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Ich hatte mich in einer Rettungskapsel wiedergefunden. Das war mir aber erst bewusst geworden, nachdem ich mich kurz orientiert und um mich getastet hatte. Neben mir saß Data. Jannings und Mikel hatten also wortgehalten.

Datas bekannte und vertraute Stimme sprach mich an: „Sind Sie in Ordnung, Allrounder?“ „Ich denke schon.“, sagte ich. „Jedenfalls tut mir nichts weh und auch sonst scheint alles ok zu sein. Wo sind wir, Commander?“ „Den Daten nach, die ich bei einem Blick aus dem Fenster sammeln konnte, befinden wir uns im Dunklen Imperium.“, sagte Data. „Also nichts mit Krankenstation.“, sagte ich. „Ich habe Mikel so etwas sagen hören. Aber offenbar war das nur ein Zeichen für Jannings. Er muss gewusst haben, dass ich den Kurzen hören und mich wegdrehen würde.“ „Davon gehe ich aus.“, sagte Data. „Dieser Mikel wird das gleiche Wissen und die gleiche Intelligenz haben, die auch der originale Agent Mikel hat. Benevidea wird während des Schöpfungsaktes dafür gesorgt haben. Mir ist aufgefallen, dass viele unserer Freunde und Bekannten hier nur in den Dingen abweichen, die für die Geschichte der duplizierten Dimension relevant sind.“ „Das habe ich auch schon gemerkt.“, bestätigte ich. „Aber alle dort sind so schrecklich naiv!“ „Korrekt.“, sagte Data knapp. „Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass auch dies von Benevidea beabsichtigt war. Sie wollte uns offensichtlich einen Spiegel vorhalten, da sie Angst hatte, wir könnten jetzt Sytania anheimfallen.“ „Um Himmels Willen!“, rief ich aus. „Warum haben ihre Eltern nicht mit ihr geredet?! Ihnen muss doch aufgefallen sein, dass es ihrer Tochter nicht gut ging!“ „Ängste und Sorgen könnten den Mächtigen fremd geworden sein.“, stellte Data eine Theorie auf. „OK.“, sagte ich zögernd, da ich im gleichen Moment angefangen hatte über ebendiese nachzudenken. „Das könnte tatsächlich sein, Commander.“, sagte ich dann. „Wenn man sich vorstellt, dass sie theoretisch jede Unbill mittels ihrer Kräfte aus dem Weg räumen können, dann müssen sie ja vor nichts mehr Angst haben und sich um nichts mehr sorgen. Ihnen konnte also gar nicht in den Sinn kommen, dass Benevidea Angst haben könnte. Es passt einfach nicht mehr in ihr Denken.“ Data nickte nur. Dann sagte er: „Sie selbst stellten einmal die Theorie auf, dass Mächtige oft nur aus dem Grund so verklausuliert mit uns kommunizieren, da sie nicht mehr zur vergleichsweise einfachen Kommunikation mit uns vergleichsweise primitiven Wesen in der Lage sind. Sie sagten, sie täten es nicht um uns zu ärgern, sondern sie täten es, weil sie nicht mehr anders können. Ihre und unsere Entwicklung in der Kommunikation und auch in anderen Dingen klaffe zu weit auseinander. Sie führten damals als Beispiel an, dass Sie dies bereits in der Kommunikation zwischen Erwachsenen und Kindern beobachtet hätten. Ihre Beobachtungen ließen sich zweifelsfrei auf die anderen genannten Situationen übertragen und wer bin ich schon, dass ich in Sachen Kommunikation das Urteil einer ausgebildeten Kommunikationsoffizierin in Zweifel ziehe.“ Ich musste lächeln.

Vorsichtig hatte ich mich in Richtung des Steuerpultes gedreht. „Wo wir gerade von Kommunikation reden.“, sagte ich. „Ich finde, jemand von uns sollte dieser Kapsel mal klarmachen, wohin wir wollen!“ Damit berührte ich die Kontrollen.

Kaum hatte ich dies aber getan, spielte der Computer eine Nachricht ab: „Hallo, Betsy, Hallo, Commander Data. Wenn einer von Ihnen die Kontrollen berührt, wird diese Nachricht automatisch aktiviert. Ihr müsst versuchen bei Logar Hilfe zu finden. Ihr müsst ihm sagen, was hier passiert ist. Aus dem Dunklen Imperium heraus könntet ihr jederzeit nach Hause fliegen, aber die Dimension würde es trotzdem noch geben. Bitte denkt daran. Bitte tut das Richtige. Bitte lasst uns nicht im Stich! Der Autopilot wird sich deaktivieren, sobald diese Nachricht endet. Sie wird sich danach selbst löschen und es wird aussehen, als hätte sie nie existiert.“ Die Nachricht endete. „Keine Sorge, Mikel.“, flüsterte ich, die seine Stimme und damit auch ihn einwandfrei als Verfasser der Nachricht identifiziert hatte. „Ich werde euch nicht im Stich lassen.“

Ein Signal machte mich darauf aufmerksam, dass der Autopilot deaktiviert war. „Ich denke, wir sollten uns mit Iranach in Verbindung setzen.“, sagte ich. „Sie ist Logars Vertraute und seine Oberste Vendar. Ich denke, Sie wird die Situation am ehesten verstehen.“ „Bestätigt.“, sagte Data. „Während Sie mit Iranach sprechen, werde ich das Steuer übernehmen.“ „OK.“, sagte ich und wandte mich der Tastatur des Sprechgerätes zu um dort das Rufzeichen von Iranachs Garnison einzugeben, das mir sehr wohl bekannt war und das ich auch auswendig konnte. Überhaupt hatte ich viele Rufzeichen auswendig gelernt. Vielleicht war das auch nur eine Marotte von mir, aber ich wollte mich eben nicht allein auf die Technologie verlassen. Außerdem trainierte ich so mein Gedächtnis, wie ich fand.

