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Shimar, IDUSA und Scotty waren inzwischen auch in der tindaranischen Dimension an Zirells Basis eingetroffen und hatten gedockt. An der Schleuse erwartete sie bereits Ishan, der von Zirell informiert worden war, wie sie es Shimar in ihrem Gespräch gesagt hatte.

Der androide Arzt hatte meinen Mann und meinen Freund an sich vorbeigehen lassen. Dann hatte er ihnen kurz zugerufen: „Halt, ihr zwei!“, worauf sich die beiden umgedreht hatten. „Shimar, dich wollte ich zuerst sehen, weil alles, was Zirell mir gesagt hat, eventuell darauf hindeuten kann, dass du auch nicht ganz ungeschoren davongekommen bist. Jetzt aber sehe ich, dass es dir gut geht. Du kannst gehen. Techniker Scott, Bei Ihnen sieht das schon anders aus. Sie weisen, wenn auch in gemilderter Form, immer noch die Symptome eines Schocks auf. Ich muss Sie bitten, mich auf die Krankenstation zu begleiten.“ „Na gut.“, sagte mein Mann. „Aber können wir bitte endlich diese steife Unterhaltung lassen?! Ich war Scotty, ich bin Scotty und ich werde auch immer Scotty bleiben. Außerdem is’ es auf Tindara doch üblich, sich zu duzen. Mach das also bei mir ruhig auch, Ishan.“ „In Ordnung.“, erwiderte der Androide mit dem aldanischen Bewusstsein. „Aber trotzdem müssen wir jetzt gehen.“ „Na dann!“, entgegnete Scotty und folgte dem Arzt, der sich ihm voran auf den Weg zur Krankenstation machte.

Jenna und Shannon hatten die Männer gehen sehen. Die Technikerinnen kannten ihre Aufgabe recht genau. Sie wussten, dass sie sich jetzt um die Systeme des Schiffes zu kümmern hatten. „So, Assistant.“, sagte McKnight. „Ishan kümmert sich um Scotty, Maron wird Shimar vernehmen und wir zwei werden jetzt mal IDUSA unter die Lupe nehmen. Ich kann nicht verstehen, warum ihr Antrieb plötzlich nicht mehr gegriffen haben soll. Zirell hat uns ja auch über alles informiert.“ „OK.“, flapste die blonde Irin. „Dann hole ich mal Ihre Werkzeugtasche.“ „Tun Sie das.“, sagte Jenna. „Ich werde IDUSA schon einmal beibringen, dass wir an ihre Eingeweide müssen.“

Shannon nickte und verließ die Schleuse in Richtung Maschinenraum, während Jenna sich der Einstiegsluke des Schiffes zuwandte. IDUSA öffnete diese bereitwillig. Schließlich kannte sie Jenna und wusste, dass diese sie auf keinen Fall gefährden würde.

Im Cockpit des Schiffes angekommen zog Jenna sofort ihren Neurokoppler aus der Tasche und schloss ihn an. Sofort zeigte sich ihr der Avatar. Allerdings machte sie ein Gesicht, als sei ihr gerade der Teufel persönlich begegnet. Jenna war darüber sehr betroffen. So kannte sie das Schiff gar nicht.

Sie ließ sich bedient auf den Pilotensitz fallen. Dann fragte sie: „Was ist euch dreien da um Himmels Willen passiert, IDUSA? Ich habe Scotty gesehen. Er sieht aus, als hätte er einen Schock. Shimar ist auch völlig fertig! Was in aller Götter Namen habt ihr gesehen?!“ „Techniker McKnight, halten Sie es für möglich, dass ein Einhorn eine Dimension wie das Universum der Föderation erschafft und zwei Offiziere der Sternenflotte dorthin entführt? Noch dazu, wenn es sich um ein jugendliches Fohlen mit noch nicht wirklich ausgereiftem telepathischen Zentrum handelt, das offenbar auch noch schwer verletzt worden ist?“ „Warte mal, IDUSA!“, sagte Jenna fest. Eine Information nach der anderen. Sag mir doch bitte erst mal genau, was passiert ist. Am besten von Anfang an. Das gerade waren nämlich viel zu viele Informationen auf einmal. Ich bin nur eine Organische und kein Computer wie du. Ich brauche es Häppchenweise.“ „Also gut, Jenna.“, sagte IDUSA. „Darf ich es Ihnen zeigen? Ich denke, dann werden Sie schon viel klarer sehen. Bei Ihrer Intelligenz mache ich mir da keine Sorgen.“ „Danke für das Kompliment, IDUSA.“, lächelte die hoch intelligente Halbschottin und nickte. „Starte Simulation.“, sagte das Schiff. Dann warnte sie Jenna noch: „Vorsicht, Jenna. Es hat Schockpotential!“

