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Nach kurzer Zeit fühlte er, wie jemand um seine Füße strich. Als Mandrak nach unten blickte, sah er ein orangefarbenes Augenpaar. Sofort wusste er, dass es Dilāras Kundo war, dessen Schnurren er in diesem Moment bewusst hörte. Unwillkürlich musste der junge Ulani lächeln, als er das Tier hochnahm und zu streicheln begann. Dann hörte er das Rascheln von Kleidung und er sah in die Richtung, aus der er es hörte und erblickte eine Gestalt. „Dilāra?”, fragte er unsicher, als die Gestalt auf ihn zukam, „Bist du das?” Er verstand zwar nicht, was ihm die Gestalt antwortete, aber anhand der Stimme konnte er hören, dass es nicht Kelūrus Tochter war, die vor ihm stand, aber es war definitiv eine Frau. Sanft fasste sie Mandrak an seinen Oberarm und führte ihn vorsichtig zu einem bequemen Stuhl, in dem er sich setzte. Kurz darauf hörte er, wie sie etwas in ein Gefäß goss und es ihm reichte. Sofort begann er zu trinken. Erst als er den Becher K’tiša vollständig ausgetrunken hatte, füllte ihm die Xendava nach. Sie sagte etwas, als sie nachschenkte und die Stimme der Frau klang sehr beruhigend. Was sie zu ihm sagte, wusste er nicht, aber er hörte den Namen von Kelūrus Tochter. Wieder leerte er den Becher in einem Zug. Der K’tiša war für ihn eine reine Wohltat. Mandrak spürte richtig, wie die Erschöpfung und Mattigkeit von ihm abfiel. Als er sich beim dritten Becher verschluckte und zu Husten begann, hörte er das leise Lachen der Frau. Erst jetzt erkannte er Temka Dajhān, die Frau des Anführers der Xendavas. Vorsichtig stellte sie den großen Krug mit dem kalten Getränk auf den Tisch und verließ das Zelt. Mandrak blieb mit Dilāras schnurrendem Kundo auf dem Arm allein in dem Zelt zurück.

Er wusste nicht, wie lange er mit dem Kundo auf seinem Arm in dem Zelt gesessen und auf Dilāra gewartet hatte. Zumindest hatte er Kejtar so verstanden, dass er in diesem Zelt auf Kelūrus Tochter warten sollte. Inzwischen war Mandrak müde geworden und er dachte darüber nach, ob es nicht besser wäre, in das Gästezelt zurückzukehren, um dort zu schlafen. Doch bevor er sich zum Schlafen in das Gästezelt zurückziehen konnte, wollte er versuchen noch einmal nach Tabrun sehen, der in einem der Zelte der Heiler lag und dort medizinisch betreut wurde. Er hoffte, dass dieses Mal der Wächter ihn am Eingang nicht wieder am Betreten des Zeltes hindern würde. Mandrak war sich obendrein sicher, dass er dort auch Kelūrus Tochter finden würde, die sich wahrscheinlich mit den anderen Heilern zusammen um die Verletzten kümmern dürfte. Das kleine Nagetier gab einen protestierenden Laut von sich, als er es auf den Boden absetzte und aufstand. Ohne weiter auf das kleine Geschöpf mit den großen orangefarbenen Augen zu achten verließ der junge Ulani das Zelt der jungen Xendava. Mit raschen Schritten ging er zu jenem Zelt hin, wo sein Bruder lag. Der Wächter am Eingang ließ ihn aber auch dieses Mal nicht hinein. Frustriert entschloss sich Mandrak, dass es wohl das Beste wäre, wenn er sich in das Gästezelt zurückziehen würde, um sich dort auszuruhen. Mit einem tiefen Seufzer ging er weiter zum Gästezelt hin und betrat es, schließlich wusste er, dass er mit dem wachsamen Xendava weder in dessen Muttersprache noch auf Ulanisch reden konnte.

Überrascht musste er feststellen, dass sich niemand in dem Zelt aufhielt. Müde sank er auf sein Nachtlager und war in Kürze eingeschlafen. Der Hellbraunhaarige war einfach zu erschöpft, um sich über die Abwesenheit von Simdu Jakodos und Pelto Gōlad Gedanken zu machen. Er merkte nicht einmal mehr, wie ein kleiner Schatten lautlos in das Zelt huschte, schnell zu seinem Nachtlager hinflitzte und dort auf sein provisorisches Bett sprang. Schnurrend kuschelte sich das kleine Nagetier mit den orangefarbenen Augen an Mandraks Körper und schlief ebenfalls rasch ein.

Nachdenklich saß Mandūri vor seinem Zelt und ließ sich erneut von seiner Frau Temka Wein einschenken. Der Anführer der Xendavas gab einen tiefen Seufzer von sich. Kejtar saß gegenüber auf einen kleinen Schemel und blickte Kelūru an. „Es tut mir Leid, dass ich Euch keine bessere Kunde bringen konnte, mein Gebieter.”, sagte der vollbärtige Xendava und leerte seinen Becher mit einem Zug, „Mūruks Geschöpfe waren diesmal gnadenlos. Selbst unsere Gäste haben sie nicht verschont.” Temkas Mann nickte nur und leerte seinen Becher ebenfalls. „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir diese Biester schon im Laufe des Tages angegriffen und vernichtet hätten. Dann wäre jedenfalls nicht soviel Blut geflossen.”, meinte der Anführer nachdenklich, wobei ein deutlicher Selbstvorwurf in seiner Stimme lag, „Ich hätte es besser wissen müssen, mein ehrenwerter Freund.” Der Angesprochene legte seine Hand auf die Schulter Kelūrus und schüttelte energisch mit dem Kopf. Sein Gesicht wurde sehr ernst, als er ihm antwortete. „Seid nicht so hart zu Euch selbst, mein Gebieter.”, erwiderte Kejtar, „Nur Zātul und alle anderen Götter wussten, wann Mūruks Geschöpfe zuschlagen würden. Nur seiner Gnade verdanken wir es, dass nicht noch mehr von uns getötet wurden.” Der Anführer sah seinen besten Freund nur an, ohne etwas zu erwidern. Temka setzte sich neben Kelūru und schenkte ihm abermals Wein nach, bis dieser wieder seinen Becher hob und ihn mit einem Zug erneut leerte.

„Wir können die Götter nur lobpreisen, da sie nur sehr wenige zu sich riefen, mein Gemahl.”, sagte Dilāras Mutter, „Zumal weder Zātul noch die anderen Götter zugelassen haben, dass Mūruks Geschöpfe verletzte oder getötete Xendavas als Beute mitnehmen konnten. Selbst unsere Gäste mussten sie hier lassen.” „Eure Gemahlin hat Recht, mein Gebieter.”, fügte Kejtar hinzu, „Alle vier Gäste haben den Angriff dieser Bestien überlebt, auch wenn zwei von ihnen sehr schwer verletzt wurden und ein weiterer von ihnen leichte Verletzungen davontrug.” Der Anführer sah zuerst seine Frau an, dann Kejtar. „Wie haben sich denn unsere Gäste im Kampf gegen die Xularis geschlagen?”, wollte er wissen. „Mut und Tapferkeit sind für sie keine fremde Tugenden, mein Gebieter.”, antwortete dieser Kelūru, „Sie haben alle vier das Herz eines Kämpfers und hielten sich im Kampf gegen diese Viecher ausgesprochen tapfer. Ich hätte ihnen niemals soviel Mut und Kampfgeist zugetraut, denn den Eindruck hatte ich bisher von keinen der Vieren gehabt.” Der Schwarzhaarige nickte nachdenklich.

