- Schriftgröße +

 

„Sag mal, wo bist du denn schon wieder gewesen?”, fragte Tabrun in einem Tonfall, der sowohl Tadel als auch Sorgen ausdrückte, „Wir wollten dich schon suchen gehen.” Mandrak warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu, der bereits ungeduldig im Sattel saß. Sein graubraunes Kojn-Kojn schüttelte seine Mähne und schnaubte. Voller Ungeduld scharrte das Tier mit seinen Hufen, wobei es ein wenig Staub aufwirbelte. „Ich musste noch mal zur Wasserstelle, um meine Schläuche aufzufüllen.”, antwortete der Hellbraunhaarige wahrheitsgemäß, als er dabei seine Schläuche an seinem Kojn-Kojn befestigte, das ebenfalls ungeduldig mit seinen Hufen scharrte, „Oder dachtest du etwa, dass ich unterwegs auf dem Trockenem sitzen wollte?” Das beigefarbene Kojn-Kojn begann Laut von sich zu geben und etwas zu tänzeln, als sich Gūrads jüngster Sohn in den Sattel setzte. „Aber dann sag uns mindestens Bescheid.”, sagte Tabrun immer noch leicht gereizt, „Wir hatten schon gedacht, dass dir was passiert sein könnte. Solange, wie du weg warst.” „Eigentlich solltest du mitentscheiden, ob wir gemeinsam mit den Xendavas weiterziehen oder ob wir allein unsere Reise fortsetzen wollen.”, warf Simdu ein und sah dabei Mandrak ernst an, „Und da du nicht hier warst, mussten wir ohne dich, Kelūru eine Antwort geben.” „Und wie sieht Eure Entscheidung aus?”, wollte der hellbraunhaarige Ulani wissen, „Ziehen wir alleine oder mit den Xendavas zusammen weiter?” „Wie wohl?”, erwiderte Tabrun schroff, „Natürlich haben wir Kelūrus Angebot, mit den Xendavas zusammen durch die Wüste bis in den Brondus-Damrajd zu reisen, einstimmig angenommen, weil es für uns alle in einer großen Gruppe sicherer ist. Zumal die Xendavas zusätzlich auch noch gut bewaffnet sind, was für uns selbst auch ein weiterer Vorteil ist.” Mandrak nickte. „Das ist gut.”, antwortete der Hellbraunhaarige ernst, „Ich wäre auch dafür gewesen, mit den Xendavas zusammen weiterzureisen.” Bevor Tabrun seinem Bruder noch etwas erwidern konnte, wurde er bereits von Kejtar unterbrochen, der sich auf seinem Reittier zu den drei Ulani und dem Aldoraner gesellt hatte. Fragend blickten Simdu und Gūrads Söhne den Alten an.

„Er sagt, dass Kelūru möchte, dass wir zum ihm aufschließen und mit ihm Seite an Seite reisen sollten, weil wir als Unbewaffnete sicherer wären, wenn wir in Kelūrus Nähe bleiben würden.”, übersetzte der graumelierte Aldoraner, „Deshalb bittet Kejtar uns, dass wir ihm folgen sollten, damit er uns zu seinem Herrn bringen kann.” Simdu schnalzte mit der Zunge und trieb sein Reittier an. „Wohlan!”, sagte er entschlossen, „So sei es! Dann wollen wir seinen Herrn nicht lange auf uns warten lassen.” Rasch folgten die vier Männer auf ihren Kojn-Kojns Kejtar, der sie zu dem Anführer der Xendavas brachte.

„Ich bringe Euch unsere Gäste, wie Ihr mir aufgetragen habt, mein Gebieter.”, sagte der schwerbewaffnete Mann auf seinem Reittier, das unruhig tänzelte, als er es zum Stehen brachte. „Dann kehr jetzt zu deiner Familie zurück.”, sagte Dilāras Vater, „Wir brechen auf.” Nach einer raschen Verbeugung seinem Herrn gegenüber, wendete der bärtige Mann sein Reittier und ritt zu seiner Frau und seinen beiden fast erwachsenen Kindern zurück. Wenig später setzte sich der Treck in Bewegung.

„Irgendwie sind unsere Tiere etwas unruhig.”, meinte Simdu nachdenklich, „Anscheinend liegt etwas in der Luft.” Fragend blickte Kelūru den Aldoraner an, der sofort übersetzte. „Da muss ich Eurem Arbeitsherrn Recht geben.”, antwortete dieser ruhig, „Immerhin sind die Xularis nach wie vor in der Nähe, obwohl sie uns tagsüber nichts tun werden und das wissen unsere Reittiere instinktiv. Für die Biester ist es am Tage zum Jagen viel zu heiß, aber sie folgen uns im sicheren Abstand. Die warten lieber auf die Abenddämmerung. Sobald wir wieder an einer Wasserstelle unser Lager aufschlagen, werden sie versuchen, eines unserer Reit- oder Lasttiere zu schlagen.” Rasch übersetzte Pelto die Erklärung ins Aldoranische, während Simdu es weiter ins Ulanische übersetzte. „Ich verstehe.”, bekannte Tabrun, „Dann sind wir alle von der Tagesreise ermüdet und niemand ist mehr richtig in der Lage bei einem Angriff dieser Tiere schnell genug zu reagieren.” „Und schon haben sie ihre Beute.”, fügte Mandrak hinzu, „Interessante Taktik. Sollte man sich unbedingt merken.” Nachdem man Kelūru die Aussagen von Gūrads Söhnen übersetzt hatte, nickte er ernst. „So ist es.”, sagte er, „Man darf diese Viecher niemals unterschätzen. Wer es tut, der ist verloren. Bevor man sich versieht, wird man schon von ihnen lebendig aufgefressen.” „Ist denn schon einmal einer von Euren Leuten von den Xularis angefallen und getötet worden?”, wollte Pelto wissen.

