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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Ich war zwar Allrounder ehrenhalber der Sternenflotte, aber eben nur ehrenhalber, wie schon gesagt. Das bedeutete, dass ich auch noch einige Zeit auf der Akademie verbringen musste, um mir zumindest Grundkenntnisse im SITCHen, und Raumschiffefliegen, was später meinem Aufgabenbereich entsprechen würde, anzueignen. Dies, was mich sozusagen als Quereinsteigerin auswies, war auch der Grund, weshalb ich ein weißes Rangabzeichen trug. Weiß heißt unbeschrieben und bedeutet, dass ein Offizier ehrenhalber eben nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen kann, wie einer, der alle drei Jahre zur Akademie gegangen ist. Wir so genannten „Weißschultern“ hatten also auch später auf den Schiffen quasi „Welpenschutz“, außer bei den Tätigkeiten, die direkt mit unseren Aufgaben zu tun hatten.

Mikel und ich hatten das OK von König Dill, dem Herrscher der Zeit, persönlich und er garantierte dafür, dass wir die Zeitlinie heil ließen, weshalb wir, trotz wir aus dem 21. Jahrhundert kamen, zugelassen wurden.

Na ja, hier standen Mikel und ich nun in Mitten weiterer Weißschultern und warteten auf unsere Fluglehrer. Jeder sollte im Praxisunterricht eine Einzelbetreuung bekommen. Anders wäre das ja auch nicht möglich gewesen. Die Theoriestunden bei Professor Micrin, einer kurz vor der Pensionierung stehenden Demetanerin, hatten wir alle gemeinsam besucht. Alle Lehrer mussten wir übrigens mit „Professor“ oder „Sir“, oder „Ma’am“ ansprechen. Außerdem mussten wir sie siezen, obwohl sie uns duzten.

„Wer wohl für uns zuständig ist.“, flüsterte Mikel mir aufgeregt zu. „Ich meine, wir sind zwei spezielle Fälle, weißt du, Betsy, wir wollen beide keinen Visor und …“ Mikel wurde angetippt. „Komm, Mikel.“, ließ sich Micrins Stimme vernehmen. „Wir machen das zusammen. Professor Cendus und ich betreuen die Spezialfälle.“ Dann zog sie Mikel mit sich fort.

Tja, jetzt stand ich zwischen zwei Vulkanierinnen, einem Klingonen und einem zweiköpfigen Wesen, dessen zwei Stimmen mich zuerst sehr irritiert hatten und wartete auf meine Abholung. Alle wurden auch abgeholt, alle außer mir. Kurz vor Ende der Pause allerdings kam ein celsianischer Professor angeschlappt. „Ach, da haben wir ja unsere kleene Weißschulter!“, rief er bei meinem Anblick aus. „Hab dich am völlig falschen Ende vom Hof gesucht, aber jetz’ bin ich ja da. Komm! Ab zu unser’m Gefährt!“ Ob seiner schmissigen Sprechweise musste ich lachen, bat aber sofort um Entschuldigung, die ich aber auch wieder zurücknahm, denn ich wusste, dass Celsianer ein Lachen über ihre Witze als Kompliment empfinden. Würde ich mich also für mein Lachen entschuldigen, würde ich das Kompliment zurücknehmen und das zeugte ja wohl nicht gerade von guter Kinderstube. „Hopsala!“, rief Professor Cendus. „Da is’ aber ene ufjerecht.“ Ich legte meine zitternde Hand auf seinen Arm. „Ups.“, machte seine tiefe sonore Bassstimme. „Noch so’n Zittermäuschen. Dabei beiß’ ich doch nich’. Mach ma’ ruhich.“ Dieses: „Mach ma’.“, sollte ich noch öfter zu hören bekommen. Das war nämlich sein Standardspruch.