„Für wahr. Die Götter sind mit ihnen.”, sagte er, „Deshalb werden wir sie auch in den Brondus-Damrajd begleiten und ihnen während dieser Reise mit Rat und Tat zur Seite stehen.” „Sobald sie wieder genesen sind, werden sie von unseren Kriegern den Umgang mit den verschiedensten Waffen lernen, die wir besitzen.”, fuhr Kelūru fort, „Wenn Zātul uns schon zusammengeführt hat, dann hat er damit auch einiges bezweckt.” Kejtar nickte. „Ihr sprecht weise Worte, mein Gebieter.”, erwiderte der beste Freund des Anführers, „Ich werde mich selbst darum kümmern, wenn Ihr es wollt.” Inzwischen schenkte Temka erneut Wein nach. Kelūru warf ihr kurz einen Blick zu, bevor er antwortete. „Ja, edler Kejtar Sāmoš, ich möchte, dass Ihr Euch der Sache annimmt.”, entschied Dilāras Vater, „Damit lege ich das Schicksal unserer Gäste in Eure Hände, denn ich weiß, dass Ihr mich nicht enttäuschen werdet. Mögen die Götter Euch diese Aufgabe leicht machen.” „So sei es, mein Gebieter.”, erwiderte der junge Krieger, „Ich werde Euch nicht enttäuschen. Darauf habt Ihr mein Wort.” Der Anführer nickte nur und hob seinen Becher und leerte ihn wieder mit einem Zug. Kejtar tat es dem Anführer der Xendavas gleich. Als beide Männer nach mehr Wein verlangten, schüttelte Temka entschieden mit dem Kopf.

„Nein, es ist genug getrunken und geredet worden.”, sagte sie mit Nachdruck in der Stimme, „Es wird Zeit, das Nachtlager zu wärmen.” Etwas verblüfft sahen die beiden Temka Dajhān an, doch sie grinste nur, als sie die Flasche mit einem Korken verschloss. Nach dem Kelūru Mandūri aufgestanden war, sah er seinen engsten Freund und Vertrauten an. Dann nickte er. „Wenn ich Euch einen kleinen Rat geben darf, mein Freund Kejtar, dann heiratet niemals.”, sagte Dilāras Vater mit schwerer Zunge ernst, „Sonst wird der Wein zur Mangelware und du darfst ihn nur noch selten trinken um zu vergessen.” „Jawohl, mein Gebieter, ich werde Euren Rat befolgen.”, antwortete Kejtar ruhig mit ausdrucksloser Miene. Beide Männer sahen sich noch kurz an, bevor sich der Anführer von Temka zu seinem Nachtlager führen ließ. „So ist es Recht.”, sagte er noch, als er davon schlurfte. Nachdem Kejtar das Zelt des Anführers verlassen hatte, begann er amüsiert zu grinsen.

Es vergingen mehrere Tage, bis die Heiler zum ersten Mal Mandrak in das Zelt ließen, um nach seinen Bruder zu sehen. Der hellbraunhaarige Ulani war zutiefst erschrocken, als er den Schwerverletzten endlich zu sehen bekam. Tabrun lag auf einem provisorischen Krankenlager und war nach wie vor ohne Besinnung. Bei Faruls Schmiedehammer! Er sieht aus, als würde er nur schlafen!, dachte Mandrak erschüttert, als er zu seinem Bruder ans Krankenlager trat, Hoffentlich wird er bald wieder gesund! Vorsichtig griff er nach der verbundenen Hand Tabruns und hielt sie fest. Werd bald wieder gesund, mein Bruder!, dachte Mandrak besorgt, Hörst du? Verlass mich bitte nicht!, fuhr er in Gedanken fort, Wir müssen doch zusammen Vaters Farm retten! Allein schaffe ich das doch nicht, Tabrun!, dachte der Hellbraunhaarige weiter, Ich brauche dich! Weder Vater noch Mutter würden es jemals verzeihen können, wenn einer von uns beiden nicht mehr heimkehren würde!, dachte Mandrak weiter, Du musst wieder gesund werden! Der hellbraunhaarige Ulani saß einige Zeit bei seinem Bruder am Krankenbett. Unzählige Gedanken und Erinnerungen schossen ihm durch den Kopf. Mandrak dachte an die Zeit zurück, die er zusammen mit Tabrun verbracht hatte, als sie noch zusammen ihrem Vater auf dem Feld halfen, bevor der Schwarzhaarige die Farm verließ, um in der Stadt Merānos am Mullumšari zu studieren. Er musste an die zahlreichen Streiche seines Bruders denken, die er als Kind ausgeheckt hatte, um seine Mutter und jüngeren Geschwister sowie den zahlreichen Feldjungen, die alle bei Gūrad Nandor im Dienst standen, damit zu foppen. Vor seinen geistigen Augen sah er Tabruns amüsiert grinsende Gesicht und hörte das herzhafte Lachen von ihm, wenn die anderen alle sich darüber ärgerten, wenn sie feststellten, dass sie wieder einmal einen weiteren Jux des ältesten Sohnes des Farmers aufgesessen waren.

Es vergingen einige Wochen, bis die ersten der Verletzten wieder vollkommen genesen waren. Auch Tabrun machte schnell Fortschritte, während die Rekonvaleszenz von Pelto Gōlad etwas langsamer vorankam. Alle waren aber über die Zähigkeit des alten Aldoraners sehr überrascht. Niemand hatte es für möglich gehalten, wie gut sich der alte Mann von seinen Verletzungen erholte. Simdu Jakodos saß jeden Tag bei ihm am Krankenbett und sprach mit ihm, während Mandrak sich in erster Linie um seinen Bruder kümmerte, der ebenfalls auf dem Wege der Besserung war. Pelto besuchte er aber ebenfalls jeden Tag. Simdu übersetzte den beiden, während sie miteinander sprachen und Mandrak dem Aldoraner erzählte, was Tabrun während des Kampfes gegen die Xularis zugestoßen war und wie es ihm mittlerweile wieder ging. Besonders freute es Pelto, als er erfuhr, dass die Xularis besiegt waren und die wenigen, die den Kampf überlebt hatten, ihr Heil in der Flucht gesucht hatten. „Gepriesen seien die Götter, dass sie uns von dem lästigen Geschöpfen Mūruks erlöst haben!”, sagte er und lächelte dabei ein wenig erleichtert, „Mögen sie uns auch in Zukunft diese Biester vom Hals halten!” Simdu musste grinsen, als er das für Mandrak ins Ulanische übersetzte. „Hoffentlich finden die weisen Worte unseres edlen Tegoš Pelto Gōlad bei den Göttern weiterhin Gehör!”, schmunzelte der Hellbraunhaarige, „Zu Wünschen wäre das jedenfalls.”

Es vergingen noch einige Tage, bevor sowohl der Aldoraner als auch Gūrad Nandors ältester Sohn wieder das Krankenlager verlassen konnten. Besonders Mandrak freute sich über die rascher Genesung seines Bruders. Kelūru Mandūri fasste noch an diesem Tage den Entschluss, dass sich alle in den nächsten Tagen etwas erholen sollten, bevor die Xendavas anfingen, ihre Gäste im Umgang mit einigen Waffen zu trainieren.

Es war sowohl für Tabrun als auch für Mandrak das allererste Mal, dass ihnen jemand den korrekten Umgang mit den verschiedenen Waffen beibrachte. Der Anführer hatte allein zu diesem Zweck Kejtar Sāmoš und noch einige andere Männer ausgesucht, die jeweils im Umgang mit bestimmten Waffen spezialisiert waren. Die Verantwortung für diese Maßnahme übertrug Dilāras Vater wieder seinem besten Freund und engstem Vertrauten, der diese Aufgabe sehr ernst nahm. Kelūru Mandūri wusste genau, dass er sich vollkommen auf Kejtar Sāmoš verlassen konnte. Die Xendavas waren in dieser Hinsicht alle sehr streng, was die drei Ulani und auch der alte Aldoraner sehr schnell feststellen mussten. Sie ließen keine Fehler durchgehen und auch Nachlässigkeiten duldeten sie nicht.

Die Gäste mussten jeden Tag das Schießen mit Pfeil und Bogen genauso üben, wie den korrekten Umgang mit dem Schwert. Dasselbe galt auch für das Kämpfen mit dem Speer und weiteren Schlagwaffen, von denen weder Tabrun noch Mandrak vorher jemals etwas gehört hatten. Trotz aller Widrigkeiten machten alle vier Gäste recht schnelle Fortschritte, wie Kelūru Mandūri zusammen mit seiner Frau Temka Dajhān mit aller Zufriedenheit feststellen musste. Jeden Tag berichtete Kejtar dem Anführer der Xendavas über die Fortschritte der vier Schüler. Besonders beeindruckt waren alle von dem Aldoraner, der bereits im Umgang mit Pfeil und Bogen sowie Schwert recht gut vertraut war. Er war trotz seines etwas fortgeschrittenen Alters immer noch sehr kräftig und vor allen Dingen auch noch sehr schnell, was sowohl seine Lernfähigkeit betraf als auch seine Reaktionsfähigkeit.

