Data und ich waren in meinem Haus, oder zumindest in dem, was ich dafür hielt, angekommen. Dort hatte ich festgestellt, dass hier alles noch genauso war, wie ich es vor meinem Urlaub mit den Huxleys verlassen hatte. Unser erster Weg führte uns ins Wohnzimmer, wo ich mich zunächst an den Hausrechner setzte. Mir waren einige Dinge recht merkwürdig vorgekommen. Scotty hatte Elektra erwähnt. Aber das konnte doch nicht sein. Die Androiden hier hatten doch allerhöchstens Bezeichnungen oder Typennummern. Sie hatten doch keine Namen. Wer hatte Elektra also Elektra genannt? Außerdem musste ich klären, ob es in der Föderation Telepathen gab, oder ob sie politische Beziehungen mit Telepathen hatte. Vorstellen konnte ich es mir nicht, denn ich kannte Sytania als sehr eitel und besessen von ihren Träumen von absoluter Macht. So besessen, dass sie garantiert keine eventuelle Konkurrenz und sei sie auch noch so schwach, neben sich dulden würde. Schlimmer noch, sie würde bestimmt andere Telepathen zu Feinden der Föderation erklären und das nur, damit sie die einzige Telepathin in unserer Nähe blieb. Ich konnte nicht anders. Ich musste das auf der Stelle verifizieren.
Ich wandte mich also dem Computer zu: „Computer, gibt es telepathische Völker in der Föderation, oder hat sie telepathische Verbündete?“ „Negativ.“, kam es zurück. „Die Großartige Königin Sytania ist die einzige Telepathin in der Föderation. Sie hat alle bekannten Telepathen zu Staatsfeinden erklärt.“ „Na, das sieht ihr ähnlich.“, flüsterte ich und versuchte dabei, mich vom Mikrofon fortzudrehen, um ein Kommunikationsproblem zwischen dem Rechner und mir zu vermeiden. Dann aber drehte ich mich wieder zurück und fragte: „Seit wann sind alle Telepathen Feinde der Föderation?“ „Seit heute.“, sagte der Rechner. „Natürlich.“, sagte ich. „Diese Dimension ist erst einen Tag alt. Ich hätte es mir denken können.“
Uhrwerkgleiche männliche Schritte kamen durch die Tür. Allerdings maß ich ihnen kaum eine Bedeutung bei, denn mich beschäftigte immer noch die Sache mit Elektra. Wenn es jemanden außer mir gab, der oder die Androiden gern Namen gab, dann musste es sich vielleicht um Widerstandskämpfer handeln, die mit dem, was die so genannte Großartige Königin Sytania so verlangte, nicht ganz einverstanden waren. Aber Widerständler in der Sternenflotte, die noch dazu bisher unentdeckt geblieben waren? Konnte es das bei dieser Konstellation der Ereignisse überhaupt geben?
Ich beschloss also, der Sache auf den Grund zu gehen. Dazu wandte ich mich erneut dem Computer zu und fragte: „Computer, gibt es Widerstandsgruppen …“
Etwas hatte meinen Kopf gefasst und ihn sanft, aber bestimmt vom Mikrofon weggedreht. Dann bemerkte ich, wie auch meine Hände von zwei Ellenbogen an meinen Körper gedrückt wurden. Eine Hand hielt vorsichtig meinen Mund zu. Dann roch ich etwas sehr Bekanntes am Ärmel der Kleidung, die er trug. Etwas sehr Bekanntes, das mich sofort auf Scottys Kleidung schließen ließ. Aber er konnte nicht in der Kleidung stecken, denn er war erstens noch in der Firma und zweitens waren seine Reflexe nie so ausgeprägt gewesen. Es war nämlich alles sehr schnell gegangen. Dann sagte eine Stimme, die ich ebenfalls gut kannte und die all meine Theorien bestätigte: „Sie hatten doch nicht etwa vor, diese Eingabe so zu beenden, Allrounder! Es tut mir leid, aber in diesem Fall muss ich Sie wohl vor sich selbst schützen. Offen nach Widerstandsgruppen zu suchen, könnte von den Geheimdiensten dieser Dimension als Verrat ausgelegt werden. Wahrscheinlich werden alle Aktivitäten im Föderationsnetzwerk überwacht. Das würde zumindest zu einem absolutistischen Staat passen.“
