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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

 

 

Etwas irritiert stand ich an dem Fleck, an den ich offensichtlich gebeamt worden war. Die entsprechenden Geräusche kannte ich mittlerweile. Da konnte mir keiner etwas vormachen. Zwei uhrwerkgleiche Fußpaare bewegten sich auf mich zu. Ich erkannte die Schritte eines Mannes und einer Frau. Allerdings ließ mich die Gleichmäßigkeit der Schritte sofort an Androiden denken. „Data, Cupernica?”, fragte ich unsicher. „Richtig.”, bestätigte eine weibliche, mir wohlbekannte, Androidenstimme. Dann zog Cupernica mich zu sich und ergänzte: „Ich kann mir vorstellen, Betsy, dass dich das alles hier ziemlich mitnimmt, zumal du weißt, dass Data ja eigentlich tot sein muss. Aber …” „Nee, nee, schon klar, die Sache mit den Wesen, die ihn gefunden hatten und so. Aber wo sind wir?”, stotterte ich. „Auf meinem Schiff in Cupernicas Zeit.”, meldete sich Data jetzt aus dem Hintergrund. „Raff ich nicht.”, gab ich zurück. „Willst du damit etwa sagen, du hast schon seit 1000 Jahren erneut gelebt?” „Ja.”, bestätigte Data. Bevor ich weitere Fragen stellen konnte, führte Cupernica das Beispiel der Xylianer an. Die haben selbstregenerative Energiekristalle, die während der Regenerationsphase einen chemischen Prozess durchlaufen, der ihre Energie quasi nie versiegen lässt. Mit einem nebensächlichen „Kapisch” wandte ich mich wichtigeren Dingen zu. „Wieso bin ich hier?”

Data und Cupernica hatten mich in die Mitte genommen und wir gingen gemeinsam einen langen Gang entlang. Dann stiegen wir in einen Turbolift. „Ich habe noch eine Überraschung für dich, Betsy.”, flüsterte Cupernica, als wir am Zielort angekommen waren. „Hi, Betsy!”, schallte mir Scottys Stimme entgegen. Mir wurde vor lauter Freude schwindelig. Data setzte mich auf einen freien Sessel. „Langsam komme ich drauf klar.”, sagte ich. „Also, Du bist der Chef von’s Ganze, Data, Scotty der Obertechniker, Cupernica die Ärztin, na ja, den Rest der Crew lerne ich ja bestimmt noch kennen und was mache ich hier?” „Du bist unsere zivile Expertin.”, sagte Data mit einer Bestimmtheit, die ich von ihm vorher nicht kannte. „Expertin?”, wiederholte ich fragend. „Für was?” „Für schräge Theorien.”, antwortete Scotty, ohne von seinem Arbeitsplatz aufzusehen. „Wieso?”, erwiderte ich. Cupernica scannte mich, zog mich dann auf die Beine und sagte: „Dein Kreislauf hat sich erholt. Wir zeigen dir jetzt was.”

Wieder fuhren wir mit dem Turbolift und wieder gingen wir einige lange Gänge entlang. Data verabschiedete sich unterwegs mit einem flapsigen: „Der Dienst ruft laut und heftig.” von Cupernica und mir.

Mit einem energischen „Warte!” brachte Cupernica mich neugieriges Etwas vor einer Tür zum Stehen. Sie holte ihr Haftmodul aus der Uniformtasche und schloss sich mit dem Computer des Schiffes kurz. Dann sagte sie: „Die Luft ist jetzt rein. Komm.” Wir betraten einen Raum, dessen Umweltkontrollen wohl vorher auf Tropen eingestellt sein mussten. Cupernica und ich hockten uns hin. „Fühl mal.”, forderte sie mich auf. Ich erkannte etwas, das sich im ersten Augenblick wie Kürbisse anfühlte. „Was ist das, Cupernica?”, fragte ich. „Ich nehme an.”, begann die Androidin in einem ziemlichen Vortragsstil. „Dir ist klar, dass Data und ich hier keine Kürbiszucht aufmachen wollen.” Ich nickte. „Gut.”, fuhr sie fort. „Aber ich schlage vor, ich erzähle dir den Rest bei einer Tasse Raghtajino in der Offiziersmesse. Ich möchte unsere Freunde hier nicht zu lange einem feindlichen Klima aussetzen.”

