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Hinweise zum Kapitel:

keine

Das Gesicht von Donhāruš war nach wie vor ausdruckslos, als er antwortete. „Mir ist die prekäre Lage, in der Sie und Captain Sundrak uns gebracht haben durchaus bekannt, Herr Botschafter.”, sagte der Präsident kühl, „Es ändert nichts daran, dass ich einer weiteren Anhörung Inhaftierter, unabhängig davon ob verbal oder mental, nur dann zustimmen kann, wenn ich genügend Gründe von Ihnen gehört habe.” Sundrak seufzte. „Na gut.”, sagte er, wobei seine Stimme einen warnenden Ton annahm, „Dann werde ich wohl die nächste Bombe platzen lassen müssen, Herr Präsident.” Donhāruš zog fragend seine Augenbrauen die Höhe. „Sprechen Sie, Captain.”, sagte der mächtigste Mann der Aldanischen Allianz nichts Gutes ahnend.

„Wahrscheinlich bekommen wir noch mehr Probleme, als wir schon haben.”, gestand der Captain der Concordia. „Was soll das heißen, Captain?”, erkundigte sich Donhāruš, „Reden Sie endlich!” Rasch berichteten Botschafter Dēlus und Captain Sundrak gemeinsam von dem Notruf der Nangu und das ihr Schiff noch innerhalb des elysianischen Territoriums von getarnten Raumschiffen zerstört wurde, bevor die Concordia ihnen helfen konnte. „Es liegt die Vermutung nahe, dass die Elysianer etwas in Schilde führen, denn neuerdings flüchten die Nangu in die Aldanische Allianz anstatt in das Drakonianische Reich, wie sie es sonst immer machten.” Das Gesicht des Präsidenten verfinsterte sich, als er über die Worte des Botschafters und des Captains nachdachte. „Und was haben wir letztendlich damit zu tun?”, fragte Donhāruš etwas verständnislos, „Was die Elysianer innerhalb ihres Imperiums machen geht uns nichts an, Captain. Das ist eine interne Angelegenheit, in der wir uns nicht einzumischen haben. Es sei denn, sie täten etwas, was unsere eigene Sicherheit ernsthaft gefährden würde.” „Oder sie bereiten einen Krieg vor.”, warf Ibāmu ein, „Dann wäre das schon eine Sache, die uns etwas anginge, Herr Präsident. Schließlich sind die Elysianer uns gegenüber immer noch sehr feindselig eingestellt. Anscheinend flüchten die Nangu zu uns in die Aldanische Allianz, weil sie selbst, vor wem auch immer, weder in ihrer Heimat noch im Drakonianischen Reich nicht mehr sicher sind. Bedenken Sie bitte, Herr Präsident, dass Captain Sundrak eben gerade von Raumschiffen sprach, die getarnt das Nangu-Schiff angriffen und es letztendlich sogar zerstörten. Keiner von den armen Kerlen hat das Massaker überlebt.” Einen kurzen Augenblick lang herrschte Schweigen. „Es gibt nicht viele Völker, die über Raumschiffe verfügen, die getarnt auf andere schießen können.”, gab Admiral Kononga zu Bedenken, „Zurzeit haben nur die Elysianer und wir Aldaner den technologischen Entwicklungsstand erreicht, um solche Raumschiffe zu bauen und einzusetzen.” Gebannt sahen Ibāmu und der hünenhafte Kommandant auf den Schirm. Auch die Weißhaarige blieb still, während Donhāruš erneut nachdenklich seine Stirn in Falten zog. Dann nickte er. „Also gut.”, sagte er mit einer Stimme, die seine innere Anspannung verriet, „In Anbetracht der neuen Situation habe ich wohl keine andere Wahl mehr. Sie haben mich überzeugt, Captain Sundrak. Ich werde Ihnen die Genehmigung für eine außergerichtliche Anhörung der Šakūra-Gefangenen erteilen. Anscheinend liegt doch mehr in der Luft, als man zuerst annehmen konnte. Wenn Sie bezüglich der Elysianer Recht haben, Captain Sundrak, dann müssen wir alles tun, um das zu verhindern.” Der Präsident machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. Er atmete mehrmals tief durch. Dann schüttelte er mit dem Kopf. Deutlich konnte man in seinen Augen die Fassungslosigkeit erkennen, die der mächtigste Mann der Aldanischen Allianz empfand. „Ich hätte nie gedacht, dass die Elysianer nach so langer Zeit wieder einen neuen Krieg planen würden.”, meinte er fassungslos, „Ich kann nur hoffen, dass Sie sich geirrt haben, Captain. Ansonsten fängt der Ärger dann erst richtig an. Ausgerechnet einen Krieg gegen die Elysianer. Das hat uns gerade noch gefehlt!”