Nach einigen Tagen erkundigte sich der Anführer am frühen Abend bei Pelto, wo er denn das Kämpfen mit verschiedenen Waffen bereits gelernt hatte. Der Aldoraner begann zu grinsen, als dieser Kelūru antwortete. „Den Kampf mit dem Schwert lernte ich bereits von meinem Vater, nachdem ich ihm schon recht lange als Feldjunge auf dem Land geholfen hatte.”, sagte der Alte mit ruhiger Stimme, „Er brachte mir auch das Jagen mit Pfeil und Bogen bei, was mir später bei meinem zahlreichen Reisen häufig zugute kamen. Die Expeditionen, an denen ich teilgenommen habe, wurden hin und wieder auch mal angegriffen und ich war damals froh gewesen, dass mein Vater so weise war, mich in der Kunst des Kampfes mit dem Schwert sowie in der Kunst des Schießens mit Pfeil und Bogen gelehrt hatte.” Dilāras Vater nickte anerkennend. „Es ist nie verkehrt, wenn man sich auf die Kunst des Kämpfens versteht.”, erwiderte der Xendava voller Anerkennung in seiner Muttersprache, „Euer Vater war ein ehrenwerter Mann, der von den Göttern mit Weisheit gesegnet war.” Pelto nickte nur. „Ja, er war ein weiser Mann, aber trotzdem starb er durch einen Feind, denn er nicht besiegen konnte.”, antwortete der Aldoraner, „Er starb nicht als Krieger in einer Schlacht, sondern auf dem Krankenlager an einer Krankheit, die bis heute als unheilbar gilt. Die Heiler in meiner Heimat nennen diese Krankheit Blaufleckenfieber.”

Simdu, Tabrun und Mandrak waren an diesem Abend sehr müde und zogen sich nach dem Essen in ihr Gästezelt zurück, um sich auszuruhen. Nur der Aldoraner blieb noch einige Zeit am Lagerfeuer sitzen und sprach ausführlich mit Kelūru und den anderen Xendavas, die ebenfalls dabeisaßen. Sehr detailliert erzählten die Männer von den raschen Fortschritten beim Training, die drei Ulani und der Aldoraner erzielten. Nach dem sie geendet hatten, erzählte Pelto auf Wunsch von Dilāras Vater, wie und wann er von seinem Vater Kämpfen lernen musste. Schweigend und ergriffen hörten sie dem Aldoraner zu, ohne ihn zu unterbrechen. Erst, als der bläulich schimmernde Būrallus aufging, zog sich Gōlad ebenfalls in das Gästezelt zurück.

Als Pelto außer Hörweite war, erkundigte sich Kelūru bei seinen Männern, wie sie die Vier in ihrer Kampfkunst einschätzten. Unschlüssig sahen sich die Xendavas an, bevor Kejtar seine Stimme erhob. „Eure Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, mein Gebieter.”, sagte er mit fester Stimme, „Sie müssen noch eine ganze Menge lernen, um vollständige Krieger zu werden, wenn Ihr das meint, edler Kelūru Mandūri.” Der Anführer der Xendavas nickte. „Ich verstehe.”, antwortete er, „Dann werde ich sie bezüglich ihrer Kampfkunst testen und wenn ihnen die Götter wohl gesonnen sind, dann werden sie ihre Prüfung auch bestehen.” Sāmoš sah Kelūru fragend an. „Wie wollt Ihr sie prüfen, mein Gebieter?”, wollte dieser wissen. „Gemäß unseren Gesetzen müssen sie gegen meine besten Männer kämpfen, damit sie das Recht haben, Waffen tragen zu dürfen, solange sie sich bei uns aufhalten.”, antwortete Dilāras Vater in einem sachlichen Tonfall, „Jeder von ihnen muss sich zum Kampf stellen. Wenn sich einer von ihnen weigern sollte, dann wird er auch keine Waffen tragen dürfen, wenn wir gemeinsam in den Brondus-Damrajd reisen und das kann wiederum für denjenigen zu Verhängnis werden, wenn wir unterwegs angegriffen werden.”

„Habt Ihr dabei schon jemanden speziell im Sinn, die gegen die Vier kämpfen sollen, mein Gebieter?”, erkundigte sich Kejtar. Mandūri nickte. „Ja, ich habe mich schon entschieden, wer gegen wen kämpfen soll.”, gab er zu, „Ich habe dabei an Sejloš Mūnax, Kēloš Surgan, an dich und an mich gedacht.” Sāmoš nickte. „Ihr habt eine kluge Wahl getroffen, mein Gebieter.”, meinte dieser, „Ich hoffe nur, dass sie die Prüfung bestehen werden.” Das Gesicht von Dilāras Vater blieb ausdruckslos, als er antwortete, wobei seine Stimme sehr fest klang. „Ich bin mir sicher, dass sie ihre Sache gut machen werden, deshalb lasse ich auch meine besten Männer gegen sie antreten.”, sagte der Anführer der Xendavas, „Sie müssen nur ihre Kämpfe gewinnen. Wenn die Vier das schaffen, dann brauchen wir uns um ihre Sicherheit nur noch sehr wenig Sorgen machen, falls wir unterwegs wieder von weiteren Xularis oder vielleicht auch von Mungāwas angegriffen werden sollten. Jede Begegnung mit den Geschöpfen Mūruks ist es ein Kampf auf Leben und Tod und darauf müssen unsere Gäste vorbereitet sein, damit sie auch eine Chance haben zu überleben. Außerdem bedeutet es für uns alle, dass jeder, der das Kämpfen mit Waffen gelernt hat, unsere allgemeine Sicherheit um beträchtliches erhöht.” Einige Momente lang saßen Kejtar und Kelūru schweigend am Lagerfeuer und leerten ihre Becher. Als Temka Dajhān wieder K’tiša nachschenkte, erhob Sāmoš wieder seine Stimme. „Ich bin mir sicher, dass wir auf dieser Reise nicht zum letzten Mal gegen Mūruks Geschöpfe kämpfen mussten. Das besonders Beunruhigende daran ist es, dass sich diese Biester immer weniger von Zātuls Atem abschrecken lassen. Die Viecher werden immer dreister.”, meinte er, „Bestimmt müssen wir das also noch öfters tun.” Der Anführer der Xendavas nickte, nachdem er seinen Becher wieder geleert hatte. „Genau das befürchte ich auch, mein edler Freund.”, antwortete Kelūru etwas verdrießlich, „Genau das befürchte ich auch und deshalb werde ich unsere Gäste bereits in den nächsten Tagen der Prüfung unterziehen. Je eher sie die Prüfung machen, umso eher dürfen sie als unsere Waffenbrüder selber Waffen tragen.”

