer wieder diesem Schwarzmaler hinterher?“ „Das kann ich Ihnen nicht beantworten, Sea Federana.“, sagte Saron. „Aber Sie werden jetzt wohl Shashana beibringen müssen, dass wir ihr nicht helfen werden.“ „Davon gehe ich auch aus.“, sagte Nugura. „Sagen Sie dem Computer am besten gleich, er soll mich mit ihr verbinden. Dann haben wir es alle schnell hinter uns. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ Saron nickte, ging in sein Büro zurück und führte dann dort ihre Anweisung aus.

Die Zeit, die vom Computer zum Aufbau der Verbindung benötigt wurde, nutzte Nugura weise, um sich auf das bevorstehende Geständnis gegenüber Shashana vorzubereiten. Sie wollte es sehr geschickt anstellen. Sie wollte bei der Genesianerin auf keinen Fall das Gefühl aufkommen lassen, dass man ihr nicht helfen wolle. So war es ja auch nicht. Ihr waren ja tatsächlich durch die Entscheidung des Parlaments die Hände gebunden.

Der Computer hatte den erfolgreichen Aufbau der Verbindung gemeldet. „Stell durch!“, befahl Nugura. Was sie jetzt aber zu sehen bekam, ließ sie erschrecken. Auf ihrem Schirm wurde das Gesicht einer sehr wütenden Shashana sichtbar. Die Präsidentin der Föderation konnte sich dies nicht erklären. Entweder, Shashana hatte die Misere schon vorausgeahnt, oder es gab einen ganz anderen Grund für ihren Zorn, den sie erst noch herausfinden musste.

Nugura räusperte sich und sagte dann sehr gefasst: „Ich grüße Euch, Oberste Prätora! Würdet Ihr mir bitte sagen, was Euch so zornig gemacht hat?“ „Das erdreisten Sie sich noch zu fragen?!“, fragte die Genesianerin mit viel Empörung in der Stimme. „Ich hatte Sie und Ihre Föderation immer für ehrenhaft gehalten! Aber jetzt haben Sie mir bewiesen, dass Sie das nicht sind! Jemand, der noch auf eine Rasse eintritt, wenn die schon am Boden liegt, ist nicht ehrenhaft!“

Nugura musste nach Luft schnappen. Die Anschuldigungen, die Shashana da vorgetragen hatte, machten für sie zwar keinen Sinn, Aber es war für sie ebenso wichtig, endlich den Grund dafür herauszufinden. Sie selbst war sich keiner Schuld bewusst, konnte sich also ohne weitere Nachforschungen keinen Reim darauf machen.

Sie räusperte sich erneut und sagte dann so fest es eben ging: „Ich kann mir nicht erklären, was Ihr meint, Oberste Prätora“ „Jetzt leugnen Sie auch noch, dass Sie meiner Rasse und mir und auch unserer Situation gespottet haben!“, sagte Shashana vor Wut schäumend. „Oder zumindest haben Sie eines Ihrer Völker dazu angestiftet, ein Pamphlet zu schreiben, das uns verhöhnt. Das haben Sie dann persönlich an mich geschickt. So eine Handlung hätte ich von Ihnen nicht erwartet, Nugura! Mit dem heutigen Tag haben Sie und Ihre Föderation Ihren Status als ehrenhafter Gegner im Kriege bei uns verloren! Das bedeutet, Sie können jederzeit damit rechnen, dass auch wir unehrenhafte Handlungen gegen die Föderation vornehmen!“ Ohne ein weiteres Wort beendete Shashana die Verbindung.

Nuguras Gesicht versteinerte. Was war da nur geschehen?! Was bei allen Göttern war da nur geschehen?!

