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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

 

Das Ende des Domminion-Krieges hatte sich zum xten Mal gejährt und die Paraden zu diesem Anlass waren mir ein Gräuel. Nuguras Rede war auch immer die Gleiche. Zum was-weiß-ich-wievielten Mal entschuldigte sie sich bei der Formwandlergemeinde in Little Federation, die dann immer sehr medienwirksam in Szene gesetzt wurde. Von diesem ganzen Getue hatte ich mich in diesem Jahr endlich lösen können, indem ich es geschafft hatte, rechtzeitig Heimaturlaub zu beantragen. Die Anderen konnten ja vor Nugura auf und ab marschieren.

Ich musste mich total verfranzt haben. Jedenfalls hatte ich wohl gedankenverloren die richtige Abzweigung verpasst und befand mich jetzt in einer Gegend von Little Federation, in der ich noch nie gewesen war. Ich wusste, es gab ein Stadtviertel, in dem hoch dekorierte Mitglieder des Oberkommandos wohnten, aber dort kam man doch …

Etwas schreckte mich aus meinen Gedanken auf. Hinter einem Zaun war das Weinen eines kleinen Mädchens zu hören. Außerdem die im Vergleich dazu donnernde Stimme des Vaters und die liebe tröstende Stimme der Mutter. Eigentlich war es nicht meine Art, Familienstreitigkeiten zu belauschen. Aber dieses Mal, es mochte vielleicht daran liegen, dass Ostern war, konnte ich nicht anders und musste hingehen.

Beim Näher kommen erkannte ich die Stimme von Chief-Allrounder Parker, dem Stabschef der Kommunikationsoffiziere und Raumschiffpiloten, also meinen Stabschef. Das Kind musste seine kleine Tochter sein und die Frau seine Ehefrau.

„Ich will dieses Osternest nicht!“, weinte die Kleine. „Verdammt noch mal, warum denn nicht!“, wetterte Chief-Allrounder Parker. „Meine Lehrerin hat erzählt, dass die Föderation ganz böse zum Domminion gewesen ist, also zu den Formwandlern. Wir haben sogar Krieg gemacht. Ich muss an die armen Kinder von da denken. Die hatten sicher im Krieg keine Osternester. Wenn Krieg ist, dann hat man nichts und es geht einem nicht gut und ich soll mir den Bauch mit Schokolade voll schlagen?“ Damit warf sie das Osternest in die Materierückgewinnung des Replikators.

Ich musste schlucken und tief durchatmen. Da war dieses kleine Kind von sechs Jahren. Evelyn Parker hatte die ganze Sache so berührt, dass ihr kleines Kinderherz vor Trauer schier zerbrechen musste. Warum verstand ihr Vater nicht, dass es ihr nicht um das Nest an sich ging? Warum …

Meine Füße mussten ein Eigenleben entwickelt haben, denn plötzlich stand ich vor meinem Vorgesetzten und seiner Frau. Er hatte mich bemerkt und drehte sich langsam zu mir um. „Allrounder Betsy, was machen Sie denn hier?“ „Oh.“, begann ich. „Ich habe mich verlaufen und wollte …“ Mrs. Parker schaltete sich ein. „Vielleicht können Sie unserer Tochter erklären, dass es nicht schlimm ist, wenn sie ein Osternest hat.“ „Nun.“, sagte ich nachdenklich. „Ich glaube, dass es hier gar nicht um ein Nest geht, sondern eher um Vergebung. Darum geht es doch an Ostern ohnehin. Einige Terraner glauben, dass der Sohn ihres Gottes bei seinem Tod alle Sünden der Menschen fort genommen hat. Bei seiner Auferstehung war allen vergeben.“ Ich musste Mrs. Parker dies erklären, denn sie kam nicht von der Erde. Sie war Zeonide.

Ich kniete mich neben die weinende Evelyn und fragte: „Wer könnte dir denn sagen, dass die Domminion-Kinder dir vergeben und dass du ruhig ein Osternest haben darfst?“ „Der Osterhase!“, entgegnete die Kleine. “Wie der Weihnachtsmann auch, weiß er doch alles und weiß sicher auch, ob es den Domminion-Kindern etwas macht, wenn ich ein Osternest habe.“ „Was für ein Unsinn!“, wetterte Mr. Parker. Ich stellte mich aufrecht hin und sagte: „Sir, bei allem Respekt, waren Sie nie ein Kind?“ Dann ließ ich ihn stehen und ging.