Wir betraten eine große Halle mit Flugsimulatoren, an deren Summen ich bemerkte, dass fast alle schon in Betrieb waren. Im Vorbeigehen winkte mein Professor seinem vulkanischen Kollegen zu, der es, wie ich an den Diskussionen unschwer hören konnte, mit der Doppelköpflerin zu tun hatte. Mit dieser teilte ich mir das Quartier, wusste also, woran der arme Professor jetzt war. Es hatte des Öfteren Situationen gegeben, in denen die eine Hälfte meiner doppelköpfigen Kameradin mir helfen wollte, die andere aber nicht und so musste ich oft schlichten und sie erinnern, dass beide denselben Körper kontrollierten und deswegen kompromissbereit sein mussten. Dylene, unsere platonische Hausbetreuerin, hatte mich dafür schon oft gelobt und mir ihre Dankbarkeit dafür ausgesprochen, dass sie jetzt nicht immer vermitteln musste.

Am Ende der Reihe blieben wir vor einem der Simulatoren stehen. „So.“, sagte Professor Cendus. „Mach dich ma’ rein. Ich komm’ von der ander’n Seite.“  Was für ein Unikum!, dachte ich, während ich in den Simulator stieg. Nach der Aktivierung der Sicherungskraftfelder erkundigte ich mich beim Computer, ob mein Spezialprogramm bereits installiert war. Das war der Fall. „Was ich jetz’ zu dir sach’, darfst de nich’ an die jroße Glocke hängen, verstehst de?“, flüsterte der Professor. Ich nickte. „Ich find’ total OK, dass du und Mikel keinen Visor benutzen wollt. So erhaltet ihr euch die Fähigkeit, euch mit euren verbliebenen Sinnen zu orientieren. Nimm ma’ ’nem Blinden aus unserer Zeit den Visor weg. Oh, Backe, der is’ aufgeschmissen. Aber während der unten wurschtelt, gehst de locker oben lang und freust dir ’n Ast, weil de noch weißt, wie man Hände, Ohren usw. benutzt.“ Ich staunte. So etwas aus dem Mund eines technikbegeisterten Celsianers. Aber, weil er so technickbegeistert war, wusste er wahrscheinlich auch von den Nücken und Tücken eben dieser.

„So.“, sagte er dann. „Mach ma’ Antrieb.“ Zögernd tastete ich nach dem Startknopf. „Ja, wo is’ er denn?“, lachte Prof. Cendus. „Das ist es nicht.“, sagte ich. „Ich traue mich nicht so ganz.“ „Ach was.“, lachte er. „Ich bin doch da. So schnell passiert uns nix. Ach übrigens.“, scherzte er weiter. „Was heißt den Antrieb starten auf Klingonisch?“ Ich überlegte und sagte dann: „Mach ma’ knatter?“ „ne.“, schüttete er sich aus. „Eher: Mach ma’ Krach. Aber: Mach ma’ knatter is’ ooch nich’ schlecht. Muss ich mir merken!“