Am Ende der Simulation setzte Jenna plötzlich zuerst einen recht bedienten, aber dann einen recht aufgeklärten Blick auf. IDUSA konnte sich auf ihr Verhalten zunächst keinen Reim machen und fragte deshalb: „Was bedeutet das, Jenna?“ „Hör mal.“, sagte die hoch intelligente Halbschottin abgeklärt. „Du hast mir da gerade eine mögliche Erklärung für ein Phänomen geliefert, das tindaranische Wissenschaftler seit einigen Stunden beobachten. Es gibt anscheinend schon wieder eine Verschiebung in den Energien. Es sieht fast so aus wie zu dem Zeitpunkt, als die Dimensionen durch die geänderten Machtverhältnisse im Dunklen Imperium so verschoben waren, dass sie fast zerstört worden wären. Ich gebe zu, Parallelrealitäten haben diesen Effekt normalerweise nicht. Schließlich gibt es seit Jahrhunderten bereits das Spiegeluniversum zur Dimension der Föderation und es ist noch nie so etwas beobachtet worden. Wir sollten diese Dimension genauer unter die Lupe nehmen. Ich rede mit Zirell. Sie soll mir sagen, ob wir eine Sonde starten sollen. Maron und sie werden sich bestimmt auch für meine und deine Aussage sowie für die von Scotty und Shimar interessieren.“ „Techniker, Sie werden in meiner Simulation der Geschehnisse gesehen haben, dass es uns nicht gelungen ist, in die Dimension vorzudringen.“, erinnerte IDUSA Jenna. „Aber du hast mir gezeigt, dass wir durchaus in die Dimension schauen dürfen, IDUSA.“, erwiderte Jenna. „Solange wir nicht versuchen, Allrounder Scott oder Commander Data zu bergen, dürfte alles in Ordnung sein. Wir wollen ja nur schauen. Mehr wollen wir ja nicht. Offenbar hat Benevidea sie aus einem bestimmten Grund dorthin gebracht und den müssen wir finden. Sonst lässt sie die zwei bestimmt nicht gehen.“ „Ich halte für sehr unwahrscheinlich, dass Benevidea noch immer die Kontrolle über die Situation besitzt.“, sagte das Schiff. „Die Sache könnte sich zu einem Selbstläufer entwickeln, da sie bei der Schöpfung gewaltsam unterbrochen wurde. Bei der gesamten Konstellation der Situation ist es auch fraglich, ob sie diese je wiedererlangen wird. Die Dosis Rosannium, die ihr Mr. Barnaby zufügte, war stark genug, um einen ausgewachsenen Mächtigen zur Strecke zu bringen, der das telepathische Potential eines Dill oder eines Logar hat. Für sie war die Dosis viel zu hoch. Ihr telepathisches Zentrum könnte irreparabel geschädigt sein.“ „Oh mein Gott!“, rief Jenna aus. „Das hatte ich noch gar nicht bedacht. „ Gib diese Daten am besten gleich Ishan. Ich sehe es schon kommen. Wir haben bald wieder eine große Konferenz.“ „Bestätigt.“, sagte das Schiff.