Müde ließ sich die Sicherheitschefin und Waffenoffizierin auf den Boden fallen. Ihre Beine waren schwer wie Blei und ihre Füße schmerzten. Prüfend sah sie zu den anderen Mitgliedern des Außenteams hinüber, denen es nicht besser erging und ebenfalls inzwischen total erschöpft auf den Boden saßen. Auch sie waren von dem langen Marsch ausgelaugt, den sie den restlichen Tag in der Gefangenschaft der Nangu zurückgelegt hatten. Ohne Rast zu machen hatten sie in kürzester Zeit eine sehr weite Strecke zurückgelegt. Noch nie zuvor mussten sie einen derartigen Gewaltmarsch hinlegen wie an diesen Tag. Bis auf die Nangu selbst waren alle aus der Puste. Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann noch mal so etwas mitmachen muss!, dachte die Terranerin und musterte dabei einen der Nangu, der gerade in ihrer Nähe stand, Die haben ja eine Bombenkondition! Es würde mich nicht wundern, wenn ihre Vorfahren einmal echte Hetzjäger waren!, fuhr sie in Gedanken fort, Diesbezüglich ähneln sie doch unseren Wölfen auf der Erde schon ein wenig! Alicia zuckte etwas zusammen, als einer der Nangu sich zu ihr umdrehte und sie interessiert ansah. Alicia hatte das Gefühl, dass dieses fremde Geschöpf ihre Gedanken las, was ihr nicht sonderlich behagte. Als er sein Maul aufriss und damit den Blick auf sein gefährliches Raubtiergebiss freigab, bekam die Terranerin eine Gänsehaut am ganzen Körper. Sie schüttelte sich, als ihr ein kalter Schauer den Rücken herunter lief. Dann riss die Counselor die Waffenoffizierin aus ihre Gedanken.

„Ich habe während des ganzen Gewaltmarsches über immer wieder versucht, mentalen Kontakt zu Commander Tārušin herzustellen, um ihr zu sagen, dass wir höchstwahrscheinlich die Nangu gefunden haben.”, flüsterte sie so leise, dass Alicia sehr viel Mühe hatte, die Counselor zu verstehen, „Aber ich kann sie immer noch nicht kontaktieren.” Die Terranerin seufzte. „Das ist nicht gut.”, meinte sie nachdenklich, „Wer weiß, was mit ihr passiert ist und wo sie jetzt überhaupt steckt.” „Wenn die uns nicht alles abgenommen hätten, dann könnten wir zumindest die Concordia kontaktieren und Captain Sundrak über die neuesten Entwicklungen hier auf Bīlat informieren.”, sagte der aldanische Fähnrich, der sich etwas zu den beiden Frauen hinüberbeugte, „Wir können nur hoffen, dass wir einen anderen Weg finden, um das nachzuholen.” „Vielleicht können wir einen unserer Kommunikatoren später zurückholen, wenn die Nangu mal ein wenig unachtsam sind.”, schlug der terranische Fähnrich vor, „Aber, wenn ich mir so ihre großen Ohren so ansehe, befürchte ich, dass sie alles hören, was wir tun.” „Und ich befürchte, dass sie Telepathen sind, denn ich habe die ganze Zeit über das Gefühl, dass sie alles wissen, was wir denken.”, gestand die Waffenoffizierin, „Woher sollte der eine Nangu von denen sonst von meinen Gedanken mit den Werwölfen auf der Erde gewusst und mich danach gefragt haben?” Die vier übriggebliebenen Mitglieder von Dilānas Außenteam wandten sich zu den versammelten Nangu um, als sich mehrere von ihnen mit schnellen Schritten näherten.

„Wer von euch hat das Kommando?”, fragte jener Nangu, der vorher schon die Sicherheitschefin nach den Werwölfen gefragt hatte. „Ich habe das Kommando.”, antwortete die Terranerin mit ausdrucksloser Miene. Drohend hielt er einen längeren Stock auf Alicia gerichtet und trat näher an die Terranerin heran. Deutlich konnte sie seine hellblauen Augen erkennen, mit der das fremde Geschöpf die Frau musterte. „Wie ist dein Name?”, fragte er in einem Ton, der die Sicherheitschefin Kent innerlich zusammenzucken ließ, doch sie ließ sich äußerlich nichts anmerken. Sie stellte sich mit offiziellen Rang und Namen vor. Der dunkle Nangu warf einen kurzen Blick seinen Gefährten zu. „Woher kommt ihr?”, fragte er weiter. „Wir sind von der USS Concordia.”, antwortete Kent ruhig, „Es befindet sich in der Umlaufbahn dieses Planeten.” Der Nangu stieß einen Laut aus, der die Aldaner und Terraner an einen Fluch erinnerte. „Ich habe es geahnt.”, sagte er beunruhigt zu den anderen, „Irgendwann musste man uns hier entdecken. Wir müssen ihn sofort warnen.”

„Wovor willst du mich warnen, Lundus?”, wollte eine Gestalt wissen, die hinter den großen Nangu getreten war, „Und vor allen Dingen was sind das für Leute, die ihr hier angeschleppt habt?” Erschrocken wandte sich der Angesprochene um und sank direkt vor der fremden Gestalt auf die Knie und beugte seinen muskulösen Oberkörper soweit nach vorne, bis seine Schnauze den Boden berührte. „Man hat uns entdeckt.”, antwortete Lundus besorgt, „Es befindet sich ein Raumschiff im Orbit.” Der Fremde trat einen Schritt näher. Seine Kapuze verdeckte sein Gesicht. Keiner des Außenteams war in der Lage, das Antlitz des Fremden erkennen zu können. „Das ist mit Sicherheit ein aldanisches Raumschiff.”, erwiderte er gelassen, „Warum bist du denn darüber so beunruhigt, Lundus? Du wusstest es genauso wie ich, dass die Aldaner uns hier irgendwann entdecken und deshalb jemanden hier herunter schicken würden. Immerhin befinden wir uns hier auf einem Planeten, der zur Aldanischen Allianz gehört.” Lundus gab einen undefinierbaren Laut von sich. „Aber wir wissen nicht, was sie tun werden, nachdem sie uns entdeckt haben.”, antwortete der Nangu, ohne aufzublicken. „Nein, das wissen wir nicht, mein Freund.”, erwiderte die Gestalt ruhig, „Aber ich denke, das werden wir wohl in Kürze erfahren. Also lass das mal meine Sorge sein.” „Ihr seid über unsere Entdeckung nicht beunruhigt, Herr?”, fragte Lundus etwas verwirrt. „Nein, keineswegs.”, erwiderte die Gestalt, „Ganz im Gegenteil. Ich habe schon auf die Aldaner gewartet. Immerhin halten wir uns schon eine geraume Zeit lang auf diesen Mond auf, ohne von ihnen entdeckt worden zu sein. Unsere Entdeckung war nur eine Frage der Zeit.” Verblüfft sahen sich die Mitglieder des Außenteams von der Concordia an, nachdem sie die Worte des Fremden vernommen hatten. Sanft legte der Fremde seine Hand auf die Schulter des Nangu.

