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Hinweise zum Kapitel:

keine

Eine dreiviertel Stunde später betraten Kommodore Kundūri von der Station B 17, Major Marānus von der Orbitalstation B 8, Chefingenieurin Marānus vom Flottenstützpunkt Nandrak, Wissenschaftsoffizier Marānus vom Flottenstützpunkt Kĩmbraš, Captain Nulūra von der Nagūma, Captain Žadūrijas von der Ĵajkos, Wissenschaftsoffizier Nandor von der Ĵajkos, der Erste Offizier Gorāni von der Orbitalstation B 17 und die beiden Wissenschaftler Dr. Hödaš und Dr. Menungu den Maschinenraum. Die anwesenden Techniker beachteten die Neuankömmlinge nicht. Sie setzten, ohne sich nach den Offizieren umzusehen, ihre momentanen Arbeiten fort. Römök trat an eine der Kontrollterminals heran, an der ein Techniker saß und einige Knöpfe betätigte. „Und, Mr. Stūnan?”, fragte der Wissenschaftler mit etwas Stolz in der Stimme, „Wie sieht es aus?” Der schwarzhaarige Dicke drehte sich zu seinem Vorgesetzten um und grinste breit. „Ausgezeichnet, Dr. Hödaš.”, antwortete er, „Die Reaktoren sind komplett hochgefahren worden und laufen jetzt absolut einwandfrei. Vorhin gab es noch ein paar energetische Fluktuationen, aber das konnten wir schnell kompensieren und jetzt können wir zu jeder Zeit mit dem Test beginnen, Sir.” Römök nickte zufrieden. „Gute Arbeit, meine Herren.”, sagte er und warf dabei einen Blick in die Runde. Dann ging die Gruppe weiter zu dem Reaktorvorraum. „Wie Sie bereits aus dem Film erfahren haben, ist dies der Reaktorvorraum.”, erklärte Dr. Menungu und öffnete eine kleine Abdeckvorrichtung, „Wenn sie jetzt möchten, können Sie nun einen kurzen Blick auf die Baridiumreaktoren werfen. Setzen Sie aber bitte diese Schutzbrillen auf.” Inzwischen hatte Römök die Schutzbrillen an die Anwesenden verteilt und einer nach dem anderen warf einen Blick in den Reaktorraum, währenddessen die anderen sich von den Technikern im Maschinenraum die verschiedenen Darstellungen auf den Kontrollterminals erklären ließen. Durch das kleine Fenster sahen die Offiziere einige Rohre, die verschieden groß waren und drei große oktogonale Säulen, in denen sehr helles rotes Licht rhythmisch pulsierte. Ferner konnte man die Wartungs- und Reparatureinheiten erkennen, die ferngesteuert werden mussten. Nachdem alle einen Blick in den Raum geworfen hatten, verließen sie wieder den Vorraum. „So, meine Damen und Herren.”, verkündete der technische Leiter stolz und rieb sich dabei seine beiden Hände, „Damit ist dieser Rundgang nun beendet. Jetzt kennen Sie die neueste Technologie der Belluranischen Allianz.” Kurz darauf verließ die zehnköpfige Gruppe beeindruckt den Maschinenraum und kehrten wieder in den Konferenzraum zurück, um zu besprechen, wie die Tests durchgeführt werden sollten, wenn die drei Schiffe den Kalĩndra-Sektor erreicht hatten. Nachdem Römök seine Testpläne gründlich erläutert hatte, zogen sich alle Offiziere auf Befehl des Majors in ihre Quartiere zurück um sich auszuruhen, denn in vierzehn Stunden würden sie den Kalĩndra-Sektor erreicht haben und mit den Testflügen beginnen.....

Major Marānus begleitete seine Familie auf die Nagūma. Dort aßen sie gemeinsam zu Abend. Nach dem Essen unterhielten sie sich beim Ktiša trinken über die vielen neuen technischen Möglichkeiten, wenn die Testflüge positiv verliefen. „Ich weiß nicht, ich weiß nicht.”, meinte Axāña nachdenklich, „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der neue Antrieb durch das Raumfaltungsprinzip funktionieren soll. Das wurde schon so oft vor uns versucht, ohne dass irgendeine Rasse jemals damit Erfolge erzielen konnte. Selbst die mächtigen Aldebaraner und Regulaner vermochten dies nicht zu bewerkstelligen und die sind uns schon technisch verdammt weit überlegen.” Marūd pflichtete seiner Tochter bei. „In der Tat, dass sind sie wirklich.”, ergänzte er, „Wenn man schon allein bedenkt, wieviel Energie dafür überhaupt notwendig ist, um eine Raumfaltung zu ermöglichen. drei Baridiumkernreaktoren reichen dafür bestimmt nicht aus, um einen derartigen Sprung quer durch unsere Galaxis zu machen und wenn, dann müssen die Reaktoren riesig sein, damit sie diese Leistung überhaupt erbringen können. Und doch ist es eine Tatsache, dass sowohl Dr. Menungu, als auch Dr. Hödaš und ihr gesamtes Team davon überzeugt sind, dass der Inversionsantrieb funktionieren wird. Dasselbe gilt auch für das Verteidigungsministerium. Die hätten sonst nie soviel Geld in ein Forschungsprojekt gesteckt, wenn da nicht etwas dran wäre! Ich würd’ doch zu gern wissen wollen, wer da ganze Überzeugungsarbeit geleistet hat.” Niral war auch etwas nachdenklich gewesen, als er antwortete. „Das möcht’ ich auch gern wissen. Natürlich ist diese Mission nicht einfach.”, erwiderte er, „Aber das hat auch niemand behauptet. Klar, beim Flottenkommando hofft man, dass wir mit den Testflügen Erfolg haben werden. Nehmen wir an, wir hätten Erfolg damit, dann wäre das eine revolutionäre Entwicklung nicht nur für unsere Raumfahrt, sondern auch für die Raumfahrt im Allgemeinen! Alle anderen Völker würden wahrscheinlich versuchen, hinter das Geheimnis zu kommen, wenn sie davon erfahren.” „Und wenn die Falschen den Antrieb in die Finger bekämen, hätten sie eine fantastische Waffe, um Kriege zu führen.”, warf Tarūni ein, „Man bräuchte doch nur einfache Raketen mit dem entsprechenden Antrieb ausrüsten und diese dann abschießen.” Alle blickten Tarūni an, nachdem er dies gesagt hatte. Der Kommodore nickte. „Ja, Tarūni, da hast du vollkommen Recht.”, pflichtete er seinem Enkel bei, „Und gerade deshalb müssen wir dafür sorgen, dass so etwas niemals geschieht. Wenn wir schon auf solche Gedanken kommen können, dann möchte ich nicht wissen, wer noch darauf kommen kann.” Axāña sah zuerst ihren Vater, anschließend ihren Mann und zu guter Letzt ihren Sohn an. Sie hatte schon seit einer ganzen Zeit ein sehr komisches Gefühl, das sie vor irgendetwas warnte. Dieses Gefühl blieb auch noch, nachdem sie alle Informationen über den Inversionsantrieb erhalten hatte. „Das wäre furchtbar, wenn wir das nicht vermeiden könnten. Das wäre das absolute Glandāku.”, sagte sie sehr ernst, „Mit der Schande müssten dann alle leben, die in dieser Sache involviert wären.” „Aber anders rum würde das auch bedeuten, dass die Reisezeiten wesentlich kürzer werden würden. Zum Beispiel medizinische Hilfe, die irgendwo ganz dringend benötigt wird, würde viel schneller da sein. Die Blaufleckenfieberepidemie hätte sich auf Vargas 4 nie so schnell ausbreiten können, wenn das Serum viel schneller dort gewesen wäre.”, gab Marūd zu bedenken, um auf den eigentlichen Gedanken dieser Mission zurückzukommen, „Vieles könnte schneller erledigt werden, wenn die Reisezeiten dadurch verkürzt werden könnten.”