Shannon war mit Jennas Werkzeugtasche ebenfalls ins Cockpit des Schiffes gekommen. Sofort hatte sie gesehen, dass mit ihrer Vorgesetzten etwas nicht in Ordnung war. „Oh, Mann, Jenn’!“, rief sie aus. „Was is’ denn Ihnen für ’ne fiese Laus über die Leber gelaufen?! „ Oh es ist nicht schlimm, Shannon!“, sagte Jenna sehr fest. Da sie wusste, was für eine Klatschtante ihre Assistentin war, wollte sie besser nicht zu früh zu viel verlauten lassen, bevor es noch jemand in den falschen Hals bekommen könnte. Deshalb sagte sie nur: „Gehen wir an die Arbeit, Shannon!“ „Na gut.“, entgegnete die blonde Irin etwas mürrisch. Sie hätte eigentlich noch viel lieber gewusst, was hier eigentlich gerade passiert war, wusste aber, dass sie bei ihrer Vorgesetzten auf Granit beißen würde, wenn sie nachfragte. Wenn Jenna verdeutlichte, dass sie nichts sagen würde, dann sagte sie auch nichts. Routiniert begannen beide, sich mit den Systemen des tindaranischen Schiffes zu beschäftigen.

Auf der Erde waren Jaden und seine Frau auf dem Heimweg. Nachdem Nugura die Party beendet hatte, war ihnen ja, so fand der Amerikaner zumindest, nichts anderes übriggeblieben. So hatte er die Demetanerin überredet, ihn zu ihrem Fahrzeug zu begleiten und sie waren abgefahren. Allerdings konnte Jaden die Fahrt neben seiner den Jeep steuernden Ehefrau nicht wirklich genießen. Das lag aber nicht an Sedrins Fahrkünsten, sondern eher an dem, was Huxley so durch den Kopf ging. Er hatte ständig vor Augen, was gerade geschehen war. Ständig sah er das rote Lasso vor sich, mit dem Barnaby die arme Benevidea so verletzt hatte. Außerdem musste er daran denken, was das wohl für Konsequenzen haben würde. Eigentlich war Jaden als jemand bekannt, der nicht wirklich oft über die Konsequenzen seines Tuns nachdachte. Zumindest hatte ihm Sedrin das oft vorgeworfen, als sie noch gemeinsam auf der Eclypse ihren Dienst versahen. Jetzt aber hatte er das starke Gefühl, dass er dringend mit ihr über die Sachen reden musste, über die er nachgedacht hatte. Vielleicht hatte es ja durch den Eingriff von Nuguras Chefleibwächter auch bezüglich Datas und meiner Entführung irgendwelche Komplikationen gegeben.

Der Terraner hatte begonnen, Dinge vor sich hin zu flüstern wie: „Oh was hat dieser verdammte Irre da nur angerichtet.“ Darauf war dann auch Sedrin aufmerksam geworden. Sofort hatte sie das Fahrzeug am nächsten Straßenrand zum Stehen gebracht. „Möchtest du mir etwas sagen, Jineron?“, fragte sie. „Das will ich tatsächlich.“, flapste Jaden in seiner doch unverwechselbaren Art. „Dir wird sicher auch nich’ entgangen sein, was mit Data und Betsy passiert is’.“ „Das ist mir auch tatsächlich nicht entgangen.“, sagte die Agentin. „Wir haben nur ein Problem. Ich darf dich zu der Sache eigentlich gar nicht vernehmen. Du bist mein Mann und ich bin deine Frau. Unsere emotionale Nähe könnte dafür sorgen, dass uns Barnabys Anwalt die Sache in der Luft zerreißt. Wir sind uns emotional so nahe, dass der Gesetzgeber theoretisch davon ausgeht, dass ich dich zu der einen oder anderen Gefälligkeitsaussage zwingen könnte, um meine Ermittlungen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen.“