Bald saßen wir auf einer Bank und der dampfende klingonische Kaffee stand vor mir. „What’s up, Cupernica?”, fragte ich. Sie verhinderte mit einer schnellen Handbewegung, dass ich mir den gesamten Inhalt der Zuckerdose in den Kaffee schüttete und begann dann: „Vor einigen Wochen fand sich im Garten der Picards in Little Federation eine seltsame Pflanze ein. Die Picards hielten sie irrtümlich für Unkraut und rissen sie heraus.” „War mir klar.”, redete ich dazwischen. „Wenn bei denen im Garten nicht alles schnieke ist, drehen sie sicher durch.” „Bestätigt.”, antwortete Cupernica nüchtern. „Ivette Picard, ihres Zeichens passionierte Hobbygärtnerin, warf die Pflanze sogar weg. Einige Tage später wurden alle Pflanzen in ihrem Garten von einer merkwürdigen Krankheit befallen und starben. Aber dabei blieb es nicht. Die Pflanzen breiteten sich über ganz Little Federation aus. Jeder, der von ihren Früchten aß, wurde krank und fast alle starben.” „Warte mal.”, mischte ich mich erneut ein. „Warum denn das? Ihr habt doch Replikatoren.” „Ja.”, bestätigte Cupernica. „Aber die funktionierten nicht mehr. Den Grund dafür fand Data aber ziemlich bald. Es war ein abgestürztes Raumschiff, dessen Computer sich in die Systeme der Replikatoren gehackt und ein Virus eingespielt hatte, das auch sie giftige Nahrung produzieren ließ. Data und ich brachten das Raumschiff sofort mit den fremden Pflanzen in Verbindung, Aber niemand wollte uns glauben. Alle meinten, wir hätten eine Fehlfunktion. Wir stehen sogar kurz vor der Demontage.” „Aber sicher.”, schnippte ich wütend in eine Atempause. „Den Fehler hat ja auch eine Picard gemacht. Eine Angehörige einer heldenhaften Familie. Auf so eine darf ja nichts kommen. Immer das Gleiche mit der Scheiß-Politik. Auf dem Papier habt ihr Androiden die gleichen Rechte. Aber sobald einer von euch ’ne falsche Meinung hat, erinnern sich plötzlich alle, dass ihr Maschinen seid. Ich glaub’ nicht, dass sich einer erlauben würde, einen Menschen wegen einer anderen Meinung umzubringen. Leck die Katz’, bin ich sauer!” „Soll ich Spot holen?,”, fragte Cupernica. Mein versteinertes Gesicht entspannte sich gegen meinen Willen zu einem Grinsen. „Knick das.”, lachte ich. „Das ist nur so’n Spruch.”

Die Sprechanlage riss uns aus unserer Unterhaltung. Am anderen Ende war Data, der uns mitteilte, dass wir in die Umlaufbahn des eventuellen Heimatplaneten der fremden Pflanzen eingeschwenkt waren. „Nach allem, was du mir erzählt hast, Cupernica.”, begann ich auf dem Weg zur Brücke. „Hat Mrs. Picard den Repräsentanten einer fremden Spezies getötet. Ich denke, dass sie sich keine Gedanken gemacht hat. Sie geht wohl davon aus, dass alles, was mit uns Erstkontakt will, zwei Arme und zwei Beine haben muss, du verstehst?” Cupernica machte bestätigend „Aha.” „Also, ich bin keine Pflanzenexpertin. Aber ich gehe davon aus, dass wir Kriegshandlungen zu befürchten haben. Immerhin haben die uns gezeigt, dass sie Technologie bedienen können. Die Kommunikation damit erfolgt wahrscheinlich auf einer biochemisch-elektronischen Ebene.” Kaum hatte ich ausgesprochen, erschütterte etwas das Schiff. Ein Alarmsignal ertönte. „Ich muss auf meinen Posten.”, sagte Cupernica flüchtig. „Geh geradeaus weiter, dann kommst du zur Brücke. Data braucht dich dort.” Sie ließ meine Hand los, drehte sich um und rannte davon.

Data kam mir entgegen. „Wir brauchen jemanden, der das Schiff fliegen kann. Allrounder Collins ist tot, Agent Meris verletzt und Warrior Cayla muss uns verteidigen. Ich selbst kann auch nicht, denn ich muss über ein spezielles Programm, das ich selbst geschrieben habe, versuchen, mit den Pflanzen in Kontakt zu treten.” Damit zerrte er mich hinter das Pilotenpult. „Vergiss es, Data!”, schrie ich. „Ich setz uns eher vor einen Asteroiden, als du piep sagen kannst. Ich bin blind wie ein Maulwurf. Und, wieso brauchst du mich. Du bist doch multi…” „Die Interpretation der chemischen Verbindungen der Pflanzen ist sehr kompliziert.”, erklärte Data. Das Programm benötigt fast meinen ganzen Arbeitsspeicher. Du findest schon eine Lösung!” Damit griff er meine Hände und legte sie auf die Steuerkontrollen. Da saß ich nun. Cayla konnte mir nicht helfen, denn sie war mit der Verteidigung des Schiffes, welches übrigens USS Green Friendship hieß, völlig ausgelastet. Nach einer Weile verzweifeltem Nachdenkens flüsterte ich ins Computermikro: „Computer, kannst du mich vor Hindernissen warnen, die sich auf unserer Flugstrecke befinden?” „Positiv.”, gab der Computer zurück. „Ausführen.”, befahl ich erleichtert. „Dann komm, Schiffchen.”, flüsterte ich. „Zusammen schaffen wir das schon.”

