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Hinweise zum Kapitel:

keine

Nach wenigen Tagen hatte sich die Belluranerin vollständig erholt. Interessiert beobachtete sie die Donovans, die sie fürs Erste bei sich aufgenommen hatten. Besonders viel Zeit verbrachte Lundāna mit den Kindern der Familie. Wenn sie allein sein wollte, ging sie oft an den Strand. Dort machte Lundāna ausgedehnte Spaziergänge, damit sie in Ruhe über die Menschen, die sie studierte, nachdenken konnte. Sie wusste nicht, wie lange sie bei den Donovans bleiben musste, bis sie wieder Kontakt zu anderen Belluranern aufnehmen konnte. Sie konnte sich zurzeit nicht mehr genau daran erinnern, was ihr eigentlich passiert war und wie sie hierher an den Strand gekommen war. Sie wusste nur, dass diese Menschenfamilie sie gefunden und medizinisch versorgt hatte. Lundāna empfand eine Menge Dankbarkeit, wenn sie an die Donovans dachte. Sie hatten ihr das Leben gerettet. Trotzdem durfte sie ihnen nicht zu viel über sich selbst verraten, um ihre Mission nicht zu gefährden. Während sie direkt am Wasser stand, dachte sie darüber nach, wie sie nun ihre Aufgabe fortsetzen konnte…..

Der Wind spielte mit ihren schwarzen Haaren, die im Sonnenlicht leicht bläulich schimmerten. Tim blieb stehen und betrachtete die Silhouette der Belluranerin, die mittlerweile im warmen Sand saß und aufs Meer hinausblickte. Sie trug ein weites Sommerkleid, dass Molly gehörte. Der Neunzehnjährige wurde bei ihrem Anblick unsicher, ob er sie stören durfte. Komm und setz dich zu mir, Tim!, hörte er Lundānas mentale Stimme in seinem Kopf, Du störst mich nicht! Der Schwarzhaarige drehte sich nach allen Seiten um, um zu sehen, wer da gerade zu ihm gesprochen hatte. Dann begriff er, dass sie Telepathin war und die Gedanken und Emotionen der Menschen mühelos lesen konnte. Bei dieser Erkenntnis bekam der Neunzehnjährige eine Gänsehaut. Als er wieder zu der Belluranerin blickte, erkannte er, dass sie sich nicht bewegt hatte. Die junge Frau saß immer noch regungslos da und schien weiterhin auf das Meer hinauszuschauen. Zögernd trat Tim zu ihr und setzte sich neben ihr. Der Jugendliche warf ihr einen kurzen Blick zu und sah, dass die Belluranerin ihren Augen geschlossen hielt. Beide schwiegen eine Weile und lauschten dem Meeresrauschen. Der leichte Wind spielte mit ihren schwarzen Haaren.

„Es ist schön hier, nicht?”, fragte Tim nach einer Weile. Die Belluranerin schwieg weiterhin. Sie öffnete ihre blaue Augen und sah über das Meer hinaus in die Ferne. Erst jetzt begriff der junge Kanadier, dass Lundāna meditierte. Erschrocken hielt er sich die Hand vor dem Mund. Er wollte sich gerade bei ihr entschuldigen, als er wieder ihre mentale Stimme in seinem Kopf hörte. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen!, sagte sie verständnisvoll auf telepathischem Wege zu ihm, Woher solltest du denn auch wissen, dass ich hier gerade jetzt meditiere? Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen. Tim schoss die Röte ins Gesicht und er kam sich vor wie ein Trottel.

Nach einer Weile brach er erneut das Schweigen. „Erzähl mir von dir und deiner Heimat.”, bat er sie, „Du hast mich sehr neugierig gemacht, was dich und deiner Herkunft betrifft, als du uns nach deinem Erwachen in unserem Gästezimmer gesagt hattest, dass deine Heimat viel weiter weg wäre als Russland.” Lundānas Blick blieb weiterhin aufs Meer gerichtet, als sie nach einer kurzen Zeit zu einer Antwort ansetzte.

„Das weiß ich bereits. Du hast sehr viele Fragen, die du mir gern stellen würdest, Tim.”, sagte sie, „Aber die Zeit ist noch nicht reif, um sie dir zu beantworten. Daher möchte ich dich um Geduld bitten. Wenn es so weit ist, werde ich sie dir beantworten, wenn ich kann.” Tim sah sie erstaunt an. Geräuschvoll sog er die Luft ein, die er anschließend wieder laut aus seinen Lungen entweichen ließ. „Hab Geduld.”, fügte sie hinzu, „Ich kann dir noch nicht die Antworten geben, die du suchst.” „Der Kluge weiß, wann er seine Fragen stellen muss.”, erklärte sie ihm sanft, „Das ist ein Sprichwort aus unserer Heimat.” Tim sah sie fragend an. „Es stammt von Tūluk Marānus. Er war der erste König unseres Volkes, nachdem er unserer Heimatwelt den Frieden brachte.”, ergänzte die Belluranerin lächelnd. Der junge Terraner nickte mit dem Kopf. Ärger über sich selbst stieg in ihm hoch. Erst jetzt hatte er endgültig begriffen, dass Lundāna eine Telepathin war. Sie hat in mir gelesen wie in einem offenen Buch!, dachte er, Wieso habe ich das nicht gleich bemerkt? Er stand auf, klopfte sich sorgfältig den Sand aus seiner Jeans und verließ den Strand in Richtung des Elternhauses, ohne sich noch mal nach der jungen Frau umzusehen. Die Belluranerin hing weiterhin ihren Gedanken nach und blieb allein zurück.....

Wütend ließ der Neunzehnjährige seine Zimmertür ins Schloss fallen. Es war nur sehr selten, dass Tim in solcher Rage über sich selbst geriet. Du Narr! Diese Frau ist Telepathin und liest in dir wie in einem offenen Buch!, dachte er wieder verärgert über sich selbst, Sie weiß, was du für sie empfindest, sie weiß absolut alles über dich! Du hast dich aufgeführt wie ein Vollidiot! Vielleicht solltest du dich irgendwo mal als Fettnäpfchensuchgerät bewerben, Tim Donovan! Am liebsten hätte der Schwarzhaarige seine Wut hinausgeschrien, aber er wusste, wenn er das täte, dann wüssten alle im Hause Bescheid, was mit ihm los war. Wie konntest du dich nur in eine Frau aus einer anderen Welt verlieben!, schalt er sich, Auf der ganzen Erde gibt es so tolle Mädchen, von denen einige sogar an dir interessiert sind, aber du, Tim Donovan, musst du dich ausgerechnet in diese Frau verlieben? Na klasse, das hast du ja wieder fein hingekriegt! Aufgebracht lief er in seinem Zimmer auf und ab, aber es half nichts, denn die Wut blieb. Wenig später machte er sich laute Musik an und setzte sich an den PC. Wütend ballerte er in seinem Lieblings-Kriegsspiel virtuelle Gegner ab.....

Nach einigen Stunden kehrte auch Lundāna Marandi wieder in das Haus der Familie Donovan zurück. Die Belluranerin hatte noch eine sehr lange Zeit darüber nachgedacht, wie sie sich am Besten in ihrer momentanen Situation verhalten sollte. Seitdem sie wieder bei Bewusstsein war, versuchte sie in regelmäßigen Abständen auf telepathischem Wege Kontakt zu anderen Belluranern aufzunehmen, die sich möglicherweise gerade in der Nähe von Vancouver aufhielten. Ihre Versuche blieben jedes Mal ohne Erfolg. Enttäuscht ließ sie dann ihre Schultern sinken. Die junge Belluranerin wusste, dass sie nicht zu lange hier bleiben konnte, ohne Gefahr zu laufen, von den kanadischen Behörden entdeckt zu werden. Das war auch der Grund, warum die belluranischen Forscher und Wissenschaftler immer als Nomaden getarnt ihren Forschungsaufgaben auf der Erde nachgingen. Ändern sollte sich das erst, wenn der Kontakt zu den Terranern offiziell hergestellt wurde. Die Menschen waren für Lundāna eine rätselhafte Spezies, die sie einerseits sehr beeindruckten, aber auch andersrum etwas beunruhigten, denn die Taten der Menschen beruhten auf direkte oder zumindest auf subtile Aggressionen, was nach belluranischen Maßstäben viel zu häufig vorkam. Wie sollte das werden, wenn unsere Regierung beschließt offiziellen Kontakt zur Erde herzustellen?, fragte sie sich, Würde es irgendwann unweigerlich zu Kriegen zwischen ihnen und uns kommen? Eine Antwort wusste sie nicht. Lundāna war nur eine Sache klar, sie durfte nicht in die Hände der kanadischen Behörden fallen. Der Gedanke an einer möglichen Gefangenschaft mit ihren zahlreichen Untersuchungen und Tests durch die hiesigen Administrationen, wie sie die in den terranischen Filmen gesehen hatte, bereiteten ihr den reinsten Horror. Angst beschlich die Belluranerin, wenn sie nur daran dachte. Um sich wieder abzulenken begann Lundāna wieder zu meditieren.....

Im Laufe der nächsten Wochen lernte sie die Donovans immer besser kennen. Sie war zeitweilig sehr verwundert, wie diese Familie bedenkenlos mit ihr umgingen, obwohl sie davon ausgingen, was ja auch der Wahrheit entsprach, dass Lundāna Marandi aus einer anderen Welt stammte. Es war ein Verhalten, was sie teilweise immer wieder erstaunen ließ, was aber andererseits auch immer wieder dazu führte, dass die Donovans ihr Fragen über ihre Heimat, ihre Kultur und nach dem Grund ihres Aufenthaltes auf der Erde stellten. Eines stand für Lundāna definitiv fest: Die Donovans waren eine sehr verschwiegene Familie, die das Geheimnis über der Herkunft der Belluranerin bewahrten, was sie vor einer möglichen Gefangennahme schützte. Darüber war sie sehr erleichtert und sehr dankbar. So konnte sie zumindest weiterhin ihrer Mission gerecht werden und die Menschen weiter erforschen. Doch eines Tages würde sie gehen müssen, wenn sie kurz über lang diese Familie nicht in Schwierigkeiten bringen wollte.....

Nach einigen Tagen rollte eine schwarze Limousine vor dem Haus aus und zwei Männer in schwarzen Anzügen stiegen aus dem Wagen. Brenda runzelte die Stirn, als sie die beiden Gestalten auf den Hof kommen sah. Von einem unguten Gefühl beschlichen ging sie zur Tür. „Guten Tag, Misses Donovan, Verzeihen Sie die Störung.”, sagte der kleinere von beiden und nahm seinen Hut ab, „Könnten wir mal kurz mit Ihnen und ihrer Familie sprechen?” „Wer sind Sie?”, fragte Brenda beunruhigt. „Ich bin Special Agent Stone und das ist mein Kollege Special Agent Thompson. Wir sind von der Bundespolizei.”, erklärte der kleinere und sein dunkler Anzug raschelte ein wenig, als er seinen Dienstausweis hervorholte, „Wir hätten da nur ein paar Fragen.” Die Dunkelbraunhaarige sah kurz auf die Ausweise der beiden Herren. Unsicher bat sie die beiden Männer ins Haus. Im Wohnzimmer nahmen sie Platz. „Kann ich Ihnen etwas zu Trinken anbieten?”, fragte sie, um ihre eigene Unsicherheit zu verbergen, über die sie sich reichlich ärgerte. „Nein, danke, Ma’am.”, antwortete Thompson mit kehliger Stimme, „Wir sind auch gleich wieder verschwunden.” Brenda ließ sich in einen der Sessel nieder und sah die beiden fragend an. Dann erhob der Kleinere wieder seine Stimme, die ein wenig guttural und etwas heiser klang. „Bestimmt erinnern Sie sich doch noch an das Gewitter, das hier vor ein paar Monaten nachts getobt hatte.”, begann er, „Haben Sie in jener Nacht vielleicht etwas Ungewöhnliches gehört oder gar gesehen?” Brenda verneinte wahrheitsgemäß. „Nein, wir hatten tief und fest geschlafen.”, sagte sie mit fester Stimme, „Wieso wollen Sie das wissen?” Special Agent Stone erhob sich wieder vom Sofa und trat an den großen Wohnzimmerschrank, wo er die Familienbilder betrachtete. Aufmerksam folgte Brendas Blick den kleinen Agenten. „Ihre Familie?”, fragte er und hielt dabei eines der Bilder hoch. Die Dunkelbraunhaarige bejahte. „Hübsche Kinder haben Sie, Misses Donovan.”, sagte er, wobei seine Stimme etwas bedrohlicher klang als vorher, „Sie lieben Ihre Familie doch sehr, nicht wahr, Ma’am? Es wäre doch sehr schade, wenn ihr doch etwas zustieße, finden Sie nicht auch?” Eine unbeschreibliche Wut kroch in Brenda hoch, als sie sich wieder aus dem Sessel erhob. „Was wollen Sie damit sagen?”, fragte sie mit bebender Stimme, „Soll das etwa eine Drohung sein?” Stone hob beschwichtigend seine Hände. „Aber nicht doch, Misses Donovan.”, versicherte er ihr und lächelte kurz, „Warum sollten wir Ihnen drohen? Wir haben nur ein paar Fragen, mehr nicht.” Auch Thompson erhob sich wieder und trat ans Fenster. Sein Blick fixierte etwas in der Ferne. Vielleicht sieht er ein kleines Tier oder ähnliches!, dachte Brenda unsicher. „Sehen Sie, Misses Donovan, um der Wahrheit die Ehre zu geben, in jener Nacht war eine merkwürdige Erscheinung am Himmel zu sehen gewesen, die darauf schließen ließ, dass hier möglicherweise ein Flugzeug oder gar ein Satellit abgestürzt sein könnte.”, begann der Große und blickte die junge Frau unverwandt in die Augen, „Wenn Sie selbst nichts gesehen haben, dann vielleicht Ihre Kinder.” Brenda dachte kurz nach, bis ihr plötzlich eine Idee kam. Sie entschuldigte sich kurz und verließ das Wohnzimmer.....

Wenig später kehrte die junge Familienmutter wieder ins Wohnzimmer zurück. In ihren Händen hielt sie jenes Blitzröhrchen, das Karen vom Strand mitgebracht hatte.

„Was ist denn das?”, fragte Stone erstaunt, während Thompson das Röhrchen in seinen kräftigen Händen hielt und ebenfalls betrachtete. Brenda erzählte den beiden Agenten, wie ihre Kinder es gefunden hatten. Die beiden Männer blickten sich gegenseitig kurz an, dann nickte Stone. „Tut mir Leid, Misses Donovan, das ich das sagen muss.”, begann er ernst und setzte sich dabei wieder seinen Hut auf, „Aber das hier werden wir wohl mitnehmen müssen. Das verstehen Sie doch, oder?” Ohne ihnen ihre Erleichterung anmerken zu lassen, nickte die Sechsunddreißigjährige. Zufrieden nahmen die beiden Agenten das Röhrchen mit, verabschiedeten sich und verließen gemeinsam das Haus der Donovans. Brenda atmete erleichtert auf.....

Abends berichtete Brenda detailliert ihrer Familie von dem Besuch der beiden Special Agents. Erschrocken hörten ihr alle zu. Als sie geendet hatte, stand Lundāna auf.

„Dann ist es jetzt soweit.”, sagte sie und blickte entschlossen die anwesenden Menschen an, „Ich kann nicht mehr länger bei euch bleiben. Sie dürfen mich nicht finden. Es wird nicht lange dauern bis sie wiederkommen. Bis dahin muss ich verschwunden sein.” Die Donovans sahen sie wie vom Donner gerührt an. „Aber wohin willst du denn verschwinden?”, fragte Molly, „Und vor allen Dingen, wie?” Die Belluranerin sog geräuschvoll die Luft ein. „Das weiß ich nicht.”, antwortete sie, „Faktum ist, dass ich irgendwie wegmuss, wenn ich euch nicht weiter in Gefahr bringen soll.” Tim erhob sich ebenfalls. In seinen Augen konnte man nur tiefste Entschlossenheit erkennen. „Wir helfen dir, Lundāna.”, sagte er und blickte die anderen an, „Auf keinen Fall lassen wir dich im Stich.” Die Belluranerin lächelte kurz. „Danke sehr.”, sagte sie, „Ich weiß eure Hilfe sehr zu schätzen. Aber ihr solltest besser hier bleiben, damit niemand von euch Schwierigkeiten bekommt.” Paul schüttelte mit dem Kopf. „Nun mal langsam mit den jungen Pferden, Leute.”, versuchte er seine Familie zu beruhigen, „So schnell werden die nicht wiederkommen. Die haben erst mal den Fulguriten, den ihr vom Strand mitgebracht habt, mitgenommen und den werden sie erst einmal gründlich untersuchen und wenn sie festgestellt haben, dass der natürlichen Ursprungs ist, werden sie uns mit allergrößter Wahrscheinlichkeit in Ruhe lassen. Wir haben also noch etwas Zeit und können uns daher genau überlegen, wie wir das Problem in aller Ruhe lösen können ohne viel Aufsehen zu erregen.” Etwas beruhigter setzten sich alle wieder. Dann hatte Lundāna eine Idee. „Euer Vater hat Recht.”, sagte sie mit ihrer typisch ruhigen und sanften Stimme, „Momentan haben wir nichts zu befürchten.” Die Familienmitglieder sahen sie verwundert an, als sie ihnen erklärte, warum sie Pauls Ansicht teilte. Anschließend äußerte Lundāna eine Bitte, die die Donovans verblüffte.....

Wenig später hatten sie die Sessel und den Wohnzimmertisch an die Wand gestellt und saßen nun zusammen mit Lundāna in einem Halbkreis auf dem Fußboden.

„Ich möchte euch nun etwas zeigen.”, begann sie und blicken jeden nacheinander an, „Ich weiß, dass ihr alle viele Fragen habt. Auf einige dieser Fragen werde ich euch heute Abend ein paar Antworten geben.” Sie wartete und ließ ihre Worte auf die Donovans einwirken. „Aber bevor ich damit anfangen kann, muss ich euch noch etwas gestehen, was ihr letztendlich bereits geahnt habt.”, fuhr sie fort, „Ich bin Telepathin. Deshalb wusste ich immer Bescheid, was ihr dachtet und tat.” Die Donovans schwiegen weiterhin und sahen die Belluranerin an. Nur ein kleines triumphierendes Lächeln umspielte Tims Lippen. „Heute Abend werde ich euch auf telepathischem Wege von mir und meiner Heimat erzählen.”, fuhr sie fort, „Schließt jetzt bitte eure Augen und entspannt euch. Ihr braucht keine Angst zu haben. Euch wird nichts passieren.” Nach kurzer Zeit kamen die Donovans der Aufforderung der Belluranerin nach. „Vertraut ihr mir?”, fragte Lundāna und sah die sechs Menschen an, die alle stumm nickten. Ihre sanfte Stimme wirkte sehr beruhigend auf die kanadische Familie, die sie bei sich so freundlich aufgenommen hatten. „Gut.”, flüsterte die Belluranerin kaum hörbar, „Dann geht’s jetzt los.” Mühelos versetzte Lundāna Marandi die Donovans in Trance.....

Erschrocken mussten die Donovans feststellen, dass plötzlich jeder die Gefühle und Gedanken des anderen wahrnehmen konnte. Lundāna, was passiert hier?, fragte Molly verunsichert, Wer quatscht denn hier die ganze Zeit? Im nächsten Augenblick fühlten sie sich von einer starken emotionalen Wärme umgeben, welche die terranische Familie anscheinend mitriss. Sie hatten das Gefühl zu schweben und fühlten sich dabei geborgen. Nach einem kurzen Augenblick begriffen die sechs Kanadier, woher diese emotionale Wärme stammte. Es war jene tiefe Zuneigung, die Lundāna für die sechs Menschen empfand. Habt keine Angst!, dachte sie beruhigend, Ihr hört nur eure eigenen Gedanken, Molly! Das ist völlig normal, wenn man telepathischen Kontakt untereinander hat! Es dauerte eine kurze Weile, bis sich die sechs Menschen daran gewöhnten. Lundānas mentale Stimme wirkte sehr beruhigend auf die Donovans. Amüsiert beobachtete die Belluranerin wie die sechs Familienmitglieder aneinander sondierten. Tim!, riefen die anderen überrascht aus, nachdem sie erkannten, dass der Neunzehnjährige total in Lundāna Marandi verliebt war. Der Schwarzhaarige schwieg beschämt. Das ist doch wohl nicht wahr, Molly!, rief Paul fassungslos, Du bist im Sommer letzten Jahres trotz des Hausarrestes heimlich mit Peter Kelley ausgegangen? Tschuldigung, Mom und Dad!, versicherte eine peinlich berührte Molly, Wird nicht wieder vorkommen! Kunststück!, rief die jüngste Tochter, Mit dem bist du ja auch nicht mehr zusammen! Karen, wie konntest du uns nur so etwas antun?, fragte Brenda entsetzt, Du hast mehrmals die Schule geschwänzt, nur weil du den Aushilfslehrer nicht leiden konntest? Auch Karen schwieg beschämt wie ihr jüngster Bruder und ihre ältere Schwester. Mike, du hast mit vierzehn Jahren zweimal meinen Wagen im besoffenen Zustand heimlich kurzgeschlossen und ein paar Runden mit deinen Kumpels gedreht?, rief Paul entsetzt, Und ich dachte immer, eure Mutter hätte die Beulen ins Auto gefahren! PAUL!, rief Brenda entrüstet und zutiefst gekränkt, Du hattest mich die ganze Zeit über wegen der Beulen und Lackschäden verdächtigt? Mamma!, riefen die Kinder entsetzt, Du liest heimlich Mollys und meine Tagebücher und kontrollierst auch noch heimlich Tims und mein Zimmer, weil du denkst, wir könnten heimlich rauchen oder andere Dummheiten machen? Zu Recht, wie ich gerade sehe!, lächelte sie.

Lundāna beobachtete die mentalen Gespräche der Donovans belustigt. Doch dann veränderte sich schlagartig die Umgebung und alle fanden sich auf einer unbekannten Straße wieder. In der Ferne konnten sie eine kleine Stadt erkennen. Kommt mit!, forderte die Belluranerin die kanadische Familie auf, Ich zeige euch nun meine Heimat! Innerhalb kürzester Zeit begriffen die Donovans, dass ihnen Lundāna Bilder von ihrer Heimatwelt zeigte, von Bellurānia Prime.....

Nach einigen Stunden erwachten sie wieder aus der Trance. Ohne etwas zu sagen blieben sie alle auf dem Fußboden sitzen. „Ich hätte nie gedacht, dass du tatsächlich aus einer anderen Welt stammst.”, sagte Mike beeindruckt, „Warum hast du das gemacht? Warum hast du uns das alles gezeigt?” „Weil ich wollte, dass ihr endlich die Wahrheit kennt.”, erklärte sie lächelnd, „Tim konnte euch nicht davon überzeugen.” Paul beugte sich ein wenig vor. „Nur deshalb, Lundāna?”, wollte er wissen, „Oder hatte es auch noch andere Gründe?”

Marandi nickte. „Ja, ich hatte auch noch andere Gründe.”, erwiderte sie schmunzelnd, „Es sollte ein Geschenk von mir an euch allen sein.” „Ein Geschenk?”, fragten die Donovans unisono. „Ja.”, antwortete die Belluranerin mit sanfter Stimme, „Wenn es soweit ist, werdet ihr es verstehen. Das versichere ich euch.” Molly und Karen gähnten herzhaft. „Meint ihr nicht, dass wir schlafen gehen sollten.”, fragte Brenda, die gerade auf ihre Uhr schaute, „Es ist schon sehr spät.” „Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt schlafen könnte nach dieser ungewöhnlichen Reise.”, meinte Tim gähnend, „Aber trotzdem wünsche ich euch allen eine gute Nacht.” Es dauerte nicht lange, bis sich die komplette Familie zum Schlafen zurückgezogen hatte.....

Tim konnte nicht einschlafen und dachte darüber nach, was Lundāna ihm und seiner gesamten Familie alles gezeigt hatte. Sie hatte den Donovans ihre Heimatwelt gezeigt! Der Schwarzhaarige war zutiefst beeindruckt, von dem, was er alles zu sehen bekommen hatte. Nie zuvor war er jemals mit einer so komplexen Kultur in Berührung gekommen wie in diesem Fall. Auch die Flora und Fauna war ihm ganz fremd gewesen. Dasselbe galt auch für die Städte und Dörfer mit ihrer scheinbar zweckgebundenen Architektur. Die Schrift an den Schildern konnte er überhaupt nicht entziffern. Ähnliches galt auch für die Aufschriften der belluranischen Fahrzeuge und Shuttles. Viele dieser Fahrzeuge hatten eine aerodynamische Form. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte, je mehr er darüber nachdachte. Ein seltsames Gefühl überkam dem Neunzehnjährigen plötzlich, das ihn nicht mehr loslassen wollte. Irgendwas stimmt da nicht!, dachte er müde. Irgendetwas, was Lundāna Marandi gesagt hatte, gefiel ihm nicht. Tim gähnte herzhaft. Irgendwas war nicht in Ordnung!, sagte er sich schläfrig. Aber als er es endlich begriff, was er im ersten Moment nicht verstanden hatte, fielen dem Neunzehnjährigen bereits die Augen zu. Doch, bevor er noch reagieren konnte, war Tim schon eingeschlafen.....

Inzwischen hatte sich Lundāna Marandi ihre Uniform angezogen und kontrollierte gerade ihre Waffen, die sie immer bei sich trug. Sorgfältig befestigte sie ihren Gubung, ihren multifunktionalen Kampfstock, an ihren Gürtel, an dem bereits die anderen Waffen befestigt waren, die als solche nicht erkennbar waren. Zum Schluss legte sie ihre beiden Armbänder an, in denen jeweils ein Kommunikationsgerät und ein kleiner, aber sehr leistungsfähiger Computer integriert war. Sie warf einen Blick auf ihren Chronometer, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie nichts vergaß, was möglicherweise jemanden verraten könnte, dass sie eine Zeit lang hier bei den Donovans gelebt hatte. Nachdem sie zufrieden feststellte, dass alles soweit in Ordnung war, verließ sie das Haus und verschwand lautlos in der Dunkelheit.....

Am nächsten Morgen erschien der Neunzehnjährige müde in der Küche, wo der Rest der Donovans beim Frühstück saß. Es duftete nach Rührei mit Schinken sowie nach frisch gekochtem Kaffee. Paul schien ebenfalls sehr schlecht geschlafen zu haben, denn diesmal ignorierte er seine tägliche Zeitung, die zusammengefaltet neben ihm auf einen leeren Stuhl lag. Keiner mochte den anderen richtig ansehen, geschweige denn, ansprechen. Beschämt sahen sie alle nur auf ihr Essen. Irgendwie war das wohl keine so gute Idee gewesen, was da Lundāna mit uns angestellt hatte!, dachte er, Zumindest sehen sie alle ziemlich fertig aus! Tim musste bei dem Anblick seiner Eltern und Geschwister schmunzeln, denn so still hatte er sie noch nie an einem Morgen erlebt.

„Wo ist denn Lundāna?”, fragte Brenda, als sie aus dem Gästezimmer kam. „Keine Ahnung.”, witzelte Mike, „Vielleicht liegt sie noch in Tims Bett. Muss wohl eine ziemlich heiße Nacht gewesen sein.” Die Sechsunddreißigjährige warf ihrem älteren Sohn einen finsteren Blick zu. Dieser schluckte. „Ich meinte das ernst!”, fauchte sie böse, „Wo ist sie?” „Ich weiß es auch nicht.”, antwortete Molly, als sie einen Blick ins Gästezimmer warf. „Vielleicht ist sie wieder am Strand und meditiert.”, schlug Karen vor und ging ins Gästezimmer, „Hier ist sie jedenfalls nicht.” Im nächsten Augenblick knarrten die Schranktüren. Karen warf einen kurzen Blick in jedes Fach. Das Fach, indem die Uniform und der Gürtel mit dem gesamten Equipment gelegen hatte, war komplett verschwunden. In diesem Moment begriff sie, was passiert war. Die Belluranerin war fort. Das Mädchen rief nach dem Rest der Familie, die sich sofort alle vor dem offenen Schrank versammelten. Tim fluchte hingebungsvoll. „Wir müssen sie sofort suchen, bevor die Bundespolizei Lundāna findet.”, sagte er, „Lasst uns sofort anfangen mit der Suche! Wir müssen sie vor den anderen finden!” Wenig später saß die gesamte Familie im Wagen und suchte nach der verschwundenen Belluranerin.....

Unentschlossen war sie an einer großen Kreuzung stehen geblieben und sah von dort aus in alle Richtungen. Sie war noch nie in Vancouver gewesen und kannte sich daher nicht in dieser großen Stadt aus. Auf telepathischem Wege hielt sie nach anderen Belluranern Ausschau, die sich möglicherweise in der Stadt aufhalten könnten. Enttäuscht musste sie feststellen, dass sie weiterhin auf sich allein gestellt war. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen die Donovans zu verlassen!, dachte sie frustriert, Dort brauchte ich mir zumindest keine Gedanken über ein Nachtlager machen! Aber es änderte sich nichts an ihrer Situation. Sie konnte nicht zu ihren neuen terranischen Freunden zurückkehren, wenn sie sie nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Im Laufe des Tages erreichte Lundāna eine kleine Nebenstraße mit zahlreichen leerstehenden Fabrikgebäuden. Eine große alte Halle sah sie sich genauer an. Mit Leichtigkeit überwand sie den hohen Zaun und ging mit schnellen Schritten auf den Halleneingang zu. Erstaunt stellte sie fest, dass die Halle nicht abgeschlossen war. Wenig später betrat sie das leere Gebäude.....

Systematisch kontrollierte sie die einzelnen Räume in der Halle. In allen Räumen war die Luft abgestanden und es roch teilweise ein wenig muffig. In den ehemaligen Büroräumen prüfte Lundāna Marandi die Beleuchtungen und Heizungen. Zufrieden stellte die Belluranerin fest, dass in einen der kleineren Büros sowohl die Heizung als auch die Beleuchtung noch funktionierte. Daraufhin entschloss sie sich, die kommende Nacht hier zu verbringen.....

Enttäuscht und frustriert kehrten auch die Donovans wieder heim. Ihre gemeinsame Suche nach der Belluranerin war erfolglos geblieben, was besonders Tim ärgerte. Als Paul seinen Wagen auf den Hof ausrollen ließ, sahen die Familie eine schwarze Limousine stehen, aus dem zwei Männer in dunklen Anzügen ausstiegen. Doch dieses Mal waren die beiden nicht alleine. Aus einem weiteren Wagen stiegen drei uniformierte Personen aus. Zielstrebig gingen die fünf Männer auf den Wagen zu, in dem die Donovans saßen. Der Vierundvierzigjährige stellte den Motor ab und deutete an, dass alle aussteigen sollten. „Das sind die beiden Special Agents, von denen ich euch erzählt habe.”, sagte Brenda leise beim Verlassen des Autos und deutete mit ihrem Kopf in die Richtung von Thompson und Stone. Paul nickte nur. Die beiden Agenten zückten wieder ihre Ausweise und hielten sie den Donovans unter die Nasen. Mit eisiger Stimme ließ Stone die gesamte Familie verhaften.....

„Aber warum wollen Sie uns denn alle verhaften?”, wollte Mike wissen, „Wir haben doch gar nichts getan.” Stone sah ihn finster an. „Sparen Sie sich das für den Richter.”, antwortete er kalt, „Sie haben alle gemeinsam einer offiziell gesuchten kriminellen Person Unterschlupf gewährt, statt den zuständigen Behörden ihren Aufenthaltsort mitzuteilen.” Verdutzt sahen sich die Donovans gegenseitig an, als ihnen die Handschellen angelegt wurden. Ohne weitere Erklärungen ließen Stone und Thompson die Familie abführen.....

Unsanft zwang man die Donovans in einem großen Verhörraum auf sechs harten unbequemen Stühlen Platz zu nehmen. Kurz darauf kamen Stone und Thompson in den Raum und nahmen an der gegenüberliegenden Seite des Tisches Platz. „So.”, begann Stone eisig, „Dann wollen wir mal sehen, ob Sie nun kooperativ sind, Herrschaften.” Die Familienmitglieder starrten die beiden Männer wortlos an. Dann öffnete Thompson eine kleine Tasche und holte jenen Fulgurit heraus, den sie von den Donovans mitgenommen hatten. Alle erkannten das Blitzröhrchen sofort wieder. Stone grinste spöttisch. „Sie haben wohl gedacht, dass Sie uns damit aufs Glatteis führen könnten, oder, Misses Donovan?”, fragte Thompson schroff, „Aber wir lassen uns nun mal nicht gern für dumm verkaufen.” Er stand wieder auf und kam hinter den Tisch hervor auf die Sechsunddreißigjährige zu. „Aber es war die Wahrheit, die ich Ihnen darüber erzählt hatte!”, verteidigte sich Brenda empört. Dicht neben ihr blieb der Hüne stehen und blickte auf sie herab. „Lügen Sie uns gefälligst nicht mehr an! Dieses Röhrchen ist nicht durch einen Blitzschlag in den Boden entstanden, sondern durch den Schuss aus einer unbekannten Energiewaffe!”, donnerte Thompson und schlug Brenda mit der flachen Hand kraftvoll ins Gesicht. Die Donovans zuckten erschrocken zusammen. Die silberne Haarspange, die die Dunkelbraunhaarige trug, fiel laut klappernd auf den Boden und blieb dort liegen. „Sagen Sie mal!”, empörte sich Paul, „Sind Sie wahnsinnig geworden? Wie können Sie eigentlich meine Frau schlagen?” Noch bevor der Vierundvierzigjährige etwas Weiteres sagen konnte, war der Special Agent bei ihm und schlug ihm ebenfalls ins Gesicht. Der Schlag war so kraftvoll gewesen, dass Pauls Oberlippe aufplatzte und stark blutete. Der Hüne beugte sich zu dem Familienvater hinunter und sah ihm wutverzerrt ins Gesicht. „Du antwortest nur, wenn du gefragt wirst, ist das klar?”, zischte Thompson, „Sonst mache ich dich kalt.” Paul nickte nur. Molly wollte zu ihren Vater gerade etwas sagen, als sie Mike mit den Kopf schütteln sah. Thompson richtete sich wieder auf und warf den anderen einen eisigen Blick zu. Wütend erwiderten sie den Blick des großen Mannes. „So, und jetzt zurück zum Anfang.”, sagte Stone mit einem kühlen Lächeln, „Jetzt erzählt ihr uns noch mal von Anfang an, wo ihr das hier herab. Und die Blitzgeschichte könnt ihr getrost beiseite lassen.” Molly zog geräuschvoll die Luft ein, als sie zu einer Antwort ansetzte. Detailliert berichtete sie den beiden Agenten von der Nacht mit dem Gewitter und wie sie am nächsten Tag das Blitzröhrchen am Strand gefunden hatten. Stone verzog das Gesicht. „Oh nein, nicht schon wieder!” ,stöhnte er genervt, „Ich sagte doch, dass ihr die Blitzstory weglassen solltet. Das Röhrchen haben wir im Labor ausgiebig untersucht und wir wissen jetzt deshalb, dass die Geschichte nicht stimmt.” Mike drehte sich zu Tim um. „Tim, erklär du doch mal den beiden Heinis, wie das mit dem Blitzeinschlag in den Erdboden funktioniert.”, forderte er seinen jüngeren Bruder auf. Der Neunzehnjährige nickte und begann den beiden Agenten zu erklären, wie solche Fulguriten bei Blitzeinschlägen in den Boden entstehen. Als er geendet hatte, sah er die beiden Männer an. Stone ließ laut die Luft aus seinen Lungen entweichen und nickte resigniert. „Ich sehe schon.”, sagte er frustriert, „So kommen wir nicht weiter. Also werden wir jetzt andere Seiten aufziehen müssen, um euch beizukommen.” Der kleine Special Agent erhob sich wieder von seinem Platz und nickte seinem Kollegen zu. „Sperrt sie ein!”, befahl er, „Und zwar jeden in eine Einzelzelle!” Empört schnappten die Donovans nach Luft, als die Uniformierten sie abführten um ihren Befehl auszuführen.....

Tim hatte das Gefühl einen Alptraum zu erleben, als er hilflos mit ansehen musste, wie die Männer seine Eltern und Geschwister in verschiedene Zellen steckten. Laut klapperten die Schlüssel an dem Bund, als ein grimmig dreinschauender Wärter seine Zelle öffnete und den Neunzehnjährigen da hineinstieß. Wortlos löste er bei ihm die Handschellen und ging wieder hinaus. Laut krachend fiel die schwere Stahltür ins Schloss. Seine Handgelenke reibend sah er sich in dem kärglichen Raum um, in dem er nur ein schmales Bett, ein Waschbecken und eine kleine Toilette sah. Der Schwarzhaarige trat ans vergitterte Fenster und warf einen kurzen Blick nach draußen. Der Hof war leer und es war auch kein Geräusch zu hören. Frustriert ließ er sich aufs Bett fallen und begann nachzudenken.....

Auch Paul saß inzwischen in seiner Zelle auf einem schmalen Bett. Fassungslos schüttelte er mit dem Kopf. Das gibt es nicht!, dachte er und hielt sich dabei ein blutverschmiertes Taschentuch an seine Oberlippe, Nicht mal einen Anwalt durften wir anrufen! Wieder schüttelte er ungläubig den Kopf. Sowas hatte er noch nie erlebt.....

Stöhnend hielt sich Brenda ihren Kopf. Die Schmerzen waren fast unerträglich. Mit zitternden Händen tastete sie vor einem kleinen Spiegel ihr Gesicht ab. Ihre langen Haare waren zerzaust und die Stelle, wo sie der Schlag des Special Agents getroffen hatte, schwoll bereits an. Ihr Schädel brummte, als sie sich vorsichtig aufs Bett niederließ. Sorgen und Angst überkamen der Sechsunddreißigjährigen, als sie an ihre Familie dachte, die in den anderen Zellen eingepfercht waren wie wilde Tiere.

Mike lief aufgebracht in seiner Zelle auf und ab. Er konnte nicht glauben, was mit ihm und seiner gesamten Familie geschehen war. Das gibt es nicht!, dachte er wütend, Das können die doch nicht mit uns machen! Mit geballten Fäusten stand er mitten in der Zelle und stieß einen markerschütternden Wutschrei aus.....

Wütend hämmerte Karen mit ihren kleinen Fäusten gegen die Zellentür. Als das nichts brachte, trat sie mehrmals gegen die Wand. Eine nicht enden wollende Schimpfkanonade stieß sie dabei aus. Nach dem ihre Kräfte nachließen, ließ sie sich erschöpft aufs Bett fallen und begann vor Angst hemmungslos zu weinen.....

Nachdenklich saß Molly auf dem schmalen Bett. Die haben uns einfach eingesperrt!, dachte sie bestürzt und schüttelte dabei ungläubig den Kopf, Und das nur, weil wir jemanden geholfen haben, der in Schwierigkeiten war! Wütend krallten sich ihre Finger in die Bettdecke, was sie aber nicht bemerkte. Es muss doch eine Möglichkeit geben, hier wieder rauszukommen!, überlegte sie fieberhaft, Wenn wir doch jemanden hätten, der uns hier rausholen könnte! Sie ließ sich rücklings aufs Bett fallen und ließ ebenfalls ihren Tränen freien Lauf. Sie hatte begriffen, dass es für sie und ihrer Familie keine Hoffnung mehr gab.....