Jaden stöhnte ob ihres Vortrags laut auf. „Hast du ein Gesetzbuch gefrühstückt, Jinya Demetana? Das würde zumindest erklären, warum du dich am kalten Buffet so zurückgehalten hast. So ’n Wälzer liegt sicher verdammt schwer im Magen, wie?“ Huxley grinste. „Ach was!“, wischte Sedrin seinen Scherz beiseite. „Aber dir dürfte nicht unbekannt sein, dass ich ein ausführendes Organ der Gesetze der Föderation bin und somit auch Kenntnis von ihnen haben muss, um keine Fehler zu machen. Sonst habe ich ganz schnell ein Disziplinarverfahren am Hals und das willst du doch sicher auch nicht für deine Frau.“ „Du hast also kein Interesse an meiner Aussage.“, sagte Jaden enttäuscht. „Obwohl ich dir doch so sehr geholfen habe, Barnaby festzusetzen. Ich gebe zu, über meine Methoden kann man geteilter Meinung sein, Ich dachte nur, wenn man einen ausgebildeten Personenschützer vor sich hat, dann muss man sich schon etwas einfallen lassen. Aber meine Frau muss echt eine miese Ermittlerin sein, wenn sie die Aussage des eigenen Mannes so wenig interessiert.“ „Deine Aussage interessiert mich sehr wohl.“, sagte Sedrin. „Nur darf ich sie mir nicht selbst holen. Aber Kate darf das tun. Bitte geh doch morgen zu ihr. Dann kriegen wir auch keine Schwierigkeiten.“ „Also gut, Jinya.“, sagte Huxley und lehnte sich zurück.

Sedrin setzte den Jeep wieder in Fahrt. Für ihren Rat war Jaden recht dankbar. Er würde tatsächlich am nächsten Tag zu Malkovich gehen, um ihr die Informationen zu geben, die er gesammelt hatte. Er dachte sich, diese könnten die Agentinnen wohl einen großen Schritt weiterbringen.

Time, Ketna und Sensora waren bei Benevidea zurückgeblieben, nachdem sich der Rest der Menge aufgelöst hatte. Immer wieder hatte die zeonide Ärztin ihren Erfasser über dem jetzt einige Meter von ihnen entfernt auf der Wiese grasenden Einhorn kreisen lassen. Obwohl es keinen Zaun gab, schien Benevidea es nicht zu wagen, die Wiese zu verlassen. Allerdings war das für das Gerät, das ja eine große Reichweite von bis zu acht Kilometern hatte, kein Hindernis.

Frustriert hatte sie den Erfasser sinken lassen und ihren Vorgesetzten angesehen. Dieser hatte darauf nur gesagt: „Na los, Scientist!“ „Von ihrem telepathischen Zentrum ist nicht mehr viel übrig, Sir.“, hatte Ketna traurig geantwortet und den Blick gesenkt, während sie auf die kleine Stute gezeigt hatte. „Wir können froh sein, dass sie noch ihre sterbliche Seite hat, die sie offensichtlich im Moment am Leben hält. Wenn sie eine reine imperianische Mächtige wäre, dann wäre sie längst tot, Commander. Der Teil ihres Zentrums, der noch gesund ist, ist nicht größer als der Kopf einer Stecknadel. Sie wissen, dass imperianische Mächtige auf ihre Kräfte unmittelbar angewiesen sind um leben zu können. Ohne ihre Macht müssen sie innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums sterben. So ironisch es vielleicht klingen mag, aber Benevideas sterbliche Seite hält sie gerade am Leben.“ „Das klingt überhaupt nicht ironisch, Ketna.“, sagte Time. „Es klingt in meinen Augen sogar sehr logisch. Dieser verdammte Irre hat sein Ziel also nicht erreicht und er wird es auch nie erreichen, wenn wir das verhindern können. Wenn wir Benevidea auf die Electronica bringen, werden Sie und Ihre Assistentin sich sofort einen Behandlungsplan für die Kleine überlegen!“ Ketna nickte.

