Es vergingen noch viele Tage, an denen sich Kathryn abends in den Schlaf weinte. Sie litt sehr unter der Trennung von Maruk. Sie haderte mit diesem Umstand, der ihr gar nicht gefiel. Ebenfalls haderte sie auch mit ihrem Vater, der den roten Wolf in seiner neuen Umgebung zurückgelassen hatte. Nichtsdestotrotz verstand sie aber auch die Entscheidung, die der Ranger getroffen hatte. Der Ranger und seine Frau sahen, wie sehr ihre Tochter litt. Hilflos mussten sie in dieser Zeit zusehen, wie die Fröhlichkeit langsam bei dem Mädchen verschwand.
Henry und Peggy hofften, dass die zwei Bärenjungen Kathryns Schmerz etwas lindern konnten, um die sich das Mädchen nach wie vor sehr liebevoll kümmerte. Die Vierzehnjährige verbrachte sehr viel Zeit mit den beiden Tieren. Instinktiv fühlten die beiden jungen Grizzlys, dass Kathryn sehr traurig war. Sie suchten ständig ihre Nähe. Häufig schmusten die beiden Bärenjungen mit ihr oder versuchten mit ihr zu spielen. Nach ein paar Wochen begann der Trennungsschmerz nachzulassen und das Lachen kehrte bei dem Mädchen wieder zurück. Besonders Henry und Peggy waren erleichtert, als sie eines Tages wieder das herzhafte Lachen ihrer Tochter hörten, die Luke und Chuck beim Herumtollen zusah.
Laut brüllend richtete sich der Jungbär zu seiner vollen Größe auf und hob drohend eine seiner Tatzen. Der kleinere der beiden Bären wich ein wenig vor seinen etwas größeren Artgenossen zurück. Wenig später setzte der Größere von beiden dem anderen nach und bald darauf balgten die beiden Tiere wieder auf dem großen Rasen herum. Es war ein schöner Frühlingstag und Kathryn beobachtete belustigt von der Veranda aus die beiden Bärenjungen, die miteinander spielten. Die Beiden sind schon ganz schön gewachsen!, dachte sie voller Stolz, als sie die beiden Grizzlys betrachtete. Nachdem Holzfäller die Bärenmutter getötet hatten, hatte Henry kurzerhand beschlossen, dass seine Tochter Kathryn die beiden Tiere aufziehen sollte, wie sie schon vorher einen Wolf aufgezogen hatte. Das Mädchen war damals begeistert gewesen, als der Ranger abends mit den beiden hilflosen Tieren heimkam und sie dem Mädchen anvertraute. Kathryn war sofort vernarrt in ihre neuen Schützlinge. Am Anfang musste das Mädchen den beiden Bärenjungen sehr viel Aufmerksamkeit widmen, was ihr sehr Leid tat, da sie deswegen Maruk, den roten Wolf, häufig etwas vernachlässigen musste. Häufig hatte sie deswegen ein sehr schlechtes Gewissen.
Inzwischen waren einige Monate vergangen, seit dem Maruk, auf der Suche nach seinen Artgenossen, von den Johnsons weggelaufen war. Damals wusste keiner von der Rangerfamilie, wohin Maruk damals verschwand. Durch puren Zufall erfuhren Henrys Kollegen, Jim Baker und Dean Forrester, von Jonathan, einem alten Mann indianischer Herkunft, dass er den roten Wolf schon häufiger in seiner Gegend gesehen und sogar gefüttert hatte. Sofort waren die Johnsons mit dem Auto zu Jonathan aufgebrochen, um den roten Wolf zurückzuholen. Aber das war nicht möglich, nachdem die Ranger zusammen mit Jonathan festgestellt hatten, dass Maruk mit einer Gefährtin Junge hatte. Auf Grund dessen mussten die Johnsons schweren Herzens den roten Wolf bei seiner eigenen Familie zurücklassen.....
Kathryn musste herzhaft lachen, als die beiden Bären nacheinander auf einem nahe stehenden Baum kletterten und sie beide nach sehr kurzer Zeit wieder mit einem größeren Ast zusammen auf die Erde fielen, der das Gewicht der beiden Tiere nicht aushielt. Mit lautem Krachen gab er nach und schlug dumpf auf dem Boden auf. Die beiden Grizzlys erholten sich rasch von dem kurzen Schreck und balgten vergnügt weiter, als Henry gerade nach Hause kam. Die Balgerei der beiden Bären und das herzliche Lachen seiner Tochter hörte er schon von weitem. Besonders das Lachen des Mädchens hatte er sehr vermisst, denn er wusste, wie sehr Kathryn Maruk vermisste und deshalb sehr unter der Trennung von dem roten Wolf litt.
Eine Weile lang betrachtete er das harmonische Bild, wie seine Tochter ihren beiden Zöglingen beim Spielen zusah und lachte, wenn die beiden Tiere etwas Komisches anstellten oder merkwürdige Laute von sich gaben. Wenigsten lenken Luke und Chuck sie von ihrem Trennungsschmerz mit Maruk ab!, dachte der Vater erleichtert, Kathryn kümmert sich sehr liebevoll um die beiden Jungbären! Dann ging er direkt auf die Veranda zu, wo der Vater von dem Mädchen begrüßt wurde. „Hast du das eben gesehen, was die beiden schon wieder gemacht haben, Daddy?”, fragte Kathryn lachend ihren Vater. Dieser nickte. „Ja, mein Liebes, das habe ich.”, antwortete dieser lächelnd, „Die sind schon ganz schön übermütig geworden, nicht?” Das Mädchen nickte und sah ihrem Vater nach, als er das Haus betrat. Nur wenig später wurde Kathryn wegen des Abendessens ins Haus gerufen…..
Am nächsten Morgen ging Jonathan um zu angeln wieder an den Fluss, der nur wenige Kilometer von seiner Blockhütte entfernt war. Meistens kam er nach wenigen Stunden mit zwei bis drei Fischen wieder zurück. Doch diesmal stutzte Gibson, als er das Flussufer erreichte…..
Vorsichtig legte er seine Angelausrüstung beiseite und trat direkt ans Wasser. Jonathan wusste nicht was es war, das ihn so irritierte, aber der alte Mann indianischer Herkunft hatte einen guten Instinkt, der ihn selten in die Irre führte. Aufmerksam betrachtete er die nähere Umgebung. Erst nach einigen Minuten fiel ihm auf, dass jemand ebenfalls an diesem Flussufer gewesen war. Nur derjenige hatte nicht gefischt.