„Ich schließe mich deinem Vater an, Axāña.”, antwortete Niral und trank seinen Becher aus, „Und ich bin der Meinung, dass wir uns ein wenig ausruhen sollten, denn die Testflüge werden unsere ganze Aufmerksamkeit brauchen, meine Lieben.” Der Major erhob sich von seinem Platz. „Trotzdem ich habe ich ein komisches Gefühl.”, antwortete die Chefingenieurin nachdenklich, „Mir ist bei der Sache nicht ganz wohl dabei. Ich hoffe, dass alles gut gehen wird.” Die anderen drei taten es ihm gleich und erhoben sich ebenfalls von ihren Sitzgelegenheiten. „Mach’ dir keine Sorgen, mein Goldstück.”, versuchte Niral seine Frau zu beruhigen, „Es wird schon alles gut gehen. Glaub mir das.” Gemeinsam gingen die vier zum Shuttlehangar. Vor der Eingangstür lehnte sich Axāña an ihren Mann, als dieser seinem Schwiegervater die Hand reichte. „Ich nehme an, du gehst wieder zurück auf die Mohōl, oder?”, fragte sie traurig, „Könntest du nicht doch noch etwas länger bleiben?” Der Major verneinte. „Tut mir sehr Leid, mein Goldstück, aber das geht nicht.”, erklärte er und gab dann seiner Frau einen Kuss, „Ich muss zu jeder Zeit auf die Brücke können, wenn was ist. Nach den Testflügen werden wir mehr Zeit für einander haben, das verspreche ich euch.” Enttäuscht ließ sie ihre beiden Arme sinken. „Na schön.”, meinte sie, „Dann pass’ wenigsten gut auf dich auf, solange du auf der Mohōl bist, okay?” „Werde ich machen.”, versprach Niral, der sich gerade von seinem Sohn verabschiedete, „Und du pass’ mir mal schön auf deine Mutter auf, Tarūni.” Inzwischen hatte der Major die Shuttletür geöffnet und betrat das Gefährt. „Keine Sorge, Vater.”, antwortete der Wissenschaftsoffizier, „Sie ist bei mir in sehr guten Händen. Du kannst dich wie immer auf mich verlassen.” Niral grinste. „Ich habe auch nichts anderes von dir erwartet, mein Sohn.”, antwortete der Braunhaarige und betätigte den elektrischen Schließmechanismus, „Gute Nacht!” „Gute Nacht!”, antworteten die anderen drei, als sich die Tür des Shuttles fast lautlos schloss. Dann verließen sie den Hangar und beobachteten den Start vom Kontrollraum aus. Kurz darauf zog sich der Rest der Familie wieder in ihre Quartiere zurück um sich auszuruhen.....

„Lagebericht!”, forderte der Braunhaarige, als er die Brücke betrat und im Kommandosessel Platz nahm. Žãukõndrõ Mũnžau wandte sich von seiner Konsole um und sah den Offizier kurz an. „Außer, dass wir mittlerweile den Kalĩndra-Sektor erreicht haben, gab es keine besonderen Vorkommnisse, Sir.”, antwortete der Kommoffizier mit ruhiger Stimme und Römök hinzufügte: „Alle Systeme sind noch mal gründlich durchgecheckt worden und arbeiten einwandfrei. Die Kapitäne der Ĵajkos und der Nagūma haben mitgeteilt, dass sie für den Test bereit sind.” Der Major nickte zufrieden. „Ausgezeichnet. Lassen Sie die Kommverbindungen zu beiden Schiffen offen, Mr. Mũnžau. Sie sollen alles mit anhören können, was hier an Bord geschieht und gesprochen wird.”, antwortete Niral zufrieden, „Dann lasst uns beginnen. Dr. Menungu? Dr. Hödaš? Jetzt werden wir erfahren, was der neue Antrieb leisten kann.” Die beiden Wissenschaftler saßen auf ihren Plätzen und nickten kurz. Die Nerven aller Anwesenden waren bis zum Zerreißen angespannt, denn zum ersten Mal versuchte ein Schiff der belluranischen Flotte einen Raumfaltungssprung. Dann wandten sie sich wieder ihrer Arbeit zu. „Alle Akkumulatoren sind geladen und die drei Baridiumkernreaktoren sind auf hundert Prozent. Ab jetzt wird alles aufgezeichnet, was hier passiert.”, verkündete Gamda Menungu stolz, „Alle Systeme sind einsatzbereit, die Initiierung zum Raumfaltungssprung kann beginnen.” Römök blickte über seine Schulter zu Niral. „Wohin soll die Reise gehen, Major?”, erkundigte er sich. Der Major nannte dem Wissenschaftler am Kontrollpult die Koordinaten. Nachdem der Hüne sie eingegeben hatte, sah er kurz zu seiner goyanischen Kollegin. Gamda nickte fast unmerklich. Dann warteten alle gespannt auf den Startbefehl des Majors. Auf der Brücke waren alle mucksmäuschenstill. „Aktivieren Sie den Inversionsantrieb, Dr. Hödaš!”, befahl Niral, „Der Psüdan-Sektor erwartet unseren Besuch.”. Sofort führte der Wissenschaftler den Befehl aus und machte an seinem Terminal die erforderlichen Eingaben. Der Major fühlte, wie jemand auf mentaler Ebene Kontakt zu ihm aufnahm. Erst spürte er eine emotionale Wärme, dann hörte er in seinem Geist deutlich die Stimmen seiner Frau und seines Sohnes. Viel Erfolg!, riefen sie Niral mental zu, Wir verfolgen alles hier von der Brücke der Nagūma aus mit. Kurz darauf war der telepathische Kontakt wieder verschwunden und der Major gab den endgültigen Startbefehl: „Energie!” Die Mohōl begann zu beschleunigen.....

Auf dem Schirm beobachteten der Major und die Wissenschaftler, wie die Objekte aus der Sicht des Schirmes gerieten. Der Druck auf die Anwesenden, der beim Beschleunigen des Schiffes entstand, wurde ruckartig stärker und alle wurden in ihre Sitze gepresst. Niral hatte das Gefühl, als ob eine ganze Herde Kojn-Kojns auf ihn gelandet wären und es sich auf dem Körper des Majors nun ausruhen wollten. Noch nie hatte der Offizier eine so starke Beschleunigung bei einem Raumschiff erlebt. Der Inversionsantrieb schien zu funktionieren. Dann flackerten kurz sämtliche Lampen und die Darstellungen auf den Monitoren auf. Kurz darauf schien jemand das Bild des Kalĩndra-Sektors auf dem Schirm durch eines aus dem Psüdan-Sektors zu ersetzen. Fast im gleichen Moment verschwand auch der Beschleunigungsdruck von seinem Körper und der Major fühlte wieder den normalen Druck der Sicherheitsgurte des Kommandosessels auf seinem muskulösen Oberkörper. Marānus glaubte das Schlagen der Flügel und die Schreie der sich wieder erhebenden Kojn-Kojns zu hören. Erleichtert atmete er auf und richtete sich auf dem Kommandosessel auf. „Lagebericht!”, forderte er mit ruhiger Stimme, „Wo sind wir jetzt?” Die Wissenschaftler hatten sofort angefangen, die Daten zu prüfen, die sie auf ihren Bildschirmen sahen. Römök und Gamda sprachen leise miteinander und warfen sich dabei immer wieder kurze Blicke zu. Sie verglichen ihre Daten, die sie auf ihren Terminals sahen. Auch die anderen Techniker auf der Brücke überprüften die Systeme und jene Darstellungen, die auf ihren Monitoren angezeigt wurden. Niral glaubte mehrfach den Ausspruch „Es scheint funktioniert zu haben!” gehört zu haben und wartete geduldig bis Römök sich zum Major umwandte und ihm das Ergebnis mitteilte. Er grinste breit, erhob sich von seinem Platz und wies mit seiner Hand auf dem Bildschirm. „Wir haben es geschafft, Major.”, verkündigte er voller Stolz, „Wir sind jetzt im Psüdan-Sektor. Das bestätigen auch die Sensoren unseres Schiffes. Damit haben die Belluraner den ersten Inversionsantrieb gebaut, der einwandfrei funktioniert.” Die Goyanerin nickte. Alle restlichen Anwesenden erhoben sich ebenfalls von ihren Plätzen und begannen lauthals zu jubeln. Gamda schnurrte zufrieden und ihre Schnurrhaare richteten sich auf. „Heiliger Ming-Mang!”, rief sie begeistert, „Die jahrzehntelange Forschungsarbeit hat sich jetzt endlich ausgezahlt.” Wortlos beobachtete Niral die Aufregung auf der Brücke. „Überprüfen Sie alle Systeme.”, befahl der Major, nachdem sich die Anwesenden wieder beruhigt hatten, „Wir müssen zurückfliegen in den Kalĩndra-Sektor und dann wartet noch ein weiterer Testflug auf uns.” „Aye aye, Sir!”, antworteten Gamda und Römök gleichzeitig, „Wir sind schon dabei.” Der Braunhaarige setzte sich wieder in den Kommandosessel und blickte Römök an.

„Wenden Sie das Schiff um genau hundertachtzig Grad und initiieren Sie den nächsten Raumfaltungssprung, Dr. Hödaš.”, befahl Niral, „Wenn Sie die Zielkoordinaten eingegeben haben, sagen Sie es.” Der Rothaarige nickte. „Wir sind soweit, Major.”, antwortete er einen kurzen Augenblick später, „Wir können wieder zurückfliegen, Sir. Schnallen Sie sich bitte wieder alle an.” Niral warf noch einmal einen kontrollierenden Blick über die Brücke. Dann gab er erneut den Startbefehl: „Energie!” Wieder begann die Mohōl zu beschleunigen und der Druck erhöhte sich wieder ruckartig auf die Anwesenden an Bord des Schiffes. Auch bei diesem Flug hatte Niral das Gefühl, als würden erneut eine Herde Kojn-Kojns oder auch tonnenschwere Felsen auf ihn lasten. Der Blick der Brückenbesatzung war wieder auf den Hauptschirm gerichtet. Auch diesmal traten wieder diese energetischen Fluktuationen bei der Beleuchtung und an den Bildschirmen der Terminals wie beim Start in den Psüdan-Sektor auf. Dann schien wieder jemand das bisherige Bild, nämlich den des Psüdan-Sektors, durch das des Kalĩndra-Sektors zu ersetzen. Nur wenige Nanosekunden später verschwand der Beschleunigungsdruck wieder von Besatzungsmitgliedern des Schiffes und Marānus hatte erneut das Gefühl, als würden sich die Kojn-Kojns wieder von ihm erheben und mit lauten Schreien davonfliegen. Niral fühlte wieder den normalen Druck der Gurte auf seinem kräftigen Körper. „Lagebericht!”, forderte der Offizier von den Leuten auf der Brücke, „Wie ist dieser Testflug verlaufen, Dr. Hödaš?” Aufmerksam beobachtete er die Wissenschaftler und Techniker an den Kontrollpulten, die sich vor dem Kommandosessel befanden. Römök hatte sich bereits von seinem Platz erhoben und warf auf jeden Monitor einen kurzen Blick um sich zu vergewissern, dass auch der Rückflug normal verlaufen war. Dr. Menungu folgte ihm und die beiden Wissenschaftler sprachen mit den Technikern über die Darstellungen auf den Bildschirmen. Auch Niral hatte inzwischen die Gurte gelöst, erhob sich und gesellte sich nun zu den beiden Wissenschaftlern. Aufmerksam lauschte er ihren Diskussionen, ohne auch nur ein Wort dessen zu verstehen, worüber sie sprachen. „Nun?”, hakte Niral nach, „Wie sehen jetzt die Ergebnisse aus?” Gamda wandte sich zu dem Major um und antwortete ernst: „Das wissen wir noch nicht. Momentan versuchen wir zu klären, woher diese energetischen Fluktuationen kommen, Sir.” „Im Augenblick sieht es so aus, Major, dass der Inversionsantrieb mehr Energie braucht, als die drei Baridiumkernreaktoren zur Verfügung stellen können. Zumindest saugt er aus allen anderen Systemen zusätzliche Energie ab.”, erläuterte Römök nachdenklich, ohne seinen Blick von der Darstellung auf einen der Schirme zu lösen, „Nur, warum macht er das? Reicht die Energie aus den Akkumulatoren für den Antrieb nicht vollständig aus? Ich verstehe das nicht. Laut Mr. Stūnans Aussage im Maschinenraum war das Problem doch längst behoben worden.” Gamdas Schnurrhaare sanken nach unten. „Ich begreife das auch nicht, Römök. Scheinbar wurde das Problem doch nicht gelöst.”, sagte sie, „Aber wir müssen den Fehler finden, sonst können wir den nächsten Testflug nicht machen. Das wäre sonst viel zu gefährlich.” Römök und auch die anderen Techniker stimmten ihr leise murmelnd zu. Niral warf einen kurzen Blick auf den Hauptschirm und sah die beiden Schiffe der Hornādas-Klasse. Er wandte sich an den Kommoffizier. Mũnžau beantwortete den fragenden Blick des Majors: „Die Kommkanäle zu den beiden anderen Schiffen sind offen, Sir. Sie können direkt mit ihnen sprechen.” Niral kehrte zu seinen Kommandosessel zurück und nahm wieder Platz. „Ĵajkos! Nagūma! Können Sie uns hören?” „Klar und deutlich, Major!”, tönte Captain Nulūras Stimme aus den Lautsprechern auf der Brücke, „Schön, dass Sie wieder zurückgekehrt sind, Sir!” „Auch wir sind froh, Sie wiederzusehen, Mohōl!”, fügte Captain Žadūrijas hinzu, „Wie war der Flug? Alles glatt gegangen?” Niral spürte wieder den telepathischen Kontakt zu seiner Frau Axāña, zu seinem Sohn Tarūni und auch zu seinem Schwiegervater Marūd Kundūri. Die emotionale Wärme durchströmte wieder seinen Geist. Deutlich konnte er ihre Freude und auch ihre Erleichterung fühlen, dass er und auch sein Schiff wieder wohlbehalten zurückgekehrt waren. Fragend blickte er zu Dr. Hödaš. Dieser nickte. „Das Team will erst die Aufzeichnungen von dem ersten Flug analysieren, bevor wir den nächsten Flug beginnen.”, informierte Major Marānus die beiden anderen Schiffe, „Wenn der zweite Versuch unternommen wird, werden Sie von uns informiert werden. Mohōl, Ende.” Während das Team von Dr. Menungu und Dr. Hödaš fieberhaft nach der Fehlerquelle suchten, zog sich Niral in den Bereitschaftsraum zurück, um einen vorläufigen Bericht für das Flottenkommando anzufertigen. Der Major wusste nicht wie lange es dauern würde, bis sie den zweiten Testflug machen konnten. Aber Niral war sich sicher, dass das wissenschaftliche Team um Gamda und Römök herum keine Minute ruhen würde, bis sie das Problem endlich gefunden und dann beseitigt hatten.....