Saron hatte leise die Tür von seinem zu ihrem Büro geöffnet und war hindurchgetreten. Dann hatte er sie angesprochen: „Madam President?“ „Woher wissen Sie immer so genau, wann ich Sie brauche, Mr. Saron?“, fragte die total erstaunte Nugura. „Nennen Sie es Instinkt, Sea Federana.“, sagte der Sekretär. „Nennen Sie mich nicht so!“, sagte Nugura. „Meine Amtszeit ist bald vorbei! Nach dem Misstrauensvotum werde ich abgewählt und dann kann ich nur hoffen, dass mein Nachfolger Sie auch in seine Dienste nimmt, Mr. Saron. Einen Sekretär mit Ihren Qualitäten wird er so schnell nicht wieder finden.“ „Tut mir leid, aber da muss ich Ihnen widersprechen, Sea Federana!“, sagte Saron fest. „Ich habe so ein Gefühl, dass Sie trotzdem dieses Amt noch weiter bekleiden werden und solange Sie das tun, werde ich Sie auch weiterhin Madam President oder Sea Federana nennen, weil Sie das nämlich immer noch sind und es auch bleiben werden, wenn alles gut geht. Die Wähler sind nicht so dumm wie Ihre Kollegen. Das lassen Sie sich von einem einfachen Sekretär, der ja auch nur ein einfacher Angestellter ist und somit die einfachen Leute auch sehr gut versteht, ruhig sagen! Wir verstehen besser als sie denken! Warten Sie’s ab!“ „Was hat denn das zu bedeuten, Mr. Saron?!“, fragte Nugura erstaunt. Der Demetaner grinste nur.

Es verging einige Zeit, Bis Saron auf den eigentlichen Grund ihres Gespräches zurückkam: „Was ist denn nun passiert, Madam President?“ „Offensichtlich wurde über unser Rufzeichen irgendeine Art von Spott an Shashana gesendet.“, sagte Nugura. „Sie verdächtigt mich, die Absenderin zu sein.“

Saron wurde blass. Ihm war der Datenkristall wieder eingefallen, der ja noch immer in seinem Rechner im Büro steckte. Jenes Video darauf hatte er nur kurz angeklickt, es dann aber angewidert wieder ausgeschaltet, denn mit Humor hatte das in seinen Augen wenig zu tun. Das passte irgendwie nicht zu den Celsianern, denn auch sie wussten, dass die Verunglimpfung von Religionen eine nicht übertretbare Schmerzgrenze darstellte. Er hatte vermutet, dass er hereingelegt und benutzt worden war. Er fühlte sich extrem schmutzig, so als hätte man seinen Geist vergewaltigt! Das Ereignis hatte ja auch sehr viel damit gemein, wenn man die Situation bedachte.

„Ich denke, wir sollten Mr. Sendor holen, Madam President.“, sagte Saron. „Und Sie sollten mich entlassen, denn ich bin der Schuldige!“ „Was meinen Sie damit, Saron?!“, fragte Nugura erschrocken. „Ich habe im Urlaub einen celsianischen Zeitschriftenvertreter kennen gelernt.“, gestand der Sekretär. „Der hat mich so lange belästigt, bis ich ihm ein Probeexemplar des Wadenbeißers abgenommen habe. Das heißt, er hat es mir tatsächlich aufgezwungen, indem er es in meine Tasche gesteckt hat. Von diesem Moment an hatte ich das unbändige Verlangen, die Zeitschrift zu lesen. Also habe ich den Kristall mit zur Arbeit gebracht. Das erklärt zwar immer noch nicht, wie Shashana an den Inhalt, der meiner Meinung nach sehr geschmacklos ist, kommt, aber das kann uns ja vielleicht sogar Sendor erklären. Mutter Schicksal, Dieses schreckliche Video! Besonders das Bild am Ende ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Eine Menge seltsamer Gestalten, die in einem Laufband als Genesianerinnen bezeichnet werden und eine Kreuzung aus Schaf und Fliege zu sein scheinen, beten einen genesianischen Mann an und singen Lieder, die nur aus den Lauten Määä und bsss bestehen. Vorher sagt eine verzerrte Stimme, dass sie umfallen wie die Fliegen, wenn man ihnen nur genug Wunder verspricht und dass sie dumm sind wie Schafe, die jedem hinterher laufen.“ „Bei allen Göttern!“, rief Nugura aus. „Aber Sie haben Recht. „Wir sollten Sendor Bescheid geben und auch einen Geheimdienstler unseres Vertrauens hinzuziehen. Verständigen Sie Mr. Yetron auf der Basis 818! Er soll herkommen und sich um diesen verdammten Datenkristall kümmern, wenn Sendor damit fertig ist! Vorher machen Sie mir eine Verbindung mit der Ersten Electorine von Celsius und recherchieren, ob es die Zeitschrift dort überhaupt gibt!“ „Sofort, Madam President!“, sagte Saron und war aus der Tür.

 

 

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