Ich schluckte, holte tief Luft und gab dann erleichtert seinem Druck nach, mit dem er mich an die Lehne des Stuhls bewegt hatte. „Sie haben ja so Recht, Commander.“, sagte ich. „Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Für mich ist unsere Situation nicht einfach. Wissen Sie, Sie könnten eigentlich mein Vorgesetzter sein und ich muss Sie, damit wir nicht auffallen, behandeln wie …“ „Wie eine Maschine!“, fiel mir Data bestimmt und etwas energischer ins Wort. „Mehr bin ich in dieser Gesellschaft einfach nicht. Das haben Sie erkannt und Ihr Verhalten dem angepasst. Nichts anderes wird von einer Offizierin der Sternenflotte in einer fremden Gesellschaft erwartet! Sie haben alles richtig gemacht, Allrounder! Alles! Nur weiter so! Ich hätte Sie tadeln müssen, wenn es nicht so wäre. Das hätte ich zwar erst dann tun können, wenn wir allein wären, aber dazu gibt es ja gar keinen Grund!“ „Das mag ja sein.“, sagte ich. „Aber ich will hier raus! Es ist doch auch die Pflicht eines Sternenflottenoffiziers, Fluchtwege zu suchen, wenn er oder sie in Gefangenschaft gerät, oder? Außerdem kann ich bald nicht mehr. Sie sind mein Freund und ich kann meine Gefühle nicht einfach abschalten. Vielleicht habe ich meine Rolle bisher recht gut gespielt, aber wenn es so weiter geht, dann falle ich bald aus derselben!“
Ich holte ein weiteres Mal tief Luft, um einen verzweifelten Seufzer abzugeben. Dann sagte ich: „Sie riechen übrigens nach Kleiderschrank. Nach Scottys Kleiderschrank. Haben Sie …“ „Ihre Schlussfolgerung ist korrekt.“, sagte Data. „Offenbar bin ich und meinesgleichen hier nicht berechtigt, eigene Entscheidungen zu treffen und als Commander der Sternenflotte dürfte und müsste ich das. Das passt nicht zusammen und deshalb ist es für mich wohl auch ungehörig, in dieser Gesellschaft in der Galauniform eines solchen Offiziers herumzulaufen. Ich habe mich nur meiner Situation angepasst. Sie können Ihrem Mann ja später sagen, Sie hätten mich wieder umgezogen.“ „OK.“, sagte ich. „Scotty wird es sicher lächerlich gefunden haben, dass ich sie ihm in Uniform präsentiert habe. Das war mir gar nicht aufgefallen.“ „Natürlich nicht.“, sagte Data. „Angesichts Ihrer Behinderung ist das auch ganz logisch. Für Sie sind Äußerlichkeiten nicht wichtig, da Sie nur zu deren eingeschränkter Wahrnehmung in der Lage sind. Dass Ihnen da etwas durch die Kontrolle rutscht, ist mir klar. Aber deshalb können wir ja zusammenarbeiten. Das sollten wir auch jetzt tun. Ich helfe Ihnen.“
Er bediente die Tasten des Computers. Das konnte ich an dessen Piepen sehr gut hören. Dann sagte er: Ich habe den Cursor an den Anfang gestellt. Dann habe ich das Wort Bajor und ein Verbindungszeichen davorgesetzt. So denkt jeder, Sie würden nach historischen Widerstandskämpfern suchen. Natürlich wird der Computer auch jeden anderen Eintrag zum Thema Bajor oder zum Thema Widerstand finden. Auch technische Begrifflichkeiten. Anhand Ihrer Eingabe kann Ihnen so niemand etwas nachweisen.“ „Pfui, Data! Was für ein fieser Anwaltstrick!“, entfuhr es mir, aber gleichzeitig musste ich grinsen. „Ironie, ah!“, stellte Data fest und ich fragte total perplex: „Wie haben Sie das erkannt?“ „Ihr Verhalten entsprach nicht dem Inhalt Ihrer Worte.“, sagte Data. „Sie haben sich widersprochen.“ „Hätten Sie wirklich gemeint, was Sie sagten, dann hätten Sie vorwurfsvoll geschaut und nicht gegrinst. Soweit haben Sie Ihre Gesichtsmuskulatur unter Kontrolle. Das ist mir bekannt. Der einzige Teil Ihres Gesichts, den Sie nicht kontrollieren können, sind Ihre Augen. Aber das ist logisch. Sie haben sie nie benutzt. Das Auftreten dieses Datenkonfliktes zwischen meiner Wahrnehmung Ihrer Worte und Ihres Verhaltens kann also nur Ironie bedeuten.“ „Interessante Herleitung.“, sagte ich.