Stunden später informierte Römök den Major im Bereitschaftsraum, dass der Fehler gefunden und behoben wurde. Kurz darauf betrat Niral die Brücke. Alle saßen wieder auf ihren Plätzen und warteten auf die neuen Befehle von dem Offizier. Keiner sagte ein Wort, während der Braunhaarige seinen aufmerksamen Blick über die Brücke schweifen ließ. Sein Blick blieb auf den Hauptschirm haften, auf dem er die beiden anderen Schiffe sah. „Sind Sie bereit für einen weiteren Testflug?”, fragte er in die Runde, „Sind die Kommverbindungen zu der Ĵajkos und der Nagūma offen?” Sowohl Römök als auch der Kommoffizier bejahten. Niral nickte. „Gut, dann geben Sie jetzt folgenden Koordinaten ein und starten Sie die Initiierung des Inversionsantriebs, Dr. Hödaš.”, wies er den Wissenschaftler an und gab ihn das angestrebte Ziel. Sofort machte sich Römök ans Werk. „Ĵajkos und Nagūma! Können Sie uns hören?”, vergewisserte er sich. „Ja.”, tönten die Stimmen der beiden Kapitäne aus den Lautsprechern, „Wir können Sie klar und deutlich hören.” „Gut.”, erwiderte Niral, „Dann machen Sie sich alle bereit für den zweiten Test und ich hoffe, dass diesmal alles einwandfrei funktionieren wird.”

„Ab jetzt wird wieder alles aufgezeichnet.”, verkündete Gamda erneut und betätigte dabei einige Tasten an ihrem Terminal. Als der Major gerade den Startbefehl erteilen wollte, meldete sich der Techniker Kwōdan am Navigationspult. „Unsere Sensoren haben ein fremdes Schiff geortet, dass sehr schnell näher kommt, Major.”, teilte er mit, „Es hält genau auf uns zu, Schilde und Waffen sind aktiviert.” Niral wandte sich zu dem Techniker um. Unruhe entstand auf der Brücke. „Was für ein Schiff?”, fragte Niral besorgt, „Sind Sie sicher, dass die Schilde und die Waffensysteme aktiviert sind?” Der kleine Mann am Navigationskontrollpult sah noch einmal auf die Darstellung: „Es ist ein unbekanntes Schiff und dessen Schilde sowie Waffensysteme sind nach wie vor aktiviert!” Alle auf der Brücke sahen nun den Major an. „Rufen Sie sie, Mr. Mũnžau.”, befahl Niral. Der Kommoffizier gehorchte und nickte. „Kommverbindung steht, Sir.”, sagte er kurz darauf. „Jetzt ist es direkt über uns, Sir!”, meldete Noñrok Kwōdan etwas nervös, „Mittlerweile kommen noch mehr und zwar aus fast allen Richtungen.” Niral seufzte. „Wie viele?”, fragte der Braunhaarige. „Es sind zwölf Schiffe, Major.”, teilte Nulūra über die offene Kommverbindung von der Nagūma aus mit, „Alle haben ihre Waffensysteme aktiviert. Wir haben sie auch eben erst entdeckt.” „Auch wir haben sie gerade erst gesehen, Major.”, bestätigte Žadūrijas von der Ĵajkos ebenfalls über dem offenen Kommkanal. Inzwischen war das fremde Schiff von oben her auf dem Hauptschirm in Sicht gekommen. Alle auf der Brücke beobachteten wie es langsam wendete und wie ein großer Raubvogel wieder auf sie zukam. Es war größer als ein Schiff der Hornādas-Klasse. Es war ein weißes Schiff mit den typischen schwarzen Ehrenflecken, die die Piratenschiffe kennzeichneten. Hoheitskennzeichen waren nicht zu sehen. Man erzählte sich im interstellaren Völkerrat, dass diese Flecken umso größer und zahlreicher waren, je mehr Schiffe sie angegriffen und geentert bzw. zerstört hatten. Das Schiff, das die belluranischen Schiffe bedrohte, hatte besonders viele und zum Teil auch recht große Flecken. Ohne Vorwarnung feuerte es mehrmals auf die wesentlich kleinere Mohōl.....