Die nächsten Tage vergingen wie im Fluge. Die meisten Xendavas nutzten diese Zeit der Rast, um einige Schäden an der Ausrüstung zu reparieren. Im Lager herrschte angespannte Ruhe. Tabrun und Mandrak hatten beide ein seltsames Gefühl, dass beide nichts Gutes ahnen ließ. „Ich habe den Eindruck, dass hier im Lager etwas nicht stimmt.”, meinte Tabrun nach knapp zwei Tagen zu seinem Bruder, der ihm sofort beipflichtete. Jakodos schloss sich der Meinung des schwarzhaarigen Ulani an. „Ich finde auch, dass die Xendavas verdächtig ruhig sind.”, sagte er, „Ich habe das Gefühl, dass die etwas aushecken, von dem wir nichts mitbekommen sollen.” Dann wandte sich Arankas Mann an Pelto, der mit geschlossenen Augen ruhig auf seinem provisorischen Nachtlager lag und ein wenig döste. Der Angesprochene öffnete sofort seine Augen und sah Simdu an. „Was meint Ihr denn dazu, edler Tegoš?”, fragte er den Aldoraner, „Seid Ihr unserer Meinung oder wie denkt Ihr denn darüber?” Der Alte zupfte etwas nachdenklich an seinen langen Bart, bevor er antwortete. „Ich muss gestehen, dass auch ich das Gebaren unserer Gastgeber ein wenig seltsam finde, Herr.”, gestand Pelto langsam, wobei er ein wenig die Stirn runzelte, „Aber für ihr Verhalten können sie viele Gründe haben, edle Herren.” Der Blonde nickte. „Ja.”, antwortete dieser etwas gedehnt, „Bei allen Göttern! Da ist was Wahres dran.” Langsam richtete sich Gōlad von seinem Nachtlager auf und sah die drei Ulani direkt an, bevor er fortfuhr. „Trotzdem solltet Ihr wissen, edle Herren, dass ich mich mit dem Anführer der Xendavas über meine Kampfkunst unterhalten habe.”, gestand der Alte, „Dabei wollten die Xendavas sehr genau wissen, wie, wann und warum ich die Kunst des Kämpfens mit Pfeil, Bogen und Schwert gelernt habe.” Nachdem Simdu übersetzt hatte, nickte Tabrun. „Langsam kommt mir ein Verdacht auf.”, sagte er ernst, „Ich fürchte, dass uns die Xendavas in dieser Hinsicht demnächst prüfen wollen. Anscheinend waren sie davon beeindruckt, dass wir ohne Angst zusammen mit ihnen gegen die Xularis gekämpft haben.” Mandrak nickte. „Wahrscheinlich wollen sie uns mit dem Training auch nur auf einen besonders gefährlichen Teil unserer Reise zum Brondus-Damrajd vorbereiten.”, meinte der Hellbraunhaarige nachdenklich, „Es wäre doch möglich, dass die Xendavas davon ausgehen, dass dies nicht die allerletzte Begegnung mit den Xularis war. Immerhin hat uns Kelūru Mandūri doch gesagt, wie gefährlich es hier in der Wüste ist und wie gefährlich auch die Reise zum Brondus-Damrajd ist. Zumindest wäre damit schon mal die Sache mit dem Training des Kämpfens erklärt.”

Es vergingen noch einige Wochen bis der Anführer der Xendavas alle im Lager zusammen rufen ließ. Im gesamten Lager lag Spannung in der Luft. Nachdem das leise Murmeln in der Menge verstummt war, erhob Mandūri seine Stimme. „Vor längerer Zeit trafen wir an der letzten Oase Fremde, die von weit her kommen.”, begann Kelūru und sah dabei in die Runde, „Wir haben Sie als Freunde in unserer Mitte willkommen geheißen, nachdem wir uns versichert hatten, dass sie keine Oskonier sind.” Wieder murmelten einige zustimmend. „Als uns die Xularis angriffen, haben sie mit viel Mut und Tapferkeit an unserer Seite gekämpft.”, fuhr der Anführer der Xendavas fort, „Heute ist der Tag gekommen, an dem wir unseren Gesetzen entsprechend unsere Gäste ehren werden, indem wir sie zu unseren Waffenbrüdern machen.” „Damit sie zu unseren Waffenbrüdern werden können, müssen sie noch eine letzte Prüfung bestehen.”, sprach Mandūri weiter, „Eigentlich haben sie bereits einen Kampf auf Leben und Tod hinter sich, als sie mit uns gemeinsam gegen die Xularis gekämpft haben. Aber die heutige Prüfung ist die wichtigste, damit sie nach den Gesetzen der Xendavas Waffen tragen dürfen. Die letzte Prüfung ist auch die schwierigste, denn alle vier müssen jeweils gegen einen unserer besten Krieger zu einem Kampf antreten, bei dem sie beweisen können, dass sie mittlerweile nach unseren Gesetzen das Recht haben, Waffen tragen dürfen. Bestehen sie sie, so werden sie von dem heutigen Tage an, Waffenbrüder der Xendavas sein.”

Während der Ansprache von Kelūru übersetzte Pelto den drei Ulani fast simultan. Simdu war nahezu überrascht, wie schnell der Alte seiner Arbeit nachkam, ohne sich dabei zu verheddern. Gōlad ahnte nicht, dass der Anführer für den alten Aldoraner bewusst langsam sprach und immer wieder kurzen Pausen einlegte. Aufmerksam hörten alle Anwesenden Mandūri zu, der inzwischen auf die Regeln für die einzelnen Kämpfe erläuterte. „Wenn ein Krieger während des Kampfes den anderen entwaffnet, dann darf er ihn auch töten, wenn er will.”, erklärte der Anführer, „Allerdings hat der Sieger auch das Recht, den Verlierer zu begnadigen und ihm sein Leben lassen. Dann steht der Verlierer in dessen Lebensschuld, bis er das Leben des Siegers eines Tages einmal retten kann. Erst dann sind beide miteinander quitt. Allerdings ist es dieses Mal ein wenig anders, denn der Sieger kann auch auf sein Recht, dass der Verlierer in dessen Lebensschuld steht, verzichten, weil unsere Gäste bereits mit uns Seite an Seite gegen die Geschöpfe Mūruks gekämpft haben. Niemand hat das Recht, weder dem Sieger noch dem Besiegten dafür zu verurteilen. Wer es trotzdem tut, wird gemäß unseren Gesetzen aus unserer Gemeinschaft für eine lange Zeit ausgeschlossen und derjenige kann nur dann in unserer Gemeinschaft zurückkehren, wenn derjenige das Unrecht an seinem Opfer wieder gutgemacht hat.” Mit seinen dunkelblauen Augen sah er in die Runde. Alle schwiegen und blickten wortlos ihren Anführer an, der sich wieder in seinem Sessel Platz nahm. Dann rief Dilāras Vater nach Tabrun, Mandrak, Simdu und Pelto, die sich sofort vor dem Anführer der Xendavas aufbauten.

„Da Ihr Vier selbst nicht alle im Umgang mit Waffen geschult seid, steht Euch natürlich das Recht zu, selbst die Waffen zu wählen, von denen Ihr glaubt, dass Ihr damit Euren jeweiligen Kampf gewinnen könnt.”, sagte Mandūri mit ausdrucksloser Miene, „Wählt weise, dann könnt Ihr etwas sicherer sein, Euer Leben etwas länger behalten zu dürfen.” Kelūru gab rasch einigen Xendavas ein paar Befehle, die sie sofort ausführten. Wenig später legten sie einige verschiedene Waffen vor den drei Ulani und dem Aldoraner nieder. „Wählt jetzt Eure Waffen!”, forderte Kelūru die Vier mit ernster Miene auf, „Bedenkt aber, dass meine Krieger sich nach den Waffen entscheiden werden, die Ihr selbst erwählt habt. Mögen die Götter Euch bei Eurer Wahl beistehen.”

Nachdenklich betrachte Tabrun die verschiedenen Waffen, die vor ihm auf einem Teppich ausgebreitet lagen. Da er selbst Laie war und von der Kriegskunst keinerlei Kenntnis besaß, konnte er auch nicht erkennen, in welchem Zustand sie waren. Mehrmals umrundete er das kleine Arsenal, bevor er vorsichtig nach einem Schild und einen Kurzschwert griff und diese beiden Teile herauszog. Aufmerksam wog er das Schwert in seiner Hand. Dann nahm er das Schild hoch. Beides war weder zu schwer noch zu leicht. Dann nickte er. „Ich habe mich entschieden.”, verkündete Gūrads ältester Sohn mit fester Stimme, „Ich nehme das Kurzschwert und das Schild.” Kelūru nickte. „Wohlan, so sei es.”, antwortete der Anführer, „Ihr habt eine sehr gute Wahl getroffen. Die Götter müssen mit Euch sein. Mögen sie auch Eure Hand leiten, wenn Ihr gegen meine besten Krieger antreten müsst.”

Inzwischen war Pelto an das kleine Waffenarsenal getreten. Der Aldoraner brauchte nicht lange zu überlegen, welche Waffen er nehmen musste und griff beherzt zu. Auch er hatte sich für ein Schwert und einem Schild entschieden. Demonstrativ hielt er beides in die Höhe, als er lautstark verkündete: „Ich werde mit diesen beiden Waffen kämpfen.” Dann stieß er einen so lauten Kampfschrei aus, denn niemand von dem alten Mann jemals für möglich gehalten hätte.