Es dauerte eine Weile, bis Kelūru antwortete. Anhand seiner Mimik erkannte der Aldoraner, dass er den Anführer der Xendavas etwas gefragt hatte, das seine Miene sofort verfinstern ließ. „Oh ja, ich habe schon jemanden durch diese Biester verloren.”, gab Dilāras Vater zu, „Sie haben meinen Bruder geholt, als er nach seiner Tochter suchte, die unbemerkt das Lager verlassen hatte.” „Bei allen Göttern!” meinte Gōlad mitfühlend, „Wie konnte das passieren?” Kelūru zog nachdenklich seine Stirn in Falten, als er sich an das Ereignis zu erinnern versuchte. „Meine Nichte war damals gerade mal drei Jahre alt, als das passierte.”, erzählte der Anführer der Xendavas weiterhin die Stirn runzelnd, „Obwohl das Lager gut bewacht wurde, konnte sie es unbemerkt verlassen. Wir wissen bis heute nicht, wie das passieren konnte. Als mein Bruder und seine Frau zusammen ihr Kind vermissten, begann die große Suche.” Nach einer kurzen Pause fuhr Dilāras Vater fort.

„Systematisch suchten wir das gesamte Lager ab, bis mein Bruder auf die Idee kam, dass sein Kind zum Wasser gelaufen sein könnte.”, berichtete Temkas Mann weiter, „Als wir anfingen, unsere Suche außerhalb des Lagers auszudehnen, hörten wir plötzlich einen entsetzlichen Schrei, der so laut und so schrill war, wie es nur ein Kind zustande bringen konnte, wenn es vor etwas sehr große Angst hatte. Natürlich eilten wir sofort in die Richtung, wo der Schrei herkam. Mein Bruder war der Erste, der von den Biestern angegriffen wurde. Es ging damals alles so schnell, dass wir nicht sofort realisierten, was dort eigentlich vor unseren Augen passierte. Zwei gewaltige Schatten rissen ihn zu Boden. Mit ihren scharfen Krallen an ihren Füßen hielten die beiden Xularis meinen am Boden liegenden Bruder fest, während eine weitere Bestie vor dem weinenden Kind stand und nach meiner Nichte schnappte, die sich ängstlich im Gebüsch versteckte. Ich höre heute noch die Schmerzensschreie meines Bruders, als die Xularis begannen ihn vor den Augen seines Kindes bei lebendigen Leibe aufzufressen.” Kelūru machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. „Wir konnten ihm nicht mehr helfen.”, flüsterte er, „Noch nie hatte ich gesehen, wie diese Viecher ihre Beute töteten und anschließend auffraßen. In dieser Nacht sah ich das zum allerersten Mal.” Gespannt hörten die drei Ulani und der Aldoraner dem Anführer der Xendavas zu, als er weiterberichtete. „Sie machten sich gar nicht erst die Mühe, ihr Opfer zu töten.”, fuhr der Schwarzhaarige mit bebender Stimme fort, „Mit ihren scharfen Krallen an ihren Vorderläufen hielten sie ihn einfach fest und rissen mit ihren Zähnen ganze Stücke aus ihn heraus. Ich sehe es noch vor mir, wie eines dieser Viecher mich anschließend mit seinen kalten Augen ansah, nachdem es ein Teil der Eingeweide aus dem Bauch meines Bruders gerissen hatte und gierig verschlang. Das Blut meines Bruders tropfte aus dem Maul des Untieres und verteilte sich weiter auf dem Boden.” Er brach ab und atmete mehrmals tief durch.

„Und was geschah mit dem Mädchen?”, fragte der graumelierte Mann. Kelūru nickte. „Wir konnten sie damals retten.”, antwortete der Xendava, „Mit Speeren, Pfeil und Bogen gelang es uns, sie nach einiger Zeit zu vertreiben. Meine Nichte stand unter Schock und mein Bruder war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Er war von den Xularis entsetzlich zugerichtet worden. Seine Tochter konnte im Laufe der Jahre ihren Schock verarbeiten.” Kelūru schüttelte mehrmals mit dem Kopf, bevor er weitererzählte. „Meine Nichte ist gesund und munter.”, berichtete der schwarzhaarige Xendava weiter, „Sie ist inzwischen selbst erwachsen und hat Kinder.” „Wenigstens konntet Ihr sie vor den Xularis retten.”, meinte Tabrun mitfühlend. „Ja, wir konnten sie retten.”, erwiderte Kelūru bitter, „Aber dafür musste mein Bruder sterben, damit sie leben darf. Das ist ein harter Preis.” Vorsichtig führte Pelto sein Kojn-Kojn an das des Xendavas-Anführers heran und klopfte ihm mit der flachen Hand auf die Schultern. „Euer Bruder starb einen Heldentod.”, sagte der Aldoraner tröstend, „Er hat das Leben seines Kindes mit dem seinigen verteidigt. Er war für Eure Nichte ein würdiger Vater. Sein Tod ehrt ihn. Seid stolz auf ihn.” Kelūru nickte nach einer Weile. „Ja, da habt Ihr Recht.”, sagte er, „Er war ein fabelhafter Vater für sein Kind und ich bin stolz auf ihn.” Nachdem Kelūru geendet hatte, versanken alle in tiefes Schweigen, während sie gemeinsam ihren Weg fortsetzten.