„Erhebe dich wieder, Lundus.”, sagte er, „Es wird Zeit, dass wir an unsere Mission denken.” Wie seine Gefährten erhob sich der große Nangu fast lautlos wieder. Der Fremde trat auf die Gefangenen zu und sah jeden einzelnen von ihnen nacheinander prüfend an. „Gibt ihnen ihre Ausrüstung zurück.”, befahl der Fremde, „Schließlich befinden wir uns auf ihrem Territorium und nicht auf unseren.” Ruckartig wandte Lundus seinen Kopf nach der fremden Gestalt um, die der Anführer der Nangu zu sein schien. „Sollen sie auch ihre Waffen zurückerhalten?”, wollte Lundus wissen. Der Fremde nickte fast unmerklich. „Ja, auch die Waffen, mein Freund.”, sagte er, „Schließlich sind wir hier Gäste und wenn wir als solche behandelt werden wollen, dann müssen wir ihnen auch diese zurückgeben.” Nachdem die Vier ihre gesamte Ausrüstung zurückbekommen hatten, wandte sich der Fremde direkt an das restliche Außenteam.

„Ich bitte vielmals um Entschuldigung für meine Freunde.”, sagte er freundlich, „Aber zurzeit sind sie sehr um meine Sicherheit besorgt. Das müssen Sie verstehen.” Die Sicherheitschefin sah den Fremden prüfend an. „Wer sind Sie?”, fragte die Terranerin unberührt, „Und vor allen Dingen, was machen Sie mit ihren Begleitern zusammen hier auf diesen Planeten mitten in der Aldanischen Allianz?” „Mein Name ist Tolim Nuy.”, antwortete die Gestalt und nahm dabei seine Kapuze ab, „Ich bin Wissenschaftler.” Sowohl der aldanische Fähnrich als auch die Counselor schnappten reflexartig nach Luft, als sie das Gesicht des Fremden sahen, das ihn eindeutig als einen Elysianer identifizierte. Der Anblick ließ die Terranerin innerlich frösteln. Die Augen waren tiefschwarz und glänzend. Deutlich waren seine dolchartigen Zähne zu erkennen. Insgesamt erinnerte Alicia das Gesicht des Elysianers an das eines irdischen Insektes, wobei es ihrem Empfinden nach, dem Antlitz einer Hornisse am nächsten kam. Eingerahmt wurde das Gesicht des Fremden durch pechschwarze dreadlockartige Haare, zumindest hielt die Sicherheitschefin dies für Haare, die ab der Mitte des Kopfes herabhingen. Auf der vorderen Stirn befanden sich mehrere kleine Dornen, die leicht nach hinten gebogen waren. Sofort zog der aldanische Fähnrich seinen Phaser und richtete die feuerbereite Waffe auf den Fremden. Die einzelnen Bereiche waren in Segmente unterteilt, die überwiegend weiß waren. Die einzelnen Segmentabschnitte hatten einen schwarzen Rand. Anscheinend haben die Elysianer ein Exoskelett wie die Insekten auf der Erde!, dachte die Terranerin und erschauerte innerlich bei diesen Gedanken, als sie den Fremden wortlos betrachtete, Vermutlich stammen sie ursprünglich von einer solchen Spezies ab! Trotz seiner humanoiden Gestalt konnte das äußere Erscheinungsbild des Elysianers über seinen wahren Ursprung nicht hinwegtäuschen, denn der gesamte Körper war ähnlich in diesen weißen Segmenten mit schwarzen Rändern unterteilt. „Rufen Sie Ihr Schiff.”, forderte der Fremde Alicia unbeirrt auf, wobei er den Fähnrich mit seiner schussbereiten Waffe ignorierte, „Und sagen Sie Ihren Captain, dass wir dringend Ihre Hilfe brauchen.” Der Elysianer machte eine Handbewegung, worauf die Nangu gleichzeitig ihre Waffen ablegten. Lundus zögerte jedoch, als er eine seiner Waffen in seinen Klauen hielt.

„Gibt ihnen alle Waffen, die du hast.”, befahl Tolim dem großen Nangu, der dieser Aufforderung nur widerstrebend nachkam, „Schließlich müssen wir ihnen zeigen, dass wir für sie keine Bedrohung sind und das ich es ernst meinte, als ich sagte, dass ich die Aldaner schon längst erwartet habe und wir ihre Hilfe brauchen.” Schnaubend legte Lundus auch seine letzte Waffe ab. Es war ein großer Stock, der genauso groß war wie er selbst. Dumpf fiel die Waffe aus einer Metalllegierung auf den Waldboden. „Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr tut, Herr.”, sagte der Nangu missgestimmt, „Mir gefällt es nicht, unsere Waffen abzugeben. Ohne die können wir nicht mehr eure Sicherheit gewährleisten.” Nuy trat einen kleinen Schritt auf den großen Nangu zu und legte ihm beschwichtigend seine Hand auf die behaarte Schulter. „Ich weiß, mein Freund.”, sagte er, „Vertrau mir. Ich weiß, was ich tue.” Dann blickte er die Sicherheitschefin an und nickte. „So, wir sind bereit.”, sagte er, „Sie können nun Ihr Schiff rufen.” Ohne zu zögern aktivierte die Terranerin ihren Kommunikator, während dessen die beiden Fähnriche weiterhin ihre schussbereiten Phaser auf den Elysianer und seine Begleiter hielten.