Arankas Mann trat nun vor. Auch er hatte sich bereits entschieden. Fest entschlossen griff er in den kleinen Stapel und zog eine kleine Streitaxt heraus. Statt eines Schildes zog er stattdessen ein Kurzschwert heraus. Beide Waffen wog er in seinen Händen. Als er feststellte, wie gut sie in seinen beiden Händen lagen, nickte er zufrieden. „Sag’ Eurem Krieger, den Ihr für mich als meinen Gegner ausgewählt habt, dass er schon einmal von seinen Leben Abschied nehmen soll.”, sagte der blonde Ulani mit ernster Miene, „Ab heute haben ihn die Götter verlassen.”

Mandrak, der jüngste Sohn von Gūrad Nandor, trat nun vor den Anführer der Xendavas hin. „Ich werde mit der Kraft eines Kojn-Kojns und den Mut eines Mivukus kämpfen.”, sagte der Ulani mit fester Stimme, als er zwei Kurzschwerter aus dem Arsenal hoch nahm und diese sorgfältig in seinen beiden Händen wog, „Und diese beiden Schwerter werden Eurem Krieger wie die Zähne eines tollwütigen Mivukus vorkommen, schnell, erbarmungslos und tödlich.”

„Damit habt Ihr Eure Waffen gewählt.”, konstatierte Kelūru und sah die Gäste dabei sehr ernst an, „Damit habt Ihr auch entschieden, gegen wem Ihr nun kämpfen müsst. Mögen die Götter jeweils den Besseren gewinnen lassen.” Die drei Ulani und der Aldoraner sahen sich gegenseitig an. Das hört sich nicht gut an!, dachte Mandrak düster, der bereits schlimmes ahnte, Hoffentlich muss keiner von uns seine Entscheidung bereuen! Kelūru stand wieder auf und trat in die Mitte des Platzes. Das leise Murmeln in der Menge erstarb sofort, als Mandūri drei Namen rief. Sofort traten die Gerufenen aus der Menge heraus und verbeugten sich sofort ehrerbietig vor ihren Anführer.

„Die Götter haben entschieden, gegen wem Ihr kämpfen müsst.”, sagte Dilāras Vater mit ernster Miene, „Zeigt ihnen, das Ihr ehrenvolle Krieger seid. Kämpft gegen sie, wie Ihr es gewohnt seid. Nur dann können die Götter entscheiden, wer von ihnen der Waffenbruderschaft mit uns würdig ist.” „Ja, Gebieter.”, antworten die drei Xendavas unterwürfig, „Wir werden so kämpfen, wie die Götter es von uns verlangen.” Kelūru Mandūri lächelte ein wenig. „Ja, ich weiß.”, erwiderte der schwarzhaarige Xendava, „Mehr erwarte ich auch nicht von Euch.” Mandūri warf einen kritischen Blick den drei Ulani und dem Aldoraner zu, die schweigend in der Menge warteten und den Anführer sowie die drei Gerufenen aufmerksam beobachteten.

„Ich bin gespannt, wer gegen wen kämpfen muss.”, flüsterte Mandrak seinem Bruder zu. Dieser nickte kaum merkbar. „Das wollen bestimmt noch eine ganze Menge mehr wissen.”, flüsterte Tabrun zurück, „Wir können nur hoffen, dass Zātul und alle anderen Götter uns gegenüber gnädig gestimmt sind. Sonst wird die ganze Angelegenheit ein sehr unerfreuliches Desaster für uns werden. Nachdem sie uns schon als Gäste in ihrer Mitte aufgenommen haben, wird wohl kaum einer ihrer Krieger einen von ums im Kampf töten, auch wenn es normalerweise ihre Gesetze es von ihnen verlangen. Das Allerschlimmste, was uns jetzt passieren kann ist, dass wir nach ihren Gesetzen keine Waffen tragen dürfen.” „Wieso hat er nur drei Krieger zu sich gerufen?”, fragte Simdu leise, „Wir selbst sind doch schon vier Mann.” Kelūru hatte sich inzwischen wieder den drei Ulani und dem Aldoraner zugewandt. Seine Miene war ausdruckslos, als er die Vier aufmerksam musterte. „Seid Ihr für Eure Prüfung bereits?”, fragte er. Alle vier nickten. „Ja, wir sind bereit.”, übersetzte Pelto die Antworten von Tabrun, Mandrak, Simdu und Pelto. Dilāras Vater nickte zufrieden. „Gut.”, sagte er, „Dann lasst uns beginnen.”

Simdu trat als erster in den Kreis. Kampfbereit blieb er stehen. Leise murmelnd sahen ihn den Anwesenden an. Das Murmeln in der Menge schwoll an. Als sein Gegner in die Mitte trat. Der Xendava war einen halben Kopf größer als Arankas Mann. Kēloš Surgan begann zu grinsen, als er sich direkt vor dem blonden Ulani aufbaute. Oh Mann!, dachte er, als er seinen großen muskulösen Gegner musterte, Wie soll ich bloß gegen den denn eine Chance haben? Surgan hielt die gleichen Waffen in seinen großen Händen. „Kämpft jetzt!”, befahl Mandūri, „Möge der Bessere gewinnen.”

Sofort griff Surgan an. Simdu japste nach Luft, als er schon beim ersten Angriff des Xendava-Kriegers die ganze Wucht des Schlages abkriegte und sofort nach hinten taumelte. Nur mit Mühe konnte er die erste Attacke mit der Streitaxt abwehren. Kēloš gab ein wildes Schnauben von sich, als er erneut mit der Axt ausholte. Mit einem lauten Kampfschrei ließ er die tödliche Waffe wieder auf den Ulani niedersausen. Es klirrte laut, als beide Streitäxte aufeinanderschlugen. Simdu ächzte, als sich beide Waffen miteinander verkeilten. Der junge Ulani war bei weitem nicht so kräftig wie sein xendavischer Gegner. Surgan gelang es, dem Blonden seine Axt zu entreißen. In einem hohen Bogen flog die Waffe davon und bohrte sich weit entfernt in den Sand. Entsetzt sah Jakodos ihr nach. Ein Warnruf ließ ihn herumfahren. Nur in aller letzter Sekunde gelang es ihm, einem tödlichen Schwerthieb Surgans auszuweichen. Knirschend bohrte sich die Klinge in den heißen Wüstensand. Simdu versuchte sofort mit seinem Kurzschwert auf die Beine seines Gegners zu zielen, doch dieser machte einen gewaltigen Sprung nach hinten. Schnell versuchte Simdu wieder aufzustehen.

Mit einem weiteren Kampfschrei ging er zum Gegenangriff über. Laut klirrten die beiden Klingen ihrer Schwerter, als sie aufeinandertrafen. Mit aller Kraft stieß ihn Kēloš von sich weg. Simdu taumelte erneut, doch dieses Mal konnte er sein Gleichgewicht halten. Sofort setzte Surgan nach. Mit einem schnellen Sprung war er bereits bei dem Ulani und stieß ihn zu Boden. Arankas Mann verlor erneut das Gleichgewicht und fiel. Die gleißende Wüstensonne blendete den Blonden und er musste kurzfristig die Augen schließen. Als ein dunkler Schatten über ihn auftauchte, war es bereits zu spät für Simdu. Bevor der Ulani noch reagieren konnte, bohrte sich Surgans Schwert schmatzend in das rechte Bein. Explosionsartig breitete sich der Schmerz in Simdus Körper aus und er stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. Dicht vor Arankas Mann blieb Surgan stehen. Sein Blick war ausdruckslos, als er die Klinge wieder aus der Wunde herauszog. Sofort ließ er erneut, die Waffe auf den verletzten Mann niedersausen. Reflexartig schloss Jakodos wieder die Augen. Jetzt ist es vorbei!, dachte er noch, als Surgans Klinge sich direkt neben Simdu in den Sand bohrte. „Ihr habt gut gekämpft, Ulani.”, sagte Kēloš mit kraftvoller Stimme, „Wegen Eures Mutes und Eurer Tapferkeit, schenke ich Euch Euer Leben. Ihr seid ein wahrer Kämpfer, der die Ehre der Waffenbruderschaft mit den Xendavas verdient hat.” Als der Xendava zurücktrat, eilten schon die Heiler herbei, um den Verletzten medizinisch zu versorgen. „Und Ihr werdet nicht in meiner Lebensschuld stehen.”, fügte er mit wohlwollendem Blick hinzu, „Werdet also rasch wieder gesund, damit wir sobald wie möglich auf unsere Waffenbruderschaft anstoßen können, edler Ulani.” Dann machte er eine respektvolle Verbeugung vor dem Blonden, der von den Heilern verarztet wurde.