Erst in der Abenddämmerung erreichten sie eine weitere Oase, wo die Xendavas mit ihren Gästen zusammen ihr neues Nachtlager aufschlugen. Sorgfältig wurden rund um das Lager mehrere Lagerfeuer entzündet, um die Xularis, die ihnen den ganzen Tag über gefolgt waren, auf Distanz zu halten. Auf Mandūris Befehl hin, ließ Kejtar zahlreiche Wachen aufstellen. Die Last- und Reittiere waren den ganzen Tag über unruhig geblieben. Kelūru war sich sicher, dass die Xularis in dieser Nacht angreifen werden und ließ auf Grund dessen die Wachen verstärken.

„Ich hoffe nur, dass uns diese Viecher in Ruhe lassen.”, meinte er am Lagerfeuer zu Pelto, nachdem er ihm mitgeteilt hatte, dass er die Absicht hatte, ein paar Tage länger an dieser Wasserstelle zu verweilen. Rasch übersetzte der Graumelierte seinen drei Arbeitsherren, was der Anführer der Xendavas zu ihm gesagt hatte. „Aber warum will er denn hier ein paar Tage bleiben, wenn uns doch die Xularis auf den Fersen sind?”, fragte Arankas Mann verständnislos, „Ich dachte, er weiß, wie gefährlich diese Biester sind.” Pelto übersetzte Simdus Bemerkung ins Oskonische, woraufhin der Anführer den Ulani ernst ansah. „Mit Euren Bedenken habt Ihr gar nicht mal so Unrecht.”, räumte Kelūru ein, „Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass wir diese Viecher wohl erst dann wieder los werden, wenn wir uns den Xularis zu Kampf gestellt und mindestens einen von den Viechern getötet haben. Dann lassen sie uns erst wieder in Ruhe. Sie müssen erst die Erfahrung gemacht haben, dass wir für sie sehr wehrhafte Beute sind, die sie nicht unterschätzen dürfen.” „Außerdem sollen meine Männer gemäß unseren Gesetzen Euch beibringen, wie Ihr am besten mit Speer, Pfeil und Bogen sowie mit weiteren Waffen umgeht.”, fügte Mandūri hinzu, „Damit Ihr Euch in Zukunft besser verteidigen könnt. Hier draußen ist das lebensnotwendig.” „Ich habe noch nie ein Xulari gesehen.”, gestand Tabrun nachdenklich. Fragend sah Kelūru den graumelierten Aldoraner an, der sofort übersetzte. Mandūri nickte mit sehr ernster Miene. „Sag Eurem Arbeitsherren, dass er nicht zu sehr versessen auf eine Begegnung mit Mūruks Geschöpfen sein sollte.”, warnte Dilāras Vater, „Er sollte Zātul und allen anderen Göttern dafür danken, dass er diesen Viechern bisher noch nie begegnet ist. Denn die kriegt er noch früh genug zu sehen. Wahrscheinlich sogar eher, als ihm lieb sein wird.” Nachdem Pelto Tabrun Kelūrus Warnung übersetzt hatte, begann Gūrads ältester Sohn schweigend in das Feuer zu starren.

Auch an diesem Abend gab es wieder reichlich zu essen und zu trinken. Allerdings gab es dies Mal keinen Wein, denn Kelūru wollte vermeiden, dass sich die Stimmung unter Alkoholeinfluss anheizen konnte und es leicht wieder erneut zu Streitereien kommen konnte. Die Xendavas selbst nahmen die Entscheidung ohne zu Murren hin. Auch Tabrun, Mandrak, Simdu und Pelto störten sich nicht daran, dass statt des Weines nur K’tiša zum Abendessen gab. Nachdenklich saßen sie an einem der Lagerfeuer. Schweigend aßen sie die von den Frauen dargebotenen Speisen. Nach dem Essen zog sich Tabrun in das Gästezelt zurück, wo er sich zum Schlafen auf eine der provisorischen Betten legte und rasch zu schnarchen begann. Auch Arankas Mann blieb nicht allzu lange mehr auf. Etwas nachdenklich sah Mandrak Simdu nach, als dieser sich ebenfalls in das Gästezelt zurückzog. Dann sah er zu Pelto hinüber, der sich angeregt mit Kelūru an diesem Abend statt auf Oskonisch auf Xendavu unterhielt. Mandrak versuchte gar nicht erst, den beiden zuzuhören, denn er verstand kein einziges Wort dieser Sprache, die ihm so fremd in seinen Ohren klang, aber dennoch schön. Er gab einen tiefen Seufzer von sich.

Gedanken versunken starrte er ins Feuer, das vor sich hin knisterte und ihn mit wohliger Wärme umgab. Er dachte an seine Eltern zu Hause. Was wird wohl Vater gesagt haben, als sie zu Hause feststellten, dass Tabrun und ich einfach bei Nacht und Nebel abgehauen sind?, fragte er sich, Hoffentlich machen sie sich nicht allzu große Sorgen um uns! Bestimmt hat Vater sehr getobt, nachdem er erfuhr, dass wir beide ihm gegenüber ungehorsam waren, indem wir einfach fort gingen!, fuhr er in Gedanken fort, Und Mutter kann wahrscheinlich kaum Schlaf finden vor lauter Sorge um uns beiden! Der hellbraunhaarige Ulani stieß wieder einen tiefen Seufzer aus. Hoffentlich war das kein Fehler von uns beiden!, dachte er betrübt, Es wäre schön, wenn wir diese Larunos finden und Vater jede Menge von dem Saatgut mitbringen könnten! Dann hätte sich der ganze Aufwand auf jeden Fall gelohnt!, dachte er weiter, Dann wäre zumindest unser Hof gerettet!