Erleichtert atmeten Ibāmu und der Captain der Concordia auf, nachdem die Verbindungen zum Präsidenten und Admiral Kononga geschlossen waren. „Ich bin erleichtert, dass beide unseren Plan zugestimmt haben.”, gestand der Botschafter, „Das habe ich nicht für möglich gehalten, dass sowohl Donhāruš als auch Kononga noch auf uns hören würden, nachdem beide uns gegenüber durchblicken lassen haben, dass wir wegen der gescheiterten Verhandlung zwischen den Klingonen und Zadorianern eine Menge Ärger bekommen werden, sobald wir Aldania Prime erreichen.” Sundrak stand hinter seinem Schreibtisch auf und trat an den Replikator. Der hünenhafte Kommandant bestellte für den Diplomaten und für sich jeweils einen aldanischen Kaffee. Dankbar nahm Dēlus das Gefäß mit dem heißen Getränk an und nahm sofort einen kleinen Schluck davon. Entspannt lehnte sich der weißhaarige Mann in seinem Stuhl zurück. Zufrieden lächelte er ein wenig. „Den können wir momentan ganz gut gebrauchen.”, meinte der Captain mit einem kleinen Lächeln auf seinen Lippen, als er sich wieder hinter seinem Schreibtisch setzte, „Immerhin wartet jetzt erst recht eine ganze Menge Arbeit auf uns, Herr Botschafter.” Dieser nickte und nahm gleich einen weiteren Schluck. Der Botschafter setzte gerade zu einer Erwiderung an, als in diesem Augenblick das Interkom ertönte. Sofort stellte Sundrak die Tasse mit dem heißen Kaffee ab und aktivierte das Gerät. Als Alicias Gesicht auf dem Bildschirm erschien, ahnten er und Dēlus bereits nichts Gutes.

Mit ausdrucksloser Miene lauschte er dem Bericht der Sicherheitschefin, ohne sie zu unterbrechen. Botschafter Dēlus stand wortlos von seinem Stuhl auf und trat an den Schreibtisch des Kommandanten heran. Auch er hörte aufmerksam zu, ohne sich dabei anmerken zu lassen, was ihm durch den Kopf ging. Als Alicia berichtete, dass die Erste Offizierin verschwunden war und sie die Nangu mittlerweile gefunden hatten, bei denen noch obendrein ein Elysianer war, stand Sundrak sofort auf, warf dem Botschafter einen sorgenvollen Blick zu. Ibāmu erwiderte den Blick des Captain, ohne etwas zu sagen. Beide wussten, was sie nun zu tun hatten, denn sie sahen bereits ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt.

„Bleiben Sie, wo Sie sind, Lieutenant Kent.”, sagte Sundrak, nachdem Alicia geendet hatte, „Ich komme runter auf die Oberfläche.” Nachdem er das Interkom deaktivierte, sah er den Botschafter an. Dieser verstand den Blick des Kommandanten sofort und reagierte dementsprechend. „Wenn Sie keine Einwände haben, Captain, dann werde ich Sie begleiten.”, sagte er mit ernster Miene, als sie bereits zur Tür des Bereitschaftsraumes schritten, „Da anscheinend die Elysianer die Finger mit im Spiel haben, ist es wohl besser, wenn ein offizieller Vertreter unserer Regierung anwesend ist, wenn Sie mit dem Elysianer sprechen.” Als sie gemeinsam die Brücke betraten, forderte der Captain Lomādo Nolezoto auf, sie zu begleiten. Unterwegs zum Transporterraum forderte Dēlus auf mentalem Wege seine Assistentin auf, sich so schnell wie möglich in dem Transporterraum einzufinden.

Wenig später materialisierten vier Personen auf der kleinen Waldlichtung auf Bīlats Oberfläche. Arāne Adakān hielt einen Tricorder in ihren zarten Händen, während der Navigator und Steuermann seinen Phaser aus dem Halfter zog und die Waffe auf höchster Betäubungsstufe einstellte. Als die junge Aldanerin das Außenteam auf dem Display angezeigt bekam, zeigte sie sofort in die Richtung. „Sie sind dort.”, sagte sie. Entschlossen setzte sich die Gruppe in Bewegung. Nach wenigen Momenten erreichten sie das Außenteam von Dilāna Tārušin, die immer noch spurlos verschwunden war.

„Captain!”, sagte sie, als sie den hünenhaften Kommandanten mit seinen Begleitern sah, „Die Nangu und der elysianische Wissenschaftler namens Tolim Nuy haben uns bereits ihre Waffen ausgehändigt und sind bereit, uns auf die Concordia zu folgen.” Sundrak blieb direkt vor den Elysianer stehen und musterte ihn wortlos. Anschließend warf er den Nangu einen musternden Blick zu, ohne ein Wort zu sagen. Besonders gelassen erwiderte der Elysianer den Blick des Captains. Auch die Nangu verhielten sich ruhig. Niemand sagte ein Wort. Lundus gab ein leises Schnauben von sich. Ihm behagte die Situation gar nicht. Er hatte das Gefühl, ohne seine Waffen völlig hilflos und ausgeliefert zu sein. Vorsichtig trat der große Nangu nichtsdestotrotz einen halben Schritt auf den aldanischen Kommandanten zu, als dieser gerade seine Stimme erhob.

„Warum sind Sie ausgerechnet in die Aldanische Allianz geflüchtet und wie lange sind Sie schon mit Ihren Begleitern zusammen auf Bīlat?”, wollte er wissen und sah dabei Nuy scharf an. Knurrend trat Lundus einen großen Schritt vor. Mit seinem muskulösen Körper stellte er sich schützend vor den Elysianer, der regungslos vor Sundrak stand und den aldanischen Captain aus seinen obsidianschwarzen Augen ansah. Sofort trat Lomādo Nolezoto mit einem feuerbereiten Phaser vor den Captain. „Nur zu.”, sagte der kleine drahtige Mann mit den schwarzen Haaren kampfbereit und deutete dabei auf seine gezogene Waffe, „Tu, was du vorhast. Weit wirst du damit auf keinen Fall kommen. Bevor du jemanden berühren kannst, habe ich dich bereits eliminiert.” Blitzschnell hob Tolim Nuy seine Hand und legte sie dem großen Nangu auf die Schulter. „Tu das nicht, mein Freund.”, sagte er ruhig, „Der aldanische Captain hat guten Grund uns zu fragen, warum wir hier sind. Wir sind hier die Eindringlinge, nicht sie. Sie haben allen Grund, so misstrauisch zu sein.” Der Nangu verharrte in seiner Bewegung und starrte den Aldaner aus seinen hellblauen Augen an. Jeder konnte die angespannten Muskeln des wachsamen Nangu sehen. Dann entspannte sich Lundus wieder, ohne sich zu den anderen zurückzuziehen. „Nun?”, hakte Sundrak nach, „Wer sind Sie und was haben Sie mit Ihren Begleitern hier zu suchen?” „Mein Name lautet Tolim Nuy. Ich bin Wissenschaftler.”, antwortete der Elysianer knapp, „Wir mussten fliehen, weil wir im Elysianischen Imperium nicht mehr sicher waren.” Der Captain der Concordia und seine Begleiter sahen sich gegenseitig an. „Vor wem seid ihr nicht mehr sicher?”, wollte Sundrak wissen, „Eigentlich müssten Sie doch wissen, dass Sie auch hier in der Aldanischen Allianz nicht sicher sind. Es gibt nach wie vor keinen Friedensvertrag zwischen dem Elysianischen Imperium und der Aldanischen Allianz. Sie müssten doch eigentlich wissen, dass man Sie mitsamt Ihren Begleitern hier gefangen nehmen wird, sobald man Sie hier findet.” „Ich weiß.”, erwiderte der Elysianer ungerührt, „Das Risiko mussten wir eingehen, wenn wir überleben wollen. Im Imperium drohte uns der Tod, während dessen uns hier schlimmstenfalls nur das aldanische Gefängnis droht.” „Wer und warum trachtet man euch im Elysianischen Imperium nach dem Leben?”, erkundigte sich der aldanische Botschafter und sah dabei Tolim Nuy prüfend an, „Ihr seid ein enormes Risiko eingegangen, um euch hier in Sicherheit zu bringen.” „Manchmal ist es besser, sich bei seinen Feinden in der Fremde zu verstecken, als bei seinen Gegnern in der Heimat.”, erwiderte Tolim sachlich, „Wir hatten keine andere Wahl, als in die Aldanische Allianz zu flüchten, nicht nach allem, was im Imperium vorgefallen ist.” Fragend zog Sundrak seine Augenbrauen in die Höhe. „Langsam wird es Zeit, die Fragen von Botschafter Dēlus und Captain Sundrak konkret zu beantworten.”, sagte Nolezoto kühl und wies dabei demonstrativ auf seinen schussbereiten Phaser, „Sonst müssen wir andere Maßnahmen ergreifen, damit Sie reden.” Der Elysianer nickte. „Also gut.”, sagte er ungerührt, „Dann reden wir Tacheles.”

Schmerzen breiteten sich explosionsartig in ihrem Körper aus, als sie wieder zu sich kam. Vorsichtig versuchte Dilāna ihre Augen zu öffnen. Erschrocken musste die Rothaarige feststellen, dass es um sie herum völlig dunkel war. Unsicher versuchte sie mit ihren Händen den Boden zu ertasten, worauf sie lag. Verwundert stellte sie fest, dass sie auf einer kleinen Pritsche lag. Langsam versuchte Tārušin aufzustehen. Sie stöhnte und hielt sich mit beiden Händen den Kopf, der in jedem Augenblick zerplatzen könnte. Nur vorsichtig versuchte die aldanische Offizierin sich aufzurichten. Als sie endlich auf der Bettkante saß, überkam ihr Übelkeit. Reflexartig hielt Dilāna ihre Hand auf dem Bauch, der sich noch kurzer Zeit wieder etwas beruhigte. Was ist passiert?, fragte sie sich, Wo bin ich? Krampfhaft versuchte sich die Rothaarige daran zu erinnern, was geschehen war, bevor sie ohnmächtig wurde. „Computer, Licht!”, befahl sie, doch nichts geschah. Es blieb dunkel. Sie gab einen tiefen Seufzer von sich. Wo bin ich hier?, fragte sie sich, Wieso kriege ich hier kein Licht? „Hallo?”, rief Dilāna und zuckte zusammen, als sie merkte, wie rau sich ihre Stimme anhörte, „Ist da jemand?” Doch die Rothaarige erhielt keine Antwort. Auch die Dunkelheit blieb. Frustriert ließ sie die Schultern sinken. Stattdessen ertönte ein leises Summen an der gegenüber liegenden Wand. Dilāna sah in jene Richtung, aus der sie das Geräusch hörte und erblickte dort einen schwachen Lichtschein, der langsam heller wurde. Vorsichtig stand sie auf und trat auf die Lichtquelle zu. Erst jetzt erkannte sie einen Replikator. Im Ausgabefach sah die Rothaarige ein kleines Tablett stehen, auf dem neben einer kompletten Mahlzeit auch noch ein Hypospray lag. Behutsam nahm sie das Tablett aus dem Fach des Replikators und drehte sich damit vorsichtig in die Richtung ihrer Pritsche um. Inzwischen war das Licht angegangen, das nur langsam heller wurde. Die junge Aldanerin sah sich in dem kleinen Raum um. Als sie einen kleinen Tisch erblickte, schritt sie darauf zu und stellte das Tablett ab. Als sie auf einen der beiden Stühle Platz nahm, stöhnte sie erneut. Mit beiden Händen hielt sie sich erneut ihren schmerzenden Kopf und begann mit ihren Fingern vorsichtig ihre Schläfen zu massieren. Erschrocken zuckte die Erste Offizierin der Concordia zusammen, als sie eine unbekannte Männerstimme hörte.

„Nehmen Sie das Hypospray, Commander.”, sagte der Fremde, der unbemerkt den Raum betreten hatte, „Dann wird es Ihnen besser gehen.” Dilāna schaute in jene Richtung, aus der sie die Stimme vernommen hatte. Im Halbschatten konnte sie schemenhaft eine humanoide Gestalt erkennen. „Wer sind Sie?”, wollte die Rothaarige wissen und musterte den Fremden, von dem sie nur eine Silhouette sehen konnte. „Nehmen Sie erst einmal das Hypospray.”, sagte der Unbekannte erneut, „Und danach sollten Sie sich stärken, bevor wir uns unterhalten werden.” Tārušin wollte etwas sagen, doch der Fremde kam ihr zuvor. „Ich weiß, was Sie fragen wollen.”, sagte er mit einer sehr ruhigen Stimme, „Sie haben einige Fragen, die Ihnen auf der Seele liegen. Wenn ich kann, werde ich sie nachher beantworten, sobald Sie gegessen haben. Aber vor dem Essen sollten Sie besser Ihr Hypospray nehmen, damit Sie so schnell wie möglich Ihre Schmerzen loswerden.” Zögernd nahm Dilāna das Medikament in die Hand und hielt es sich an ihren Oberarm. Kurz darauf hörte sie, wie sich das Hypospray zischend in ihren Arm entleerte. Als sie die leere Hypospraypistole auf den Tisch legte, merkte sie bereits, wie der Schmerz in ihrem gesamten Körper schnell nachließ.

„Und jetzt essen Sie endlich, bevor es kalt ist, Commander.”, ließ sich der Fremde vernehmen, der die Rothaarige aufmerksam beobachtete, „Essen Sie ruhig. Als Vegetarierin können Sie das. Da ist kein Fleisch drin. Das kann ich Ihnen versichern. Es ist Tuxāluš, Ihr Lieblingsessen, und wird Ihnen bestimmt munden.” Vorsichtig nahm sie den Deckel vom Teller. Die von dem Unbekannten genannte Speise kam zum Vorschein. Sofort kam ihr der Duft des Essens entgegen und Dilāna merkte in diesem Augenblick, wie hungrig sie eigentlich war. Tārušin warf der humanoiden Gestalt einen überraschten Blick zu. „Woher wussten Sie, dass ich Vegetarierin bin und dass das hier mein Lieblingsessen ist?”, fragte die Rothaarige, als sie mit der Gabel das erste Gemüsestück aufnahm. Als der Fremde ins Licht trat, ertönte ein leises Summen. Sofort wusste Dilāna, dass ein Kraftfeld sie von dem gutaussehenden Fremden mit der sonoren Stimme trennte. Wenige Schritte von ihr entfernt blieb der Unbekannte stehen. Deutlich konnte sie den Mann erkennen, der Aldaner war. Er trug etwas, dass sie an einen Overall erinnerte. Rangabzeichen konnte sie an seiner Kleidung nicht entdecken. Er hatte schwarze Haare und einen Oberlippenbart. Die Erste Offizierin sah den unbekannten Aldaner an, der ihrer Schätzung nach, ungefähr in ihren Alter sein könnte. Er lächelte freundlich, als er sich auf die Pritsche setzte. „Oh, wir wissen mehr über Sie, als Sie ahnen, Commander.”, gestand der Fremde schmunzelnd, „Schließlich muss ich zumindest alles über meine kleine Schwester wissen, wenn ich schon nicht mit ihr zusammen aufwachsen durfte.” Verblüfft über die Antwort des Fremden, ließ Dilāna ihr Besteck fallen und sah ihn mit tellergroßen Augen an. Der Aldaner begann zu lachen.

Rasch verdaute sie die Worte des fremden Aldaners, der sie freundlich ansah. Während sie weiteraß, schaute sie ihn interessiert an. Nach zwei weiteren Bissen ließ die Rothaarige die Hand mit der Gabel sinken. Ihr Gesicht war wieder ernst geworden, nachdem sie die Verblüffung über die Aussage des Fremden verdaut hatte. „Ich habe gar keinen Bruder.”, bekannte sie mit fester Stimme, „Ich bin als Einzelkind aufgewachsen. Laut den Aussagen meiner Eltern, starb mein Bruder kurz nach seiner Geburt.” Der Unbekannte nickte. Das Lächelnd auf seinen Lippen erstarb bereits und verschwand nach der Antwort der Ersten Offizierin vollständig. Dann nickte er. „Ich verstehe.”, sagte er seufzend, „Dann wissen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mal Ihre Eltern, dass ich noch lebe und man sie damals in der Klinik belogen hatte.” Beide musterten sich gegenseitig, ohne ein Wort zu sagen. Nach wenigen Augenblicken brach er die Stille. „Wissen Sie, Commander, ist nicht leicht in verschiedenen staatlichen Einrichtungen aufzuwachsen, ohne zu wissen, wer man ist und man seine eigene Wurzeln nicht kennt.”, sagte er, wobei seine Stimme einen bitteren Klang erhielt, „Ein Offizier hat mich damals unter seine Fittiche genommen, nach dem ich immer wieder aus verschiedenen Gründen von einem Schiff auf das andere Schiff versetzt wurde. Egal, auf welchem Schiff ich auch diente, ich gehörte niemals zur Crew. Immer gab es zwischen mir und den anderen Differenzen, die nicht beigelegt werden konnten.” Während er Dilāna das erzählte, hörte sie ihm schweigend zu. „Es muss sehr schwer sein, wenn man keine Heimat hat.”, sagte sie. Der Fremde nickte. „Trotzdem frage ich mich, wie Sie darauf kommen, dass ich Ihre Schwester wäre. Sowas saugt man sich doch nicht so einfach aus den Fingern.”, meinte Dilāna ernst, „Außerdem müssten Sie mir das beweisen, dass Sie mein Bruder sind.” Als sie sich gegenseitig ansahen, konnte der Fremde deutlich die Zweifel in Dilānas Augen sehen. „Ich verstehe Ihre Skepsis voll und ganz, Commander.”, gestand der Schwarzhaarige, der Anhand ihres Blickes sah, dass sie ihm kein Wort glaubte, „Und die Beweise kann ich Ihnen gerne zu jeder Zeit liefern, wenn Sie das wollen.” Er stand auf und nahm einen kleinen medizinischen Tricorder aus dem Regal, das direkt neben der Tür angebracht war. Vor Tārušins Augen stach er sich mit einer kleinen Nadel in den Finger. Dann schob er das Plättchen mit einem Bluttropfen darauf in den Schlitz des Gerätes, das sofort piepste. Sobald er damit fertig war, legte er das Gerät wieder ins Regal zurück und sah die Rothaarige auffordernd an. „Wenn Sie einen Beweis für unsere genetische Verwandtschaft haben wollen, Commander, dann haben Sie ihn jetzt von mir.”, sagte er, „Es ist ein ganz normaler medizinischer Tricorder, den Sie in jeder Krankenstation finden. Wenn Sie von sich eine Blutsprobe nehmen, werden Sie feststellen, dass ich Ihnen die Wahrheit gesagt habe.” Wieder sah er die Rothaarige an, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Die Erste Offizierin erwiderte den Blick des unbekannten Mannes, der sich ihr gegenüber als ihr Bruder ausgegeben hatte. Dann wandte sich dieser um und verließ den Raum. Das Summen des aktiven Kraftfeldes erstarb, nachdem sich die Tür hinter dem Aldaner geschlossen hatte. Tārušin blieb allein zurück. Seufzend ließ sie erneut ihre Hände mit dem Besteck sinken und starrte auf den medizinischen Tricorder, den der Fremde zurückgelassen hatte.

Der hünenhafte Kommandant sah den Elysianer ernst an. Dieser erwiderte ungerührt den prüfenden Blick Sundraks. Dann ergriff der Captain das Wort. „Also, was Sie uns gerade über die Gründe bezüglich ihrer Flucht aus dem elysianischen Imperium berichtet haben, kann ich weder die Nangu noch Sie hier auf Bīlat zurücklassen.”, sagte er entschlossen, „Wir werden Sie und die Nangu auf der Concordia mitnehmen. Da Sie und die Nangu sich freiwillig gestellt und uns Ihre Waffen ausgehändigt haben, werden Sie an Bord der Concordia Gäste sein. Allerdings wird Ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt sein.” Ein leises Murmeln ging durch die Menge der Anwesenden. Der Elysianer nickte. „Ich verstehe.”, sagte er, „Also werden wir demnach Ihre Gefangenen sein, Captain.” Sundrak und der Botschafter tauschten untereinander kurze Blicke aus. „Im gewissen Sinne sind zumindest Sie unser Gefangener.”, entschied Sundrak, „Sie selbst sind Elysianer, Mr. Nuy. Und weil es immer noch keinen offiziellen Friedenvertrag zwischen unseren beiden Nationen existiert, muss ich Sie eigentlich als Gefangenen ansehen und Sie dementsprechend behandeln. Aber ich sagte ja bereits, dass Sie an Bord der Concordia ebenfalls unser Gast sein werden. Was die Nangu selbst angeht, ist es das selbstverständlich, denn sie sind nicht unsere Feinde.” Lundus trat energisch einen Schritt vor. Er gab ein wütendes Schnauben von sich als er seine Stimme erhob. „Wie können Sie Mr. Nuy gefangen nehmen, wo er schon alles in seiner Heimat aufgeben musste, nur um die Aldanische Allianz vor einer möglichen Gefahr zu warnen?”, fauchte er aufgebracht, „Im Imperium gilt er als Verräter, seit er mit unserer Hilfe in die Aldanische Allianz geflohen ist.” Sundrak musterte den großen Nangu ernst.

„Halt dich zurück, Lundus.”, forderte Tolim den großen Nangu auf, „Ich finde es zwar schön, wie ernst du deine Pflichten nimmst, mich vor Unheil zu bewahren, aber diesmal brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Der Captain wird schon wissen, was er tut. Schließlich ist das seine Pflicht, denn an seiner Stelle würde ich ebenso handeln.” Lundus sah den Elysianer wortlos an. Dann nickte er. „Also gut, Herr.”, antwortete der Nangu, „Wenn Ihr dem aldanischen Captain vertraut und ihm auf sein Schiff folgen wollt, dann werden wir euch begleiten, um euch weiterhin zu beschützen.” Der Elysianer gab einen Laut der Zufriedenheit von sich. „Ich habe auch nichts anderes von dir erwartet, mein Freund.”, erwiderte Tolim ruhig, „Ich weiß, dass ich mich auf dich und deine Mannen verlassen kann.” Während er dies sagte, legte er Lundus seine Hand auf die Schulter, der sich sofort ein wenig entspannte. Dann sah er Sundrak und seine Begleiter an. „Ich denke, Captain.”, sagte er, „Wir können nun auf Ihr Schiff gebeamt werden. Damit liegt nun unser Schicksal in Ihren Händen.”

Einige Zeit später trat Sundrak in Begleitung des Botschafters, seiner Assistentin und des Navigators die Transporterplattform. Sofort wies er Lomādo an, sich um die Unterbringung der Nangu und des Elysianers zu kümmern. „Ich möchte, dass der Bereich, wo die Quartiere unserer Gäste sind, unter ständiger Bewachung steht.”, befahl der Captain mit fester Stimme, „Und sorgen Sie dafür, dass sie sich nur in dem Bereich frei bewegen können, wo ihre Quartiere sind, Mr. Nolezoto. Sie dürfen auf gar keinen Fall andere Sektionen betreten mit Ausnahme der Freizeitbereiche. Die restlichen Sektionen müssen, solange die Nangu und Mr. Nuy an Bord sind, durch Kraftfelder abgeschirmt werden. Offiziell sind die Nangu zwar nicht unsere Feinde, aber bei Lundus und seinen Leuten bin ich mir nicht sicher, wie sie sich uns gegenüber verhalten werden, wenn Mr. Nuy aus ihrer Sicht durch uns in Bedrängnis gerät.” Lomādo nickte und salutierte. „Ja, Sir!”, sagte er und sah dem Captain nach, der zusammen mit Ibāmu Dēlus und Arāne Adakān mit raschen Schritten den Transporterraum verließ. Kurz darauf nickte Nolezoto dem Techniker an der Kontrolleinheit zu, der sofort begann, die ersten Nangu raufzubeamen.

Mit sorgenvollem Blick sah sie Sundrak an. „Was unternehmen wir wegen des Verschwindens von Commander Tārušin?”, wollte sie wissen, als sie zusammen die Brücke betraten, „Soll jemand wieder auf die Oberfläche von Bīlat zurückkehren und dort eine Suche nach ihr durchführen, Sir?” Der Captain schüttelte entschieden mit dem Kopf. „Nein, Lieutenant Kent.”, antwortete Sundrak, „Wir werden sie von hier aus suchen, indem wir unseren Sonden in der Umlaufbahn Commander Tārušins Biosignale übermitteln und sie die gesamte Oberfläche nach ihr scannen lassen. Das geht schneller und ist auch effektiver.” Alicia nickte. „Ich verstehe.”, sagte sie, „Dann werde ich alles veranlassen, damit die Suche so schnell wie möglich beginnen kann.” Der hünenhafte Kommandant nickte. „Tun Sie das. Am besten machen Sie das zusammen mit Chefingenieur Kalvan.”, erwiderte Sundrak, „Stündlich möchte ich von Ihnen eine Meldung über den Stand der Suche haben, Lieutenant Kent.” Die Terranerin salutierte und trat schnellen Schrittes zur technischen Station, von Simdu Kalvan bereits auf Alicia wartete. Gemeinsam machten sie sich sofort an die Arbeit.

Inzwischen saß Dilāna an ihrem Tisch und betrachtete nachdenklich den medizinischen Tricorder, der mittlerweile vor ihr auf dem Tisch lag. Sie fühlte, wie sich ihre Gedanken nur noch um die Frage kreisten, ob der unbekannte Aldaner die Wahrheit gesagt hatte oder nicht. Die Rothaarige nahm das Gerät in die Hand und aktivierte es. Sofort begannen die Dioden in verschiedenen Farben aufzuleuchten und zu blinken. Das ist verrückt!, dachte sie verwirrt, Wieso bringt mich die Aussage eines Fremden, den ich nicht einmal kenne und behauptet, mein Bruder zu sein, so aus der Fassung? Die Erste Offizierin der Concordia runzelte die Stirn und schaltete das Gerät wieder aus. Was hat dieser Kerl eigentlich damit bezweckt?, fragte sie sich und legte dabei den Tricorder wieder auf den Tisch, Was hat er davon, mir gegenüber so etwas zu behaupten? Verständnislos über sich selbst schüttelte sie mit dem Kopf und seufzte. Wenig später stand sie auf und begann in dem kleinen Raum, wie ein Löwe in seinem Käfig, auf und ab zu laufen. Nach einigen Momenten blieb sie wieder stehen und sah zu dem Tisch hinüber, auf dem immer noch der Tricorder lag. Langsam trat sie näher. Dilāna hatte ein eigenartiges Gefühl und runzelte erneut nachdenklich die Stirn. Die Wahrheit kann ich nur dann erfahren, wenn ich mit dem medizinischen Tricorder die Gegenprobe mache!, dachte die Rothaarige. Zögernd nahm sie das Gerät wieder in die Hand und schaltete es erneut ein. Als sie die blinkenden Leuchtdioden sah, wusste sie, was sie nun zu tun hatte.

 

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