„Bsss.“, machte der Antrieb, nachdem ich mich doch dazu durchgerungen hatte, ihn endlich zu starten. „Na also.“, flötete mein Fluglehrer. „Da is’ ja das Summerchen, auf das ich gewartet hab’.“ Nach dem fünften Lachkrampf hatte ich aufgehört zu zählen. Eines war mir klar. Ich würde wohl mit den besttrainiertesten Bauchmuskeln aus diesem Kurs hervorgehen vor lauter Lachen.“ “Computer, beschreibe mir die Umgebung.“, befahl ich. „Normales Raumdock.“, kam es nüchtern zurück. „Positionierung?“, fragte ich weiter ab. „Bug zur Stationswand. Heck Raumwärts.“, erwiderte mein Spezialprogramm. „Oh ha, Verrat, Verrat, was mach’n wir denn nu’.“, wendete sich der Professor an mich. „Da hat uns so’n Schlauberger doch vorher glatt verkehrtrum eingeparkt. Eins vorweg. Wenden kannst de nich’ Dat Schiff is’ zu lang und die Schleuse zu schmal. Würde stecken bleiben, dat jute Stück. Also, was machst de jetz’?“ Ich zog am Joystick, der für die Höhenregelung zuständig ist. „Ne ne.“, sagte der Professor und drückte das Shuttle wieder herunter. „Steigflug is’ im Raumdock nich’ erlaubt. Ich weiß, was de wolltest, aber damit flirtest de allerhöchstens mit dem Dach und mit ’ner saftigen Strafe wegen Sachbeschädigung. Überleg’ noch ma’. Zeit hab’n wir wie Sand am Meer. Das hier is’ ’ne Doppelstunde.“ „Sinkflug?“, fragte ich. Er schüttelte hörbar den Kopf, denn er hatte sich meinetwegen, wie er mir sagte, einen Hut mit Schellen aufgesetzt, damit ich seine Gesten auch wahrnehmen konnte. Wenn er also mit etwas nicht einverstanden war, sagte er immer: „Da hat’s wieder geklingelt.“ Hätte ich nicht ohnehin gewusst, dass die Celsianer für ihre eigenwilligen Lösungen bekannt sind, dann hätte mich das sicher extrem verblüfft.

Ganze 20 Minuten saßen wir jetzt so da. Ich hatte diverse simulierte SITCHs der Kontrolle abgewimmelt, in denen sie uns immer wieder darauf aufmerksam machten, dass wir mit laufendem Antrieb und gelösten Andockklammern in Wartestellung dahindümpelten und man fragte, wann wir denn endlich zu starten gedächten.

„Na komm.“, sagte der Professor. „Ich verrat’s dir. Mach ma’ rückwärts.“ „Rückwärts?“, wiederholte ich fragend. „Na klar.“, sagte er. „Mach ma’ Schubumkehr und sach deinem Spezialprogramm, es soll dir flüstern, wenn der Bug draußen ist. Dann drest’n.“ Bisher war mir die Schubumkehr nur als Notbremse bekannt. Dass man damit auch rückwärts fliegen konnte, hatte ich zwar für theoretisch möglich gehalten, es aber eigentlich fast nie gesehen.

„Jawollja.“, äußerte sich der Professor erleichtert, als wir dann doch noch auf Kurs waren. „Und jetz’ das Dock rechts und einmal in die Runde, bitteschön. Parallel zum Dock zog unser Schiff jetzt brav seine Bahn. Ich hatte meinem Spezialprogramm den Befehl erteilt, mir zu sagen, wenn wir uns dem Dock zu sehr nähern würden. Langsam traute ich mich sogar, die Geschwindigkeit immer weiter zu erhöhen und war schließlich bei einem vollen Impuls. „Na.“, sagte Prof. Cendus. „Da flirtet aber eine janz jewaltig mit der Warpgeschwindigkeit. Aber, mach ma’ erst langsam, Kleene. Dat Thema kriegen wir übermorgen. Morgen geht’s erst ma’ links rum und jetz’ üben wir noch das Einparken. Also, mach ma’ langsam.“ Ich verlangsamte auf ein Achtel Impuls. Dann befahl ich meinem Spezialprogramm, mir ständige Informationen über die Annäherung zu geben. „Befinden uns parallel zum Raumdock.“, informierte es mich knapp. „Ca. drei Sekunden bei gleicher Geschwindigkeit bis Erreichen der Schleuse. Drei, zwei, eins.“ Klack-schmatz hatten wir die Schleuse erreicht und die Luken waren entsprechend positioniert. Das schmatzende Geräusch entstand übrigens immer dann, wenn der Druck ausgeglichen wurde. „Supi.“, lobte Prof. Cendus. „Und da soll noch mal einer sagen, Frauen könnten nicht einparken!“

Meinen zwei Kameradinnen in einer erzählte ich am Nachmittag davon. Gemeinsam lachten wir uns halb schief und dann stellte ich fest, dass ich mich schon sehr auf morgen freute.

ENDE

 

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