Mandrak wusste nicht, wie lange er so in die Flammen starrend dagesessen hatte und seinen Gedanken nachhing. Er zuckte erschrocken zusammen, als ihn jemand von der Seite ansprach. Rasch stand er auf, als er erkannte, dass es Kelūrus Tochter Dilāra war, die vor ihn stand. Das blutjunge Mädchen stand lächelnd vor den jüngsten Sohn von Gūrad. Ihre Blicke trafen sich. Dilāra trug eine kleine braune Tasche bei sich. Sie fragte ihn etwas, doch der Ulani verstand kein Wort. Er lächelte sie hilflos an, bis sie auf seine verbundene Hand wies und ihre Frage wiederholte. Erst in diesem Moment begriff er, was sie von ihm wissen wollte. Mandrak hob seine verletzte Hand. Vorsichtig griff die Xendava nach ihr und nahm behutsam den Verband ab. „Sie tut nicht mehr weh.”, gestand er, als sie die Verletzung etwas genauer betrachtete und dabei die Stirn runzelte legte. Dann sagte sie wieder etwas, was der Hellbraunhaarige wieder nicht verstand. Kelūrus Tochter ließ die Tasche von ihrer Schulter gleiten. Wenig später, als die Tasche bereits auf dem Boden stand, öffnete sie diese und holte etwas heraus. Es war eine leere Schale, die sie auf den Boden stellte. Anschließend holte sie einen kleinen Krug heraus, der verschlossen war. Nachdem sie ihn geöffnet hatte, konnte Mandrak den Duft von verschiedenen Kräutern riechen. Behutsam goss ein wenig von einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit in die Schale und verschloss den kleinen Krug wieder. Wenig später rieb Dilāra seine Hand mit dem duftenden Öl ein, bis davon nichts mehr übrig blieb. Nachdem sie einen neuen Verband angelegt hatte, betrachtete sie ihr Werk prüfend. Zufrieden begann sie wieder zu lächeln. Mandrak sah ebenfalls auf den neuen Verband, der recht fest war, aber nicht zu stramm. „Ich danke dir für deine Hilfe.”, sagte Mandrak, während sie ihre Utensilien wieder in der kleinen braunen Tasche verschwinden ließ, „Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn du meine Hand nicht behandelt hättest. Du bist eine wundervolle Heilerin.” Fragend sah Dilāra den Ulani an. Er seufzte, als er ihre Antwort auch dieses Mal nicht verstand. „Ich finde es sehr schade, dass du meine Zunge nicht verstehst und ich die deinige nicht.”, gestand er bedauernd, während sie sich wieder aufrichtete die Tasche über ihre Schulter hängte, „Es wäre schön, wenn Zātul und alle anderen Götter uns beide dieselbe Zunge gegeben hätten.” Dann sah er sie eine Weile lang wortlos an. Lächelnd erwiderte Dilāra seinen Blick. „Damūžu tembāri tāna kēmu sallūno.”, sagte sie lächelnd und ging mit der Tasche über ihre Schulter hängend davon.

Mandrak wusste nicht, wie lange er der jungen Frau nachgesehen hatte, als er sich wieder setzte und erneut in die Flammen des Lagerfeuers starrte. Nur einen kurzen Augenblick später warf er einen kurzen Blick in jene Richtung, in der Dilāra mit ihrer Tasche verschwunden war. Dann sah er seinen festen Verband an. Mehrfach versuchte er dabei die Finger zu spreizen und drehte anschließend die Hände in beide Richtungen. Der Verband saß fest und war gleichzeitig flexibel genug, um nicht zu stören. Er konnte seine Hand fast frei bewegen. Der Verband sitzt fabelhaft!, dachte er bewundernd, Dilāra ist eine Heilerin, die ihr Handwerk versteht! Er nahm einen weiteren Schluck K’tiša, als das junge Mädchen wieder zu ihm zurückkehrte. Überrascht sah Gūrads jüngster Sohn die Tochter des Anführers der Xendavas an, als sie dicht vor ihm stehen blieb. Wieder lächelte sie Mandrak an, als sie etwas in ihrer Muttersprache zu ihm sagte. Fragend sah der junge Ulani die Xendava an, die ihn mit Handzeichen zu verstehen gab, dass er aufstehen und ihr folgen sollte. Sie kicherte ein wenig, als Tabruns jüngster Bruder etwas unbeholfen aufstand und ihr folgte. Wenig später waren die beiden in der Dunkelheit verschwunden. Niemand im gesamten Lager nahm Notiz von den beiden.