Entschlossen trat Pelto in den Kreis. Kampfbereit hielt er das Schwert hoch und das Schild fest umklammert. Wenig später baute sich auch schon sein Gegner vor dem Aldoraner auf. Sejloš Mūnax grinste, als er den Alten vor sich sah. Bei Fazilāna!, dachte Pelto bei dem Anblick seines jungen Gegners, den er aufmerksam musterte, Der scheint sich seiner Sache ja schon sehr sicher zu sein! „Ich hätte nicht gedacht, dass Aldoraner sich hinter einem Schild verstecken müssen!”, sagte Sejloš lachend, „Und dabei habe ich Euch für viel mutiger gehalten!” Gōlad hatte nicht alles verstanden, was der Krieger auf Xendavu gesagt hatte und schwieg daher. „Na schön.”, fuhr er gelassen fort, „Dann wollen wir das Ganze mal schnell hinter uns bringen, damit Ihr rasch wieder nach Hause zu Eurer Mami zurückkehren könnt und die rasch für Euch ein leckeres Süppchen kocht.” Er grinste breit. Die ersten in der Menge begannen zu lachen. Kaum hatte Mūnax das letzte Wort ausgesprochen, griff er auch schon an. Inzwischen war das breite Grinsen aus dem Gesicht des Xendava-Kriegers wieder verschwunden.

Pelto war überrascht, mit welcher Kraft der Xendava seine beiden Schwerter gegen den Aldoraner führte. Der wesentlich kleinere Gōlad hatte sehr viel Mühe, die Schläge seines Gegners mit dem Schild abzuwehren. Für ihn stand sehr schnell fest, dass er keine andere Wahl hatte, als auf einen Fehler seitens des Xendavas zu warten. Doch dieser war sehr clever und jeder seiner Angriffe führte er mit Bedacht aus. Es dauerte eine Weile, bis sich für den Aldoraner eine Gelegenheit zum Gegenangriff bot.

Zum wiederholten Male krachte eines der Schwerter von Sejloš auf das Schild, das der Alte schützend hochhielt. Doch dieses Mal nutzte Pelto den Schwung seines Gegners aus und ließ sich hinten fallen. Nach einer gekonnten Rolle stand er bereits wieder auf den Beinen, als der Xendava das Gleichgewicht verlor und in den Sand fiel. Bevor er noch reagieren konnte, war der Alte schon bei ihm und hielt Mūnax seine Klinge in den Nacken. „Was ist denn mit dir, Sejloš?”, rief jemand in der Menge so laut, dass es jeder hören könnte, „Du wirst dich doch nicht von einem lebenden Skelett besiegen lassen!” Bei den Anwesenden brach ein schallendes Gelächter aus. „Gebt Ihr auf?”, fragte Pelto grinsend sowohl auf Oskonisch als auch auf Xendavu, „Oder begehrt Ihr weiterzukämpfen?” Der Xendava fluchte laut in seiner Muttersprache, als er die Frage des Aldoraners hörte. Sofort erhöhte dieser mit der Spitze seines Schwertes den Druck im Nacken des am Boden Liegenden. „Okay, okay!”, sagte er widerstrebend, „Ich gebe mich geschlagen. Ihr habt gewonnen.” Pelto nickte zufrieden, ohne die Spitze seines Schwertes vom Nacken seines Gegners zu nehmen. „Ihr habt alle vernommen, dass er sich ergeben hat. Damit ist der Kampf zwischen uns beiden vorbei. Außerdem verzichte ich darauf, dass er in meiner Lebensschuld steht.”, verkündete der Aldoraner mit ausdrucksloser Miene und nahm die Spitze aus dem Nacken von Sejloš Mūnax. Sofort stand dieser auf. „Dieser Kampf zeigt uns, dass die Kraft der Jugend nicht immer ausschlaggebend für einen Sieg ist.”, fügte der Xendava hinzu und warf dabei Pelto einen respektvollen Blick zu, „Manchmal entscheidet auch die Erfahrung des Alters zwischen Sieg und Niederlage. Es war mir eine Ehre, gegen Euch kämpfen zu dürfen, edler Aldoraner.” Mit diesen Worten machte er noch eine respektvolle Verbeugung vor Pelto, der ihn freundlich ansah. „Auch für mich war es eine Ehre, gegen Euch die Klingen kreuzen zu dürfen, edler Krieger der Xendavas.”, erwiderte der Alte nicht weniger respektvoll, „Und ich hoffe, dass wir in Zukunft die Klingen nur noch Seite an Seite gegen unsere Feinde kreuzen werden. Noch einmal möchte ich nicht gegen Euch antreten müssen.”

Tabrun warf seinem kleinen Bruder einen kurzen Blick zu und nickte. Mandrak verstand sofort, was er damit sagen wollte. Nun war es an der Zeit, dass der hellbraunhaarige Ulani in die Mitte treten und sich nun seinem Gegner zum Kampf stellen musste. Der junge Nandor musste nicht lange warten, bis Kejtar Sāmoš sich vor ihm aufbaute. Mandrak schluckte, als er begriff, dass er den größten und stärksten Krieger der Xendavas vor sich stehen hatte. Beide sahen sich gegenseitig an. Kejtar begann zu grinsen. Er war mit einem Schwert und einer kleinen Streitaxt bewaffnet, die er demonstrativ hochhielt. „Na, kleiner Mann, wie hättet Ihr’s denn gerne?”, sagte er in seiner Muttersprache, „Kurz und schmerzlos oder langsam und schmerzhaft?” Der junge Ulani schluckte. Tut mir Leid, mein Guter!, dachte Mandrak, Gibt Euch keine Mühe, denn ich bin Eurer Zunge immer noch nicht mächtig! „Na gut.”, fuhr Kejtar mit einem leicht spöttischen Unterton in seiner Stimme fort, „Ich will mal nicht so sein und mache es daher für Euch kurz und schmerzlos. Immerhin haben die Götter Euch für mich als Gegner auserkoren.”