Das Schiff erzitterte unter den Treffern. „Es werden keine Schäden gemeldet, Sir!”, teilte Römök nach einer kurzen Zeit mit, „Demzufolge waren es nur Warnschüsse, Major.” Niral nickte dem Wissenschaftler kurz zu um dem Hünen zu zeigen, dass er ihn gehört hatte. „Wer sind Sie und was wollen Sie von uns?”, fragte Niral verärgert, „Warum haben Sie ohne Grund auf uns gefeuert?” Statisches Knistern tönte aus den Lautsprechern. „Übergeben Sie uns die Mohōl mitsamt den beiden Wissenschaftlern Dr. Gamda Menungu und Dr. Römök Hödaš sowie ihr gesamtes Team, das an der Entwicklung des Inversionsantriebs mitgewirkt haben, Major Niral Marānus.”, forderte eine fremde Stimme kalt den Braunhaarigen auf, „Wir sind nur an der neuen Technologie interessiert. Sie selbst können Ihr Schiff verlassen und wieder auf Ihre Orbitalstation Bellurānia 8 zurückkehren, Major. Wenn Sie unserer Forderung nicht nachkommen, dann werden wir euch alle töten!” Erschrocken vernahm man an Bord der drei belluranischen Schiffe die Worte der Piraten. Verdammt!, dachte Niral entsetzt, Woher zum Mūruk wussten sie von unserer neuen Technologie? Irgendwo haben wir einen Verräter in unseren Reihen!, fuhr er in Gedanken fort. „Nein, das kommt gar nicht in Frage!”, entschied Niral, „Sie werden von uns das Schiff nicht bekommen. Haben Sie verstanden?” „Dr. Hödaš, Dr. Menungu!”, flüsterte einer der Techniker, „Diese energetischen Fluktuationen sind wieder da. Sehen Sie?” Gamda und Römök warfen beide einen kurzen Blick zu der Darstellung über dem Kontrollpult des Technikers. „Oh nein! Muss das denn sein?”, stöhnte er, „Bitte nicht jetzt!” „Das hat uns gerade noch gefehlt!”, flüsterte Dr. Menungu nervös, „Ausgerechnet jetzt, wo wir die Initiierung des Antriebs nicht mehr stoppen können!” Römök wandte sich an Niral. „Wir haben ein Problem, Major.”, sagte er, „Es gibt schon wieder technische Probleme, die wahrscheinlich durch die Treffer von dem Piratenschiff entstanden sind. Und das Allerschlimmste ist, dass wir die von Ihnen befohlene Initiierung des Inversionsantriebs nicht mehr stoppen können.” „Alle Reaktoren sind jetzt auf hundert Prozent!”, verkündete ein Techniker nervös. „Was passiert, wenn wir den Sprung machen, Dr. Hödaš?”, fragte Niral den Wissenschaftler, während das Schiff unter den zahlreichen Treffern erzitterte. Die Piraten hatten ohne eine Antwort zu geben das Feuer eröffnet. „Unter diesen Bedingungen kann ich Ihnen das nicht genau sagen, Major.”, antwortete Römök unsicher, fast düster, „Wenn wir Glück haben, kommen wir relativ unbeschadet an unserem Ziel an. Falls nicht, dann sehen wir uns alle bei Mūruk im Glandāku wieder.” Erneut wurde die Mohōl von mehreren Treffern kräftig durchgeschüttelt. Aus einigen Kontrollpulten sprühten Funken und es roch nach verschmorten Komponenten. Die Beleuchtung flackerte mehrmals auf. Niral war froh, dass sie alle auf der Brücke auf ihren Sitzen angeschnallt waren. Auf dem Hauptschirm sahen die Anwesenden, wie die Nagūma und auch die Ĵajkos die Mohōl verteidigten. Rote und blaue Blitze zuckten durch die Kälte des Alls. Ein weiteres Schiff der Piraten verschwand in einem Feuerball. Trümmer schossen auf das kleine Schiff der Arunīda-Klasse zu. „Danke für die Informationen, aber ich glaube, so genau wollte ich das gar nicht wissen. Versuchen wir’s, Dr. Hödaš.”, rief Niral, „Energie!” Die Mohōl beschleunigte. Mehrere kleinere Detonationen erschütterten das Schiff. Auf der Brücke fiel die Energie nach zahlreichen Kurzschlüssen aus. Das Bild auf dem Hauptschirm brach in sich zusammen. Zwei der Kontrollpulte explodierten in kurzen Abständen nacheinander und rissen die beiden davor sitzenden Technikern aus ihren Sitzen. Schreie ertönten auf der Brücke. Feuer brach aus. Sofort nahm der Qualm jede Sicht in dem Raum. Instinktiv suchte Niral den mentalen Kontakt zu seiner Frau und zu Tarūni. Wohlige Wärme durchströmte seinen Geist. Der Major glaubte Axāñas Stimme zu hören. Niral!, rief sie angsterfüllt, Was ist los bei euch? Deutlich fühlte er, wie sie Angst um ihn hatte und sie auch die seinige wahrnahm. Eine weitere Explosion folgte und etwas knallte gegen den braunhaarigen Mann. Schmerz breitete sich schlagartig in seinem Körper aus. Vater!, hörte er seinen Sohn rufen, Mehrere Einheiten des Enterkommandos nähern sich eurem Schiff und ihr habt keine Schilde mehr! Dann entstand ein extrem starker Druck, der die beschädigen Gurte reißen ließ und ihn aus den Sitz schleuderte. Ein gellender Schmerzenschrei ertönte durch den Raum. Niral hörte, wie jemand erst gegen ihn und danach gegen die hintere Wand geschmettert wurde. Deutlich konnte er die brechenden Knochen hören. Blut spritzte. Jemand stöhnte schmerzerfüllt. Der mentale Kontakt zu seiner Frau brach als erster ab, dann der zu Tarūni. Mental rief er die Zielkoordinaten seinem Sohn zu, doch in kürzester Zeit blieben nur noch zerfaserte Emanationen zurück. Eine unbeschreibliche Kälte kehrte in seinem Geist ein, die sofort durch die mentalen Hilfe- und Schmerzensschreie seiner Crewmitglieder abgelöst wurde. Ein Gegenstand pfiff durch die Luft ganz dicht an dem Major vorbei, knallte dumpf gegen einen Körper. Erneut spritzte Blut. Instinktiv versuchten die Besatzungsmitglieder mentalen Kontakt zu jemanden herzustellen. Eine Flut von grenzenlosem Schmerz erfüllte erbarmungslos Nirals Geist. Es roch nach verbranntem Fleisch. Deutlich musste Marānus mental den Feuertod einiger Besatzungsmitglieder an Bord des Schiffes hilflos miterleben. Auf der Brücke verbrannten zwei Techniker lebend. Verzweifelt versuchte Niral sich gegen die mentalen Bilder und die Schmerzen, die er ebenfalls fühlte, zu wehren, die auf ihn hereinstürzten, aber er hatte keine Kraft mehr etwas dagegen zu unternehmen. Der Offizier war selbst schwer verletzt worden und irgendetwas knallte nach einer weiteren Explosion gegen seinen Körper. Bevor Niral das Bewusstsein verlor, konnte er gerade noch erkennen, das es aus Metall war und glühend heiß noch dazu. Seine letzten Gedanken galten seiner Familie, die er mental anflehte, ihm zu vergeben, für all die Zeit, die er nicht bei ihnen gewesen war. Die Brücke stand in Flammen und der Raumfaltungssprung hatte begonnen.....