Im ersten Moment wusste Mandrak nicht, wohin Dilāra ihn führte. „Ist das nicht ein wenig leichtsinnig von uns, wenn wir uns so weit aus dem Lager entfernen?”, fragte der Ulani unsicher, während Kelūrus Tochter ohne eine Antwort zu geben weiterging, „Vielleicht sollten wir zumindest jemanden Bescheid sagen, dass wir zusammen das Lager verlassen und zum Wasser gehen.” Direkt am Wasser blieb Dilāra unvermittelt stehen. Sie wandte sich zu Mandrak um und lächelte ihn einladend an. Inzwischen waren bereits Bellus, Bellūra und Būrallus über der Oase aufgegangen. Die Wasseroberfläche reflektierte glitzernd das Licht der drei Monde. Temkas Tochter sagte wieder etwas zu dem jungen und schüchternen Ulani, als sie einen Schritt auf ihn zutrat. Ohne ein Wort zu sagen, sah er sie an. Im nächsten Augenblick streckte Kelūrus Tochter eine Hand nach dem Gesicht des Ulani aus und berührte seine Wange. Es war eine sehr sanfte Berührung. Der Hellbraunhaarige schluckte, als er ihre weiche Haut auf der seinigen spürte und zuckte etwas zusammen, woraufhin die junge Xendava leise zu lachen anfing. Sie flüsterte ihm etwas aufmunternd zu, was er nicht verstehen konnte. Sie trat einen halben Schritt näher und der hellbraunhaarige Ulani konnte deutlich die Wärme spüren, die von dem wohlgeformten Körper der jungen Xendava ausging. Im nächsten Augenblick schlang Kelūrus Tochter ihre Arme um den Hals des Ulani. Ihm überlief ein wohliger Schauer am ganzen Körper, als sie sich gegenseitig in die Augen sahen. „Was ist mit den Xularis, Dilāra?”, meinte Mandrak unsicher und blickte sich dabei kurz zu mehreren Seiten um, „Ist es nicht besser, wenn wir wieder in das Lager zurückgehen würden, bevor noch etwas passiert?” Die junge Frau achtete nicht darauf, was er sagte. Stattdessen zog sie ihn dichter zu sich heran und seine drei Herzen begannen wild in seinem Körper zu schlagen, als sich ihre Lippen zum allerersten Kuss berührten.

Dicht vor den schwer bewaffneten Mann blieb Kejtar Sāmoš stehen. Dieser sah ihn aus wachsamen Augen an. „Wie sieht es aus, Sejloš?”, erkundigte sich der Vertraute von Kelūru, „Ist alles ruhig?” Der Angesprochene antwortete mit ausdruckslosem Gesicht. „Ja, Herr.”, antwortete der Wächter leise, „Bis jetzt hat sich noch kein Xulari blicken lassen.” Kejtar nickte zufrieden und ging ein paar Schritte weiter, bis er den nächsten Mann erreichte. „Und wie sieht es bei dir aus, Kēloš?”, fragte der Mann mit dem schwarzen Bart, „Sind unsere Tiere gut versorgt?” „Ja, Herr.”, erwiderte der Angesprochene ruhig, „Ich habe mich selbst darum gekümmert, damit es den Tieren an nichts mangelt. Sicherheitshalber habe ich sie auch fest angebunden, damit sie nicht fliehen können, falls die Xularis angreifen sollten.” Rasch zeigte er Kejtar die Zügel eines Kojn-Kojns, das fest angebunden war. Dieser nickte anerkennend. Das Tier scharrte unruhig mit den Hufen im Sand. Immer wieder gab es Laut von sich und schüttelte seine mächtige Mähne. Die Nüstern blähten, wenn es schnaubte. Beruhigend wurde das dunkelbraune Reittier von den beiden Xendavas gestreichelt, während sie sich weiterhin leise miteinander unterhielten, wobei das Kojn-Kojn seine beiden Ohren in die Richtung der beiden Männer drehte und aufmerksam ihren Stimmen lauschte. Auch die anderen Tiere gaben Laut von sich und forderten so ihre Aufmerksamkeit von den anwesenden Xendavas. Sejloš Mūnax gesellte sich zu Kejtar Sāmoš und Kēloš Surgan, ohne dabei in seiner Wachsamkeit nachzulassen. „Die Tiere sind nach wie vor unruhig, Herr. Anscheinend sind Mūruks Geschöpfe immer noch in unserer Nähe.”, sagte der ältere der beiden Wächter gerade, als ein markerschütternder Schrei die Stille zerriss. In Sekundenbruchteile wirbelten die drei Männer in jene Richtung herum, aus der Schrei erklang. Kejtar befahl den beiden Wächtern, ihren Posten nicht zu verlassen und preschte in die Dunkelheit davon.

Erschrocken wandten sich Mandrak und Dilāra in jene Richtung um, aus der sie den Schrei gehört hatten. Beiden war sofort klar, was auf der anderen Seite des Lagers passiert sein musste. Überdeutlich konnten sie den Tumult hören, der nun aus dem aufgeschreckten Lager zu hören war. Jemand bellte mehrere Befehle. Sofort rannten die beiden ins Lager zurück. Wenig später erreichte Mandrak das Gästezelt, aus dem bereits Simdu und Tabrun herausgekommen waren und den bewaffneten Xendavas hinterherliefen. Die beiden Ulani hatten bereits jeweils ein Speer von einen der Männer in die Hand gedrückt bekommen und folgten nun den schwer Bewaffneten.

„Was ist passiert?”, wollte Pelto wissen, als der Anführer der Xendavas aus seinem reich verzierten Sessel hochschoss. Ohne den alten Aldoraner zu beachten, eilte Kelūru in jene Richtung davon, wo der Schrei zu hören war. Sofort folgten ihm etliche schwer bewaffnete Männer. Kelūru bellte rasch einige Befehle, die die anwesenden Xendavas unverzüglich ausführten. Pelto heftete sich mit einem aldoranischen Fluch auf seinen Lippen an die Fersen des Anführers und eilte ihm nach. Am Rande des Lagers fanden sie eine dunkle Spur, die in die Dunkelheit hinausführte. Sofort begriffen die Xendavas, dass die Xularis jemanden angegriffen oder gar getötet und ihre Beute in die Dunkelheit geschleppt hatten, um sie dort zu verzehren. Sofort folgten bereits die ersten Xendavas der blauen Blutspur in die Dunkelheit. Kojn-Kojns und auch einige Kuš-Kuš gaben in der Dunkelheit ängstlich Laut von sich. Kelūrus bellte weitere Befehle, die sofort ausgeführt wurden. Einer der Xendavas drückte dem Aldoraner einen Speer in die Hand und deutete ihm mit der Hand an, den anderen zu folgen. Mehrere Xendavas trugen Fackeln, die wiederum die schwer bewaffneten Männer begleiteten. In der Dunkelheit ertönten wieder Schreie von Xendavas und das bösartige Fauchen der Xularis. Sofort begriff Pelto, dass die Xendavas mindestens einen Xulari zum Kampf gestellt haben mussten.