„Na los, nur nicht so ängstlich.”, feixte Sāmoš auf Xendavu weiter, „Die Leute hier möchten etwas geboten kriegen.” Mandrak erwiderte nichts. Er konnte nur vermuten, was Kejtar zu ihm gesagt hatte. Langsam trat er einen kleinen Schritt auf den Xendava zu und holte dabei mit einem der Schwerter aus. Die Klinge glänzte im Sonnenlicht. Mit aller Kraft schlug der junge ulanische Farmersohn zu. Doch Kejtar war auf der Hut und parierte den Schlag mühelos. Gūrads jüngster Sohn hatte sich bereits darauf eingestellt, dass Sāmoš ein harter Brocken sein würde, denn der muskulöse Krieger war fast zwei Kopf größer als Mandrak selbst. Allerdings musste der Hellbraunhaarige feststellen, dass Kejtar wesentlich flinker und kräftiger war, als er vorher gedacht hatte. Der Xendava trat ein paar kleine Schritte zurück. Mit der Streitaxt in seiner Hand deutete er an, dass Mandrak ihn angreifen sollte. Er sagte auch etwas, aber der junge Ulani verstand kein einziges Wort. Entschlossen holte Nandor zu einem Hieb aus und sprang mit einem lauten Kriegsschrei auf den hünenhaften Gegner zu. Doch dieser ließ sich nicht beeindrucken. Wieder krachten die Klingen der Schwerter aufeinander. Ohne sich besonders anstrengen zu müssen, stieß Kejtar den jungen Ulani von sich weg. Mandrak geriet ins Taumeln, denn mit der enormen Kraft, die der Xendava dafür einsetzte war wesentlich mehr, als er selbst beabsichtigt hatte. Wie soll ich ihn jemals besiegen können?, fragte sich Mandrak, als er merkte, wie stark sein Gegner war, Gegen den Mann habe ich nie und nimmer eine Chance! Doch entschlossen griff Tabruns Bruder wieder an. Wie erwartet, parierte auch dieses Mal der Xendava mühelos seine Schwerthiebe. Aber Kejtar vollführte dabei eine klassische Drehung um die eigene Achse. Der Hellbraunhaarige erschrak, als eines seiner beiden Schwerter aus seiner Hand gerissen wurde und in einem hohen Bogen von ihm weg flog. Sāmoš begann laut zu lachen, als er seinen Gegner leise auf Ulanisch fluchen hörte, obwohl er kein einziges Wort davon verstand. Über sich selbst verärgert, griff Mandrak erneut an. Doch Kejtar war schneller, als der Hellbraunhaarige. Mit einem Satz sprang der Xendava beiseite und ließ Mandrak ins Leere laufen. Rasch versetzte er dem ulanischen Farmersohn einen kräftigen Hieb in den Rücken, der den jungen Nandor sofort zu Fall brachte. Sofort setzte Kejtar nach und warf seine Streitaxt nach ihm. Ohne den lauten Warnruf seines älteren Bruders zu achten, machte Mandrak geistesgegenwärtig eine gekonnte Rolle und stand kurz darauf wieder auf seinen Beinen. Die Axt bohrte sich dort in den Sand, wo Tabruns Bruder noch wenigen Augenblicken zuvor in den Sand gefallen war. Der Xendava stieß einen Fluch aus, der sehr guttural und daher auch sehr bedrohlich klang. Unwillkürlich musste Mandrak grinsen. Es war ein kurzer Moment, der ihn Anlass zur Hoffnung gab, dass er diesen Zweikampf doch noch für sich entscheiden konnte. Etwas zuversichtlicher ging er sofort wieder zu einem neuen Angriff über. So kräftig, wie er nur konnte, ließ er erneut die Klinge gegen den Hünen vorschnellen. Doch auch dieses Mal verfehlte die Waffe nur sehr knapp ihr Ziel. Als Mandraks Klinge den Stoff des Gewandes von Sāmoš durchdrang, erklang ein Geräusch, das niemand in der Menge überhören konnte. Bei Zātul!, dachte er verbissen, Hilf mir diesen Kampf zu gewinnen! Kejtar stieß einen lauten Fluch aus, als er merkte, wie knapp Mandraks Klinge ihn nur verfehlt hatte. Ein Teil seiner Kleidung war aufgetrennt worden und hing nun an dem verdutzt dreinschauenden Krieger herab. Einige in der Menge begannen zu lachen, als ein kleiner Teil seiner gewaltigen Muskelberge zum Vorschein kamen. Kelūrus engster Vertrauter und Freund ließ sich davon nicht beirren und ging zu einen Gegenangriff über. Nur mit sehr viel Mühe konnte Mandrak den Angriff seines Gegners parieren. Als Kejtar sein ganzes Körpergewicht in den Schwung legte, hatte Nandor dem nichts mehr entgegenzusetzen. Er fiel rücklings in den heißen Sand. Sofort war der Xendava über ihn. Beiden Klingen trafen wieder aufeinander. Instinktiv winkelte Tabruns Bruder seine Beine an und mit soviel Kraft, wie er nur aufbringen konnte, stieß er den starken und wesentlich größeren Krieger zurück. Dieser taumelte, konnte aber sein Gleichgewicht halten. Für Mandrak war es Zeit genug, um wieder aufzustehen und weiterzukämpfen. Ohne darüber nachzudenken, setzte er nach. Doch zu spät merkte er, dass Kejtar schon wieder die Kontrolle über sich und Situation hatte. Das letzte, was Mandrak noch sehen konnte, war das ausdruckslose Gesicht des Xendava-Kriegers. Dann fühlte er einen brennenden Schmerz, der seinen Ursprung an der linken Seite unterhalb der Brust hatte. Als er zusammenbrach, bemerkte er die große Wunde, die ihm Sāmoš mit seinem Schwert beigebracht hatte. Als der jüngste Farmersohn auf den Rücken lag, sah er Kejtar mit seiner blutverschmierten Waffe vor sich stehen. Das Blut tropfte von der glänzenden Klinge in den Sand. Mandrak gab ein schmerzverzerrtes Stöhnen von sich. Er wusste genau, dass es sein Blut war, das er sah. Als der Krieger zum tödlichen Hieb ausholte, schloss Mandrak instinktiv die Augen. Jetzt ist es vorbei!, dachte er noch. Dann bohrte sich die tödliche Klinge knirschend direkt neben seinen Kopf in den hellen Wüstensand. Der Hellbraunhaarige brauchte einige Momente lang, bis er begriff, dass er noch am Leben war. Kejtar hatte sich inzwischen wieder zu seiner vollen Größe aufgerichtet. Seine Stimme war laut und deutlich, als er das Wort ergriff. „Der Kampf ist vorbei. Ich schenke Euch Euer Leben, junger Ulani, denn Ihr habt sehr gut gekämpft.”, sagte er mit Bewunderung in seiner Stimme, „Mut und Tapferkeit sind bei Euch wahrhaftig keine fremde Tugenden. Ihr habt Euch und auch Euren Begleitern gegenüber alle Ehre gemacht, indem Ihr mit mir die Klinge gekreuzt habt und daher verzichte ich darauf, dass Ihr in meiner Lebensschuld stehen müsst.” Noch während Kejtar seine Worte sprach, waren bereits die Heiler zu dem Verwundeten geeilt und versorgten ihn medizinisch. Als Kejtar geendet hatte, machte er noch eine respektvolle Verbeugung vor dem verwundeten Ulani.

Noch bevor die Heiler zu Mandrak eilen konnte, war Tabrun bereits bei ihm. Nur einen Augenblick später stand auch schon Pelto Gōlad ebenfalls gebeugt neben den schwarzhaarigen Ulani. Besonders sorgenvoll sah der Schwarzhaarige seinen jüngeren Bruder an, als Gūrads ältester Sohn die Hand seines jüngeren Bruders in seine nahm. Der Hellbraunhaarige verzog vor Schmerzen wieder das Gesicht. „Bei allen Göttern!”, stieß er mühsam zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor, „Das tut so verdammt weh.” „Aber du bist glücklicherweise am Leben, Bruder.”, erwiderte Tabrun mit Stolz in seiner Stimme, „Du hast sehr gut gekämpft. Ich bin sehr stolz auf dich.” Der Hellbraunhaarige lächelte ein wenig über das Lob seines Bruders. Als die Heiler den hellbraunhaarigen Ulani erreichten, hatte dieser bereits das Bewusstsein verloren. Unsanft wurde der schwarzhaarige Ulani von seinem Bruder weggedrängt, als sie anfingen, den Verwundeten medizinisch zu versorgen. Auch den Aldoraner drängten sie unsanft beiseite.

Mitfühlend legte Pelto seine alte, aber sehr kräftige Hand auf die Schulter Tabruns, der den Heilern bei ihrer medizinischen Tätigkeit zusah. Er sagte etwas auf Aldoranisch zu ihm, doch der ältere der beiden Nandor-Brüder verstand kein Wort. Aber Tabrun hörte deutlich den aufmunternden Tonfall in der Stimme von dem Tegoš, der die drei Ulani bis hierher gebracht hatte. Tabrun nickte nur wortlos, während er beobachtete, wie die Heiler weiterhin seinen verwundeten Bruder verarzteten. Einige Zeit später wurde der bewusstlose Mandrak in das Zelt der Heiler gebracht, wo sie ihn neben Simdu Jakodos weiter versorgten. Wenige Augenblicke später zupfte ihn Pelto an seiner Kleidung und deutete auf den Anführer der Xendavas, der inzwischen in die Mitte getreten war. Tabrun verstand im ersten Moment nicht, was der Aldoraner meinte, als er auf Aldoranisch mit ihm sprach. Doch als der Alte mit seiner Hand auf Kelūru deutete, der nun neben ihnen stand, begriff Tabrun, was Pelto eigentlich sagen wollte. Der schwarzhaarige Ulani nickte und blickte Gōlad an. Als der alte Tegoš Tabrun in Mandūris Richtung drängte, reagierte er endgültig. Sofort setzte sich der Farmersohn in Bewegung und blieb direkt vor den Anführer der Xendavas stehen.

Kelūru sagte etwas auf Xendavu, doch Tabrun konnte kein Wort verstehen. Ernst blickte er Dilāras Vater an, der sich für die gleiche Bewaffnung entschieden hatte wie ulanische Farmersohn. Demonstrativ hielt er den Schild hoch, ebenso das Kurzschwert. Der schwarzhaarige muskulöse Mann war eine äußerst beeindruckende Erscheinung. Doch Tabrun entschloss sich, nicht von seinem Anblick einschüchtern zu lassen. Auch der laute Kampfschrei, den Mandūri ausstieß, ließ den jungen Ulani äußerlich ruhig bleiben, obwohl dieser innerlich zusammenzuckte. In seinen Gedanken war er immer noch bei seinen Bruder, der inzwischen in einem der Zelte der Heiler war und dort betreut wurde.

„Wenn Ihr zum Kämpfen bereit seid, lasst uns beginnen.”, sagte Kelūru mit ernster Miene auf Xendavu. Obwohl der ältere der beiden Nandor-Brüder kein einziges Wort verstanden hatte, nickte er. „Okay, dann lasst uns kämpfen.”, erwiderte der schwarzhaarige Farmersohn, „Bei Zātul! Ich bin wahrhaftig bereit.” Bevor Tabrun einen Satz zu Ende gesprochen hatte, griff der Anführer der Xendavas mit einen lauten Kampfschrei an. Reflexartig hielt Gūrads Sohn sein Kurzschwert hoch, als auch schon die beiden Klingen aufeinanderschlugen. Tabrun grinste, als er das verdutzte Gesicht von Mandūri direkt vor sich sah. Kraftvoll stieß der Xendava den Ulani von sich weg. Tabrun geriet ins Taumeln, aber er behielt das Gleichgewicht. Elegant schwang Dilāras Vater sein Schert, bevor er es auf seinen ulanischen Gegner vorschnellen ließ. Tabrun konnte im allerletzten Moment auswichen. Die tödliche Klinge verfehlte daher ihr Ziel. Kelūru gab dabei einen undefinierbaren Laut von sich. Nandor ließ sich diesen Augenblick nicht entgehen und ging sofort zu einem Gegenangriff über. Laut krachte Tabruns Schwert auf das Schild des Anführers. Bei Zātul!, dachte der schwarzhaarige Farmersohn, Der Mann ist ganz schön auf der Hut! Als ob Kelūru seine Gedanken gelesen hätte, machte er blitzschnell eine Drehung und ließ erneut seine Klinge vorschnellen. Nur sehr knapp verfehlte er Tabruns Bauch. Mandraks Bruder fluchte, nachdem er merkte, wie knapp er einer tödlichen Verletzung gerade noch so entronnen war. Beide Männer sahen sich gegenseitig finster an. Mit einem weiteren lauten Kampfschrei versuchte Mandūri einen erneuten Angriff. Nur mit viel Mühe konnte Tabrun den Schwerthieb seines Gegners abwehren, wobei er ein sehr tiefes kehliges Knurren von sich gab. Aber Kelūrus Kraft reichte aus, um den Ulani zu Fall zu bringen. Gnadenlos setzte Mandūri nach und ließ sein Schwert auf dem am Boden Liegenden niedersausen. Gūrads ältester Sohn konnte noch rechtzeitig reagieren und hob sein Schwert in die Höhe. Die Klingen der beiden Waffen krachten erneut aufeinander. Mandūri gab inzwischen ebenfalls ein tiefes Knurren von sich. Tabrun musste all seine Kraft aufbringen, um den Xendava von sich wegzustoßen. Als Mandūri weit genug von ihn entfernt war, versuchte Gūrads Sohn so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen. Der Anführer der Xendava machte einen Satz auf den jungen Ulani zu und ließ erneut seine Klinge vorschnellen. Ein weiteres Mal krachten die beiden Schwerter aufeinander. Kelūru fluchte laut, als er merkte, dass er den jungen schwarzhaarigen Ulani unterschätzt hatte. Er sprang einen Satz zurück und wartete auf einen Gegenangriff seitens Tabruns. Doch dieser zögerte einen kurzen Augenblick. Instinktiv ahnte Mandraks Bruder, dass der Anführer der Xendavas eine Falle für ihn vorbereitet hatte. Tabrun fiel nicht darauf herein. Als Mandūri das begriffen hatte, wandte er eine neue Taktik an. Ich hätte nie gedacht, dass dieser junge Bursche so gut kämpfen kann, obwohl er das nie gelernt hat!, dachte Dilāras Vater bewundernd, Trotzdem muss ich ihn irgendwie besiegen! Wieder schlugen die Klingen aufeinander. Mit all seiner Kraft stieß Kelūru Tabrun von sich weg. Da der Xendava wesentlich größer und auch kräftiger war als Nandor, konnte der Ulani sich nicht mehr auf den Beinen halten und fiel in den heißen Wüstensand. Blitzschnell setzte Kelūru nach und schlug ihm das Schwert aus der Hand. Mit Entsetzen sah der schwarzhaarige Farmersohn seiner Waffe nach, die sich weiter weg in den Sand bohrte. Mit ausdruckloser Miene baute sich Mandūri von ihm auf und sah den erschöpften Ulani an. Beide Männer keuchten. Langsam zielte er mit seiner Waffe auf die Kehle Tabruns. Ihre Blicke trafen sich. „Gebt Ihr euch geschlagen, edler Ulani?”, wollte Dilāras Vater auf Xendavu von seinem Gegner wissen, „Es wäre besser für Euch.” Schweigend sah Tabruns den Anführer der Xendavas an. Er wusste zwar nicht, was Mandūri zu ihm gesagt hatte, aber das brauchte er auch nicht, denn er wusste auch so, was die Frage bedeuten musste. Daher nickte er langsam und ließ sein Schild neben sich in den Sand fallen. Kelūru nickte zufrieden und steckte sofort sein Schwert wieder ein die Scheide. „Der Kampf ist vorüber, da er sich geschlagen gegeben hat.”, verkündete er allen Anwesenden im Lager, „Dieser edle Ulani hat sein Kämpferherz wie seine drei Begleiter bewiesen. Für mich war es eine große Ehre mit ihm die Klinge kreuzen zu dürfen. Trotzdem wird er bei mir in seiner Lebensschuld stehen. Alle Vier haben sich der Waffenbruderschaft mit uns Xendavas würdig erwiesen.” Dann machte er vor Tabrun, der inzwischen wieder aufgestanden war, eine sehr tiefe respektvolle Verbeugung. Anschließend legte Mandūri kameradschaftlich seine kräftige Hand auf die Schulter des schwarzhaarigen Ulani. „Geh zu den Zelten der Heiler und schaue nach deinem Bruder.”, sagte Kelūru mit einem wohlwollenden Blick. Dann stieß er Tabrun in die Richtung der Zelte der Heiler. Sofort setzte sich der Farmersohn in Bewegung.

Direkt vor dem Zelt blieb er stehen. Der Wächter vor dem Eingang hielt ihn sofort zurück. „Aber mein Bruder lieg da drinnen und ich möchte zu ihm!”, platzte es fassungslos aus dem jungen Ulani raus, „Also lasst mich sofort zu ihm!” Als Tabrun einen Schritt vorwärts ging, hielt ihn der Wächter mit einem starken Handgriff an Nandors Arm gepackt zurück. Der Griff des Xendavas war sehr fest und unerbittlich. Gūrads ältester Sohn auf die starke Hand herunter, die ihn immer noch gepackt hielt. Zorn stieg in den schwarzhaarigen Ulani hoch. Er fluchte laut. „Bei den Feuerseen im Glandāku!”, polterte Tabrun und versuchte dabei, erneut das Zelt zu betreten, „Ich will nur zu Mandrak, verdammt noch mal!”

 

Abschlusshinweise zum Kapitel:

keine

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