Time sah zu dem jungen Einhorn hinüber. „Ja, friss! Friss! Du machst das ganz toll! So bleibst du zumindest bei Kräften, solange du bei uns bist und wir uns überlegen, wie wir dich wieder gesund machen können.“

Er wollte die Hand nach der kleinen Stute ausstrecken. Sie aber flüchtete sofort rückwärts. „So hat es keinen Zweck.“, stellte Time fest und drehte sich Sensora zu: „Allrounder, es sieht aus, als müssten Sie Ihrem Vorgesetzten mal ein bisschen helfen. Offenbar vertraut sie Ihnen. Wenn wir ihr klarmachen könnten, dass ich quasi ein Teil der Herde bin und von Ihnen akzeptiert werde, die Sie wahrscheinlich für sie eine Art Leittier sind, bei dem sie Schutz finden kann, dann wäre sicher schon viel gewonnen. Aber wie machen wir das? Menschliche Haut hat einen Geruch. Das steht außer Zweifel. Aber die Ihre …“ „Nun, Sir.“, antwortete die Androidin. „Sie mögen das vielleicht nicht wahrnehmen. Aber auch das Polymer, aus dem meine Haut besteht, hat einen eigenen Geruch. Er setzt sich aus dessen eigenen Ausdünstungen und einem Gemisch aus dem zusammen, was ich im Laufe des Tages so alles angefasst habe. Wenn wir also unsere Hände aneinander reiben, könnten wir ihr gegenüber kommunizieren, dass Sie ein akzeptiertes Herdenmitglied sind, das mein Vertrauen genießt. Tiere haben ja viel feinere Nasen als der durchschnittliche Humanoide.“ „Da kann ich Ihnen nur zustimmen, Sensora.“, sagte Time und streckte ihr beide Hände hin: „Na dann!“ Beide rieben ihre Hände eine ganze Zeit lang aneinander.

„Das genügt!“, sagte Time, nachdem sie dieses Ritual etwa fünf Minuten durchgeführt hatten. „Ich denke, jetzt haben wir unsere Düfte genug vermischt, Allrounder. Lassen Sie uns jetzt zusammen zu ihr gehen und dann halten wir ihr beide unsere Hände zum Beschnüffeln hin. Mal sehen, was sie daraus macht.“ „OK, Sir.“, sagte Sensora und nahm Times Hand. Dann gingen beide auf die Wiese und taten, worüber sie gerade gesprochen hatten. Allerdings musste Sensora einen kurzen Laut mit den Lippen erzeugen, um Benevideas Aufmerksamkeit vom Gras auf sich und Time zu lenken. Dann aber schnupperte die Kleine sehr neugierig und ausdauernd an den Händen, ließ sogar den Kopf sinken und schnaubte hörbar ab. „Na, jetzt weißt du, dass ich kein böser Onkel bin, was?“, sagte Time ruhig und näherte sich ihr langsam von ihrer linken Halsseite. Es gelang ihm sogar, sie dort zu berühren. „Wir wollen dir ja alle nur helfen, Benevidea.“, sagte er ruhig und arbeitete sich langsam zu ihren Ohren hoch. „Auch wenn du das Gefühl hast, wir könnten alle wütend auf dich sein, dann kann ich dich beruhigen. Wir kriegen schon raus, was du uns damit sagen wolltest, dass du Betsy entführt hast. Ich habe gesehen, dass du Angst hattest, als du das getan hast. Den Grund dafür müssen und werden wir schon zusammen finden. Wir müssen nur einen Weg finden, mit dir zu reden, jetzt, da du nicht mehr telepathisch mit uns reden kannst. Aber das kriegen wir hin! Verlass dich auf uns. Wir bringen dich heim und dabei unterhältst du dich ein bisschen mit deinem neuen Babysitter. Du musst wirklich keine Angst haben. Wir sind nicht wütend auf dich. Ich bin nur etwas sauer auf den, der dir das angetan hat. Aber du bist eine ganz Liebe. Auf dich ist keiner wütend. Oder fühlt sich das hier etwa wütend an für dich, hm?“

Er begann damit, sie fest aber auch gleichzeitig zärtlich zwischen den Ohren zu kraulen. Diesen Ort hatten seine Hände nämlich mittlerweile erreicht. Benevidea schien seine Streicheleinheiten sichtlich zu genießen. Sie wich nicht mehr zurück.