Nach wenigen Augenblicken, die dem Aldoraner unendlich lang vorkamen, erreichte Pelto zusammen mit weiteren Xendavas eine kleine Düne, die sie rasch erklommen. Wieder erklang das wütende Brüllen eines Kuš-Kuš. Nur schemenhaft konnte Pelto zwei Tiere im Mondlicht erkennen, die sich gegenseitig bekämpften. Sofort schossen die ersten Xendavas, die den Rand der kleinen Düne erreicht hatten, ihre Pfeile ab. Andere Männer warfen ihre Speere. Der Aldoraner tat es den Xendavas gleich und warf ebenfalls sein Speer in die Dunkelheit. Dicht neben dem Xulari bohrte sich Peltos Speer in den Sand. Sofort reichte ihm jemand ein Langschwert, das der Aldoraner gern annahm. Weitere Pfeile schwirrten durch die Luft, ohne dass die Xularis sich davon abschrecken ließen, ihren Angriff fortzuführen. Deutlich konnte Pelto die Flügelschläge mehrerer Kojn-Kojns hören und warf einen kurzen Blick nach oben. Inzwischen preschte eines der Kuš-Kuš auf den Xulari zu, der bedrohlich seine krallenbewehrten Vorderläufe hoch streckte, um seinem Gegner weitere gefährliche Wunden zuzufügen. Die gefährlichen Zähne und Krallen des Xularis glänzten im faden Licht der drei Monde. Deutlich konnten die Xendavas das schmatzende Geräusch hören, als das Kuš-Kuš einen der Xulari mit seinen mächtigen Hörnern durchbohrte und zu Fall brachte. Begleitet wurde die Szenerie von dem lauten Gebrüll des gehörnten Reittieres, als es erneut seine blutverschmierten Hörner in den am Boden liegenden Xulari rammte. Das Fauchen des tödlich verletzten Xulari erstarb nach wenigen Augenblicken. Ein anderer Xulari attackierte böse fauchend das bullige Reittier von der Seite und biss in dessen Flanke. Ein weiterer Xulari, der etwas größer war, tat es seinem Artgenossen gleich und griff den Kuš-Kuš ebenfalls an. Gnadenlos riss das echsenartige Raubtier mit seinen mächtigen scharfen Krallen große Wunden in die Flanke des Kuš-Kuš, die sofort zu bluten begannen. Inzwischen hatte Pelto sein Speer erreicht und zog ihn wieder aus dem Boden. Ohne weitere Zeit mehr zu verlieren schleuderte er die Waffe einen der Xulari entgegen, die gegen den Kuš-Kuš kämpften und gerade versuchten, es zu Fall zu bringen. Ein Xulari fauchte wütend, als er von dem Speer getroffen wurde. Rasend vor Schmerzen schnappte das echsenartige Raubtier nach der Waffe, die in seiner Flanke steckte, ohne jedoch den Schaft mit seinem blutigen Maul erreichen zu können. Ein weiterer Speer, der von einem anderen Xendava geworfen wurde, brachte das Tier zu Fall. Zuckend blieb der Xulari liegen. Sofort griff der Aldoraner nach einem anderen Speer, der auf den Boden lag, als ihn ein Warnruf erreichte.

Instinktiv drehte sich Pelto in die Richtung um, aus der jener Ruf kam, doch es war bereits zu spät. Ein gewaltiger Schatten verdeckte bereits die blutige Szenerie, als Pelto schon den Speer in die Höhe hielt. Im nächsten Moment wurde der Aldoraner von den Füßen gerissen und ein enormes Gewicht presste ihm die Luft aus seinen Lungen. Erst in diesem Augenblick fühlte er, wie die scharfen Krallen eines Xularis in seinem Körper eingedrungen waren und stieß einen lauten Schmerzensschrei aus. Blut tropfte von oben herab auf sein Gesicht und das weit aufgerissene Maul mit den rasierklingenscharfen Zähnen sauste auf ihn herab. Bei Fazilāna! Jetzt ist es aus!, dachte noch der alte Mann verzweifelt, Das war’s! Das letzte, was er noch sah, waren die kalten giftgrünen Augen des Xularis.

