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Kissara hatte die Krankenstation ihres Schiffes betreten. Gleich am Eingang war sie allerdings von Loridana aufgehalten worden: „Oh, Commander! Ich hatte eigentlich gehofft, dass Agent Mikel diese Aufgabe übernimmt.“ „Warum, Scientist?“, fragte die Thundarianerin irritiert. „Hat mein Gegenstück etwa ein Verbrechen zu gestehen?“ „Nein, das nicht.“, sagte die Medizinerin. „Ich befürchte allerdings, sie könnte angesichts Ihrer Person etwas verwirrt sein.“ „Das ist vielleicht genau das, was wir benötigen, Loridana.“, erklärte Kissara. „Laut Scotts Daten ist die Kissara in der kopierten Dimension eine überzeugte Royalistin. Sie ist von ihrer so genannten Großartigen Königin Sytania so überzeugt, dass sie im Normalfall nichts neben ihr gelten lässt und uns mit Sicherheit nicht zuhören würde, würden wir versuchen sie zu überzeugen. Etwas Verwirrung kann da manchmal wahre Wunder wirken. Dem müssten Sie aufgrund Ihrer Ausbildung eigentlich zustimmen können.“ „Das kann ich auch.“, sagte Loridana. „Manchmal muss man einen Patienten erst aus seiner geistigen Festung holen um mit ihm arbeiten zu können und das mit der Festung meine ich sehr wörtlich. Wenn Scotts Daten richtig sind, dann ist diese Kissara, die dort auf dem Biobett liegt, in ihrer Überzeugung gefangen wie in einer Festung, da die Überzeugung auch sehr fest ist. Aber von was wollen wir sie eigentlich überzeugen, Madam? Verstoßen wir nicht gegen alle Prinzipien der Föderation und somit auch der Sternenflotte, wenn wir ihr vom Dunklen Imperium und der anderen Sytania erzählen?“ „Im Normalfall sicher, Loridana.“, sagte Kissara. „Im Prinzip haben Sie Recht. Sie ist eine Frau aus einer fremden Dimension und wir dürfen unsere Geheimnisse nicht einfach mit jedem teilen. Aber andererseits greift das hier nicht, weil sie über die gleiche Technologie verfügt wie wir. Nur ihr Glaube, ihre so genannte Großartige Königin Sytania sei die Einzige ihrer Art, ist falsch. Wir dürfen auch Scott nicht vergessen, Scientist. Sie muss die Kopie zerstören und schafft das vielleicht nicht allein. Wir müssen ihr vielleicht entgegenkommen. Das bedeutet, ich werde den Glauben meines Gegenstücks wohl erschüttern müssen. Man sagt, die Wahrheit sei das erste Opfer eines jeden Krieges, Loridana. Ich aber beabsichtige sie zu einer Waffe zu machen.“ „Sie meinen, wir beweisen Ihrem Gegenstück, das es Sytania im Dunklen Imperium tatsächlich gibt und dann schicken wir sie mit diesem Wissen zurück. Sie gibt es an ihre Sytania weiter und Sie hoffen, dass die dann so eifersüchtig wird, dass sie mit der originalen Sytania kämpfen will und …“ „Richtig!“, schnurrte Kissara.

„Es gibt das Risiko, dass sich beide gegenseitig neutralisieren.“, sagte Kissara auf den Ansatz der Medizinerin noch etwas zu sagen. „Aber ich vertraue da ganz auf Scott und Data. Ich bin sicher, sie finden das Kraut, das dagegen gewachsen ist. Sie sind beide sehr gut darin Verbindungen aufzubauen. Beide wissen genau, welche Fragen sie wem stellen müssen. Sie werden das hinbekommen. Aber wir müssen auch unseren Teil erfüllen. Laut der letzten Mail von den Tindaranern sind Betsy und Data im Dunklen Imperium. Da gibt es die Vendar. Die sind und waren seit Jahrtausenden die Elitekrieger der Mächtigen. Scott und Data wissen beide, dass die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass Iranach oder einer ihrer Untergebenen ihnen helfen können. Wenn die Vendar die Geheimnisse der Mächtigen nicht kennen, wer kennt sie dann? So und nun möchte ich gern zu Ihrer Patientin, Scientist!“

Loridana winkte ihrem Assistenten, der Kissara zu dem Biobett führte, auf dem ihre Kopie im Halbschlaf lag. Leise sprach Learosh sie an: „Commander Kissara, Sie haben Besuch.“ Dann trat er einige Schritte zurück und ließ Kissara vor sich treten.

Diese beobachtete nun, wie sich ihr Gegenstück langsam umdrehte und einen Laut des Erschreckens von sich gab. Kissara aber bewegte nur langsam ihre Augenlieder auf und ab. Dies war auch bei irdischen Katzen das Signal für: „Ich komme in Frieden.“, und dies hatten auch die Thundarianer in ihre Sprache übernommen. „Bitte erschrick nicht.“, schnurrte Kissara ihrem Gegenstück zu. „Ich kann mir denken, dass dir die Situation ziemliche Kopfschmerzen bereiten muss. Du befindest dich auf meinem Schiff und das fliegt durch mein Heimatuniversum. Durch meines und durch das von Allrounder Scott, die du bestimmt kennen gelernt hast. Wir haben dein Schiff gefunden und dich gerettet. Die andere Granger sah ziemlich mitgenommen aus. Meine Ingenieure kümmern sich darum. Aber es gibt einige Fragen, die vielleicht nur du mir beantworten kannst. Meine erste Frage lautet zum Beispiel: Was habt ihr hier in meiner Heimat gewollt?“

Die Fremde warf Kissara einen skeptischen Blick zu. Sie konnte immer noch nicht verstehen, was hier eigentlich gerade passiert war und von Kissaras Geschichte hielt sie ziemlich wenig. Aber da alles nur dann irgendwie einen Sinn zu ergeben schien, wenn sie deren Wahrheitsgehalt zumindest in Betracht zog, sagte sie schließlich: „Na gut. Ich werde mal versuchen dir zu glauben, Kissara. Deshalb werde ich dir deine Frage auch beantworten. Mein Agent Mikel fand, dass dein Universum ein sehr guter Zugang zu einer Dimension wäre, in der es angeblich eine Person gibt, die genauso mächtig ist wie unsere Großartige Königin Sytania. Stell dir das mal vor! Dabei ist jeder von uns doch so erzogen, dass Sytania die absolut Mächtigste ist!“ „Nun, dann werde ich dir helfen die Wahrheit herauszufinden.“, sagte Kissara.

Damit zog sie ihr Sprechgerät und gab das Rufzeichen von Ribannas Arbeitsplatz ein um ihr zu befehlen: „Allrounder, setzen Sie Kurs in Richtung Weltraumwirbel!“ „Sofort, Madam.“, antwortete die junge Indianerin und führte Kissaras Befehl aus.

„Jetzt wirst du bald sehen, ob die Gerüchte der Wahrheit entsprechen.“, sagte Kissara wieder zu der anderen Kissara. „Ich danke dir, Kissara.“, antwortete die Fremde und sank in die Kissen Zurück um dort sofort einzuschlafen. Irgendwie vertraute sie ihrem Gegenstück. Das war vielleicht auch ihrem momentanen geschwächten körperlichen Zustand geschuldet. Dass sie damit allerdings fleißig am Sarg ihrer so genannten Großartigen Königin Sytania zimmerte, ahnte sie nicht.

Unter den interessierten Blicken ihres Vorgesetzten hatte Elektra im Maschinenraum der Granger damit begonnen etwas aufzubauen. Sie hatte drei Tische aufgestellt. Auf zweien von ihnen hatte sie Modelle der Granger platziert. Eines davon war aus Holzklötzen zusammengesetzt, die ohne wirkliche Verbindung einfach nur aufeinandergestapelt waren. Das zweite Modell jedoch war aus Bausteinen, die mittels einer Verbindung aus Löchern und Noppen zusammengehalten wurden. Dies war einem im 21. Jahrhundert noch sehr gut bekannten Kinderspielzeug nachempfunden. Der dritte Tisch war leer.

Jannings hatte sich die Konstruktion seiner Assistentin jetzt sehr genau angesehen. „Was beabsichtigen Sie damit, Elektra?“, fragte er. „Nun, ich denke, dass wir hiermit sehr gut in der Lage sein werden den Brückenoffizieren zu erklären, was auf der anderen Granger geschehen ist.“, antwortete die Androidin. „Ich denke speziell an die Situation, falls Agent Mikel derjenige sein wird, der uns bezüglich dessen besucht. Allrounder Scott und er müssen aufgrund ihrer kleinen Behinderung die Dinge oft im wahrsten Sinne des Wortes mit ihren Händen begreifen um sie zu begreifen. Mit graphischen Schemata auf Bildschirmen können sie nichts anfangen, auch wenn ihre Hilfsmittel ihnen diese sicher beschreiben könnten. Aber sie haben nicht die technische Ausbildung, über die wir verfügen. Das ist mit ein Grund, aus dem ich die Erklärung mit Hilfe von Modellen favorisiere. Aufgrund ihrer Ausbildung hätte ich aber bei Commander Kissara nicht anders agiert. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass sie den Agenten schicken wird, denn sie wird ihr Gegenstück wohl selbst zu der Situation vernehmen wollen, wie ich vermute.“ „Verstehe.“, sagte Jannings. „Sehr gut, Assistant!“

Die Tür zum Maschinenraum, die Elektra die gesamte Zeit über im Blick hatte, öffnete sich und so fiel ihr Blick auf Mikel, der gerade im Begriff war den Raum mit Hilfe seines Taststocks zu betreten. „Bitte warten Sie, Sir!“, rief sie ihm freundlich, aber bestimmt zu. „Dieser Arbeitsplatz ist nicht ungefährlich für Sie, zumal ich einiges verändert habe. Bitte bleiben Sie stehen. Ich werde Sie abholen!“ „In Ordnung, Technical Assistant.“, gab Mikel zurück und stellte seinen Stock aufrecht vor sich hin, wie er es gelernt hatte um sein Warten anzuzeigen.

Elektra drehte sich in seine Richtung und machte sich zu ihm auf den Weg. Dann stellte sie sich neben ihn und sagte: „So, hier bin ich, Agent.“, bevor sie ihm ihren angewinkelten rechten Arm hinstreckte: „Kommen Sie.“ „Sie sagten, Sie hätten einiges verändert, Elektra.“, sagte Mikel, während er sich bei ihr einhakte und beide ihren Weg zu Elektras taktilem Schaubild antraten. „Das zeige ich Ihnen jetzt.“, sagte sie und führte Mikels freie Hand auf den ersten Tisch. Dann führte sie ihn zu dem zweiten und dem dritten Tisch.

Mikel hatte sich bald alles genau betastet. „Was wollen Sie mir damit zeigen, Technical Assistant?“, fragte er. „Nun, Sir.“, begann sie. „Mein Vorgesetzter und ich gehen davon aus, dass der Generator für den interdimensionalen Antrieb auf der anderen Granger durchgebrannt ist. Der Grund dafür könnte sein, dass sie auf Benevideas Barriere getroffen ist, solange Scott noch an Bord war. Laut ihrer letzten Nachricht ist sie das aber nun nicht mehr. Das hat dem Schiff wohl den Eintritt in unsere Dimension ermöglicht. Ihre Freundin hat es irgendwie ins Dunkle Imperium geschafft. Aber das ist für unsere Situation jetzt nebensächlich.“

Sie führte Mikel wieder in die Mitte zwischen die Tische. „Meinen Sie, es war nur noch der Rest eines Feldes Vorhanden, als die andere Granger in unsere Dimension eintrat?“, fragte Mikel. „Genau das meine ich.“, sagte Elektra. „So ein Rest kann nicht dafür sorgen, dass die erneute Anpassung an unsere Dimension reibungslos gelingt. Sie wissen, ein interdimensionaler Antrieb funktioniert ähnlich wie ein großer Transporter. Nur werden bei der Materialisierung alle Werte der Zieldimension angepasst. Der Verlust der strukturellen Integrität ist die unausweichliche logische Folge, wenn das nicht funktioniert. Ich werde versuchen es Ihnen zu verdeutlichen. Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien ein Antriebsmodul für den interdimensionalen Antrieb. Ihr Gehirn ist der Rechner und Ihre Hände sind die Spulen. Die Tische, auf denen die Schiffe jetzt stehen, sind Dimensionen, aus denen sie kommen und der leere Tisch ist eine Dimension, die sie anfliegen sollen. Welches der beiden Schiffe wird Ihrer Ansicht nach dort heil ankommen, wenn Sie es bewegen? Sie dürfen ruhig ausprobieren.“

Mikel betastete noch einmal beide Schiffe und drehte sich dann entschlossen dem aus den miteinander verbundenen Steinen zu um es auf den dritten Tisch zu tragen. „Interessant.“, bemerkte Elektra. „Sie haben das andere Schiff noch nicht einmal in Betracht gezogen. Warum nicht?“ „Ich kann mir denken, dass Sie mir gerade eine Fangfrage gestellt haben, Technical Assistant.“, sagte Mikel. „Aber ich werde Ihnen gern erklären, warum ich das andere Schiff nicht wollte. Bei der kleinsten Bewegung wäre es zusammengefallen und hätte sozusagen seine strukturelle Integrität eingebüßt. Als Rechner eines interdimensionalen Antriebs hätte ich den Dienst verweigern müssen und eine Fehlermeldung herausgeben müssen. Es sei denn, jemand würde meine Sicherheitsprogramme umgehen.“ „OK.“, sagte Elektra. „Prüfen wir Ihre Theorie. Stellen Sie sich jetzt bitte vor, jemand hätte Ihre Sicherheitsprogramme umgangen.“ „Gut.“, sagte Mikel und begab sich zu dem Tisch, auf dem das Schiff aus aufgeschichteten Holzklötzen stand. Elektra hatte es vorsichtshalber in eine Kiste gestellt und Mikel würde gleich auch sehen, warum sie das getan hatte. Kaum hatte er die Kiste nämlich angehoben, da fiel es krachend in sich zusammen. Erschrocken stellte er die Kiste wieder hin. „Bitte entschuldigen Sie, Sir.“, sagte Elektra freundlich. „Es lag nicht in meiner Absicht Sie zu erschrecken.“ „Entschuldigung angenommen, Technical Assistant.“, sagte Kissaras Erster Offizier förmlich. „Ich hätte mit dem Krach rechnen müssen.“

Seine Hände glitten über den Trümmerhaufen in der Kiste. „Ich nehme an, das Gleiche ist mit der Granger da draußen auch passiert.“, sagte er. „Korrekt.“, bestätigte Elektra. „Mit dem einzigen Unterschied, dass die Trümmer, hätten wir die andere Granger nicht im Traktorstrahl, sich früher oder später aus ihrem lockeren Verbund lösen und quer durch den Raum treiben würden. Jetzt allerdings haben wir sie sicher.“ „Genau wie in dieser Kiste.“, sagte Mikel. „Ich denke, ich habe verstanden, was da drüben geschehen ist. Sie können ebenfalls sehr gut erklären, Elektra. Aber unter uns, Ihre Methode hat mich gerade sehr an die von Allrounder Scott erinnert. Sie erklärt auch oft Dinge auf außergewöhnliche Weise.“ „Bestätigt.“, sagte Elektra. „Aber die Methoden des Allrounders haben sich oft genug als sehr effizient herausgestellt. Warum sollte ich also etwas nicht übernehmen, das so effizient ist?“ „Das stimmt allerdings.“, stimmte Mikel zu.

Er wandte sich zum Gehen: „Ich werde dem Commander die Ergebnisse mitteilen und mich mit ihr austauschen. Dann werden wir gemeinsam über das weitere Vorgehen beraten.“ „In Ordnung, Agent.“, sagte Elektra. „Ich werde Sie aber noch zur Tür begleiten.“ „Tun Sie das.“, sagte Mikel und hakte sich wieder bei ihr ein. So gingen sie gemeinsam zum Ausgang, wo sie sich voneinander verabschiedeten. Elektra kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück und Mikel ging wieder auf die Brücke.

Mit großer Verärgerung saß die originale Sytania in ihrem Schloss vor ihrem Kontaktkelch und sah hindurch. So war sie auch Data und mir ansichtig geworden. „Scott!“, zischte sie. „Die hat mir gerade noch zu meinem Unglück gefehlt! Und offenbar hat sie sich auch noch mit Iranach getroffen. Das wird wohl bedeuten, dass sie zu meinem Vater will. Ich frage mich, was die zwei wohl zusammen aushecken werden. Am Ende hat sie geheime Befehle von der Sternenflotte und Logar soll mich weiter piesacken, indem er sein Schloss vielleicht noch höher hebt. Aber wie ist sie aus der Dimension entkommen?“

Telzan hatte sich seiner Herrin genähert. Der Vendar hatte gespürt, dass Sytania von etwas umgetrieben wurde. „Kann ich Euch helfen, Gebieterin?“, fragte er und hielt einen ehrfürchtigen Abstand. „Das kannst du vielleicht tatsächlich.“, sagte die imperianische Königstochter. „Komm näher und schaue mit mir durch den Kelch.“ „Ja, Herrin.“, sagte der Vendar und trat an den kleinen Audienztisch heran, an dem auch Sytania saß. Dann setzte er sich rechts neben sie auf einen Stuhl, legte seine rechte Hand auf den Fuß des Kelches und gab die linke Hand in Sytanias rechte.

Auch der Vendar verzog skeptisch das Gesicht, als er meiner ansichtig wurde. „Was kann sie vorhaben, Telzan?“, fragte Sytania. „Du bist mein bester Stratege, Telzan. Du müsstest mir das eigentlich beantworten können. Ich werde nicht so töricht sein und selbst in ihrem Geist nachsehen. Sie steht immer noch unter dem Schutz dieses Tindaraners und der kann, obwohl er vielleicht geistig lange nicht so stark ist, mir doch manchmal schon sehr gefährlich werden. Das werde ich nicht riskieren.“ „Kraft ist eben nicht immer alles, Milady.“, sagte der Vendar beruhigt, denn er hatte schon befürchtet, Sytania könnte aufgrund ihrer Machtgier und ihrer Ungeduld schon wieder einen Fehler machen. Er dankte jedem seiner Götter einzeln dafür, dass sie dies verhindert hatten, wie er glaubte.

Telzan überlegte eine Weile. Nachdem er alle Eventualitäten seiner Meinung nach in Betracht gezogen hatte, sagte er: „Meiner Ansicht nach, Hoheit, halte ich es für wahrscheinlich, Dass sie Euren Vater besuchen will um das Problem mit der Dimension, die Benevidea geschaffen hat, zu lösen. Sie will sich bestimmt nicht in den internen Konflikt zwischen Euch und Eurem Vater einmischen. Sie ist immerhin Offizierin der Sternenflotte und die haben ein eisernes Gesetz, an das sie sich alle halten. Gerade Betsy El Taria hält sich oft buchstabengenau daran. Habt Ihr Euch die Dimension eigentlich schon einmal genauer angesehen?“ „Das kann ich nicht, Telzan!“, sagte Sytania. „Jemand oder etwas hindert mich daran. Es mag daran liegen, dass sie von einem Einhorn erschaffen wurde, das anscheinend nicht wollte, dass ich hineinsehe. Aber da ist auch noch dieser Störfaktor, der mich nächtelang nicht in den Schlaf kommen lässt. Er lähmt meine Konzentration, Telzan! Es fühlt sich nach wie vor an, als würde ich auf mentaler Ebene in mein eigenes Spiegelbild sehen. Ich verstehe das nicht, Telzan. Ich verstehe es einfach nicht!“ „Dann lasst mich und meine Leute Betsy El Taria und Iranach aufbringen, Prinzessin.“, schlug Telzan vor. „Wenn wir sie in unserem Gefängnis haben, dann werden wir schon sehen, was das alles hier zu bedeuten hat. Ich bin sicher, Betsy El Taria weiß mehr als sie zugibt.“ „Tu das, Telzan.“, sagte Sytania, die über seinen Vorschlag sehr froh war. Die seltsame Situation mit ihrem mentalen Spiegelbild hatte sie mehr und mehr verwirrt und sie war kaum noch in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Vorschlag versprach hier endlich Abhilfe! „Aber lass Iranach laufen! Ich will keinen Krieg mit meinem Vater riskieren. Ihn beim Heben unserer Schlösser nicht gewinnen zu lassen verlangt mir schon eine Menge ab. Wenn ich mir an seiner Obersten Vendar noch die Finger verbrennen würde, wäre ich schön dumm. Ich werde ihm keinen Anlass geben mich anzugreifen!“, erklärte Sytania.

Sie gab dem Kontaktkelch die nötigen mentalen Befehle, die ihn dazu brachten ihr und Telzan die nähere Zukunft zu zeigen. Dann befahl sie: „Begebt euch zu den Felsen, die in der Nähe von Logars Schloss sind. Dort könnt ihr euch gut verstecken. Eure Schiffe braucht ihr nicht. Es wäre nur Treibstoff- und Energieverschwendung, wenn ihr sie innerhalb einer Dimension benutzen würdet. Zu Pferd seid ihr schnell genug. Wartet aber ab, wenn ihr in eurem Versteck seid, bis ihr von mir den telepathischen Befehl zum Eingreifen bekommt. Es wird nämlich noch etwas geschehen, das uns der Lösung unseres Rätsels entscheidend näher bringen wird! Sammle deine Truppen und dann los!“ „Ja, Herrin!“, sagte Telzan, stand zackig auf und marschierte im Stechschritt davon.