Mein Ruf wurde von der mir ebenfalls sehr gut bekannten Stimme Talans beantwortet, der anscheinend gerade Dienst in der Kommandozentrale der Vendar zu haben schien: „Ich grüße dich, Betsy El Taria. Wo bist du? Deinem Rufzeichen nach ist das nicht die Granger.“ „Das stimmt, Talan.“, sagte ich. „Ich bin in einer Rettungskapsel. Data ist auch bei mir. Wir brauchen eure Hilfe und müssen euch eine unglaubliche Geschichte erzählen! Wo ist deine Ausbilderin? Hol sie bitte. Ich muss mit ihr reden.“ „Ich hole sie.“, sagte der Novize und legte mich in die Warteschleife. Dann ging er hinüber in den Nebenraum, wo sich Iranach aufhielt. Sie besprach gerade etwas mit ihrem Stellvertreter.

Das Gesicht ihres Schülers im Türrahmen ließ sie kurz von den Unterlagen aufblicken. „Was gibt es, Talan?“, fragte sie mild. „Ausbilderin, ich habe Kontakt zu Betsy El Taria.“, sagte Talan. „Sie sagt, sie sei in einer Rettungskapsel unterwegs. Data El Omikron-Theta sei auch bei ihr. Sie müsse uns eine unglaubliche Geschichte erzählen und sie benötigt unsere Hilfe. Sie hat dringend nach dir verlangt, Ausbilderin.“

Mit einem Schlag hatte er Iranachs vollständige Aufmerksamkeit. „Was hast du gerade gesagt?!“, fragte die Vendar hektisch. „Du hast Kontakt zu wem?! Geh wieder nach nebenan und schalte mir das Gespräch auf diese Konsole!“ „Sofort, Ausbilderin!“, sagte Talan zackig und verließ den Raum.

Für mich hatten sich die Sekunden in der Warteschleife wie Stunden angefühlt. Deshalb war ich auch so froh, als ich seine Stimme wieder hörte: „Betsy El Taria, ich verbinde dich jetzt mit meiner Ausbilderin.“ „OK, Talan.“, antwortete ich und wartete ab, bis ich Iranachs Stimme hörte: „Ich höre dich, Betsy El Taria! Wir alle glaubten, wir würden dich nicht wiedersehen. Wie ist es dir und Data El Omikron-Theta in der fremden Dimension ergangen?“ „Und da wird es kompliziert, Iranach.“, sagte ich. „Ich werde dir alles erzählen. Aber das würde ich lieber in einer ruhigeren Atmosphäre tun. Ich benötige vielleicht auch die Hilfe deines Gebieters Logar. Aber darüber können wir reden, wenn du alle Fakten kennst. Nur so viel: Wir sollten keine Zeit verlieren!“ „Dann suche dir einen Platz zum landen und aktiviere die Positionslichter deiner Kapsel!“, instruierte sie mich. „Dann finde ich dich schon. Talan wird mich begleiten. Nach allem, was ich hier sehe, sieht deine Kapsel auch etwas mitgenommen aus. Wenn wir dich gefunden haben, wird Talan an deinem Aufenthaltsort verbleiben und die Techniker einweisen, die dann nachkommen werden. Wir beide fliegen zu Logar und du informierst ihn!“ „Sekunde, Iranach.“, sagte ich. „Hast du gerade fliegen gesagt?“ „In der Tat!“, bestätigte die Vendar. „Ich muss dir nämlich auch noch einiges erklären.“ Sie beendete die Verbindung und ich vermied es genauer nachzufragen, denn ihre Stimmlage hatte sich hektisch verändert. Sie schien es plötzlich sehr eilig zu haben.

Die Kapsel senkte sich plötzlich. Data, der ja alles mitgehört hatte, da ich das Sprechgerät auf Lautsprecher geschaltet hatte, musste einen Platz zum Landen gefunden haben. „Ich habe die Positionslichter aktiviert.“, sagte er. „Lassen Sie uns hier warten.“ „Gute Idee.“, sagte ich. „So kann uns Iranach auch besser vom Shuttle aus orten.“ Ich ahnte ja nicht, womit sie wirklich zu uns kommen würde und was das noch für mich bedeuten würde.

Shimar war aus seinem Bett hochgeschreckt. Seit langer Zeit hatte er wieder von mir geträumt. Ich hatte zwar schon länger wieder den Kaffeebecher benutzt, den mir Korelem geschenkt hatte, aber offenbar hatte Benevideas Barriere eine Art Siegel auf unsere Verbindung gelegt, das erst dann gebrochen worden war, als ich im Dunklen Imperium angekommen war. Noch im Halbschlaf hatte er nach seinem Sprechgerät getastet um auf seinem Display die Zeit abzulesen. Dabei war ihm aufgefallen, dass er um ca. eine halbe Stunde verschlafen hatte, was bei ihm nur sehr selten vorkam.