Weder Simdu noch die beiden Söhne des ulanischen Farmers Gūrad Nandor merkten, was dem alten Aldoraner während des Kampfes gegen die Xularis zugestoßen war. Mit Speeren bewaffnet kämpften die drei Ulani gegen die gefährlichen Raubtiere. Tabrun und Mandrak kämpften Seite an Seite gegen einen besonders großen Xulari, der bereits mehrere Xendavas nicht nur verletzt sondern auch getötet hatte. Als zwei weitere Xularis auch noch Tabrun direkt angriffen, griff Kejtar mit ein paar Bewaffneten in das Geschehen ein. Kaltes Grausen überkam Tabrun, als das gewaltige Raubtier nach seinem Kopf schnappte, nachdem ihn der größere der beiden Xularis angesprungen hatte. Er hatte keine Chance gehabt, als er von dem Schwung des Tieres zu Boden gerissen wurde. Ein schmerzerfülltes Stöhnen entrann seiner Kehle, nachdem Tabrun seine schweren Verletzungen wahrnahm, die ihm das Raubtier bereits mit seinen scharfen Krallen zugefügt hatte. Der Xulari stand böse fauchend direkt auf seinen Beinen, die von den langen Krallen an den Füßen des Tieres durchbohrt waren und stark bluteten. Er konnte sie nicht bewegen und Todesangst überkam ihm, die sich in Form eines lauten Schreis aus Tabruns Kehle herausbahnte. Nur verschwommen konnte Tabrun die giftgrünen Augen der Raubechse erkennen, die ihn kalt ansahen. Er verlor bereits das Bewusstsein, als der Kopf des Xularis mit dem weit aufgerissenen Maul, aus dem die scharfen Zähne wie unzählige kleine Dolche rausragten, gnadenlos auf seinen Oberkörper niedersauste.

„Nein!”, rief Mandrak entsetzt, als er sah, wie eine der großen Raubechsen seinen älteren Bruder angegriffen und zu Boden gerissen hatte. Sofort schleuderte er einen Speer, den er in diesem Moment in seiner Hand hielt, auf den Xulari, der gerade auf Tabruns Beine stand und ihn zu töten versuchte. Die Waffe bohrte sie in den Hals des Tieres. Rasend vor Wut und Schmerz versuchte der verletzte Xulari mit seinen Vorderläufen nach dem Schaft des Speeres zu greifen, ohne ihn jedoch richtig zu fassen zu kriegen. Das gefährliche Raubtier sah in die Richtung, wo der hellbraunhaarige Ulani stand und gab ein wütendes Fauchen von sich. Er machte einen kleinen Satz in Mandraks Richtung. Die Krallen an den Vorderläufen klackten, als sie den langen Schaft berührten, ohne dass die Raubechse ihn aus der blutenden Wunde herausziehen konnte. Jemand rief dem hellbraunhaarigen Ulani etwas zu. Mandrak reagierte sofort und fing etwas mit einer freien Hand auf. Es war ein weiterer Speer, an dem bereits Blut klebte. Es war Kejtar gewesen, der geistesgegenwärtig dem jungen Ulani zu Hilfe kam. Sofort schleuderte Gūrads jüngster Sohn auch diese Waffe, die sich diesmal in die Flanke des Tieres bohrte. Fast im gleichen Augenblick wurde der Xulari auch von Kejtars Speer getroffen und brach zusammen. Es dauerte nicht lange, bis das Fauchen des Raubtieres erstarb. Sofort zogen der Xendava und der Ulani zusammen ihre Speere aus dem Leib des toten Tieres. Kaum hielt Mandrak den Speer wieder in seinen Händen, wandte er sich wieder seinem Bruder zu, der regungslos am Boden lag. Ohne auf das Kampfgetümmel noch zu achten, lief er so schnell er konnte zu Tabrun hin, der sich nicht mehr bewegte. Das Fauchen der kleinen Raubechse ließ Mandrak in seiner Bewegung innehalten. Als der hellbraunhaarige Ulani in die Richtung des Raubtiers blickte, sah er genau in die grünen Augen des Raubtieres. Deutlich konnte Mandrak die schmalen Pupillen erkennen, die ihn kalt ansahen. Gūrads jüngsten Sohn überkam ein kalter Schauer.

Weitere Pfeile schwirrten durch die Luft. Der kleinere Xulari, der immer noch in der Nähe von Tabrun stand, schaute den jungen Ulani mit seinen kalten giftgrünen Augen an. Kejtar war neben ihm, als er bereits den blutverschmierten Speer auf die kleinere Raubechse schleuderte. Dicht neben dem Tier bohrte sich die Waffe in den Sand. Der Xendava brüllte etwas in seine Muttersprache, was Mandrak nicht verstand, aber der kleine Xulari floh nach einigen Zögern vor den beiden Männern, nachdem er sie mehrmals böse angefaucht hatte. Nur sehr ungern gab die Raubechse ihre Beute auf. Als der hellbraunhaarige Ulani seinen Bruder erreicht hatte, kniete er neben diesen nieder. Tabrun war von dem großen Raubtier übel zugerichtet worden. Mandrak kam das wie ein unbeschreiblicher Albtraum vor, aus dem er nicht aufwachen konnte.

„Tabrun!”, rief er zutiefst besorgt und rüttelte dabei den Regungslosen an dessen Schulter, „Bei allen Göttern! Sag doch was!” Er konnte nicht begreifen, was er sah. Sein ältester Bruder lag blutüberströmt vor ihm. Mit zitternden Händen fuhr er über das Gesicht des schwarzhaarigen Ulani. „Bitte, du darfst mich nicht verlassen!”, flehte er weiter, „Du darfst nicht sterben! Wir müssen doch zusammen die Larunos finden und dann Vaters Farm retten!” Inzwischen hatten sich mehrere Xendavas um Mandrak und seinen regungslosen Bruder versammelt, der inzwischen verzweifelt nach Hilfe rief. Einer von ihnen legte behutsam seine Hand auf die Schulter des Hellbraunhaarigen und rief etwas, was er nicht verstehen konnte. Vorsichtig versuchten einige Xendavas den am Boden liegenden Tabrun sofort zu untersuchen. Kejtar sagte etwas zu einem jüngeren Xendava, der sofort davoneilte. Wenig später kehrte der kleine Mann mit einem alten weißhaarigen Mann zurück, der eine große Tasche aus Leder bei sich hatte. Rasch machte sich der Alte ans Werk und untersuchte Mandraks älteren Bruder. Sofort bellte er ein paar Befehle, die umgehend von einigen Anwesenden ausgeführt wurden. Nach wenigen Augenblicken kehrten zwei Xendavas mit einer Bahre zurück, auf der sie Tabrun legten und ihn ins Lager brachten. Mandrak folgte ihnen. Direkt vor dem Zelt des Heilers wurde der hellbraunhaarige Ulani von einem schwer bewaffneten Mann zurückgehalten. Mandrak protestierte sofort, aber der wachsame Mann ließ sich nicht beirren. Sanft, aber bestimmt hinderte der bewaffnete Xendava Gūrad Nandors jüngsten Sohn daran, das Zelt des Heilers zu betreten.