Iranach und ich hatten davon natürlich keine Ahnung. Wir waren auch in ganz andere Gespräche vertieft. Die Vendar hatte sich nämlich gewundert, warum ich Reshans Rücken beim Start entlastet hatte, ohne dass sie es mir sagen musste. Auch über die Tatsache, dass ich meine beiden Fußschlaufen auf Anhieb so eingestellt hatte, dass meine Sohlen eine Ebene mit dem Bauch des Evrolids bildeten, hatte sie doch sehr gewundert. Also drehte sie sich zu mir und fragte: „Woher hast du gewusst, was du tun musst, Betsy El Taria, um ihm beim Start zu helfen und warum konntest du deine Fußschlaufen korrekt einstellen, ohne dass ich dich korrigieren musste. Die meisten meiner Reitschüler aus meiner Rasse machen das erst einmal beides falsch. Mir ist bekannt, dass du ein Raumschiff fliegen kannst und ein Pferd reiten kannst. Aber …“ „Da bist du schon auf dem richtigen Weg, Iranach.“, strahlte ich. „In gewisser Weise hat mein Verhalten damit zu tun, dass ich vom Fach bin. Ich weiß, dass man ein Fluggerät am besten starten kann, wenn es leicht ist. Das Gleiche gilt beim Reiten. Wenn man schneller werden will, entlastet man sein Reittier zuerst ja auch. Außerdem weiß ich, dass lang herunterhängende Beine den Luftwiderstand erhöhen, wie ausgefahrene Landestützen eines Shuttles in einer Atmosphäre. Das würde es für den armen Reshan viel zu anstrengend machen uns zu tragen, nicht wahr? Aber wenn wir uns schwer machen und unsere Beine herunterhängen lassen würden, könnten wir ihn so sicher verlangsamen, denke ich.“

Ich erhielt von ihr zunächst keine Antwort. Meine Worte mussten sie sehr in Erstaunen versetzt haben. Schließlich aber stammelte sie doch: „Das ist korrekt, Betsy El Taria. Alles, was du gerade gesagt hast, ist korrekt. Ich bin sehr erstaunt, an was du alles denkst und was du für Schlüsse ziehen kannst.“ „Danke, Iranach.“, sagte ich, die ich an ihrer Sprechweise regelrecht hören konnte, dass ihr der Mund sperrangelweit offen stand. „Aber ich kann noch nachlegen. Du hast etwas mit den beiden Handschlaufen gemacht, die sich an den Stangenpaaren befinden, die rechts und links von dem Nackenring abgehen, den Reshan trägt. Ich habe mir die Dinger mal genau angesehen. Mit Ihnen kann man prima seine Flügel kitzeln. Das erreicht man, indem man einen oder beide mittels der Schlaufen bewegt, was? Er mag das Kitzeln wohl nicht und fängt an mit den Flügeln zu schlagen, wenn man das tut. Damit hast du dein Startkommando unterstützt und lenken kannst du ihn sicher so auch. Ich nehme an, wenn du den rechten Flügel kitzelst und er damit schlägt um das Kitzeln loszuwerden, drückt ihn der Schwung nach links und andersherum. Mit deinem Gewicht gleichst du aus. Das Gleiche gilt sicher auch umgekehrt. Wenn du willst, dass er landet oder langsamer fliegt, musst du nur beide Schlaufen nach vorn drücken und so halten, bis er getan hat, was du verlangst. Wenn die Stangen auf den Flügeln liegen, kann er sie ja nur schwer bewegen. Am Boden, wenn er läuft, reitest du ihn sicher auch nur mit Schenkel- und Gewichtshilfen!“ „Ich mache dir einen Vorschlag.“, sagte Iranach und grinste. „Da du ja offenbar so gut Bescheid weißt, sitzt du auf dem Rückweg vorn. Ich werde dich selbstverständlich dirigieren.“ Verdammter Mist!, dachte ich. Da komme ich jetzt nicht mehr raus! Warum musste ich auch so dick auftragen? Da ich mir aber vor ihr, einem Mitglied einer kriegerisch betonten Rasse, keine Blöße geben wollte, sagte ich nur: „Na schön, Iranach! Hand drauf!“

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