„Sieht ganz so aus, als hätten Sie gewonnen, Sir.“, sagte Ketna, die das Ganze aus der Ferne beobachtet hatte. „Das war ich aber nicht allein, Ketna.“, sagte Peter. „Ohne Sensora wäre das nicht möglich gewesen. Ich darf und will mich hier ja schließlich nicht mit fremden Federn schmücken. Ach, Allrounder, während Sie sich um Benevidea kümmern, sind Sie selbstverständlich von Ihren anderen Pflichten freigestellt. Das Schiff werde im Notfall sogar ich selbst ins Dunkle Imperium fliegen! Dabei wird mir schon kein Zacken aus der nicht vorhandenen Krone brechen!“ „Danke Sir.“, sagte die Androidin. „Aber selbst ich, als ausgebildete Kommunikationsoffizierin, weiß nicht, wie ich mich mit ihr insoweit verständigen soll, um ihr die richtigen Fragen zu stellen.“ „Das wird sich schon einrenken.“, sagte Time. „Wir haben schon vor weitaus kniffeligeren Problemen gestanden und selbst die haben wir gelöst.“

Peters Sprechgerät piepte. Er nahm es aus der Tasche seiner Uniformjacke und sah auf das Display. Hier erkannte er sofort das Rufzeichen seines Ersten Offiziers. „Der hat ein Timing wie ein schweizer Uhrwerk.“, sagte er leise zu sich, während er durch das Drücken der Sendetaste dem Gerät bedeutete, dass er das Gespräch annahm: Time hier!“ „Hier Yetron, Sir.“, gab die Stimme des demetanischen Agenten zurück. „Cenda und ich sind mit der Einrichtung von Benevideas Krankenzimmer fertig. Sie kann kommen.“ „In Ordnung, Agent.“, entgegnete der ältere Terraner. Dann werden wir uns Ihr und Cendas gemeinsames Werk mal ansehen.“

Er wandte sich Sensora zu: „So, Allrounder. Jetzt werden wir Ihren neuen Schützling mal beamen müssen. Der plötzliche Ortswechsel könnte sie erschrecken. Es wäre also besser, wenn Sie die Hände von ihr nehmen, auch wenn es schwerfällt. Sonst fühlt sie sich womöglich noch bedrängt und tritt vor Angst aus. Wir müssen ihr auf jeden Fall die Möglichkeit zum weglaufen lassen.“ „Verstanden, Commander.“, sagte die Androidin nüchtern und nahm demonstrativ etwas Abstand zu dem ruhig neben ihr stehenden Einhorn.

Time warf einen Blick über die Situation. Dann nahm er erneut sein Sprechgerät zur Hand: „Wir wären dann bereit, Agent. Sagen Sie Cenda das!“ Er wusste, dass seine celsianische Untergebene durch ihre Netzwerkberechtigung bedingt jederzeit den Transporter von jeder Position auf dem Schiff mit Hilfe ihres Transceivers fernbedienen konnte, wenn es notwendig war. Das war jetzt der Fall, denn ihr Assistent war ja nicht da, um sie an der Transporterkonsole zu vertreten. Sie würde ja auch schließlich Time und den anderen noch einiges erklären müssen und konnte ja nicht an zwei Orten gleichzeitig sein, wenn sie auch sonst viele Talente hatte.

Wenige Sekunden später fanden sich alle in einer dem Dunklen Imperium sehr ähnlichen Umgebung wieder. Die Luft roch angenehm nach Sommerblumen und sie standen allesamt auf einer Wiese. Der Wind, welcher angenehme Wärme von Süden zu bringen schien, trug aber auch Gerüche von Harzen und Tannenzapfen in ihre Nasen. Time vermutete daher, dass es hier auch einen Wald geben musste, zumal er auch das Singen von Vögeln vernahm. „Wie ist das möglich?“, fragte er. „Ich dachte immer, das Replizieren komplexer Lebensformen sei nicht möglich. Einzelne Organe und totes Fleisch ja. Aber Tiere, die dann auch noch leben, das …“