Entsetzt mussten sowohl Axāña Marānus als auch ihr Sohn Tarūni mental miterleben, was auf der Brücke der Mohōl geschah. Niral versuchte telepathischen Kontakt zu seiner Familie herzustellen. Emotionale Wärme durchströmte sowohl Axāñas als auch Tarūnis Geist. Niral versuchte beiden etwas mitzuteilen, aber fremde Emotionen begannen die des Majors zu überlagern, die durch Nirals starken mentalen Kontakt zu seiner Familie kanalisiert und zu ihnen weitergeleitet wurden. Beide hörten mental die Schreie der Crewmitglieder, die sich zu diesem Zeitpunkt bei dem Major auf der Brücke aufhielten. Hilflos mussten die beiden miterleben, wie die mentalen Kräfte des verletzten Majors versagten und der Kontakt zu seiner Familie schnell schwächer wurde. Verzweifelt versuchte Tarūni seinen Vater auf die sich nähernden feindlichen Enterkommandos und die ausgefallenen Schilde hinzuweisen, ob er in diesem Chaos noch was tun konnte, wusste der junge Wissenschaftsoffizier nicht. Aber er fühlte wie seine Mutter einen unbeschreiblichen Schmerz und in diesem Moment wurde ihnen klar, dass der Braunhaarige selbst schwer verletzt war und einige auf der Brücke gerade starben. Plötzlich riss der mentale Kontakt zuerst bei der Chefingenieurin, dann der zu Tarūni ab. „Niral!”, schrie die Chefingenieurin entsetzt, „Nein!” „Vater!”, brüllte Tarūni ebenfalls entsetzt, „Vater, nicht!” Laut hallten die Stimmen der beiden auf der Brücke und einige der Anwesenden warfen Mutter und Sohn kurze Blicke zu. Allen war bereits klar, dass sich an Bord des kleinen Schiffes etwas Schlimmes abspielte. Die geistige Stimme seines Vaters hallte in dem Geist des Wissenschaftsoffiziers noch sehr lange nach. Er glaubte, eine Zahlenkombination verstanden zu haben, aber er war sich nicht sicher, weil Niral auch die mentalen Kontakte seiner Brückencrew unkontrolliert an seine Familie weitergeleitet hatte. Geschockt saßen beide auf ihren Sitzen auf der Brücke der Nagūma. Axāña begann hemmungslos zu weinen. Marūd reagierte augenblicklich und nahm seine Tochter sofort in seine Arme. Auch er hatte Tränen in den Augen, denn der Kommodore hatte ebenfalls für einen sehr kurzen Augenblick einen mentalen Kontakt zu seinem Schwiegersohn gehabt. „Axāña! Kind!”, sagte er mit leiser Stimme und drückte sie fester an sich, „Reiß dich doch zusammen!” Ohne auf das Geschehen auf der Brücke zu achten, weinte die Chefingenieurin weiter. „Es tut mir Leid, Vater.”, sagte sie mit tränenerstickter Stimme kaum hörbar, „Ich habe seinen Tod gefühlt.” „Ich habe gefühlt, wie seine Seele gnadenlos aus seinem Körper gerissen wurde und dazu noch der ganze unendliche Schmerz.”, die blonde Frau schüttelte mit ihrem Kopf und ihr Körper erzitterte wieder, als sie erneut von Weinkrämpfen geschüttelt wurde, „Wie Niral verzweifelt versucht hatte, sich an seinem Leben festzuhalten, aber es glitt ihm einfach aus seinen Händen. Er wurde einfach vom mir fortgerissen, ich konnte ihn nicht festhalten!” Sie vergrub wieder ihr Gesicht in den Armen ihres Vaters und weinte weiter. Tarūni ging es nicht anders, aber er versuchte seine Emotionen so schnell wie möglich wieder unter Kontrolle zu bringen. Der Schock über die letzten Ereignisse saß tief und Tarūni hatte ein merkwürdiges Gefühl, das er in diesem Augenblick nicht richtig einordnen konnte. Wie paralysiert saß er auf seinem Platz am wissenschaftlichen Terminal und konnte seinen Blick nicht vom Hauptschirm abwenden.

Julāra ignorierte die trauernde Chefingenieurin und bellte wütend einige Befehle. Sie wollte es den Piraten mit gleicher Münze heimzahlen. Wut war das einzige, was der Captain der Nagūma momentan fühlte. Auf dem Hauptschirm sahen sie, wie sich die Mohōl unter zahlreichen Treffern und Explosionen wand. Die Einheiten der Piraten, die das Schiff entern sollten, zogen sich wieder zurück, nachdem sie erkannten, dass die Mohōl dem Untergang geweiht war. Trümmer lösten sich von dem Schiff der Arunīda-Klasse und trieben durch das kalte Vakuum davon. Kurz darauf schien das Schiff sich auszudehnen als wäre es aus Gummi. Eine feindliche Rakete schlug ins Heck des hilflosen Schiffes ein. Sie zerstörte einen Teil des Antriebssystems und das Schiff, das bereits beschleunigte, wurde scheinbar dabei immer länger. Die schwer beschädigte Mohōl schien sich zu verbiegen und dehnte sich immer weiter aus. Der Feuerball, der von der Rakete der Piraten verursacht worden war, dehnte sich ebenfalls in die gleiche Richtung aus und schien der Mohōl folgen zu wollen, um ihr tödliches Werk zu vollenden. Trümmer lösten sich nach weiteren kleineren Detonationen vom Schiff. Kurz darauf schoss es mit einem gigantischen Feuerschweif davon und es blieb eine lange feurige Spur zurück, die sich nur langsam auflöste. Die Besatzungen auf der Nagūma und der Ĵajkos erkannten, dass der Raumfaltungssprung bereits initiiert war und nicht mehr gestoppt werden konnte. Die Mohōl war verloren und mit ihr alle Personen, die sich an Bord des Schiffes befanden. Sie verschwand vor ihren Augen.....

Weiterhin zuckten gnadenlos rote und blaue Blitze durch die Schwärze des Alls. Der Kampf ging weiter. Julāra Öjkār Nulūra saß auf ihrem Kommandosessel und hatte, wie alle anderen auch, ebenfalls hilflos mit ansehen müssen, was mit der Mohōl geschah. Daraufhin packte sie eine unbändige Wut auf die Angreifer. Die junge Frau merkte nicht, wie sehr sich ihr Körper dabei verkrampfte, während sie ihre Befehle erteilte. Sie wollte die Feinde für den sinnlosen Tod ihres Gönners, dem Julāra ihr erstes Kommando verdankte, bestrafen. Jedes Piratenschiff, das von der Nagūma zerstört wurde, erfüllte sie mit Genugtuung. Jedes Schiff von euch Slokks, das wir jetzt zerstören werden, soll eine Strafe für jede Person sein, die an Bord der Mohōl euretwegen sterben musste!, dachte sie wütend. Tarūni hatte sich als erster wieder beruhigt und versuchte Julāra als Wissenschaftsoffizier auf der Nagūma zu unterstützen. Auch er war sehr zornig über die Piraten, die sie bedroht und angegriffen hatten. Mehrere Treffer ließen das Schiff erzittern, doch die Schilde hielten. Captain Nulūra zeigte durch ihre Kampfstrategien, dass sie eine sehr fähige Offizierin war.

Tarūni wusste nicht genau, wie lange er paralysiert dagesessen hatte. Er musste einige mentale Kraft aufbringen um sich aus dem Schockzustand zu befreien und die Paralyse wieder abzuschütteln. Der Wissenschaftsoffizier wandte seinen Blick wieder seinem Terminal zu und begann darüber nachzudenken, was er jetzt am besten machen konnte. Mühselig verdrängte der Braunhaarige die grauenhaften Bilder, die er mental von seinem Vater empfangen hatte. Der junge Marānus dachte wieder an seine Pflichten als Offizier der belluranischen Sternenflotte und konzentrierte sich auf seine momentanen Aufgaben, die er während des ersten Testfluges der Mohōl am wissenschaftlichen Terminal wahrgenommen hatte. Er hatte zwar dienstfrei, doch er war der Meinung, dass er seinem Vater auf diese Weise besser helfen konnte, als sich in sein Quartier zurückzuziehen. Um zu was? Um seinem Vater zu trauern? Trauer empfand er unerklärlicherweise keine. Irgendetwas sagte ihm, dass sein Vater nicht tot war. Woher diese Erkenntnis kam, wusste Tarūni nicht genau. Aber er war sich seltsamerweise sicher, dass sein Vater noch lebte. Tarūni konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen, woher er das wusste, aber es war ein Gefühl da, das ihm sagte, dass er seinen Vater nicht aufgeben sollte. Irgendetwas war geschehen, nur der Wissenschaftsoffizier konnte nicht sagen, was es war. Für den Enkel des Kommodore stand nur eines fest: Sein Vater lebte noch. Irgendwo da draußen zwischen den funkelnden Sternen.....

Niemand achtete darauf, dass Kommodore Kundūri auf die Brücke zurückkehrte, nachdem er seine Tochter in ihr Quartier begleitet hatte. Auf dem Hauptschirm konnte er drei Piratenschiffe erkennen, die sich umdrehten und davonflogen.

„Sie ziehen sich zurück, Ma’am!”, sagte Tarūni und wandte sich zu Julāra um, „Von den feindlichen Schiffen sind nur noch fünf übrig geblieben, von denen einer mittelschwer und zwei weitere leicht beschädigt sind.” Mit geballten Fäusten stand die junge Frau auf der Brücke der Nagūma, ihr Blick auf den Hauptschirm gerichtet und ihre Worte waren wie Peitschhiebe, als sie weitere Befehle erteilte. „Verfolgt und vernichtet sie!”, rief sie zornig, „Die sollen für den Mord an unseren Leuten büßen; ihr Blut für unseres!” Entsetzt beschloss Marūd einzugreifen, nachdem er den letzten Befehl des Captains vernommen hatte. „Halt, Captain Nulūra! Das reicht jetzt!”, donnerte die Stimme des Kommodore auf der Brücke, „Der Befehl ist hiermit widerrufen.” Julāra drehte sich blitzschnell zu dem graumelierten Mann um. „Sir!”, protestierte sie, „Sie haben unsere Leute auf dem Gewissen. Wir müssen sie verfolgen und bestrafen.” „Wir müssen gar nichts. Das ist die Aufgabe unserer Justiz.”, schnitt der Kommodore der jungen Frau das Wort ab und schritt auf sie zu, „Rache ziemt sich nicht für uns, Captain Nulūra.” Julāra schnappte nach Luft. „Aber Sir!”, rief sie verärgert, „Wenn wir sie jetzt nicht verfolgen, dann werden sie uns entkommen!” Die Schwarzhaarige sah den ranghöheren Offizier wütend an. Ausdruckslos erwiderte er ihren Blick. „In den Bereitschaftsraum, Captain Nulūra!”, befahl Kommodore Kundūri kühl, „Sofort!” Ohne ein weiteres Wort zu verlieren folgte sie dem graumelierten Mann in den Bereitschaftsraum.

Marūd setze sich hinter dem Schreibtisch und sah die junge Frau forsch an, die sich wütend direkt vor dem Schreibtisch aufgebaut hatte. „Setzen Sie sich, Captain.”, sagte Marūd und wies mit einer Hand auf dem gegenüber stehenden Stuhl. „Nein.”, antwortete die Frau trotzig, „Ich stehe lieber, Sir.” Langsam wurde der Kommodore selbst ärgerlich. „Setzen, habe ich gesagt!”, donnerte seine Stimme, „Das ist ein Befehl, Captain!” Erschrocken zuckte die Schwarzhaarige zusammen und nahm widerwillig auf dem Stuhl Platz. Dann sahen sich beide eine Weile wortlos über den Schreibtisch hinweg an. Nach einer Weile ließ Julāra ihren Blick sinken. Der Kommodore erhob sich wieder von seinem Platz und ging zum Replikator, wo er sich zwei Ktišas orderte. Er stellte einen direkt vor der jungen Frau ab, den anderen an seinem Platz und setzte sich wieder hinter dem Schreibtisch. Nachdem er einen kräftigen Schluck von dem heißen Getränk genommen hatte, stellte er die Tasse ab und räusperte sich kräftig, bevor er das Gespräch mit der jungen Offizierin begann. „Sagen Sie mal, Captain Nulūra, wie lange haben Sie bereits das Kommando auf der Nagūma?”, fragte der graumelierte Offizier und aktivierte dabei den Schreibtischcomputer, „Welche Schiffe haben Sie schon vor diesem kommandiert?” Julāra sah den Kommodore an. „Ich hatte bisher noch keine anderen Schiffe unserer Flotte außer der Nagūma befehligt. Dies ist mein erstes Kommando, Sir.”, antwortete sie leise. „Von wem kam die Empfehlung, Sie zum Captain zu befördern?”, hakte Kundūri nach. „Die Empfehlung kam von Major Marānus, Sir.”, antwortete sie fast genauso leise wie bei ihrer ersten Antwort. Plötzlich merkte Julāra, wie sie Angst bekam, das Kommando wieder zu verlieren und degradiert zu werden. Die junge Frau begann leicht zu zittern. Könnte das sein?, fragte sie sich, Wird er mich des Kommandos entheben? Sofort versuchte sie diese Gedanken wieder zu verscheuchen. Dann sah Julāra den bärtigen Mann an und ihre Blicke trafen sich. „Seit dem ich an Bord dieses Schiffes bin, habe ich Sie beobachtet, Miss Nulūra, und ich musste feststellen, dass Sie genau so sind, wie Major Marānus Sie beschrieben hat.” Julāra blickte ihn erschrocken an. Hat er gerade Miss Nulūra gesagt?, schoss es ihr durch den Kopf. Der Kommodore griff nach seiner Tasse und nahm einen Schluck. „Sie sind jung, ehrgeizig, entschlossen, mutig, gerecht, verantwortungsbewusst und sehr temperamentvoll. Und gerade wegen Ihres Temperaments haben Sie vorhin reichlich über die Stränge geschlagen, Miss Nulūra. Dabei haben Sie nicht nur sich selbst, sondern auch das Schiff und die gesamte Besatzung inklusive der Gäste hier an Bord unnötig in Gefahr gebracht. Das kann ich selbstverständlich nicht auf sich beruhen lassen, verstehen Sie, Miss Nulūra. Sie sind eindeutig zu weit gegangen. Stellen Sie sich mal vor, dass würde jeder Captain in unserer Flotte so machen. Das wäre mit Sicherheit ein einziges Chaos, das versichere ich Ihnen, Mädchen. Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?” Ernst sah er die junge Frau gegenüber an. Mit einer Hand wies er auf die vor ihr stehende Tasse. „Trinken Sie Ihren Ktiša, bevor er kalt ist.”, forderte Marūd sie auf, „Dann geht es Ihnen gleich etwas besser, Miss Nulūra.” Zögernd kam sie seiner Aufforderung nach und trank einen kleinen Schluck. Nachdem die junge Frau inzwischen mutlos den ersten Schluck getrunken hatte, fühlte sie sich tatsächlich etwas besser. Sie merkte, wie das Getränk sie beruhigte. „Ich muss schon sagen: Ihr Handeln war eben nicht sonderlich verantwortungsbewusst gewesen, oder wie sehen Sie das, Miss Nulūra?”, fragte Kundūri ernst, „Wollten Sie Ihr Kommando, das Sie erst vor kurzem erhalten haben, so schnell wieder abgeben? Die Piraten waren uns vier zu eins überlegen und hätten uns durchaus alle töten können!” Julāra nahm ihren ganzen Mut zusammen, nachdem sie einen kurzen Moment darüber nachgedacht hatte, was ihr der Kommodore klarmachen wollte. „Darf ich offen sprechen, Sir?”, fragte sie den ranghöheren Offizier. Dieser nickte. „Sie dürfen, junge Frau.”, antwortete der Kommodore und blickte sie an. Sie räusperte sich, bevor sie mit ihrer Erklärung begann. Um ihre Nervosität besser verbergen zu können, klemmte Julāra ihre beiden Hände zusammengefaltet zwischen ihren Knien fest. „Ich weiß, dass ich einen großen Fehler gemacht habe.”, sagte sie und versuchte dabei, ihre Stimme einen festen Klang zu geben, „Ich hätte mich besser unter Kontrolle haben sollen, aber diese Slokks haben anscheinend alles über dieses Forschungsprojekt gewusst, woher auch immer! Sie haben das Schiff mit der gesamten neuen Technologie vernichtet und ermordeten noch obendrein dabei das komplette Forschungsteam und den Major, dem ich mein Kommando auf der Nagūma zu verdanken habe. Sollte ich sie mit diesem Wissen entkommen lassen? Sollte ich tatenlos zusehen, wie die Piraten ihre Verbrechen direkt vor unseren Augen verüben, Kommodore? Ich hatte keine andere Wahl, ich musste einfach handeln, bevor sie entkommen konnten, verstehen Sie, Sir?” Julāra blickte den graumelierten Mann direkt an. Nachdenklich erwiderte er ihren Blick und nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse. Dann nickte er und setzte die Tasse wieder ab. „Trotzdem bleibt mir keine andere Wahl. Die Vorschriften sind eindeutig.”, begann er ernst, „So edel die Motive Ihres Handelns auch waren, aber Sie sind trotzdem Ihres Kommandos enthoben und ab sofort wieder Erster Offizier an Bord des Schiffes. Ich werde diesen Vorfall dem Flottenkommando melden müssen und so Leid es mir tut: Um eine Anhörung beziehungsweise um ein Disziplinarverfahren werden Sie leider nicht herumkommen, Miss Nulūra. Bis wir wieder zurückgekehrt sind, werde ich das Kommando an Bord der Nagūma übernehmen. Wegtreten!” „Ja, Sir.”, antwortete die junge Frau niedergeschlagen und verließ sofort den Bereitschaftsraum.

Kurz darauf hatte der Kommodore die Brücke betreten und nahm auf den Kommandosessel Platz. Fragend blickte er zu Mr. Jandāho herüber. Dieser nickte. Die Komverbindung stand immer noch. „Captain Žadūrijas!”, begann Marūd, „Hören Sie mich?” Alle warteten auf die Antwort von der Ĵajkos. Leises Rauschen drang aus den Lautsprechern als jemand antwortete. „Klar und deutlich, Sir.”, sagte er. „Gut.”, sagte der Kommodore ernst, „Dann hören Sie mir jetzt alle genau zu. Ich habe Captain Nulūra wegen ihres rachsüchtigen Fehlverhaltens des Kommandos enthoben.” Deutlich konnte man auf der Brücke hören, wie einige Anwesende nach Luft schnappten.

„Als dienstältester Offizier habe ich jetzt das Kommando über die Nagūma übernommen. Da die Piraten sich zurückgezogen haben und wir hier nichts mehr ausrichten können, werden wir jetzt gemeinsam zur Orbitalstation Bellurānia 17 zurückkehren. Fertigen Sie alle sofort einen ausführlichen Bericht über die letzten Vorfälle an und übergeben Sie mir Ihre Berichte umgehend. Sobald ich alle Berichte erhalten habe, werde ich Admiral Arūli über diese letzten Geschehnisse so schnell wie möglich informieren müssen. Es tut mir Leid, aber stellen Sie sich schon mal auf eine umfangreiche Untersuchung von Seiten des Flottenkommandos über den Piratenangriff und die Zerstörung der Mohōl ein.” Während er dies verkündete, setzte er sich auf den Kommandosessel. Dann gab er dem Steuermann die Zielkoordinaten und die beiden Schiffe der Hornādas-Klasse flogen wieder in Richtung Heimat. Kurz darauf übergab Marūd das Kommando an die Schwarzhaarige und zog sich wieder in den Bereitschaftsraum zurück, um einen ausführlichen Bericht für das Flottenkommando zu schreiben.

 

Abschlusshinweise zum Kapitel:

keine

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