Gefühlte acht Stunden mussten vergangen sein. Ich hatte es tatsächlich irgendwie geschafft, durch gezielte Manöver Schaden von uns abzuwenden, soweit es unter den gegebenen Umständen halt möglich war. Cayla behauptete sogar, ich hätte ihr zu einigen guten Treffern verholfen, da schwiegen plötzlich die Waffen der Fremden. Ich begriff, dass es Data gelungen sein musste, endlich Kontakt zu bekommen und stieß hervor: „Feuer einstellen, Cayla! Schilde runter!” Die Strategin befolgte meinen Befehl, wusste sie doch, dass Data ihr dasselbe befohlen hätte, wenn er könnte. Aber sein Arbeitsspeicher …

Plötzlich erhob Data, der mit einem Haftmodul an den Transceaver gekoppelt war, seine Stimme. Aber er sprach wohl nur die Übersetzung dessen aus, was die Pflanzenregierung uns sagen wollte. „Wir besuchten Terra in Frieden, aber ihr habt unseren Repräsentanten getötet. Wir fanden auf dem Planeten Wesen wie uns. Mit denen verschworen wir uns dann. Jetzt ist Krieg.” „Data!”, rief ich in Richtung des Kommandostuhles. „Kannst du übermitteln, was ich sagen will?” Langsam nickte Data, was bei seinem momentanen Zustand kein Wunder war. „Es handelt sich um ein Missverständnis.”, säuselte ich so diplomatisch ich konnte. „Ich gebe zu, wir Menschen sind manchmal echt borniert. Wir denken nicht im Traum daran, dass Wesen, die mit uns Kontakt aufnehmen wollen, anders aussehen könnten als wir selbst. Vielleicht müsst ihr das nächste Mal deutlicher werden. Eine übersetzende Sonde käme echt gut.” „Wie kommst du darauf, Terranerin, dass wir mit euch Menschen Kontakt haben wollten? Hast du nicht zugehört?”, übermittelten die Pflanzen. Doch, genau hatte ich zugehört. Sie hatten von den terranischen Pflanzen gesprochen. Wir sind am Arsch!, dachte ich, Wer kann sie jetzt noch überzeugen? Wenn uns nichts einfällt, kriegen wir von den Pflanzen tierisch eins auf die Glocke!

Unentwegt hatte ich das Bild aus Gästequartier eins im Kopf. Cupernica hatte den Pflanzen dort ein angenehmes Klima bereitet und jetzt waren wir nahe ihrer Heimat. Meine zitternde Hand drückte den Sprechanlagenknopf für den Maschinenraum. „Scotty.”, stammelte ich ins Mikrofon. „Beam’ die Pflanzen aus Gästequartier eins auf den Planeten. Vielleicht können die ihre Leute überzeugen, dass wir nicht so schlimm sind, wie wir aussehen.”

Stille, unendliche Stille, die mein Herz bis zum Hals schlagen ließ. Dann löste sich Data aus seiner versteinerten Haltung, kam zu mir und klopfte mir anerkennend auf die Schulter. Aber er klopfte nicht nur. Er schien etwas an meiner Strickjacke zu befestigen. Dann sagte er: „Die Pflanzen lassen ausrichten, dass sie dir doch glauben, was das Missverständnis angeht. Auf deiner rechten Schulter befindet sich jetzt ein weißes Rangabzeichen, das dich als Allrounder ehrenhalber der Sternenflotte ausweist. Die dazugehörigen Aufgaben hast du mit Bravur gemeistert.” Ich richtete mich auf und sagte in schmissigem Ton: „Sir, danke, Sir!” „Hinsetzen, Allrounder Betsy, setzen Sie Kurs in Richtung Demeta-Basis.”, befahl Data. Das tat ich.

Eines war mir nach dem Aufwachen klar. Ab heute würde ich Pflanzen sicher mit anderen Augen sehen.

ENDE

von Bianca Trs, August 2008

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