Während unseres Gesprächs hatte der Computer seine Suche beendet. Die freundliche weibliche Stimme wies uns darauf hin, dass es Millionen von Einträgen zu den gesuchten Themen gab. Die genaue Zahl war so groß, Dass ich sie nicht mehr wiedergeben konnte. „Na dann viel Spaß.“, sagte ich bedient und legte demonstrativ die Hände in den Schoß. „Aber dafür haben Sie doch Ihr Hilfsmittel.“, erinnerte Data mich an seine Anwesenheit. „Wenn Sie mir ein Haftmodul replizieren würden, dann könnte ich die relevanten Informationen herunterladen. Meine Arbeitsgeschwindigkeit ist viel schneller, als Sie lesen oder zuhören können. Außerdem finde ich die Informationen schneller. Es handelt sich im Wesentlichen ohnehin um Zeitungsartikel über Verhaftungen von Widerständlern, die wir gebrauchen können. Alles andere ist unwichtig.“
Er hatte nur einige Sekunden auf den Bildschirm gesehen und das schon erkannt. Das hatte mir gereicht, um seine Argumente als richtig einzustufen. Ich ging also zum Replikator und kam seiner Bitte nach. Scotty oder andere würden keinen Verdacht hegen, denn ein Haftmodul allein machte noch kein Verbrechen. Es würde ja auch nötig sein, um meinem Hilfsmittel Updates zu ermöglichen. Wenn Scotty mich darauf ansprach, konnte ich dies immer vorbringen.
Die fortgeschrittene Tageszeit hatte mich unwillkürlich in Richtung der offenen Terrassentür lauschen lassen. „Caruso wird wohl heute Abend umsonst vor meiner Tür auf mich warten.“, sagte ich. „Und hier wird es wohl keinen Caruso geben.“ „Vielleicht irren Sie sich da.“, sagte Data. „Zumindest könnten Sie sich irren, was letzteres angeht. Caruso mag nicht mein Haustier sein können, weil Spot, aus deren Linie er stammt, nie mein Haustier war. Aber das bedeutet nicht, dass sie nicht das Haustier einer anderen Person gewesen sein kann. Sie kann deshalb trotzdem existiert haben. Sie hatte mit Sicherheit einen anderen Namen, aber die Tatsache, dass ich nicht ihr Besitzer sein konnte, schließt ja ihre Existenz nicht zwingend aus. Ich war ja nicht an ihrer Zeugung beteiligt.“ „Sicher nicht.“, lächelte ich.
Ich wandte mich erneut dem Computer zu und machte einige Eingaben, die mich über mein stationäres Sprechgerät mit dem Sternenflottenarchiv verbanden. Hier suchte ich meinen eigenen Bericht von meiner letzten Mission heraus und las ihn mir durch. Zu viele Ungereimtheiten hatte es gegeben, die ich mir nicht erklären konnte. Wenn wir keinen Kontakt zu Telepathen haben durften, dann hatten wir die Tindaraner auch nie kennen gelernt. Schließlich war es nur dazu gekommen, weil telepathische Spähtrupps der Tindaraner in einer unbekannten Dimension einen sehr lockeren Umgang mit der Sicherheit gegenüber Sytania festgestellt hatten. Zirell und ihre Leute waren damals dorthin geschickt worden, um die entsprechende Basis zu warnen. Dabei hatte ihr Team festgestellt, dass es sich bei der laschen Sicherheit nur um eine Falle handelte, die man Sytania gestellt hatte. Zirell hatte sich bei dem Commander der Station persönlich für ihr Dazwischenfunken entschuldigt und ihm seine und vor allem Jorans Zusammenarbeit angeboten. Dadurch wurde die Falle noch besser und Sytania tappte voll hinein. Der Commander der Station war niemand anders als Maron gewesen, der sich später absichtlich zum Agent degradieren ließ, um begeistert seinen neuen Job als Verbindungsoffizier auf Zirells Basis anzutreten. Da diese Föderation aber nie die Feindin Sytanias gewesen war, konnte sich die Geschichte wohl schlecht so zugetragen haben. Das bedeutete, ich hatte auch Lycira nicht, denn wenn wir die Tindaraner nicht kannten, dann kannten wir auch deren verschollene Schwestervölker nicht und somit hatte ich sie auch nicht erben können. Ich war ihr und ihrem saloranischen Piloten, der mir unter den Händen gestorben war, ja nie begegnet.
Mein eigener Bericht konnte allerdings einige dieser Lücken füllen. Ich war mit einem Shuttle der Granger geflogen und Scotty war mir mit einem Mietshuttle gefolgt. Zivile Shuttles wurden zwar gedrosselt, damit sie nicht über Warp eins hinauskamen, aber das war für meinen Mann, der ja ausgebildeter Ingenieur war, kein Problem. Es schien zwar auch unlogisch, dass diese Mission überhaupt stattgefunden hatte, aber ich hatte ja schon entdeckt, dass Benevidea teilweise die Dinge einfach so eingebaut hatte, wie sie es wollte. Als Mächtige konnte sie ja so etwas durchaus und musste nicht auf Logik und Naturgesetze Rücksicht nehmen. Aber warum hatte sie Data und mich hierhergebracht? Was sollten wir sehen?
„Allrounder?“ Ich war über Datas plötzliche Ansprache sehr erschrocken. So sehr sogar, dass ich zusammenfuhr. „Verzeihen Sie.“, entschuldigte er sich. „Sie schienen sehr in Ihren eigenen Bericht vertieft.“ „Das war ich auch.“, sagte ich. „Das ist echt merkwürdig. Hier steht, ich war Zeugin dessen, dass Sytania ihren Irrtum eingesehen hat und dann hat sie Nugura auf dem nächsten Gipfeltreffen den Frieden angeboten und ihre Liebe gestanden hat. So ein Schwachsinn, Commander. So ein ausgemachter Schwachsinn! Sytania und einsichtig! Da lachen ja die Hühner! Außerdem habe ich ein Problem. Wenn wir die Tindaraner in dieser Realität nie kennen gelernt haben, wie soll ich dann mein Ende der Schutzverbindung erklären? Was sage ich, wenn Loridana es findet? Sie wird mich ja bestimmt irgendwann einmal untersuchen und dann …“ „Ich verstehe Sie.“, sagte Data und legte mir beruhigend die Hand auf die rechte Schulter. „Dann müssen wir versuchen, so schnell wie möglich Kontakt mit unserer Heimat zu bekommen, damit Sie gar nicht erst in solche Schwierigkeiten geraten.“
Ich nickte und meldete mein Sprechgerät an das interdimensionale Relais der hiesigen Föderation an. Dann gab ich das Rufzeichen der Granger ein. Allerdings erhielt ich eine Fehlermeldung: „Ihr Befehl kann nicht ausgeführt werden. Es befindet sich eine Störung in der interdimensionalen Schicht, die in Richtung der von Ihnen angesteuerten Dimension nicht durchdrungen werden kann.“ „Benevidea scheint nicht zu wollen, dass wir nach Hause telefonieren.“, scherzte ich. „Aber wenn ich dem Computer gerade richtig zugehört habe, dann gilt das nur für Rufe in unser heimatliches Universum. Wollen doch mal sehen, ob ich in eine andere Dimension durchkomme.“
Langsam begann ich damit, Shimars dienstliches Rufzeichen, das ich auswendig konnte, in die Konsole einzugeben. Data aber erhob mahnend die Stimme: „Allrounder, an Ihrer Stelle würde ich diese Eingabe nicht bestätigen. Ihnen dürfte bekannt sein, dass die Tindaraner Telepathen sind und Sie somit als Verräterin enden könnten, wenn …“ „Daran glaube ich nicht, Commander!“, fiel ich ihm selbstbewusst ins Wort. „Die Tindaraner dürften dieser Föderation hier überhaupt nicht bekannt sein! Also werden sie gar nicht wissen, dass es sich um Telepathen handelt. Folge dessen können das auch weder das Relais, noch dieser Computer wissen! Ich wette mit Ihnen, wir werden anstandslos durchgestellt werden! Vertrauen Sie mir. Ich bin ausgebildete Kommunikationsoffizierin. Aber wenn Sie sichergehen wollen, kann ich das ja noch einmal überprüfen.“
Ich drehte mich von der Konsole fort und wieder dem Computermikrofon zu. Dann sagte ich: „Computer, ist der Föderation ein Volk Namens Tindaraner bekannt? Suche in allen Datenbanken!“ „Ihr Befehl wird ausgeführt.“, sagte der Rechner. „Die Ausführung wird voraussichtlich bis zu 20 Minuten dauern.“ „Na ja.“, sagte ich und lehnte mich entspannt zurück. „Er hat ja auch eine Menge Holz zu durchsuchen. Das kann schon mal dauern, wenn man die Suche nicht weiter einschränkt.“ „Mit einer Menge Holz meinen Sie eine Menge Daten, nicht wahr?“, vergewisserte sich Data. Ich nickte nur.
„Ihre Sprechweise hat sich seit der Ehe mit Scotty sehr verändert.“, bemerkte der Androide. „Sie ist lockerer geworden. Das ist recht positiv.“ „Danke, Commander.“, sagte ich. „Dennoch sollten Sie in Ihren Handlungen weiterhin die nötige Vorsicht walten lassen.“ „Schon gut.“, sagte ich. „Sie haben ja Recht. Die Situation mit den Tindaranern sollte ich wirklich überprüfen. Schließlich habe auch ich keine Lust, in dieser Dimension doch noch im Bau zu landen und schon gar nicht wegen Verrat!“ „Das ist sehr umsichtig von Ihnen gedacht, Betsy.“, sagte Data. „Jetzt handeln Sie wieder wie die Allrounder Scott, die ich kenne.“ „Tut mir leid.“, lächelte ich. „Ich kenne mich mit meinem neuen Ich wohl noch nicht so gut aus. Gut, dass Sie da sind und von Zeit zu Zeit auf die Bremse treten.“ „Das tue ich doch gern.“, sagte Data. „Denn auch Sie sind mir mittlerweile so etwas wie eine Freundin geworden. Auch wenn ich Freundschaft sicher nicht in dem Maße empfinden kann, wie es ein biologisches Wesen tut, aber …“ „Ich habe schon verstanden.“, lächelte ich. „Ich kann mir schon denken, was Freundschaft auf Androidisch bedeutet. Sie haben es ja einmal am Beispiel Ihrer Freundschaft zu Natascha Yar erklärt.“ Dann grinste ich ihn an.
Ich wollte mich gerade wieder dem Computer zuwenden, als ich erneut männliche Schritte aus Richtung der Terrasse wahrnahm. Sie waren lange nicht so urwerkgleich. Deshalb dachte ich mir bereits, dass sie nur von einem Menschen stammen konnten. Dies wurde mir auch bald durch eine sehr gut bekannte Stimme bestätigt, die sagte: „So, du Kuscheltier! Jetzt stelle ich dir die vor, an die du dich tatsächlich ranschmeißen musst!“ „Scotty!“, erkannte ich. „Aber was meint er damit?“ „Ich erkenne ihn ebenfalls.“, sagte Data, der sich sofort zur Terrassentür begeben und hinausgesehen hatte. „Ihr Mann ist aber nicht allein. Er trägt einen Katzenkorb.“ „Er trägt einen was?“, fragte ich ungläubig. „Ja.“, bekräftigte Data. „Und innerhalb des Korbes erkenne ich die Lebenszeichen eines kastrierten adulten Katers.“
Mein Mann betrat die Terrasse und stellte den Korb am Boden ab. Dann öffnete er vorsichtig eine kleine Klappe an der halbkugelförmigen weißen Höhle. So konnte Datas Blick auf eine rote Decke und den darauf liegenden schwarzen Kater fallen, der sich gemütlich zusammengerollt hatte. Für Katzen, deren Wirbelsäule ja bekanntlich sehr biegsam ist, war dies wohl eine sehr angenehme Stellung, wie ich aus eigener Erfahrung durch Mikosch sehr genau wusste. Auch das laute jetzt gut hörbare Schnurren des Katers unterstrich meine Vermutung.
„Darling!“, rief Scotty mir zu. „Sag deinem Hilfsmittel, es soll dich herführen!“ „Nicht nötig!“, gab ich zurück. „Der Kater schnurrt so laut, dass ich ihn gut hören kann. Ich finde euch schon.“ Dann sagte ich laut und deutlich zu Data, so dass es auch Scotty gut hören konnte: „Data, warten!“, und machte mich auf den Weg in die Richtung, aus der ich das Schnurren gehört hatte.
Es brauchte nur wenige Schritte und dann hatte ich den Korb erreicht. Sofort steckte ich meine rechte Hand durch die Klappe, die gerade groß genug war, dass sie hindurchpasste. Offensichtlich sollte die Klappe verhindern, dass die Katze entlaufen konnte. Das Streicheln oder das Füttern war durch sie hindurch aber durchaus möglich. Als ich den Kater berührte, hob er den Kopf und gab ein lautes aber freudiges: „Min-Mang!“, von sich, bevor er vergnügt weiter schnurrte. Ich begann unwillkürlich zu grinsen und dann entfuhr es mir: „Oh hallo, Miezeka, Ka, Caruso! Wie kommst du denn hier her? Hat es dich auch hier her verschlagen?“ „Wovon redest du bitte, Darling?“, fragte Scotty. „Aber Caruso passt irgendwie zu ihm. Ich habe schon seit Stunden überlegt, wie wir ihn nennen könnten. Aber eigentlich ist die letzte Entscheidung ja eh deine. Er gehört nämlich dir. Ich habe alles bereits mit dem Tierheim geregelt. Er ist mein Geschenk an dich, nachdem du mir auch so ein cooles gemacht hast. Irgendwie musste ich dagegen ja anstinken. Aber gut. Fragen wir ihn mal, ob er damit einverstanden is’.“
Damit beugte sich Scotty zu unserem bisher noch namenlosen Herrn Katze hinunter und fragte: „Sag mal, mein Kleiner, möchtest du Caruso heißen?“ Das Schnurren des Katers, das immer noch angedauert hatte, schwoll in seiner Lautstärke beträchtlich an. Darauf wandte sich mein Mann wieder an mich: „Na, Frau Kommunikationsoffizier, wie würden Sie das übersetzen?“ „Ich nehme das als ein Ja, Scotty.“, sagte ich. „Eigentlich ist es sogar ein Ja-Gern!“ „OK.“, sagte Scotty und nahm den Griff des Korbes wieder in die Hand: „Na komm, Caruso. Dann bringen wir dich erst mal rein.“ Damit hob er den Korb an und bot mir gleichzeitig seinen anderen Arm an. So gingen wir ins Wohnzimmer.
Hier stellte er den Korb ab und öffnete die Klappe ganz. Ich hatte inzwischen die Terrassentür geschlossen, damit Caruso nicht durch die offene Tür entlaufen konnte, falls er sich vor der ihm doch vielleicht noch sehr fremden Umgebung erschrecken sollte. Dann setzte ich mich mit Scotty auf die Couch. Caruso, der das auch gesehen hatte, erhob sich fast majestätisch aus seinem Korb und schritt in aller Ruhe den Raum ab, um sich danach sofort auf meinen Schoß zu begeben, wo er ein erneutes Konzert aus lautem Schnurren begann. „Na also.“, sagte Scotty. „Genauso hatten Ms. Deria und ich uns das vorgestellt. Aber die Leiterin des Tierheims sagte schon, dass er sehr verschmust ist und das bist du ja auch. Wie heißt es immer so schön? Gleich und gleich gesellt sich gern.“ Immer noch über beide Ohren grinsend konnte ich nur einen bestätigenden Laut von mir geben. Dann aber fragte ich etwas ernster: „Wie hast du dir das denn eigentlich vorgestellt, Scotty? Ich meine, ich bin meistens im Dienst. Mit auf das Schiff nehmen kann ich Caruso nicht. Es wäre meiner Meinung nach dort für ihn viel zu gefährlich. Wer weiß schon, was für Lebensformen wir begegnen und wie die auf Katzen zu sprechen sind. Du bist meistens in der Firma und … Warte mal! Vielleicht könnte man Data darauf programmieren, auf ihn aufzupassen, sobald er sich an mich und dich gewöhnt hat.“ „Na ja.“, urteilte Scotty. „Als Futterautomat und Kuschelkissen könnte er schon herhalten. Seine Software ist doch lernfähig, oder?“ „Sicher.“, sagte ich. „Wir haben dafür gesorgt. Außerdem soll er seinem behinderten Eigentümer ja in allen Lebenslagen zur Hand gehen können. Wir sind ja außerdem noch immer in der Testphase. Vergiss das bitte nicht, mein liebster Scotty. Mr. Cendus hat gemeint, ich sollte zuerst einmal selbstständig versuchen, ihn verbal zu programmieren. Wenn ich das nicht hinbekomme, dann sollte ich mich an ihn oder dich wenden.“ „OK.“, sagte Scotty. „Es muss ja auch schließlich jeder Laie seinem Hilfsmittel Instruktionen geben können. So könnt ihr wohl am besten erfahren, ob das klappt. Dann lasse ich euch mal allein. Muss eh noch das ganze andere Zeug für Caruso aus dem Jeep holen. Ruf mich ruhig, wenn Data zickt.“ Ich nickte und Scotty ging.
„Uff, Hilfe!“, seufzte ich erleichtert. „Endlich wieder allein!“ „Sie wissen, dass ich über umfangreiche Erfahrung in der Haltung von Katzen verfüge.“, sagte Data. „Natürlich.“, erwiderte ich. „Was glauben Sie, warum ich das so eingefädelt habe. Einer meiner Gründe war aber auch rein persönlicher Natur. Ich habe immer noch das Gefühl, mich bei Ihnen entschuldigen zu müssen, Commander. Deshalb wollte ich Ihnen zumindest ermöglichen, auf Caruso aufpassen zu können. Scotty weiß, dass ich auf der Granger andere Hilfsmittel habe und nicht direkt auf Sie angewiesen bin. Deshalb wird er keinen Verdacht schöpfen, wenn ich Sie bei meinem erneuten Dienstantritt hierlasse. Aber ich dachte, Ihretwegen wäre es …“ „Sie nehmen erneut Rücksicht auf Gefühle, die nicht existieren, Allrounder.“, sagte Data. „Dabei glaubte ich, Ihre Intelligenz hätte Ihnen bereits verraten, dass meine Gefühle beliebig ersetzbare Reaktionen sind, die je nach Programmierung theoretisch jederzeit veränderbar seien. Ich dachte, sie würden auf die Illusion, die mein Emotionschip nach außen vermitteln soll, nicht hereinfallen. Aber wenn Sie lediglich Ihr Gewissen beruhigen wollen, dann akzeptiere ich Ihretwegen.“ „OK.“, sagte ich.
Ein Signal kündete davon, dass der Computer seine Suche ebenfalls beendet hatte. Dann sagte dessen Stimme: „Die von Ihnen genannte Volksgruppe ist der Föderation nicht bekannt.“ „Na, umso besser.“, erwiderte ich. „Dann wirst du ja wohl auch nichts gegen die Benutzung dieses Rufzeichens haben.“
Ich drehte mich wieder der Konsole meines Sprechgerätes zu, um erneut Shimars Rufzeichen einzugeben, denn nach der langen Zeit hatte ich befürchtet, es wäre bereits aus dem Display gelöscht worden, da ich es weder bestätigt, noch manuell gelöscht hatte. Erfolgte keine Tastenbewegung, oder keine verbale Eingabe, war das die normale Konsequenz, denn das System ging dann von einer versehentlichen Fehleingabe aus. Allerdings hielt Data mich zurück: „Warten Sie bitte, Allrounder. Das Rufzeichen steht noch immer im Display. Sie müssen es nur bestätigen.“ „Wie kann das nach mehr als 20 Minuten sein, Commander?“, fragte ich verwundert.“ „Ich habe mir die Freiheit genommen, ein wenig mit dem Cursor zu spielen.“, sagte Data. „So geht es gleich für Sie schneller. Wer weiß, wie viel Zeit uns bleibt.“ „Data, Sie Goldstück!“, rief ich erleichtert aus und drückte die Eingabetaste, worauf das Interdimensionale Relais meinen Ruf zunächst über alle Frequenzen und durch die gesamte Schicht schickte, da ihm ja die tindaranische Dimension nicht bekannt war. In so einem Fall war das eine ganz normale Reaktion. Würde ein Sprechgerät in irgendeiner Dimension reagieren, dann würde es zu diesem eine Verbindung aufbauen.