Interessiert ging er zu den Büschen, die teilweise aus dem Boden gerissen waren. Jonathan fragte sich, wer das gemacht hatte und warum. Vorsichtig schob der Alte die Büsche auseinander und erschrak. Vor ihm war eine Tierfalle aufgestellt. In der Falle steckte ein zappelndes verängstigtes Kaninchen…..
Jonathan schüttelte mitleidig mit dem Kopf und trat näher heran. Beherzt griff er nah der Falle und versuchte sie zu öffnen. „Warte, mein Freund, gleich bist du wieder draußen.”, sagte er zu dem hilflosem und verängstigtem Tier, „Das haben wir gleich.” Metall klapperte, als Jonathan die kleine Tür nach oben klappte und es freiließ. Zufrieden sah er zu, wie der kleine unverletzte Nager davonflitzte und im dichten Unterholz verschwand…..
Während Jonathan angelte, überlegte er, wer die Falle wohl aufgestellt haben könnte. Er hoffte nur, dass sie die einzigste war. Auf dem Rückweg nahm er die Falle mit nach Hause, um sie das nächste Mal einem der Ranger zu zeigen.
Laut scheppernd ließ Bill Taylor zornig etwas Metallisches in der Rangerstation auf den Fußboden fallen. Alle Anwesenden blickten zu ihm herüber, als dieser herzhaft über den Fallensteller schimpfte. „Es wird Zeit, dass wir etwas dagegen unternehmen.”, sagte er wütend zu den Anwesenden, „Sonst tritt noch einer von uns in so was.” Henry trat näher und hob die Falle auf. Aufmerksam betrachtete er sie, als er sie auf eine Ablage legte. „Wo hast du sie gefunden?”, wollte er wissen. „Genau da, wo Jim und ich damals die andere gefunden hatten, Henry.”, antwortete der Rothaarige. „Also in der Nähe von der, in der im vergangenem Winter der Biologe Peter Dorn von Sheila McIntyres Team hinein getreten war, als er mit der restlichen Biologengruppe nach einem Wolfrudel gesucht hatten, das sie studieren wollten.”, stellte Henry fest, „Dann kann man wohl davon ausgehen, das es ein und dieselben Leute sind, die diese Tierfallen aufstellen.” Kathryns Vater nickte. „Eben.”, nickte Taylor, „Die Frage ist nur, wer das macht und warum.” „Vielleicht sollten wir mal unseren Distrikt gründlich nach weiteren Fallen absuchen.”, schlug Dean Forrester vor, „Es wäre doch möglich, dass wir dann eine Spur finden, die uns zu den Tätern führt.” Bill schüttelte verständnislos mit dem Kopf. „Ich versteh das nicht.”, meinte er, „Die Dinger sind doch sehr gefährlich, wenn man bedenkt, wie schnell einer von uns da reintreten kann.” Die anderen Ranger pflichteten ihm bei…..
„Eines steht fest: Die Fallen wurden erst vor kurzem aufgestellt.”, überlegte Henry laut, „Das heißt also, dass die definitiv in diesem Herbst, kurz nach dem verheerendem Waldbrand, aufgestellt wurden.” Bill nickte. „Das bedeutet auch, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach noch vor dem Wintereinbruch gemacht wurde.”, warf Taylor ein. „Aber im Winter halten doch viele Tiere Winterschlaf.”, gab Jim zu Bedenken, „Wo denn da der Sinn? Die werden unter diesen Voraussetzungen nicht allzu viele Tiere fangen können.” Forrester begann zu grinsen. „Es sei denn, die wollen nur bestimmte Wildtiere fangen, die keinen Winterschlaf halten.”, warf Dean ein, „Dann würde das schon wieder Sinn machen, weil dann wegen des Winterschlafes weniger Tiere in diese Fallen tappen, die sie eigentlich nicht fangen wollen.” Kathryns Vater seufzte. „Dann sollten wir doch mal alle darüber nachdenken, auf welche Tiere die Wilddiebe es abgesehen haben könnten.”, sagte er, „Wir haben schon einige Anhaltspunkte, mit denen wir arbeiten können um sie dingfest zu machen.” Die Ranger setzten sich an den großen Tisch und begannen gemeinsam einen Plan auszuarbeiten.
Die Wölfin gab einen kurzen Laut von sich, als Maruk in der Höhle mit einem toten Hasen erschien und ihn vor ihr ablegte. Gierig begann sie sofort zu fressen, während sie gleichzeitig ihre Jungen weitersäugte. Wenig später zog der rote Wolf wieder los um zu jagen, denn auch er hatte Hunger.
Maruk folgte wieder einer Fährte, die von einigen Elchen stammte. Als sie auf felsigem Boden an einem breiten Strom endete, musste der rote Wolf wieder nach einer neuen Beute suchen.....
Auf der Suche nach geeigneter Nahrung erreichte der rote Wolf wieder Jonathans Blockhaus. Als er langsam aus dem Dickicht hervortrat, wurde der fuchsrote Wolf bereits von dem alten Mann gesehen. Jonathan begann zu lächeln. „Na, alter Freund, willst du dir wieder eine Mahlzeit abholen?”, fragte er den roten Wolf, als dieser direkt vor ihm stehen blieb und den alten Mann mit schiefem Kopf ansah. Jonathan nahm einen der frischen Fische, die er an diesem Tage gefangen hatte und reichte ihn Maruk. Vorsichtig packte der Wolf den Fisch mit seiner Schnauze und stob rasch davon. Jonathan sah dem Tier noch lange nach. Er wusste nicht genau, was er von Maruks Verhalten halten sollte. Inzwischen wusste er ja, dass der rote Wolf von den Johnsons aufgezogen worden war. Für ihn stand fest, dass Maruk vor ihm keine Angst hatte. Der alte Mann hatte eher das Gefühl, dass der Wolf nach wie vor sehr zutraulich war.
Die kleinen Wölfe wuchsen rasch. Maruk und die Wölfin sorgten sich sehr liebevoll um die Jungtiere. Nach einigen Wochen begann die kleinen Wollknäuel Fleisch zu fressen, während sie noch von der Mutter regelmäßig gesäugt wurden. Doch eines Tages unterbrach die Wölfin die Säugung ihres Nachwuchses und verließ die Höhle. Direkt am Höhleneingang blieb sie stehen und schnupperte. Die Ohren hatte sie nach vorne gerichtet und lauschte aufmerksam. Instinktiv fühlte sie eine Gefahr für ihre Jungen. Ihre Muskeln waren angespannt und ihr Puls begann zu rasen. Wenig später begann sie zu knurren.....
Als es im Unterholz laut zu rascheln begann, wurde ihr Knurren lauter. Plötzlich tauchte ein Puma aus dem Unterholz auf und blieb stehen. Interessiert sah die Raubkatze die Wölfin an, die mit erhobenem Schwanz und aufgerichtetem Fell vor der Höhle stand. Instinktiv wusste der Puma, dass in dieser Höhle leichte Beute zu finden war. Er musste nur mit der Wölfin fertig werden. Langsam kam der Puma näher. Die Raubkatze begann zu fauchen, als die Wölfin weiterhin ihre Zähne fletschte und warnend knurrte. Als sie nah genug war, machte sich die Raubkatze zum Sprung bereit. Auch die Wölfin machte sich für den Kampf bereit.....
Bevor der Puma die Mutter der Wolfsjungen angreifen konnte, schoss ein rötlicher Schatten knurrend aus dem Unterholz hervor direkt auf die Raubkatze zu. Es war Maruk, der seine Familie verteidigte. Ein wilder Kampf zwischen den drei Raubtieren entbrannte. Während des Kampfes versuchte der Puma immer wieder in die Höhle zu gelangen, wo der Nachwuchs verborgen war, doch die beiden Wölfe waren auf der Hut. Während des Kampfes fügte der Puma mit seinen scharfen Krallen sowohl Maruk als auch seiner Gefährtin mehrere Kratzwunden zu, die sofort bluteten. Nach einigen Minuten gab die Raubkatze auf und zog sich böse fauchend wieder ins Dickicht zurück. Ausgiebig leckten sich die beiden Wölfe ihre Wunden, die sie von dem Kampf davongetragen hatten.....
Es vergingen ein paar Tage, bis Maruk wieder Jonathan besuchte. Dem alten Mann fielen sofort die neuen Verletzungen auf, die der rote Wolf trug. „Na, mit wem hast du dich denn gestritten?”, feixte der alte Mann, als er dem Wolf wieder etwas zu fressen gab, „Du siehst ja ziemlich lädiert aus.” Der Wolf ließ das Fleisch fallen und blickte Jonathan mit schief gelegtem Kopf an. Sein Fell begann sich zu sträuben und er begann zu knurren. Jonathan wurde leicht unsicher, denn er wusste nicht, was er über Maruks Verhalten denken sollte. Instinktiv verharrte der alte Mann in seiner Bewegung, als er das Fleisch aufheben wollte, um es dem Wolf noch mal zu geben. Jonathan erschrak, als der Wolf auf ihn zuschoss und ihn zu Boden riss.....
Schnell stand der alte Mann wieder auf und griff noch einen großen Stock. Erst als er begriff, dass Maruk hinter ihm gegen einen Puma kämpfte, wurde Gibson klar, dass der rote Wolf ihn gar nicht angreifen wollte, sondern die Raubkatze, die sich lautlos an den alten Mann von Hinten angeschlichen hatte. Das muss ich unbedingt den Rangern berichten!, dachte er, Die müssen unbedingt wissen, dass Maruk mich beschützt und verteidigt hat! Es dauerte nicht lange, bis der Puma wieder ins Gebüsch verschwand. Maruk blieb noch ein Weilchen in der Nähe des Menschen stehen und knurrte, als er das Rascheln im Unterholz vernahm. Wenig später war nichts mehr von dem flüchtendem Raubtier mehr zu hören und Maruk wandte sich wieder Jonathan zu. Einen Augenblick lang blickte der rote Wolf den Menschen an. Dann packte Maruk sich das Fleisch, das er vor dem Kampf fallen lassen hatte, und verschwand ins Unterholz.....
Während die Ranger ihren Distrikt nach den Fallen absuchten, mussten sie entsetzt feststellen, dass zahlreiche von ihnen bereits von den Wilddieben kontrollierten wurden und die gefangenen Tiere von den Wilderern bereits mitgenommen worden waren. Blut und Haarbüscheln der gefangenen Tiere klebten noch an den Tierfallen, die die Ranger systematisch aufschrieben und die noch gefangenen Tiere befreiten. Als Henry und seine Kollegen sich wieder alle in der Rangerstation versammelt hatten, diskutierten sie, wie man am besten die Wilddiebe fangen konnte.....
Nach einigen Tagen schlug Jim vor, dass sie auch das nähere Gebiet um ihren Distrikt herum unter die Lupe nehmen sollten. Ferner legte er den anderen Rangern nahe, mal wieder Jonathan zu besuchen um ihn zu fragen, ob er auch schon irgendwelche Tierfallen gefunden hatte. Sofort waren sie alle einverstanden und am nächsten Tag machten sich Jim und Henry selbst auf den Weg zu Jonathan. Für Kathryns Vater war es besonders günstig, weil er schon seit einiger Zeit mal wieder nach Maruk sehen wollte.....
Jonathan freute sich sehr, als die beiden Ranger ihn besuchten. Als ihn Jim und Henry auf die Tierfallen ansprachen, zog Jonathan die Stirn in Falten. Wenig später legte der alte Mann indianischer Herkunft die gefundenen Fallen vor den Rangern auf den Boden. „Das sind alle, die ich bisher gefunden habe.”, sagte er mit bebender Stimme, während sich die beiden Ranger die Tierfallen genauer ansahen. „Wo hast du die denn alle aufgelesen, Jonathan?”, erkundigte sich Jim bei dem alten Mann. Dieser zog nachdenklich erneut die Stirn in Falten. „Ich glaube, es ist besser, wenn ich euch die Stellen zeige, wo ich die verdammten Dinger aufgetrieben habe.”, sagte er und holte sein Gewehr aus der Hütte. „So.”, sagte er, „Dann lasst uns gehen.”
„Wenn wir schon mal hier unterwegs sind, dann möchte ich auch mal nachsehen, wie es Maruk geht.”, sagte Johnson beiläufig. Jonathan blieb stehen und sah Henry an. „Dem geht es gut. Das kann ich dir versichern.”, antwortete er leicht schmunzelnd, „Aber zurzeit sieht dein Wolf nur ein wenig lädiert aus.” Fragend blickten die zwei Ranger den alten Mann an. „Was meinst du damit? Er sieht ein wenig lädiert aus?”, wollte Kathryns Vater sofort wissen, der sich wieder Sorgen um den roten Wolf machte. Jonathan holte tief Atem, bevor er den beiden Rangern von seinen letzten Begegnungen mit Maruk erzählte.....
Jim und Henry waren erleichtert, als Jonathan ihnen von Maruks regelmäßigen Besuchen erzählte und sie dabei erfuhren, dass der rote Wolf Jonathan sogar vor einem Puma beschützt hatte......
Als sie endlich die Lichtung erreicht hatten, wo der Baum stand, unter dem sich die Höhle mit Maruks Nachwuchs befand, blieben die Männer stehen. Sowohl Maruk als auch die Wölfin saßen vor dem Eingang der Höhle, aus der man deutlich das Balgen der Wolfsjungen hören konnte. Vorsichtig trat Henry aus dem Gebüsch hervor. Sofort standen die beiden Wölfe auf und sahen aufmerksam in seine Richtung. Der Ranger fragte sich, was Maruk ihm gegenüber machen wird. Direkt am Waldesrand blieb Kathryns Vater stehen und beobachtete die beiden Tiere. Maruk trottete langsam auf Henry zu, während die Wölfin misstrauisch am Höhleneingang zurückblieb.....
Einem knappen Meter blieb der rote Wolf vor dem Ranger stehen. Deutlich hörte der Mann, wie Maruk zu schnuppern begann. Seine Ohren waren hoch aufgerichtet und er blickte Henry mit schiefem Kopf an. Es war eine vertraute Geste, die er bei Maruk schon oft gesehen hatte, als er noch bei ihnen lebte. Kathryns Vater wusste, dass er nun die volle Aufmerksamkeit des fuchsroten Wolfes hatte. Langsam kniete der Ranger nieder und reichte dem Wolf seine offene Hand hin. Schnüffelnd kam der Wolf näher. Dann begann er dessen Hand zu lecken. Erleichtert atmete Henry auf. Jetzt wusste er, dass der rote Wolf seine Familie nie vergessen hatte.....
Als sich auch noch die Wölfin langsam näherte, verharrte der Ranger erneut und wartete ab, wie sich die Wölfin ihn gegenüber verhalten würde. Er war sich nicht sicher, ob sie ihn als mögliche Gefahr für ihren Nachwuchs ansah. Einen guten Meter vor ihm blieb sie unschlüssig stehen. Maruk wandte sich wieder von dem Menschen ab und lief wieder zu seiner Höhle, worin er verschwand. Henry wartete. Einen Augenblick später erschien der rote Wolf wieder aus der Höhle und kam zu Henry zurück. In seiner Schnauze hielt er einen kleinen Knochen, den er vor dem Ranger fallen ließ.....
Auffordernd blickte ihn der rote Wolf an. Langsam hob der Ranger den Knochen auf. Die beiden Wölfe beobachteten ihn dabei aufmerksam. Henry steckte ihn, sorgfältig in einen Taschentuch gewickelt, in die Jackentasche. Zufrieden schmiegte sich Maruk an Henrys Beinen, der den roten Wolf sofort zu streicheln begann. Maruk gab einen undefinierbaren Laut von sich. Argwöhnisch betrachtete die Wölfin das Verhalten von Maruk, der bei den Menschen aufgewachsen war. Sie kannte die Menschen nur als gefährliche Feinde, vor denen sie sich sonst immer fern hielt.
Wenig später blickte Maruk zu den Büschen, wo Jim und Jonathan immer noch ausharrten und alles beobachteten. Der rote Wolf löste sich von Kathryns Vater und lief langsam auf das Unterholz zu. Kurz vor den Büschen blieb er stehen und blickte mit schief gelegtem Kopf ins Dickicht. Henry begann zu grinsen. „Kommt raus, ihr beiden.”, sagte der Ranger amüsiert zu seinen Begleitern, „Man hat euch entdeckt.” Kurz darauf begann es im Gebüsch zu rascheln und der Rothaarige und der alte Mann kamen aus dem Unterholz hervor. Maruk trottete sofort zu den beiden hin. Zuerst beschnupperte er Jim Baker, danach kam Jonathan an die Reihe. Aufmerksam sah der rote Wolf die beiden Menschen an, die er sofort wiedererkannte….
Nach einer knappen Stunde zogen die drei Männer weiter und Jonathan zeigte den beiden Rangern, wo er die ganzen Fallen gefunden hatte. Sowohl für Johnson als auch für Baker stand fest, dass es mehrere Leute sein mussten, die die Tierfallen aufgestellt hatten. Nachdem sie wieder zu Jonathans Blockhütte zurückgekehrt waren, machten sich die beiden Ranger wieder auf den Heimweg….
Am folgenden Morgen berichteten Jim und Henry den anderen Rangern in der Station von ihrem Besuch bei Jonathan. Aufmerksam hörten die anwesenden Kollegen zu, ohne sie zu unterbrechen. „Wie werden wir nun weitermachen, nachdem ihr beiden erfahren habt, dass die nicht nur in unserem Distrikt Fallen aufgestellt haben?”, erkundigte sich Dean Forrester. Bill nickte. „Ich denke zumindest, dass wir unsere Kollegen in den Nachbardistrikten darüber informieren sollten.”, schlug Taylor vor, „Vielleicht wissen die noch nichts von den Wilderern.” Henry begann zu lächeln und stellte seine Tasse Kaffee auf den Tisch ab. „Dann weißt du jetzt, was du schon mal tun kannst.”, grinste er verschmitzt, „Am besten machst du das per Fax, okay? Dann haben sie alle Informationen gleich schriftlich vor sich liegen.” Taylor machte sich sofort an die Arbeit…..
Anschließend wandte sich Henry an Jim. „Du versuchst am besten mal mit dieser Sheila McIntyre in Kontakt zu kommen, die zusammen mit ihrem Team, während die beiden Blizzards hier im vergangenem Winter getobt hatten, in unserem Distrikt unterwegs war.”, sagte Kathryns Vater ernst. Der Rothaarige nickte. „Lasst dir alle Daten von ihr geben, die sie von ihren Beobachtungen in unserem Gebiet gemacht hat.”, fuhr Henry fort, „Vielleicht besteht sogar ein Zusammenhang, dass die damals ihr Wolfsrudel nicht wieder finden konnten.” Jim setzte sich ans Telefon und suchte die Rufnummer der Biologin aus dem Telefonbuch heraus. Wenig später rief der rothaarige Ranger die Achtundzwanzigjährige an…..
Zufrieden legte Baker den Hörer wieder auf die Gabel, nachdem er eine geraume Weile mit der jungen Biologin gesprochen hatte. Sheila bot den Rangern an, sie mithilfe ihres Teams und ihrer kompletten Ausrüstung zu unterstützen. Henry nahm das Angebot des Biologenteams zur Kenntnis. „Das ist vielleicht keine schlechte Idee.”, sagte er nachdenklich, „So hätten wir dann mehr Leute, die wir dann einsetzen könnten, um die Burschen zu fassen.” „Wann könnten die denn hier sein?”, wollte Bill wissen. Jim zog seine Stirn in Falten. „Das kann ich nicht sagen.”, erwiderte er, „Darüber habe ich nicht mit ihr gesprochen.” Henry legte ihn eine Hand auf die Schulter. „Dann solltest du das schleunigst nachholen.”, sagte Johnson grinsend, „Je eher die mit ihren kompletten Unterlagen hier sind, desto schneller können wir die Wilderer erwischen.” Unverzüglich griff Baker erneut zum Telefon und tippte Sheilas Rufnummer ein.
Sorgfältig kontrollierte Jonathan seine Ausrüstung, die er zum Angeln immer mitnahm. Als er feststellte, dass er alles dabei hatte, griff er nach seinem Gewehr und verließ das Blockhaus. Zufrieden machte er sich wieder auf dem Weg zum Fluss, wo er wieder einige Fische fangen wollte.
Auf halbem Wege stutzte der alte Mann und begann zu lauschen. In der Ferne konnte er einen kleinen Laster hören, der durch den dichten Wald raste. Der scheint es ja sehr eilig zu haben!, dachte Jonathan, als er hörte, wie sich das Fahrzeug polternd immer weiter von ihm entfernte. Teilweise hatte das Poltern einen metallischen klang…..
Am Fluss angekommen, ging Gibson sofort wieder zu den entwurzelten Büschen hin, um nachzusehen, ob wieder ein Tier darin gefangen war. Erstaunt stellte er fest, dass die Tierfalle, aus der er am Vortag das Kaninchen befreit hatte, verschwunden war! Jonathan schüttelte mit dem Kopf. Für ihn stand fest, dass er das umgehend den Rangern melden musste. Auf dem Rückweg fragte sich der alte Mann, was die Ranger dazu sagen würden, wenn er ihnen davon erzählte.
Schnüffelnd blieb Maruk an einem kleinen Waldweg stehen. Als er in der Ferne Motorengeräusche hörte, hob der rote Wolf den Kopf und lauschte. Rasch kam der kleine Laster näher. Als das Fahrtzeug in Sichtweite kam, wurde es rasch langsamer. Dann hielt das Auto an und zwei dunkel gekleidete Männer stiegen aus…..
Interessiert beobachteten die beiden Menschen den roten Wolf, der immer noch am Wegesrand stand und sie ebenfalls nicht aus den Augen ließ. Instinktiv wusste Maruk, dass diese beiden Gestalten für ihn und seiner Familie eine Gefahr darstellten. Deutlich hörte er die beiden miteinander reden. Wenig später versuchte sich der Kleinere von beiden Maruk zu nähern. Beruhigend sprach er mit dem roten Wolf. Doch der rote Wolf zog sich knurrend, mit gesträubten Fell und zähnefletschend wieder ins Unterholz zurück. Der Mann kehrte rasch zu seinem Komplizen zurück, nachdem er begriffen hatte, dass sie Maruk so nicht fangen konnten. Wenig später stieg auch der andere wieder ein und der Wagen fuhr davon. Kurz darauf erschien Maruk wieder aus dem Unterholz und blieb auf dem Waldweg stehend. Knurrend sah der fuchsrote Wolf dem davon fahrendem LKW nach…..
Der rote Wolf begann an den Spuren, die die beiden Männer hinterlassen hatten, zu schnüffeln. Als er den Kopf wieder hob und in die Richtung blickte, in der die zwei Menschen weitergefahren waren, begann er erneut zu knurren…..
Einige Tage später fand Jonathan erneut eine Tierfalle, in der ein Vielfraß festsaß. Die gezackten Metallbögen hatten sich bei dem Marder tief in das Fleisch seines Vorderlaufes geschlagen. Als Jonathan die Falle erreichte, begann der Marder nach dem Mann zu schnappen. Jonathan sah die tiefen blutenden Wunden am Bein des Tieres. Doch jedes Mal, wenn der alte Mann das Tier befreien wollte, versuchte der Vielfraß ihn zu beißen. Als Jonathan einen neuen Anlauf wagte und sich über die Tierfalle beugte, schlug etwas gegen seinen Hinterkopf und der alte Mann brach Bruchteile von Sekunden später bewusstlos zusammen…..
Mit einem triumphalen Grinsen befreiten die beiden Gestalten den darin steckenden Vielfraß und steckten das knurrende Tier in einen kleinen schmalen Käfig, nachdem sie das Tier betäubt hatten. Zufrieden packten die beiden Männer den Käfig und auch die Tierfalle in den Laster. Dann überließen sie den besinnungslosen alten Mann seinem Schicksal und fuhren mit dem Wagen davon…..
Es raschelte wieder im Gebüsch und ein Schatten huschte aus dem Unterholz hervor. Dumpf fiel ein totes Rebhuhn auf den Waldboden und das Raubtier lief direkt zu dem Menschen hin, der regungslos am Boden lag. Es dauerte nicht lange, bis Maruk den bewusstlosen Jonathan erreicht hatte. Neugierig beschnupperte er den am Boden liegenden Menschen.
Langsam kam Jonathan wieder zu sich. Der alte Mann stöhnte vor Schmerz und hielt sich den Kopf. Vorsichtig blickte sich Gibson um. Außer Maruk war sonst niemand in seiner Nähe. Der rote Wolf stand vor ihm und schnüffelte neugierig. Dann sah er in die Richtung, wo noch vor kurzem die Tierfalle mit dem verletzten Vielfraß stand. Sie war mitsamt dem Marder verschwunden. Maruk trottete inzwischen wieder zu seinem Rebhuhn hin und nahm es auf. Der rote Wolf sah noch mal zu den Menschen hinüber, der gerade aufstand. Jonathan blickte dem roten Wolf nach, als er mit seiner Beute im Dickicht verschwand…..
Mit enormen Kopfschmerzen kehrte der alte Mann wieder zu seiner Blockhütte zurück. Jonathan ärgerte sich sehr, dass er den Mann nicht bemerkt hatte, der ihn niederschlug. Er hatte sich so sehr darauf konzentriert, den Vielfraß aus seiner Not zu helfen, dass er deswegen den Wilderer, der sich von hinten an ihn herangeschlichen hatte, nicht bemerkte. Fassungslos schüttelte er innerlich mit dem Kopf. Das wäre mir früher nicht passiert!, dachte Jonathan frustriert…..
Inzwischen war Maruk mit dem toten Vogel zu seiner Höhle zurückgekehrt. Plötzlich blieb er stehen und begann zu lauschen. Aus weiterer Entfernung hörte der rote Wolf schon wieder jenen Laster, dem er schon zuvor am Waldweg begegnet war. Erneut ließ er seine Beute fallen. Sein Fell begann sich zu sträuben und er knurrte. Neugierig kam die Wölfin aus dem Bau. Auch sie hörte das Motorengeräusch. Sie reckte ihren Kopf in die Höhe und schnupperte. Die Ohren der beiden Wölfe waren hoch aufgerichtet und sie blieben beide wachsam am Höhleneingang stehen. Inzwischen wurde das Geräusch immer lauter und die beiden Raubtiere sahen in die Richtung, aus der es kam…..
Rasch schnappte sich die Wölfin die Beute und verschwand damit in der Höhle. Maruk folgte ihr und blieb dicht am Eingang sitzen. Maruks Puls begann zu rasen, während dessen die Wölfin ihre Jungen tiefer in die Höhle drängte. Das Fahrzeug kam in Sichtweite…..
Dann hielt der Wagen an und die zwei Menschen stiegen aus. „Bist du dir sicher, dass es hier war, wo du einen weiteren Wolf gesehen hast?”, fragte der hagere Mann den kleinen. Dieser bejahte. „Das muss hier gewesen sein.”, sagte der Kleine, „Daran kann ich mich gut erinnern.” Der Hagere ließ seinen Blick schweifen. „Hm.”, meinte er nachdenklich, als er den Baumhain sah, wo auch Maruk mitsamt seiner Familie in der Höhle versteckt war, „Du könntest Recht haben.” Nachdenklich betrachteten die beiden die Landschaft. „Dann muss hier in der Nähe mindestens auch eine Höhle sein, wo sich die Tiere drinnen verstecken können.”, brummte er. „Dann lass uns doch mal nachsehen.”, schlug der Kleinere vor. „War das ein roter oder ein grauer Wolf, den du gesehen hast?”, wollte der Hagere wissen. „Das war ein Grauer.”, antwortete der Kleinere von Beiden. Wenig später machten sich die beiden Wilderer an die Arbeit und begann systematisch den Waldrand nach möglichen Verstecken für Wildtiere zu durchsuchen…..
Als sie Maruks Höhle entdeckten, zog sich der rote Wolf mit seiner Familie weiter ins Innere zurück. „Hier!”, rief der kleine Wilderer triumphierend, „Hier ist eine Höhle, die groß genug sein dürfte für einen Wolf.” Rasch eilte der Hagere zu ihm und griff nach einem großen Ast, mit dem er mehrfach in die Höhle stieß. Als er Maruks Flanke berührte, zog er den Ast wieder heraus. „Da ist definitiv was drin.”, sagte er überzeugt, „Zumindest habe ich was getroffen.” Dann versuchte er es nach einmal mit dem Ast. Nach einigen Minuten schoss Maruk böse knurrend aus der Höhle…..
Erschrocken wichen die beiden Menschen zurück, als der rote Wolf mit hochgerecktem Schwanz und gesträubtem Fell sowie zähnefletschend vor ihnen stand. Knurrend blieb der rote Wolf kampfbereit vor ihnen stehen. „Was machen wir denn jetzt, Gerry?”, fragte der kleinere von beiden etwas nervös. Er zuckte mit den Schultern. „Das, was wir in solchen Fällen immer machen, Joe.”, erwiderte er, „Wir fangen ihn ein.”
Inzwischen hatte Jonathan sich auf den Weg zu Henrys Rangerstation gemacht. Dort angekommen berichtete er den anwesenden Rangern unverzüglich von den neuesten Vorkommnissen am Rande ihres Distrikts. Inzwischen waren auch Sheila McIntyre und ihr Biologenteam bei den Rangern eingetroffen. Die vier jungen Leute begleiteten die Ranger und Jonathan zu dessen Blockhütte. Unterwegs versuchte Sheila wieder die Funksignale des verschollenen Rudels anzupeilen. Sie fanden nach wie vor nur ein einziges Signal, dass das Team einer Wölfin zugeordnet hatte, dem sie den Namen Mimi gegeben hatten…..
Mittlerweile versuchten Joe Garrison und Gerry Thompson den roten Wolf einzufangen, aber ohne Erfolg. Maruk war immer ein wenig schneller als die Wilderer. Als die Wölfin aus der Höhle herauspreschte und Gerry angriff, zog Joe seine Pistole…..
Als die Ranger und das Biologenteam Jonathans Hütte erreichten, hielten sie kurz an, damit der alte Mann weitere Munition für sein Gewehr mitnehmen konnte. Der Rest des Weges gingen die Leute zu Fuß weiter und Jonathan zeigte ihnen überall, wo er Tierfallen entdeckt hatte, die inzwischen aber von den Wilderern wieder entfernt worden waren. „Inzwischen haben die wohl begriffen, dass wir ihnen auf den Fersen sind.”, meinte Henry. Vorsichtig zog die Gruppe dem Signal folgend weiter in die Richtung, wo Maruk und seine Familie ihre Höhle hatten. Dann krachten Schüsse…..
Bewegungslos lag die Wölfin am Boden, während Maruk die beiden Menschen weiterhin zornig von sich und seiner Familie fernhielt. Gerry warf einen kurzen Blick auf seine verletzte Hand. Es war eine Wunde, die er von der Wölfin erhalten hatte, als er versuchte, die Höhle zu erreichen. Als es im Gebüsch zu rascheln begann, zogen sich die beiden Wilderer in ihren LKW zurück und fuhren so schnell sie konnten, davon. Im Rückspiegel erkannte Gerry, dass es Elche waren, die aus dem Unterholz kamen und schnell davonstoben…..
Kurz bevor die Ranger, Jonathan und das Biologenteam die Lichtung erreichten, hörten sie, wie ein kleiner Laster davonfuhr….
Maruk stand vor der reglos daliegenden Wölfin und schnupperte. Mehrfach stupste er die angeschossene Wölfin an, aber seine Gefährtin rührte sich nicht. Der rote Wolf legte seinen Kopf in den Nacken und begann zu heulen…..