Er überlegte kurz und stieß dann mit dem Brustton der Überzeugung hervor: „Computer, Programm beenden!“ Sofort verstummten die Vögel. Auch die Silhouette Eines auf einem entfernten Hügel stehenden erwachsenen weiblichen Einhorns verschwand. Die Pflanzen und der Untergrund aber blieben. „Also teilweise Simulationen.“, stellte Time fest. „Aber wie haben Sie das denn gemacht?“ „Sie wissen, dass man den Boden in Frachtraum drei absenken kann, indem man ihn in die Schiffswand rollen lässt.“, sagte Yetron. „Der Frachtraum hat also einen doppelten Boden. Das jetzt veränderte Niveau des Bodens haben wir mit repliziertem Waldboden und Grassoden auffüllen lassen. Der Transporter hat das erledigt. Weder Cenda noch ich haben uns die Hände schmutzig machen müssen. Die Pflanzen werden mit Hilfe der Umweltkontrollen am Leben erhalten. Das hier weiter auszuführen, wäre sicher zu kompliziert und würde jeden Rahmen sprengen.“ „Wie ein Strauß Blumen in der Vase.“, warf Ketna ein. „Das trifft es exakt, Scientist.“, sagte der Demetaner und lächelte ihr zu. „Ein sterbender Baum wird nach seinem Tod per Transporter ausgetauscht. Benevidea wird das nicht bemerken. Ähnlich verhält es sich mit jedem Grashalm, den sie frisst. Unser genauso kluger wie attraktiver Techniker hat eine Software geschrieben, die Umweltkontrollen, Transporter und Replikatoren auf diese Weise zusammenarbeiten lässt.“ „Verstehe.“, sagte Time. „Aber warum haben Sie das Bodenniveau abgesenkt?“ „Um genug Erde aufhäufen zu können, in der die Bäume sicher stehen können.“, erklärte Yetron. Außerdem … Folgen Sie mir bitte, Sir.“

Er machte einige Schritte in eine bestimmte Richtung und Time folgte ihm durch den Wald zu einem See. „Sie haben ja an alles gedacht, Agent.“, sagte Time. „Das sieht hier ja wirklich aus, wie im Wald der Einhörner. Aber was bitte hat das Einhorn von vorhin mit der Sache zu tun? Außerdem hoffe ich, dass ich Cendas schönes System jetzt nicht völlig durcheinandergeworfen habe.“ „Ach was.“, sagte Yetron und drehte sich um. Dann winkte er.

Die gerade Angesprochene betrat den Ort des Geschehens und zog ihr Sprechgerät. Dann gab sie einige Befehle an den Computer ein, worauf das gesamte Programm neu gestartet wurde. Auch der Gesang der Vögel und das Einhorn auf dem Hügel waren wieder da. „So! Alles wieder in Butter, Commander.“, flapste Cenda. „So Empfindlich is’ mein Progrämmchen nich’.“ „Dachte ich mir, Techniker.“, sagte Time. „Wenn Sie etwas schreiben, dann hat das Hand und Fuß. Ich wüsste nur gern, was es mit dem Einhorn auf sich hat.“

Yetron und Cenda warfen sich Blicke zu und grinsten beide. Dann sagte der Demetaner: „Bitten wir doch Allrounder Sensora her. Dann werden Sie gleich sehen, was es mit dem Einhorn auf sich hat.“ „Ok, Agent.“, sagte Time. „Ich vertraue Ihnen. Sie hatten schon immer sehr geniale Einfälle.“