Wie sollte ich das bewerkstelligen? Natürlich wusste ich, dass es den Osterhasen nicht gab und einen verkleideten Erwachsenen würde Evelyn erkennen. Dafür war sie zu klug. Aber, Natürlich, da war doch mein formmwandlerischer Nachbar, Mr. Parvis. Eins zwei drei hatte ich einen fertigen Plan, den ich ihm noch am gleichen Tag mitteilte.

Telepathisch hatte mich Parvis über die Anwesenheit seiner Selbst und der anderen Formwandler von Little Federation informiert. Ich hatte mich schon vorher vor dem Haus der Parkers postiert und betätigte nun unentwegt die Sprechanlage. Endlich öffnete Mrs. Parker. „Gila, bitte holen Sie Ihre Tochter, aber kein Wort zu Ihrem Mann.“, zischte ich ihr zu. Sie nickte und kam wenig später mit Evelyn an der Hand zurück.

Dann ging das Schauspiel los. Aus den Gebüschen rings um das Haus tanzten kleine Elfen und Kobolde hervor. Auf der Wiese hüpfte ein großer Osterhase herum, der unentwegt „Hoppel, hoppel, hoppel!“, rief. Dabei flogen ihm im hohen Bogen bunte Schoko-Eier aus der mitgebrachten Kiepe. „Oh, Parvis.“, flüsterte ich gerührt. „Sie haben meine Idee nicht nur verwirklicht, sondern sie noch verbessert.“ Das mit dem Osterhasen war zwar meine Absicht, aber die Elfen und Kobolde musste Parvis dem Plan hinzugefügt haben.

Eine Elfe und ein Kobold tanzten jetzt auf Evelyn zu. „Komm, kleine Evelyn.“, sagte die Elfe und der Kobold fügte hinzu: „Wir bringen dich jetzt zu unserem Chef, dem Osterhasen. Der hat gehört, dass du ganz traurig bist, weil du solches Mitleid mit den armen Kindern im Dominion hattest, dass du diese Ostern gar kein Nest haben wolltest.“ Evelyn nickte und folgte den beiden mit klopfendem Herzen. Dabei hielt sie ihre Mutter und mich ständig im Blick. Ich konnte die sichtlich gerührte Gila leise neben mir schluchzen hören. „Haben Sie das arrangiert?“, fragte sie leise. Ich nickte.

Jetzt standen Evelyn, die Elfe und der Kobold vor dem Osterhasen. „Du bist also die kleine Evelyn, die so traurig ist.“, begann Parvis, den ich auch ohne Erfasser identifizieren konnte. „Ja, lieber Osterhase.“, erwiderte Evelyn. „Ich weiß auch, warum du so traurig bist. Du fühlst mit den armen Kindern aus dem Dominion-Krieg.“ „Woher weißt du das?“, staunte sie. „Nun.“, erklärte der Osterhase. „Wie der Weihnachtsmann auch, weiß ich im Osterland hinter dem Regenbogen alles, was auf allen Welten geschieht. Also haben sich meine kleinen Helfer, die Osterelfen und Osterkobolde mit mir aufgemacht, um einem kleinen traurigen Erdenmädchen zu sagen, dass sie ruhig ein Osternest haben darf. Die Kinder aus dem Dominion haben dir nämlich längst vergeben.“ „Wenn du das sagst, lieber Osterhase.“, sagte Evelyn. Dann erblickte sie ihre Mutter und mich. „Ihr müsst gehen!“, rief sie aufgeregt. „Erwachsene dürfen euch doch nicht sehen!“ Ich war gespannt, ob Mr. Parvis auch darauf eine Antwort wusste. „Nun.“, sagte er. „Bei einem kleinen traurigen Kind steht es in meiner Macht, auch mal eine Ausnahme zu machen. Meine kleinen Helfer dürfen dir sogar suchen helfen.“ Darauf wuselten alle Elfen und Kobolde los. „Komm hier her, kleine Evelyn, ich habe etwas gefunden!“ „Hier, hier ist auch noch etwas.“, piepsten ihre kleinen Stimmchen durch den Garten.

Gila beschrieb mir jede Reaktion ihres Töchterchens, das mit leuchtenden Augen durch den Garten lief und fröhlich Süßigkeiten einsammelte.

Am nächsten Morgen erhielt ich eine SITCH-Mail von den Parkers: „Liebe Betsy, ich weiß zwar nicht, wie du mit dem Osterhasen reden kannst, aber sag ihm bitte, dass dies mein schönstes Ostern war. Deine Evelyn.“ Ich lächelte zufrieden.

ENDE

 

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