Als es im Unterholz erneut zu rascheln begann, wandte sich der rote Wolf wieder dem Waldrand zu. Wenig später tauchten dort Henry und seine Männer auf. Kurz nach ihnen kam das Biologenteam aus dem Unterholz. Zuletzt trat Jonathan ins Freie. Maruk blieb bei seiner immer noch am Boden liegende Gefährtin stehen und begann erneut zu heulen…..
Johnson machte ein Zeichen, dass die anderen warten sollten. Sofort blieb der Rest bewegungslos am Waldrand stehen und Kathryns Vater schritt sehr langsam auf Maruk zu, der nach wie vor neben der verletzten Wölfin stand. Sheila ließ wieder die Antenne ihres Detektors sinken. Auf dem Display war nur ein Signal zu sehen. Das Signal stammte von der Wölfin…..
Johnson war erstaunt, dass er sich dem roten Wolf problemlos nähern konnte. Er wusste zwar, dass das Tier ihn aufmerksam beobachtete, aber der Ranger hatte nicht den Eindruck, dass Maruk dies argwöhnisch tat. Als Henry sich vor der Wölfin niederkniete, kam der fuchsrote Wolf näher zu dem Ranger. Instinktiv wusste Maruk, dass Henry helfen wollte. Nachdem Henry sich die Verletzungen des Tieres genauer angesehen hatte, schüttelte er mit dem Kopf. „Das sieht nicht gut aus, mein Freund.”, sagte er leise zu Maruk, der sich an ihn schmiegte und sich von dem Ranger kraulen ließ. Nach wenigen Augenblicken erhob sich der Mann wieder und rief seine Begleiter zu sich.
Sofort begannen sich die Leute um die Wölfin zu kümmern. Jonathan, der früher in Vancouver Veterinärsmedizin studiert hatte, kam zu der Ansicht, dass es am besten sei, dass man die Wölfin in die Tierklinik nach Willington bringen sollte, wo man sie besser versorgen könnte. Es dauerte nicht lange, bis Henry alles Nötige dazu veranlasst hatte. Als die Menschen sich wieder auf den Rückweg machten, rief Henry mehrmals den roten Wolf, aber Maruk blieb vor der Höhle stur stehen.
Verwundert blieben die Leute stehen und blickten das Tier an. „Warum will er nicht mitkommen?”, fragte Diana Turner. Kathryns Vater begann zu lächeln, denn er ahnte bereits etwas. „Ich glaube, Maruk ist nicht alleine hier.”, sagte er und betrachtete den roten Wolf, der ihn ebenfalls mit schief gelegtem Kopf ansah. Dann machte er kehrt und verschwand in seiner Höhle…..
Gespannt warteten die Leute vor der Höhle. Nach einem kurzen Augenblick kam Maruk wieder heraus. In seiner Schnauze trug er behutsam ein kleines rotbraunes Wollknäuel, das er direkt vor Henry ablegte. Anschließend verschwand er erneut in der Höhle und kam mit einem weiteren Wollknäuel heraus, das er ebenfalls vor dem Ranger ablegte. Insgesamt brachte Maruk acht Wolfsjungen aus der Höhle zu Henry, die er dem Ranger alle anvertrauen wollte.
Schnell hatten sich die Menschen interessiert um die Wolfsjungen versammelt und betrachteten diese. Erwartungsvoll blickte Maruk Johnson an und Henry wusste bereits, was der rote Wolf von ihm wollte. Maruk wollte wieder nach Hause und dabei auf keinen Fall seinen Nachwuchs schutzlos in der Höhle zurücklassen…..
Rasch nahmen die Menschen die acht Wolfsjungen behutsam auf und gingen wieder zu Jonathans Blockhaus zurück. Dort wurden die acht Wollknäuel in einer großen Kiste gesetzt, die sie alle gemeinsam vorher sorgfältig mit Blättern und Gräsern ausgepolstert hatten. Als sie die Menschen fertig waren, betrachteten die Leute noch einmal in aller Ruhe die kleinen pelzigen Wesen. Jim Baker blickte Henry fragend an. „Wo willst du sie denn alle lassen?”, fragte er, „Du willst sie wohl nicht doch alle selbst aufziehen oder besser gesagt, von deiner Tochter aufziehen lassen?” Johnson sah ihn an und Baker sah in dessen Augen, dass er genau dies vorhatte…..
Anschließend sahen sich die Ranger die Ergebnisse von Sheilas Detektor an. Alle kamen zu demselben Schluss. „Sieht so aus, als hätten die Wilderer fast das gesamte Rudel eingefangen, wenn man mal von der verletzten Wölfin Mimi absieht.”, sagte Henry. Die anderen stimmten ihm zu. „Dann ist es kein Wunder, dass wir nur ein Signal empfangen konnte.”, meinte Sheila, „Wenn die Wilderer die Wölfe eingefangen und weggebracht haben, können wir lange nach ihnen suchen. Damit war die ganze Arbeit bisher völlig umsonst.” Diana Turner legte tröstend ihre Hand auf die Schulter der Achtundzwanzigjährigen. „Kopf hoch, Sheila.”, antwortete sie, „Dann suchen wir uns eben ein neues Rudel und fangen mit unseren Studien von vorne an.” Jack Davidson und Peter Dorn packten währenddessen ihre gesamte Ausrüstung wieder ein. „Das würde ich nicht sagen.”, erwiderte der rothaarige Ranger, „Durch eure Ergebnisse könnten wir den Zeitraum eingrenzen, in der die Wilderer in unserem Distrikt die Wölfe einfingen.” Henry nickte und hob die Kiste mit den acht Wollknäueln hoch und verstaute sie sorgfältig in seinen Wagen. Entschlossen sah er die Anwesenden an. „Es ändert nichts an der Tatsache, dass wir so langsam wieder heimwärts müssen. Momentan können wir hier nichts mehr ausrichten.”, sagte Johnson mit fester Stimme. „Wir müssen Morgen weitermachen.”, fuhr er fort, „Außerdem muss Maruks Nachwuchs versorgt werden.” Wenig später verabschiedeten sich die Ranger und auch das Biologenteam von Jonathan, der bei seiner Blockhütte zurückblieb.
Sheila und ihre drei Freunde kehrten nach Willington zurück. Unterwegs begannen die vier Biologen bereits mit der Planung, eine neue Dokumentation über Wölfe anzufertigen. Sheila McIntyre rief über ihr Handy Henry in der Rangerstation an und fragte ihn, ob die Ranger bereit wären, das Biologenteam wieder dabei zu unterstützen. Johnson sagte zu.....
Am frühen Abend kehrte der Ranger zu seiner Familie heim. Vorsichtig stellte er die Kiste mit Maruks Nachkommenschaft auf der Veranda ab und betrat das Haus. Als er die Stimmen von seiner Frau und seiner Tochter in der Küche hörte, begann er zu schmunzeln. Peggy und Kathryn sprachen gerade über Maruk, als der Familienvater die Küche betrat. Sofort fiel den beiden Johnsons verschmitztes Grinsen auf. „Was ist los, Darling?”, fragte Peggy interessiert, „Worüber muss du so Schmunzeln.” Das Grinsen des Rangers wurde breiter, als er in die neugierigen Gesichter seiner Frau und seiner Tochter blickte. „Am besten ist es, wenn ihr mit nach draußen auf die Veranda kommt.”, sagte er, „Dann werdet ihr schon verstehen, warum ich so schmunzeln muss.” Peggy und Kathryn folgten neugierig Henry nach draußen.....
Als Kathryn und Peggy die Kiste mit den Wolfsjungen sahen, blickte die Vierunddreißigjährige ihren Mann an. „Das ist doch nicht wohl dein Ernst, oder?”, fragte sie fassungslos und sah Henry dabei in die Augen, „Kathryn soll die doch wohl nicht alle aufziehen?” Der Ranger nickte. „Doch.”, sagte er und sein Grinsen wurde breiter, „Genau das soll sie, wenn sie will.” Peggy sah fragend ihre Tochter an, die an der Kiste saß und die kleinen Wollknäuel liebevoll betrachtete. Kathryn erwiderte den Blick ihrer Mutter. Dann nickte sie. „Das würde ich gern machen.”, sagte sie und streichelte die kleinen Geschöpfe in der Kiste zärtlich, „Hauptsache, sie laufen mir nicht weg so wie Maruk.” Zufrieden begann Henry zu lächeln und verließ die Veranda. Am Wagen blieb der Familienvater stehen. „Und jetzt habe ich noch eine Überraschung für euch!”, rief er. Neugierig kamen Peggy und Kathryn die Treppe von der Veranda herunter. Der Ranger öffnete die Tür. Sofort sprang Maruk aus dem Auto und preschte direkt auf Kathryn zu, die ihr Glück kaum fassen konnte. Tränen rannen ihr über die Wangen, als sie den roten Wolf in ihre Arme nahm und fest an sich drückte. Immer wieder leckte der rote Wolf das Gesicht und die Hände des weinenden Mädchens. „Maruk! Maruk, mein lieber Maruk!”, rief sie überglücklich, „Du bist wieder da! Du bist wieder nach Hause gekommen!” Lächelnd sahen Peggy und Henry zu, wie Kathryn mit dem roten Wolf schmuste und ihn immer wieder in ihre Arme schloss. Inzwischen holte Henry das Halsband und gab es seiner Tochter, die es sofort Maruk um den Hals legte. Als sich alle wieder ein wenig beruhigt hatten, gingen die Johnsons zusammen mit dem roten Wolf ins Haus. Henry trug die Kiste mit den Wolfsjungen ins Wohnzimmer, wo er sie vorsichtig auf den Fußboden abstellte. Dann machten sich Peggy und Kathryn an die Arbeit und bereiteten einige Fläschchen für die Welpen vor.....
Am späten Abend rief Henry in der Tierklinik in Willington an und erkundigte sich nach der verletzten Wölfin, die dort notoperiert wurde. Die Tierärzte sagten ihm, dass sie noch nicht wussten, ob die Wölfin durchkommen wird, obwohl sie die OP gut überstanden hatte. Nachdem Henry die Hörer wieder aufgelegt hatte, machte er sich über das endgültige Schicksal der acht Wolfsjungen Gedanken. Als er aus seinem Arbeitszimmer wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, sahen ihn Peggy und Kathryn erwartungsvoll an, die gerade die Wolfsjungen mit Nahrung versorgten.....
Kaum hatte Henry sich zu seiner Familie ins Wohnzimmer gesetzt, klingelte erneut das Telefon. Diesmal war es Bill Taylor, der Henry sagte, dass man im Nachbardistrikt die Wilderer gefangen hatte, nachdem beide von einem Bären angegriffen wurden und deswegen mit ihren Verletzungen ins Krankenhaus mussten. Joe musste sogar notoperiert werden. Im Krankenhaus veranlasste der Ranger aus dem Nachbardistrikt die Festnahme der beiden Wilderer. Noch am gleichen Tag wurde der Rest der Bande festgenommen und die gefangenen Tiere den zuständigen Behörden übergeben. In weiteren Tagen sollten die Tiere wieder freigelassen werden.
Es vergingen einige Tage, bis die Veterinäre Henry am Telefon sagen konnten, dass es der Wölfin wieder besser ging. Der Ranger und seine Familie freuten sich über diese Nachricht, obwohl sie einen bitteren Wermutstropfen enthielt. „Das Problem bei der ganzen Sache ist nur, dass sie nie wieder in die Wildnis zurückkann.”, sagte einer der Tierärzte ernst, „Zwei Projektile haben ihre Hüftgelenke so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass wir da auch nichts mehr machen konnten. Es ist wohl besser, wenn Sie die Wölfin am besten irgendwo unterbrächten, wo sie zumindest ihr Gnadenbrot bekommen kann.”
Nach einigen Tagen fanden die Ranger in der Nähe von Willington eine Tierschutzstation, wo Henry die Wölfin unterbringen lassen konnte. Regelmäßig besuchten die Johnsons mit Maruk zusammen die Wölfin, um die sich die Tierschützer liebevoll kümmerten. Nach einigen Monaten waren ihre Schussverletzungen gut verheilt, aber sie humpelte seit dem sehr stark. Als Kathryn zum ersten Mal diese Wölfin sah, wusste sie endgültig, was sie später werden wollte. Für sie stand fest, dass sie die Arbeit ihres Vaters fortsetzen wollte.....
Stolz erfüllte den Familienvater, als Kathryn ihn das am späten Abend zu Hause sagte. Freudestrahlend nahm er seine Tochter in die Arme und drückte das Mädchen an sich. Für Henry war es das größte Geschenk, das ihm Kathryn machen konnte. Nur Peggy, die sich ebenfalls darüber freute, sah seine Tränen.....
E N D E
von Andreas Rößler, 2004 - 2006