Erschrocken blickte Molly Stunden später zur Tür auf, als diese laut klirrend geöffnet wurde. Ein hagerer Mann mit einer kleinen Tasche betrat die Zelle in Begleitung von Stone und Thompson. Kaum waren die drei drinnen, schloss der Wärter die Tür von innen ab und stellte die Tasche auf den Tisch. Ohne ein Wort zusagen, starrten die drei Männer die Siebzehnjährige an. Misstrauisch sah sie den großen Special Agent an, als sich dieser zu ihr aufs Bett setzte. Ein süffisantes Lächeln umspielte seine schmalen Lippen. Molly bekam eine Gänsehaut. „So, jetzt wird noch mal Tacheles geredet, junges Fräulein!”, sagte Stone kühl, „Und falls du irgendwelche Mätzchen machst, dann sehen wir uns dazu gezwungen, auf andere Mittel zwecks Wahrheitsfindung zurückzugreifen, hast du verstanden?” Entgeistert starrte das Mädchen die drei Männer an. Dann nickte sie stumm. „So ist es gut, Kind.”, lächelte Stone, „Dann können wir jetzt ja anfangen.” „Und solange du brav bist, wird es auch nicht weh tun.”, fügte Thompson diabolisch grinsend hinzu. Molly bekam Angst, als sie die finsteren und entschlossenen Blicke der beiden Agenten sah. Der hagere Wärter dagegen wirkte eher gelangweilt und irgendwie teilnahmslos. „Bist du, wie dein Bruder, auch der Ansicht, dass jenes Röhrchen, das wir von euch mitgenommen haben, durch einen Blitzschlag in den Boden entstanden ist?”, fragte Stone. „Ja.”, sagte sie, „Zumindest hat es Tim uns so erklärt.” Thompson und Stone nickten dem Wärter zu, der nun teilnahmslos die Tasche auf dem Tisch öffnete und ihren Inhalt rausholte. Mollys Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie die Geräte erkannte, die der Wärter mit ausdruckslosem Gesicht auf den Tisch stellte. Von Panik erfasst begann sie verzweifelt laut um Hilfe zu rufen.....

Erschrocken zuckten die restlichen Donovans in ihren jeweiligen Zellen zusammen, als sie Mollys markerschütternde Schmerzenschreie hörten. Wild begannen sie alle gegen ihre jeweiligen Zellentüren zu hämmern. Kurze Zeit später waren die Schreie der Siebzehnjährigen verstummt......

Wir müssen hier raus!, dachte Tim und trat wütend gegen die Stahltür, Und zwar sofort! Arme Molly!, dachte er frustriert, Was haben die Schweine dir angetan? Der Neunzehnjährige nahm wieder auf seinem Bett Platz und versuchte erneut nachzudenken. Dann kam ihm ein Gedanke. Hatte Lundāna nicht irgendwas davon gesagt, dass sie uns etwas geschenkt hätte und das wir das erst verstehen würden, wenn es soweit ist?, überlegte er fieberhaft, Und das hatte irgendwas mit der Telepathie zu tun! Denk nach, Junge!, versuchte er sich anzufeuern, Denk nach! Endlose Minuten vergingen, ohne dass ihm die richtige Lösung in den Sinn kam. Ha, ich hab’s! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?, triumphierte er nach ein paar weiteren Minuten, Es ist die Telepathie! Lundāna ist Telepathin! Um sich wieder ein wenig zu beruhigen lief Tim ein paar Mal in seiner Zelle auf und ab. Inzwischen waren die beiden Agenten dabei, seinen Vater zu verhören, den er deutlich vor Schmerzen schreien hörte. Tim versuchte es zu ignorieren. Nachdem er etwas ruhiger geworden war, setzte er sich wieder auf das Bett und begann sich zu konzentrieren. Der Neunzehnjährige war sich nicht sicher, ob er mentalen Kontakt zu der Belluranerin aufnehmen konnte, aber er wollte es auch nicht unversucht lassen. Langsam entspannte er sich. Seine Atmung wurde ruhiger. Als er endlich in Trance war, begann er auf mentalem Wege nach der Belluranerin zu rufen.....

Erschrocken fuhr Marandi aus dem Schlaf. Desorientiert blickte sie sich in dem kahlen Raum um. Lundāna hatte das Gefühl, als hätte sie jemand verzweifelt gerufen. Sie setzte sich bequem hin und begann sich zu konzentrieren. Dann hörte sie erneut, dass jemand auf mentalem Wege ihren Namen rief. Kurz darauf erkannte sie Tims mentale Stimme und er klang sehr verzweifelt.....

Tim, was ist passiert und wo bist du?, fragte Lundāna besorgt, die sich nicht besonders stark konzentrieren musste, um den jungen Terraner auf mentalen Wege wahrnehmen zu können, Ich fühle das du wütend bist und auch Angst hast um dich und deiner Familie! Der Neunzehnjährige berichtete ihr detailliert, was mit ihm und seiner Familie geschehen war. Besonders entsetzt war die Belluranerin, als sie erfuhr, dass die Donovans gerade von zwei Special Agents verhört wurden. Die Belluranerin verstärkte ihre Konzentration, um Tim besser beruhigen und seinen momentanen Aufenthaltsort bestimmen zu können. Okay, Tim, ich komme und werde euch helfen!, sagte sie entschlossen, Haltet durch! Ich werde bald bei euch sein! Ruh dich jetzt etwas aus!, sagte sie sanft, Du wirst nachher für dich und deiner Familie noch eine Menge Kraft brauchen! Aber wie willst du uns finden?, wollte der Neunzehnjährige wissen, Weil die uns in einem abgedunkelten Wagen wegbrachten, kann ich dir nicht mehr sagen, weder wo sie uns hingebracht haben noch wo wir in diesem Gebäude stecken! Mach dir darüber mal keine Sorgen!, antwortete Lundāna entschlossen, Ich werde euch schon finden und wenn ich dabei das gesamte Gebäude systematisch auf den Kopf stellen muss! Ohne den mentalen Kontakt zu Tim Donovan abreißen zu lassen, erhob sich die Belluranerin und machte sich auf den Weg, den Donovans beizustehen......

 

Abschlusshinweise zum Kapitel:

keine

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