Schnell war er aus dem Bett und unterzog sich ebenso schnell einer Katzenwäsche, bevor er seine Uniform anlegte. Angesprochen zu werden war das Letzte, das er sich jetzt wünschte, aber genau das passierte nun. Über den Simulator im Raum zeigte sich plötzlich der Avatar des Stationsrechners: „Shimar, sind Sie OK?“ „Was?!“

Ihr plötzliches Auftauchen hatte ihn irritiert. „Ja, IDUSA.“, sagte er. „Es geht schon. Ich habe nur verschlafen. Stell dir vor! Ich habe endlich wieder von Betsy geträumt. Ich weiß, dass sie den Becher schon seit einem Monat wieder benutzt, aber seit zwei Nächten habe ich schon nichts mehr von ihr gehört, wenn man so sagen will. Es hat sich angefühlt, als wäre da ein Pflaster oder so etwas.“ „Bestätigt.“, sagte der Rechner. „Sie haben in der letzten Nacht Ihren Neurokoppler getragen und er war angeschlossen. Das war für mich das Zeichen, dass ich die Verbindung zu Ihnen aufrechterhalten sollte. Ich habe Ihren Traum gesehen. Möchten Sie, dass ich Commander Zirell die Daten übermittle?“ „Tu das!“, sagte mein Freund entschlossen. „Ich komme gleich nach.“ „Wenn Sie es so eilig haben Zirell von der Situation zu berichten.“, schlug der Rechner vor. „Dann könnte ich Sie auch in die Kommandozentrale beamen. Sie wären dann genauso schnell bei Zirell wie die Daten.“ „OK.“, sagte Shimar und stellte sich gerade hin. Sofort erfasste ihn IDUSA mit dem Transporter und aktivierte diesen.

Maron und Zirell waren in einer Besprechung vertieft. So hatten sie nicht bemerkt, was sich hinter ihrem Rücken abgespielt hatte. Ihre volle Aufmerksamkeit war auf die virtuellen Bildschirme gerichtet, die der Rechner ihnen vor ihre geistigen Augen projiziert hatte. Hier hatten sie unter anderem auch die von Jenna selbstgeschriebenen Updates für den Interdimensionalen Antrieb von Shimars Schiff gesehen. „Ich finde es gut, dass McKnight die Updates nicht gelöscht hat, Zirell.“, stellte Maron fest. „Dass wir sie gut brauchen konnten, das hast du ja gesehen.“ „Das stimmt.“, nickte die ältere Tindaranerin. „Wir sollten sie auf jeden Fall behalten, falls noch einmal so etwas passiert. McKnight sagt, es sei für sie ein Leichtes, sie jetzt, da sie vorhanden sind, an jede dimensionäre Veränderung anzupassen.“ „Sie ist die Physikerin, Maron.“, sagte Zirell. „Ich werde ihr da bestimmt nicht reinreden. Aber wir sollten mit der Zusammenkunft besprechen, dass die Updates ohnehin nicht gelöscht werden. Das sollte für alle tindaranischen Stationen und Schiffe gelten.“ „Du hast Recht.“, sagte Maron. „Wir sollten sie aber auch unseren Verbündeten zur Verfügung stellen.“ „Darüber werde ich natürlich auch mit Darell sprechen.“, sagte Zirell. „OK.“, meinte der Erste Offizier. „Dann lass uns …“

Aus dem Augenwinkel hatte Maron plötzlich eine Gestalt wahrgenommen, die sich aufgeregt gestikulierend seinem Platz genähert hatte. Er hatte allerdings erst recht spät erkannt, wer da um seine Aufmerksamkeit buhlte. „Shimar!“, rief er aus und warf dem jungen Tindaraner einen tadelnden Blick zu. „Erst kommst du zu spät und dann machst du hier einen solchen Alarm! Verrate mir bitte sofort, was der Grund für dein Verhalten ist!“ „Ich habe von Betsy geträumt!“, stieß er atemlos hervor. „Sie ist im Dunklen Imperium! IDUSA hat meinen Traum gesehen! Sie kann es beweisen! Sie müsste euch die Daten schon gegeben haben.“

Über ihren Neurokoppler hatte Zirell dem Stationsrechner einige Gedankenbefehle gegeben. Dann sagte sie: „Es stimmt, Maron. Hier ist ein Protokoll von Shimars Traum. Betsy befand sich zu dem Zeitpunkt, zu dem es entstanden ist, an Bord einer Rettungskapsel. Data war auch bei ihr.“ „Eine Rettungskapsel!“, rief Maron fast panisch aus. „Mutter Schicksal! Allrounder Scott muss etwas passiert sein! Aber wie soll sie ins Dunkle Imperium gekommen sein?! Haben wir nicht festgestellt, dass sie die Kopie des Föderationsuniversums nicht verlassen kann?!“ „Sie kann sie nicht auf direktem Wege in ihre Heimat verlassen, Maron.“, korrigierte Zirell. „Aber genau wie ihre Kommunikation kann sie anscheinend in jede andere Dimension. Auf diesem Umweg könnte sie zwar auch wieder in ihre Heimat gelangen, aber ich denke, das wird sie nicht tun. Sie weiß viel zu genau, dass es die Kopie dann immer noch gebe und welche Auswirkungen ihre Existenz auf alle anderen Dimensionen hat. Die Konsequenzen sind ihr bewusst, Maron. Wenn sie das nicht wären, dann hätte sie sofort die Wirbel angesteuert und wäre in ihr Universum zurückgeflogen. Aber das hat sie, zumindest demnach, was ich hier sehe, noch nicht einmal in Betracht gezogen.“ „Das muss ich sehen, Zirell!“, sagte Maron. „Oh kein Problem.“, sagte die tindaranische Kommandantin und befahl dem Rechner ihrem Ersten Offizier genau das zu zeigen, was sie auch selbst sah.

Der Demetaner machte ein erleichtertes Gesicht, nachdem die Aufzeichnung geendet hatte. Ihm war nämlich aufgefallen, mit wem ich gesprochen hatte. „Iranach!“, stellte er erleichtert fest. „Wenn sie sich einmischt, wird bestimmt alles gut. Aber ich finde trotzdem, Du solltest deiner Freundin als Verstärkung unter die Arme greifen, Shimar. Nimm dein Schiff und flieg hin. Wer weiß, was du und sie gemeinsam mit Data und Iranach alles ausrichten könnt.“ „Da hast du schon Recht, Maron.“, bestätigte Zirell. „Aber ich finde, er sollte auch Scotty mitnehmen. Der langweilt sich doch sowieso nur im Gästequartier und hält sicher nichts von der Order die Füße stillzuhalten. Er würde sicher genauso gern zur Rettung seiner Frau und der Dimensionen beitragen.“ „Scotty, ach ja.“, erinnerte sich Maron und gab zu: „In meinen Augen gilt er aus irgendeinem Grund immer noch als Zivilist, Zirell. Ich scheine immer wieder zu vergessen, dass auch er eine Ausbildung bei der Sternenflotte genossen hatte und somit das gleiche Recht hat an einer Mission teilzunehmen wie jeder von uns, auch wenn das schon fast 1000 Jahre her ist. Mein Fehler! Tut mir leid.“ Er sah sie verschämt an. „Schon gut, Maron.“, sagte Zirell und warf einen milden Blick zurück in seine Richtung. „Ich kann mir vorstellen, woher das kommt. Schließlich arbeitet er für eine zivile Firma auf Celsius, wenn er nicht gerade durch Zufall in unsere Abenteuer gerät.“ Sie grinste. „Und du bist mit Urteilen manchmal sehr schnell bei der Hand.“

Sie wandte sich Shimar zu: „OK, Shimar. Gib Scotty Bescheid und brecht so schnell wie möglich auf! Ich sage Jenna, sie soll deine IDUSA-Einheit überprüfen.“ „Danke, Zirell!“, strahlte Shimar und verließ lächelnd die Kommandozentrale.

Sein erster Weg führte ihn zum Gästequartier, wo Scotty tatsächlich nervös von einem Bein auf das andere stieg. Er hatte es wirklich satt einfach nur herumzusitzen! Er hatte es so satt! Deshalb versetzte ihn das Geräusch der Sprechanlage auch in große Erleichterung. „Scotty hier!“, sagte er, als er das nächste Mikrofon aufgesucht hatte. „Hey, Kumpel, hier ist Shimar!“, kam es zurück. „Pack deine Sachen! Ich habe das OK von Zirell und Maron. Wir fliegen zu Betsy!“

Scotty war fast das Mikrofon aus der Hand gefallen. „Zu, zu, zu wem?!“, stammelte er. „Aber das geht doch nich‘! Habt ihr denn ganz vergessen, dass wir nich’ in die Dimension, in der sie jetzt is’ …“ „Da ist sie nicht mehr!“, unterbrach ihn Shimar. „Aber ich erkläre dir alles auf dem Flug. Beeil dich bitte! Sie könnte uns sehr brauchen!“ „Na gut.“, sagte mein Mann. „Obwohl ich das nich’ ganz verstehe. Aber du wirst mich schon aufklären, wie ich dich kenne. Es kann sich nur noch um Minuten handeln. Ich bin gleich so weit.“ „In Ordnung.“, sagte Shimar. „Jenn’ muss ja auch noch mein Schiff checken. Das macht sie bestimmt, während du packst. Ich warte.“ Damit beendete er die Sprechanlagenverbindung und Scotty machte sich an das Packen einer kleinen Tasche, die ihm samt ihres Inhalts von IDUSA repliziert wurde, da er ja selbst keine dabei hatte.

Auf der Krankenstation der originalen Granger standen Learosh und seine Vorgesetzte Loridana am Bett ihrer Patientin und beobachteten ihre Fortschritte beim Erwachen. Sie hatten Kissaras Kopie operieren müssen und ihr eine neue frisch replizierte Lunge einsetzen müssen, denn ihre eigene war durch das Vakuum des Weltraums, dem sie temporär ausgesetzt gewesen war, sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Ihre Funktion hatte sie nicht mehr aufrechterhalten können. Deshalb hatte man Kissara eine Gewebeprobe entnommen und auf Basis dieser Daten eine neue Lunge repliziert und sie ihr eingesetzt.

Jetzt kam sie langsam wieder zu sich, was Learosh am Monitor erleichtert zur Kenntnis genommen hatte. Den medizinischen Assistenten hatte aber eine Sache stutzig werden lassen, was auch der Grund dafür war, warum er seine Vorgesetzte zu sich gebeten hatte. „Sehen Sie die Grundfrequenz ihrer Hirnwellen, Scientist Loridana?“, fragte er und deutete auf eine bestimmte Zeile auf dem Schirm. „Der Computer sagt, sie stimmt mit der von Benevidea überein. Wie kann das kommen?“ „Das kommt, weil sie eine Schöpfung von Benevidea ist, Mr. Learosh.“, erklärte Loridana. „Das ist auch das Merkmal, das sie von uns unterscheidet. Holen Sie einen Erfasser und halten Sie ihn bereit. Wenn sie aufwacht, werden wir ihr beweisen müssen, wer wir sind.“ „Aye, Madam.“, nickte Learosh und ging zu dem Regal mit den mobilen Geräten hinüber um den Erfasser aus dem Fach zu holen.

In diesem Augenblick schlug Kissara die Augen auf. Sie war sehr überrascht, in die Gesichter ihrer Ärztin und deren Assistenten zu sehen. Zumindest glaubte sie das. „Was tun Sie noch hier?!“, fragte sie unwirsch. „Ich hatte allen den Befehl erteilt das Schiff zu verlassen!“ Sie sah sich um: „Und was tue ich auf der Krankenstation?“

Sie versuchte sich aufzusetzen, aber Learosh drückte sie sanft, aber bestimmt in die Kissen zurück. „Erschrecken Sie bitte nicht.“, warnte er sie. „Aber was ich Ihnen jetzt sage, könnte unglaublich für Sie klingen. Hier haben Sie einen Erfasser. Damit können Sie für sich selbst meine Worte verifizieren. Zu allererst: Sie befinden sich nicht mehr auf Ihrem Schiff. Dies ist unsere Granger. Ihr Schiff befindet sich in unserem Traktorstrahl. Zumindest das, was noch davon übrig ist. Es ist nur noch ein Haufen Trümmer. Ihnen muss beim Eintritt in unsere Dimension ordentlich was zugestoßen sein. Aber darum kümmern sich die Ingenieure. Sie haben eine neue Lunge. Ihre war zu sehr geschädigt. Sie hatten ein Dekompression-Trauma. Hier! Scannen Sie mich. Sie werden feststellen, dass weder ich noch meine Vorgesetzte Geschöpfe der Kindlichen Göttin Benevidea sind.“

Müde nahm Kissara den Erfasser von Learosh entgegen und begann ihn und Loridana damit zu scannen. Dann scannte sie sich selbst. „Sie haben Recht.“, stellte sie fest. „Sie beide sind keine Geschöpfe der Kindlichen Göttin Benevidea. Also können Sie auch keine Untertanen der Großartigen Königin Sytania sein. Wo bin ich?“ „Sie befinden sich in einem parallelen Universum.“, sagte Loridana. Das entsprach ja auch der Wahrheit. Dass sie eine Kopie war, wollte die Ärztin ihrer Patientin wohlweißlich nicht verraten. Sie wollte sie ja schließlich nicht von einem Schock in den nächsten werfen. „Es ist wahr.“, sagte sie. „Wir sind keine Untertanen Ihrer Großartigen Königin Sytania. Aber den Rest wird Ihnen unser Commander sicher gern erklären. Mr. Learosh, geben Sie auf der Brücke Bescheid! Commander Kissara soll wissen, dass ihr Gegenstück wach ist.“ „Ja, Madam.“, nickte Learosh und ging zur Sprechanlage.

Auch Jannings und Elektra waren der Lösung ihres Rätsels ein gutes Stück näher gekommen. Sie hatten sich den Maschinenraum der kopierten Granger als Ziel für ihren Transport ausgesucht. Jannings dachte sich, dass die Ursache für das Problem wohl am ehesten dort zu finden sein würde.

Bei ihrer Ankunft war es dort schwarz wie die Nacht. Nur die Beleuchtung der Displays der Messgeräte ihrer Raumanzüge und die Lampen auf ihren Helmen warfen Lichtscheine in das Dunkel. Auch Elektra trug einen Raumanzug. Als Androidin benötigte sie zwar keinen Sauerstoff zum Atmen, ihre Systeme durften dem Vakuum aber auch nicht ungeschützt ausgesetzt werden, denn auch bei ihr gab es pneumatische und hydraulische Schläuche, die ohne einen Druckausgleich von außen durchaus platzen konnten. Sie ermöglichten zum Beispiel die Bewegung ihrer Gliedmaßen oder transportierten Schmierflüssigkeiten, ohne die ihre Funktionalität unmöglich war. Von den Auswirkungen der Kälte ganz zu schweigen. Jannings und sie konnten sich nur durch ihre Helmsprechgeräte verständigen.

"Normalerweise beginnt man mit der Wiederherstellung der Lebenserhaltung.“, sagte Jannings. „Aber das können wir hier wohl vergessen, Assistant. Dieses Schiff wird nur noch vom reinen Glück zusammengehalten, wie mir scheint. Ich frage mich, was hier passiert sein kann.“ „Ich denke, ich habe da bereits eine Idee, Sir.“, sagte Elektra und ging zu der Stelle hinüber, an der sich auch auf der originalen Granger der Feldgenerator für den interdimensionalen Antrieb befand. „Wie kommen Sie darauf, Elektra.“, fragte der Terraner. „der Verlust der strukturellen Integrität erfolgte unmittelbar nach dem Eintritt in unsere Dimension.“, sagte Elektra. „Es erscheint mir daher völlig logisch, dass der Grund hier zu suchen ist.“

Sie wartete, bis ihr Vorgesetzter sie erreicht hatte und entfernte dann eine Abdeckung. Was darunter zum Vorschein kam, entlockte George nur ein mitleidiges Stöhnen. „Bestätigt.“, sagte Elektra. „Ich denke, das war einmal ein Feldgenerator für einen interdimensionalen Antrieb.“ „Ja.“, sagte Jannings. „Der ist jetzt aber gut durchgebraten. Woran kann das liegen, Elektra? Wie kann so etwas passieren? Lassen Sie uns mal zusammen überlegen!“

Er trat einige Schritte zurück und kratzte sich am Kopf. Es war schließlich Elektra, die eine Lösung präsentierte: „Widerstand.“, warf seine androide Assistentin kurz ein. „Können Sie sich vorstellen, was geschieht, wenn eine unbändige Kraft auf einen unverrückbaren Gegenstand trifft?“ „Natürlich.“, sagte Jannings, dem es wie Schuppen von den Augen gefallen war. „Die Barriere! Jeder elektrische Widerstand erzeugt Wärme. So wird es hier auch gewesen sein. Ich schätze, mein Gegenstück wird den Befehl erhalten haben, die Sicherheitsprogramme zu umgehen. Deshalb kam es nicht zu einer Notabschaltung, in der das Feld noch kontrolliert deaktiviert werden konnte und das Schiff wieder normal an seinem Ausgangspunkt materialisiert werden konnte. Ich nehme an, die Reste des Feldes haben es noch gerade bis hierher getragen und dann … Das Ergebnis sehen wir ja.“ Elektra nickte. Dann fügte sie hinzu: „Ich finde das unverantwortlich von dieser Kissara, wenn Sie mich fragen.“ „Ich auch.“, sagte Jannings.

Er zog sein Sprechgerät und ließ sich und Elektra vom Computer zurück auf die originale Granger beamen. Hier würden sie ihrem Commander von den Dingen berichten, die sie an Bord der Kopie vorgefunden hatten.

Auf der Brücke hatten sich Mikel und Kissara über die jüngsten Vorkommnisse unterhalten. „Denken Sie, es war richtig Ihre Kopie auf unser Schiff zu holen, Commander?“, fragte Mikel. „Die Situation, in der sie sich befindet, könnte sie doch sehr verwirren.“ „Das ist mir klar, Agent.“, sagte Kissara. „Aber was wollte sie in unserem Universum? Ihr Lebenszeichen war das einzige an Bord. Sie kann also Scott nicht zurückbringen gewollt haben. Mr. Kang, sind die Rettungskapseln noch vorhanden?“ „Soweit ich das beurteilen kann, sind sie es nicht, Madam.“, antwortete der Klingone. „Aber da das ganze Schiff wie ein einziges Puzzle aussieht, dessen Teile man ungeordnet auf einen Haufen gelegt hat, vermag ich es nicht wirklich zu beurteilen.“ „Schon gut, Warrior.“, hakte Mikel ein. „Vielleicht kann uns ja die Kopie des Commanders einige Fragen beantworten.“

Wie auf Stichwort piepte plötzlich die Sprechanlage. „Kissara hier.“, beantwortete diese den Ruf von ihrer Konsole aus. „Commander, hier ist Scientist Loridana.“, kam es zurück. „Ihr Gegenstück ist wach. Ich musste sie operieren. Ich musste ihr eine neue Lunge einsetzen. Aber jetzt ist sie schon wieder so weit, dass man sie vernehmen könnte, wenn es notwendig wäre.“ „Oh ja, Scientist.“, sagte Kissara. „Es ist sogar sehr notwendig…“

Ribanna hatte die Hand gehoben. „Ja, Allrounder.“, sagte Kissara, deren scharfem Katzenblick das nicht entgangen war. „Die Techniker sind auch zurück.“, meldete die junge Indianerin. „Mr. Jannings und seine Assistentin sagen, sie müssen Ihnen dringend etwas erklären.“

„Es wird am besten sein, ich gehe in den Maschinenraum und Sie auf die Krankenstation.“, bot Mikel an. „Dann sieht Ihre Kopie zumindest ein bekanntes Gesicht.“ „Sehr gut, Agent.“, lobte Kissara. Dann wandte sie sich Ribanna zu: „Sie haben die Brücke, Allrounder. Danach standen sie und ihr Erster Offizier auf und verließen gemeinsam die Brücke um sich erst bei den Turbolifts zu trennen.

Data hatte die Kapsel gelandet und er und ich waren ihr entstiegen. Irgendwie war es recht kalt hier. Die sommerliche Atmosphäre, die ich im Dunklen Imperium auf Logars Seite eigentlich gewohnt war, war nicht mehr zu spüren. Ich führte dies auf die interdimensionalen Störungen zurück. Deshalb dachte ich mir auch, dass wir uns mit der Entwicklung und Ausführung eines Plans vielleicht sehr beeilen mussten.

„Haben Sie die Positionslichter aktiviert?“, fragte ich an Data gewandt, der mich ein Stück von der Kapsel weggeführt hatte. „Das habe ich, Allrounder.“, antwortete der Androide. „Dann ist ja gut.“, sagte ich erleichtert. „Dann wird Iranach uns bestimmt leicht …“

Ich konnte meinen Satz nicht beenden, denn ein Geräusch hatte meine gesamte Aufmerksamkeit an sich gebunden. Eigentlich waren es mehrere Geräusche, die sich immer wieder wiederholten. Diese Geräusche hatten mich auch unwillkürlich meinen Kopf nach hinten werfen und nach oben deuten lassen. „Was hören Sie?“, fragte Data, an dessen Ohren die Geräusche offenbar noch nicht gedrungen waren. Vielleicht hatte er sie aber auch als nicht relevant erachtet und mit Absicht ignoriert. „Es macht flapp.“, beschrieb ich. „Dann ist einige Sekunden lang Pause und dann macht es wieder flapp. Es klingt wie der Flügelschlag eines großen fliegenden Tieres. Einen Vogel schließe ich aber aus. Bei denen macht es eher flatter und nicht flapp. Die Pausen zwischen den einzelnen Flapps lassen mich auch auf ein Wesen schließen, das des Gleit- oder Segelfluges mächtig ist. Das Flapp lässt mich auch eher ein Wesen mit großen Flughäuten als Flügel vermuten, wie sie zum Beispiel Fledermäuse besitzen. Aber es muss eine sehr große Fledermaus sein.“

Auch Data hob den Kopf und suchte den Himmel optisch ab. Die Dinge, die ich ihm berichtet hatte, mussten bei ihm bereits als Suchparameter angekommen sein. Dann sagte er plötzlich: „Faszinierend! Sie haben nur anhand Ihrer akustischen Eindrücke mir gerade genau das Wesen beschrieben, das ich jetzt auf uns zukommen sehe. In der Tat bewegt sich über uns in der Luft ein Wesen, das die Flügelspannweite eines Kleinflugzeugs besitzt. Es hat Hufe wie ein Pferd, einen recht stromlinienförmigen Körper und einen flachen Kopf wie eine Fledermaus. Die Länge seiner Beine lässt ein Stockmaß von 1,64 m im Stand vermuten. Im Augenblick hat es die Beine allerdings angewinkelt. Ich schließe daraus, dass es landen will oder besser soll. Es trägt nämlich einen Sattel mit zwei Sitzen und wird von Iranach und ihrem Novizen Talan geritten. Außer dem Sattel trägt es einen Ring um den Nacken, von dem …“ „Halt, Data!“, unterbrach ich ihn. „Bitte nicht so viele Informationen auf einmal. „Ich werde mir das am besten gleich selbst ansehen, wenn sie gelandet sind.“ „OK.“, sagte der Androide. „Die Informationen über die Fellfarbe des Wesens habe ich übrigens mit Absicht weggelassen, da sie für Sie ohnehin uninteressant wäre.“ „Verstehe.“, sagte ich und grinste. „Sie wollten meine Systeme nicht mit irrelevanten Daten blockieren.“

Die Abstände zwischen den einzelnen Flapps waren größer geworden und ich vermutete, dass das Wesen jetzt bereits langsamer flog. Das musste es ja tun, wenn es sanft landen wollte. Auch einen Luftzug spürte ich jetzt. Die Situation war mir so unheimlich, dass ich erneut Datas Arm fasste. „Sie tun gut daran dies zu tun.“, sagte er. „So kann ich Sie stützen, falls Sie sich gleich aufgrund der unbekannten Situation erschrecken sollten. Das Wesen wird vermutlich den Boden leicht erschüttern und wir müssen vielleicht sogar ausweichen. Das können wir viel besser, wenn Sie Körperkontakt zu mir halten.“ „Das dachte ich mir genauso.“, erwiderte ich.

Das Wesen war neben uns gelandet. Tatsächlich hatte sein Aufkommen eine leichte Erschütterung im Boden verursacht. Aber die war nicht schlimmer gewesen als die von einem Pferd, das nach dem Sprung über ein Hindernis wieder auf dem Boden gelandet war. Das hatte ich ja schon oft gehört und deshalb machte es mir auch nichts aus.

Ich bekam mit, wie Iranach und Talan dem Sattel entstiegen und Talan führte das Wesen an einem langen Strick, der offenbar an dem Ring um den Nacken befestigt war, wie ich später herausfinden sollte, zu einem in der Nähe stehenden Baum um es dort anzubinden. Iranach kam inzwischen auf Data und mich zu und sprach mich an: „Betsy El Taria, du glaubst gar nicht wie froh ich bin zu sehen, dass es dir gut geht. Es waren die abenteuerlichsten Gerüchte über dich im Umlauf. Aber wie ist es dir eigentlich gelungen die Dimension zu verlassen?“ „Ich kann offenbar überall hin, außer direkt in meine Heimat, Iranach.“, erklärte ich. „Sicher könnte ich so auch nach Hause, denn ich hätte ja mit meiner Kapsel einfach die Weltraumwirbel ansteuern und wegfliegen können. Aber die Dimension würde dann noch weiter existieren und die anderen in ein ziemlich gemeines Ungleichgewicht bringen, soweit ich das verstanden habe. Das kann ich nicht zulassen. Das habe ich jemandem versprochen. Was sagt dein Gebieter dazu?“ „Logar El Imperia ist der gleichen Meinung wie du.“, sagte die Vendar. „Benevideas Schöpfung hat nämlich auch dafür gesorgt, dass es ein Problem zwischen Sytania El Imperia und ihrem Vater gibt. Du weißt vielleicht, dass sie ihren Vater gern für all ihre Probleme verantwortlich macht, auch dann, wenn er es gar nicht ist. Deshalb hat sie ihr Schloss als Machtdemonstration mittels ihrer geistigen Kräfte in die Höhe gehoben. Mein Gebieter wollte das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und hat seinerseits das Gleiche auch mit seinem Schloss getan. Das kostet ihn natürlich sehr viel mentale Energie, wie du dir sicher denken kannst. Die müssen wir ihm natürlich von anderen Telepathen besorgen. Wir sind da vorsichtig. Aber Sytanias Vendar, für die das natürlich auch gilt, sind da skrupellos. Sie werden …“ „Oh ich kann es mir denken, Iranach.“, sagte ich. Aber ich denke, da kann ich euch helfen. Wir müssen Sytania und Logar erklären, was hier Sache ist. Wenn dein Herr in meinen Geist schaut, wird er die Beweise dort finden. Für Sytania habe ich einen anderen Vorschlag. Bring mich aber erst einmal zu Logar. Wenn ich dir geholfen habe, dann kannst du hoffentlich auch mir helfen. Aber die Sache mit den fliegenden Schlössern erklärt natürlich auch dein fliegendes Reittier. Du hättest sicher auch mit einem Schiff kommen können, aber das wäre sicher Energieverschwendung gewesen.“ „In der Tat.“, pflichtete sie mir bei. „Raumschiffe eignen sich besser für die Überwindung weiterer Strecken.“

Sie gab mir ihre weiche pelzige Hand und führte mich auf den Baum und das Wesen zu. „Ich möchte, dass du jemanden kennen lernst.“, sagte sie und führte meine freie Hand an das Fell des Tieres. Dieses war sehr dicht. Es bestand aus kurzen weichen Haaren, die mich in ihrer Weichheit an die Federn einer ausgestopften Gans erinnerten, die ich einmal angefasst hatte. Das Wesen drehte ob meiner Berührung sofort seinen Kopf an seinem kurzen runden Hals in meine Richtung und seine weiche warme Nase beschnupperte mich. „Hi.“, sagte ich leise und freundlich. „Wie weich bist du denn?! Ich bin die Betsy und wie heißt du?“ „Sein voller Name lautet Reshan Venid.“, antwortete Talan, der seine Hand unterhalb des Rings am Strick platziert hatte. Offenbar wollte er eine zu ungestüme Begrüßung verhindern.“ „Bruder der Winde.“, übersetzte ich. „Klingt sehr poetisch.“ „Du sprichst Vendarisch?!“, staunte der Novize. „Einige Worte.“, sagte ich bescheiden. „Das gehört zu meiner Ausbildung zur Kommunikationsoffizierin dazu. Ich sollte mindestens die Grundbegriffe der Sprache eines neuen Alliierten kennen. Ich muss dazu regelmäßige Fortbildungen besuchen. Aber sein Rufname ist sicher nicht so kompliziert. Er ist ein Tier. Die können sich allerhöchstens Namen aus zwei Silben merken und sie auf sich beziehen, soweit ich weiß. Ich bin ja auch Hobbyverhaltensforscherin. Nicht wahr, Reshan?“ Das Wesen hatte tatsächlich eines seiner runden Ohren in meine Richtung gewandt, als ich Reshan gesagt hatte. Dann war seine lange weiche warme nasse Zunge aus seinem recht langen spitzen Maul hervorgetreten und hatte meine Hand abgeleckt. „Er mag dich.“, sagte Talan. „Wir nennen seine Rasse übrigens Evrolid. Dafür gibt es keine Übersetzung. Sie leben in den Bergen. Lass dich aber bitte nicht täuschen. Trotz ihrer Ähnlichkeit mit irdischen Fledermäusen sind sie tagaktiv. Wir Vendar wissen seit Jahrhunderten, wie man sie zähmt. Sein Fell ist übrigens grau.“ „Die Information hättest du dir schenken können!“, tadelte ihn Iranach. „Sie interessiert Betsy El Taria nicht!“ „Bitte, Iranach.“, sagte ich. „Das konnte er doch nicht wissen.“ Dann scherzte ich: „Aber noch mal zu Reshan zurück. Er könnte auch deshalb tagaktiv sein, weil seine Mutter vermutlich ein Pferd war.“ „Iranach musste lachen. „Nein, Betsy El Taria!“, rief sie aus und klopfte sich auf die Schenkel. „Sie sehen zwar aus wie eine Mischung aus Fledermaus und Pferd, sind es aber nicht! Nein, allein die Vorstellung der Paarung! Oh ihr Götter, helft mir!“ Auch Talan musste lachen, aber das war ja auch genau das, was ich mit meinem Scherz auslösen wollte. Die von mir heimlich angefertigten Scans mit dem Erfasser hatten längst bestätigt, dass dieses Wesen weder die DNS eines Pferdes noch die einer Fledermaus, sondern eine ganz eigene hatte.

Ich löste meine Hand aus der ihren und fasste nun mit beiden Händen das weiche Fell von Reshan an. Dabei tastete ich mich an seinem Körper entlang. Dies schien ihn nicht zu stören. Er schien es sogar zu genießen. Jedenfalls wiesen seine Lautäußerungen, ein tiefes wohliges Grunzen im Wechsel mit einem ebenso lauten Schmatzen, daraufhin. „Er liebt es gestreichelt zu werden.“, erklärte Iranach. „Deine Handbewegungen sind für ihn wahrscheinlich genau das.“ „Das denke ich auch.“, antwortete ich, die ich inzwischen beim Sattel und dem Ring, den Reshan um den Nacken trug, angekommen war und mir auch diese Dinge genau im wahrsten Sinn des Wortes begreiflich machte. Der Sattel bestand aus einem mit Leder überzogenen Gestell, das mit einem breiten Gurt um den Bauch von Reshan fixiert war. Es gab zwei hintereinander liegende Sitze. Vor beiden Sitzen befanden sich jeweils zwei große Handgriffe. An den Seiten des Sattels gab es Fußschlaufen, die mit einem System aus Ösen und Haken in ihrer Höhe verstellt werden konnten. Dieses System reichte aber nur bis zu Reshans Bauch. Ich schloss daraus, dass man wohl mit leicht angewinkelten Beinen reiten würde um durch herunterhängende Beine keinen zu hohen Luftwiderstand zu bieten. Auch den Ring, der um seine Schultern lag, schaute ich mir an. Das Leder, mit dem das Metall umfasst war, war unterfüttert. Der Ring war durch zwei Riemen, einer unten und einer oben, durch Schnallen mit dem Sattel verbunden. Auf Höhe von Reshans Flügeln, die links und rechts aus den Schulterblättern gewachsen waren, gingen von ihm aber auch zwei Paar dünne Stangen ab, an denen eine Art Bürsten befestigt waren, deren Borsten jeweils der Flughaut zugewandt waren. Eine für oberhalb und eine für unterhalb der Flughaut. Damit konnte man prima kitzeln, fiel mir auf. Die Borsten waren sehr weich. Zum Putzen eigneten sie sich also wohl nicht. An der Oberseite des Rings gab es außerdem zwei Handschlaufen, die dem Griff des vorderen Sitzes zugewandt waren. Vielleicht hatte dieser Ring etwas mit der Art und Weise zu tun, wie das Wesen gelenkt wurde.

„Hast du dich informiert, Betsy El Taria?“, fragte Iranach. Ich nickte. „Gut.“, sagte die Vendar. „Talan, du wirst mit Data El Omikron-Theta hierbleiben und die Techniker einweisen, die sich um das Schiff kümmern werden. Sie sind ja bereits unterwegs. Ich habe ihnen unsere Position gegeben. Betsy El Taria und ich reiten zum Schloss!“ „Ja, Ausbilderin.“, nickte der Novize.

Iranach gab fest, aber nicht zu streng, ein Kommando in Vendarisch von sich, auf welches hin sich Reshan in eine Hockstellung begab. Dann fasste ich den hinteren Griff und stellte meinen linken Fuß in die linke Fußschlaufe um mich dann hochzuziehen. Da sein Rücken mir sozusagen entgegengekommen war, fiel mir das recht leicht. So landete ich auf dem hinteren Sitz und stellte auch meinen rechten Fuß in die Schlaufe. „Du begreifst schnell!“, lobte Iranach, während sie es mir gleichtat und den vorderen Platz einnahm. Dann schnalzte sie und tat auch etwas mit den Schlaufen an dem Ring, wie ich durch die Geräusche vermutete. Ich würde aber bei Gelegenheit genauer nachfragen. Jetzt spürte ich nur, wie sich das Wesen abdrückte und sich in die Luft erhob. Wir winkten Data und Talan noch zu, bevor wir in Richtung von Logars Schloss abdrehten.

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