Er drehte sich zum Rand des Waldes und rief: „Allrounder, bitte kommen Sie mal her!“ Die Androidin, die seine Aufforderung durchaus mittbekommen hatte, nickte und machte sich sofort auf dem Weg in seine Richtung. Das Gleiche tat aber auch das Einhorn auf dem Hügel. „Wie habe ich denn das zu verstehen?“, fragte Time. „Sagen wir mal, das Einhorn is’ Sensora.“, sagte Cenda. „Außerdem können wir sie nur alle sehen, weil der Computer automatisch jede Reaktionstabelle von allen lädt, die er in diesen Frachtraum gehen sieht.“ „Die Sensoren sind also auch in Ihr System integriert.“, versicherte sich Time. „Natürlich.“, sagte Cenda. „Und das mit Sensora erkläre ich Ihnen jetzt auch.“, schob Yetron ein. „Pferde verständigen sich ohne menschliche Worte. Wiehern und Schnauben machen nur einen ganz geringen Teil ihrer Kommunikation aus. Der Rest sind Bewegungen, Verhaltensweisen und Gesten, die nur schwer bis unmöglich von Zweibeinern nachzuahmen sind. Es war im Übrigen die Idee unseres geschätzten Technikers, eine Art Marionette zu erschaffen, die dies erledigt. Die Unterprogramme der Simulation sind direkt mit dem Universalübersetzer verbunden, den wir wiederum mit der Datenbank für Verhaltensweisen, speziell mit der für Pferde und Pferdeartige, verbunden haben. Der Computer dürfte bereits dabei sein, eine Reaktionstabelle von Benevidea zu erstellen. Sie dürfte das Einhorn bald sehen.“

Time drehte sich dem jungen Einhorn zu, das entgegen seiner Erwartungen ruhig neben Sensora stand. Offensichtlich fühlte sie sich bei ihr so sicher, dass sie der plötzliche Ortswechsel doch nicht aus der Ruhe gebracht hatte. Allerdings schnupperte sie jetzt auch in die Luft. „Ich hoffe, ihr wird jetzt auch der Geruch eines Einhorns simuliert.“, sagte Time. „Oh klar doch.“, sagte Cenda. „Sie wissen doch, wie gründlich ich bin.“

Sensora, die inzwischen alles begriffen zu haben schien, drehte sich Benevidea mit der rechten Schulter zu. So hatte sie einen 45-Grad-Winkel zu ihr eingenommen. Diese Geste wirkte sehr einladend auf sie. Außerdem sagte die Androidin, als wollte sie Cendas Programm auf die Probe stellen: „Hallo, Benevidea, ich bin deine Freundin.“ Auch das Einhorn in der Simulation senkte den Kopf und schaute Benevidea lieb an. Dann drehte es ihr ebenfalls den Hals zu. Die Zunge des kleinen Einhorns glitt aus ihrem Maul und leckte die Luft ab. Benevidea wusste ja nicht, dass alles nur in ihrem Kopf stattfand. Eine Kinderstimme aus dem Computerlautsprecher übersetzte: „Ich mag dich auch!“

Time hatte nur staunend dagestanden. „Wow!“, brachte er schließlich hervor. „Das funktioniert ja tatsächlich in beide Richtungen. Aber warum gibt der Übersetzer Benevidea eine Stimme wie einer 12-Jährigen?“ „Wir hielten es für besser, das Programm ihrem Entwicklungsstand anzupassen.“, sagte Yetron. „Na, das haben Sie ja mal wieder geschickt gelöst, Agent.“, sagte der Amerikaner anerkennend zu seinem Ersten Offizier. „Und auch Sie, Cenda. Ich weiß schon. Wenn ich Sie zwei zusammenarbeiten lasse, kann dabei ja nur was Grandioses entstehen. Also dann! Holen wir den Rest und fliegen los ins Dunkle Imperium! Agent, ich werde die Erste Schicht am Steuerpult selbst übernehmen. Dann sind Sie dran. Sensora, Sie bleiben bei Benevidea und erklären ihr, was jetzt auf sie zukommt. Wenn sie bereit ist, dann möchte ich, dass Sie ihr auch Fragen bezüglich Allrounder Scott stellen. Es muss ja einen Grund haben, warum Benevidea solche Angst hatte und warum sie Scott und Commander Data entführt hat.“ Alle nickten Times Befehle ab und gingen. Nur Sensora blieb zurück, wie es ihr von ihrem Vorgesetzten gesagt worden war.

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