Neben Mandrak standen schon einige andere Xendavas vor dem Eingang und warteten bereits geduldig auf Nachrichten über die Verletzten im Zelt. Mittlerweile tauchte auch Simdu neben dem Hellbraunhaarigen auf, der leicht verletzt war. Jakodos blickte den jungen Landsmann an. „Ist dein Bruder da drinnen?”, wollte er wissen. Mandrak nickte nur. „Oh, das tut mir Leid.”, sagte er leise, „Ist er im Kampf gegen Mūruks Geschöpfe sehr schwer verletzt worden?” Der Hellbraunhaarige nickte abermals. An seinem Gesichtsausdruck sah er, wie sehr Mandrak um das Leben seines Bruders bangte. Der Blonde nickte. „Verstehe.”, sagte er fast tonlos, „Dann kämpfen momentan also die Heiler um sein Leben, nehme ich an.” Gūrads jüngster Sohn erwiderte nichts. Stumm blickte er sorgenvoll auf den Zelteingang. „Ich hoffe, dass sie ihm helfen können.”, meinte Mandrak nach einigen Momenten des Schweigens, „Mögen Zātul und alle anderen Götter ihre schützenden Hände über Tabrun halten und ihm am Leben lassen.” Arankas Mann schluckte, als er Mandraks Worte vernommen hatte. „Steht es wirklich so schlecht um deinen Bruder?”, wollte Simdu wissen. Der Farmersohn sagte nichts. Nach einigen Augenblicken kam jemand heraus und führte Jakodos in das Zelt, wo sofort dessen Wunden medizinisch versorgt wurden. Mandrak stieß einen tiefen Seufzer aus, als er den blonden Ulani in dem Zelt verschwinden sah und begann im Stillen zu den Göttern zu beten.

Die Zeit kam ihm unendlich lang vor, während er vor dem Zelt wartete. Mandrak merkte nicht einmal, dass die Kämpfe gegen die Xularis vorbei waren und es im gesamten Lager sehr ruhig geworden war. Geduldig warteten die Xendavas vor den Zelten der Heiler auf medizinische Hilfe und auf Nachrichten über die Verwundeten, die zurzeit in den Zelt versorgt wurden. Irgendwann drangen zwei vertraute Stimmen an seine Ohren und Mandrak wandte sich in jene Richtung um, aus der er sie hörte. An einem der Zelte stand Kelūru und sprach gerade mit Kejtar. Er wusste zwar nicht, worüber sie miteinander sprachen, da er ihre Sprache nicht verstand, aber er hörte mehrmals die Namen Pelto und Tabrun. Sofort ging er zu den beiden Männern hin.

Als Kelūru den jungen Ulani sah, begann er erleichtert zu lächeln und trat ihm rasch entgegen. Dicht vor Mandrak blieb der Anführer der Xendavas stehen und packte den jungen Ulani mit seinen beiden kräftigen Händen an die Oberarme und sagte etwas zu ihm, was sich für Mandrak wie eine Erleichterung über seinen Zustand anhörte. Sofort sagte Kejtar etwas zu Kelūru, woraufhin dieser den Hellbraunhaarigen prüfend ansah. Dann begann er zu lächeln, als dieser antwortete und dabei den jungen Ulani ansah. Mandrak hörte Erleichterung und auch Zufriedenheit aus der Stimme Kelūrus, als dieser Kejtar einen Befehl gab. Dieser trat vor Gūrads jüngsten Sohn und deutete ihn mit der Hand an, dass er ihn doch folgen sollte. Unsicher sah der Hellbraunhaarige zu jenem Zelt hin, indem sich sein verletzter Bruder befand. Väterlich legte der Anführer der Xendavas seine Hand auf Mandraks Schulter und schob ihn mit ein paar tröstenden Worten ein wenig in jene Richtung, in der er Kejtar begleiten sollte. Beide sprachen beruhigend zu ihm. Nach einer Weile fügte Mandrak sich und ging mit dem Vertrauten Kelūrus mit.

Vor einem relativ großen Zelt hielten die beiden Männer an. Kejtar deutete Mandrak an, dass er draußen vor dem Zelt warten sollte. Der Ulani nickte und der Xendava betrat das Zelt. Tabruns jüngster Bruder brauchte nicht allzu lange warten, bis der Xendava mit dem schwarzen Vollbart wieder aus dem Zelt trat. Er begann zu lächeln, als er den Eingang offen hielt und ihm mit der Hand eine einladende Bewegung machte. Sofort betrat Mandrak das Zelt, während Kejtar draußen blieb. Während sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, hörte er, wie Kelūrus Vertrauter fort ging.

 

Abschlusshinweise zum Kapitel:

keine

Du musst login (registrieren) um ein Review abzugeben.
Creative Commons License
Science/Fantasy-Ecke Website von Kamil Günay steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz.