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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Ich fand mich auf einem fremden Planeten wieder. Die Geräusche der
Fahrzeuge, denen ich krampfhaft auszuweichen versuchte, konnte ich nur
teilweise einordnen. Ich erkannte zwar, dass es sich um mit Solarenergie
betriebene Jeeps handelte, aber das alles machte für mich keinen Sinn.

Plötzlich fiel ich buchstäblich mit einer Tür ins Haus. Das Stimmengewirr um
mich ließ mich ebenfalls irritiert herumraten. Die Sprache war mir zwar
bekannt, es handelte sich um Demetanisch, aber ich verstand nicht, was ich
auf Demeta sollte. Plötzlich nahm mich eine freundliche aber bestimmte
männliche Hand bei der meinigen und ich hörte den akzentfreien englischen
Satz: „Ich habe sie, Cenda.” Als Nächstes erinnerte ich mich an das Surren
eines Transporters. Den Demetaner, der mich von der Plattform geführt hatte,
erkannte ich schließlich als Yetron, Commander Times Vertrauensoffizier. Das
entspricht ungefähr dem Aufgabenbereich eines ersten Offiziers. Commander
Peter Time war Kommandant der Electronica, dem Flaggschiff der Föderation im
30 Jahrhundert.

Yetron führte mich in einen Raum, den ich an Hand von Gerüchen als die
Krankenstation identifizierte. „Ketna.”, sprach er die Zeonide Ärztin an.
„Untersuchen Sie sie auf telepathischen Einfluss. Ich bin sicher, Sie werden
fündig. Sicherlich wird Dills Anwalt gern auf unsere Beweise zurückgreifen.”
„Was für Beweise?”, fragte ich verwirrt. „Was für’n Anwalt?” Yetron gab
einen Laut von sich und setzte sich neben mich auf das Biobett. „Das kannst
du ja nicht wissen.”, erklärte er fast entschuldigend. „Also, Dill ist
Beherrscher, nein, besser Wächter der Zeit. Er achtet auf die Geschichte.
Tolea, eine Nachfahrin der Q, hat dich in unsere Zeit entführt und wollte,
dass du hier lebst. Aus irgendeinem Grund meint sie, die Drangsalierungen
der Menschheit durch die Q wieder gut machen zu müssen. Dill klagt die Q,
bzw. Tolea bei der Föderation der Veränderung der Geschichte an.”

Ich erinnerte mich. Ich hatte mich in einem fremden Haus befunden. Tolea war
auch dort. Sie hatte mir gesagt, dass ich hier ein viel besseres Leben haben
könnte. Demeta wäre eh mein Lieblingsplanet und ich würde nicht mehr in
meinem moralisch verfallenen und engstirnigen 20. Jahrhundert leben müssen.
Allerdings dürfte ich nicht wieder zurück und auch niemandem davon erzählen.
Ich hatte ihr gesagt, dass ein Leben, in dem man nicht selbst bestimmen
kann, wohin man geht, auch ein Gefängnis sein kann. Dann hatte ich das Haus
verlassen. Sie war telepathisch in meinen Kopf eingedrungen und hatte
versucht, alle Erinnerungen an mein Zuhause, meine Freunde und Mausi
gewaltsam zu löschen. Das hatte sie mir angedroht, würde ich nicht
mitspielen.

„Sie haben Recht, Sir.”, sagte Ketna, nachdem sie den Scann beendet hatte.
„Die Zeitländer werden Jubeln vor Freude.”

Die Demetaner hatten als erste entdeckt, dass die Zeit bewohnt ist. Sie
hatten ihre Bewohner „Nassiona Tempora”, also „Volk der Zeit”, genannt. Ein
englischsprachiger Föderationspolitiker hatte das Wort in „Temporal Nation”,
also „Nation der Zeit” oder „Zeitland” verballhornt. Seit dem hieß es nur
noch so.

Sensora, die Kommunikationsoffizierin der Electronica, meldete unsere
Ankunft an der Gerichtsbasis.

Man hörte meinen Schilderungen gespannt zu. Dann brachte Dills Anwalt die
Sprache auf Mausi. Wir haben eine sehr starke Beziehung und der Gedanke,
dass Tolea dafür sorgen wollte, dass ich sie nicht wieder sehe, brachte mich
zum Weinen. „Euer Ehren.”, wandte der Anwalt sich an die celsianische
Richterin. „Die Verstörtheit des Opfers sollte Ihnen zeigen, dass die
Angeklagte nur an die Befriedigung ihres eigenen schlechten Gewissens der
Rasse des Opfers gegenüber dachte, als sie es entführte.”

Ein Geräusch ließ mich plötzlich den Kopf drehen. Es kam von der
Anklagebank. Zuerst dachte ich, ich höre das Echo meines eigenen
Schluchzens. Aber dann erkannte ich, dass Tolea ebenfalls sehr traurig war.
Peter, ich war inzwischen auch mit Commander Time per du, stand aus dem
Zuschauerraum auf und führte mich leise zum Richtertisch. „Euer Ehren.”,
begann ich. „Der Anwalt der Verteidigung sprach soeben davon, dass ich ein
Opfer sei und Tolea eine Täterin. Aber wenn man es genau nimmt, ist sie doch
auch ein Opfer. Sie ist ein Opfer der moralischen Verfehlungen ihrer
Vorfahren. Deshalb denkt sie, dass sie mich aus meinem in ihren Augen
furchtbaren Leben erretten muss. Aber so schlimm ist mein Leben eigentlich
gar nicht. Bitte, verurteilen Sie diese Frau nicht für ein Verbrechen, für
das sie nichts kann.”

Lange herrschte eisiges Schweigen. Dann zog sich das Gericht zur Beratung
zurück. Nachdem sie zurückgekehrt waren, verkündete die vorsitzende
Richterin das Urteil. „Im Prozess: Zeitland, vertreten durch seinen
Herrscher, Dill, gegen die Q, vertreten durch Tolea, befinden wir die
Angeklagte für nicht schuldig. Das Opfer hat deutlich gemacht, dass sie in
der Entführung keine Verletzung ihrer Rechte oder ihrer Gesundheit gesehen
hat. Sie hat uns mehr noch auf ein Problem aufmerksam gemacht, in dem die
Angeklagte und ihr Volk der Rasse des Opfers gegenüber stecken.”

Als die zeitländischen Geheimdienstler Tolea frei gelassen hatten, schloss
diese mich überglücklich in die Arme. „Danke, Betsy.”, flüsterte sie. „Ich
wollte dir nichts tun. Ich meinte nur, irgendwie die schlimmen Taten meiner
Vorfahren an euch wieder gut machen zu müssen. Aber dich aus deinem Leben zu
reißen, war wohl der falsche Weg. Sorry.”

Bevor ich noch etwas sagen konnte, verschwand alles um mich herum und ich
spürte meine Matratze. Wenn du das Leben in meiner Zeit so schlimm findest,
Tolea!, dachte ich, Kannst du dich mit einer Sache gut trösten. Irgendwie
schaff’ ich es ab und zu, euch zu besuchen. Frag mich bloß nicht wie, aber
es passiert manchmal einfach.

ENDE
von Bianca Trs, November 2007

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