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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Als ich an diesem Morgen erwachte, traute ich meinen Ohren nicht. Es war in
der Nacht sehr heiß gewesen, was mich veranlasst hatte, bei geöffnetem
Fenster zu schlafen, deshalb hörte ich auch die Geräusche von der Straße so
genau. Die Schritte der Passanten wurden von merkwürdigen elektronischen
Nebengeräuschen begleitet. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Oh Gott,
es war wirklich passiert. Die Borg waren in unsere Zeit gekommen und hatten
ganz Deutschland assimiliert. Ganz Deutschland? Verwirrt tastete ich mich
ab. Keine Implantate. Und telepathisch mit jemandem verbunden war ich auch
nicht. „Upsi.”, dachte ich. „Da habt ihr wohl jemanden vergessen.” Aber
Moment mal, ich war ja behindert. Die Borg würden niemals Behinderte oder
kranke Menschen assimilieren. Das bedeutete ja, dass wir die einzigen waren,
die sie besiegen könnten. Unsere Pläne würden sie nie verstehen, weil sie
nicht verstehen, was sie nicht assimilieren. Man könnte also ….

Das Klingeln meines Telefons riss mich aus meinen Gedanken. Am anderen Ende
war Jenny, eine gute Freundin aus NRW. „Knuffelchen.”, sagte sie mit
beunruhigter Stimme. „Weist du schon, was los ist?” „Ja.”, erwiderte ich
cool. „Aber keine Angst.” Ich erklärte ihr, dass sie alle gesunden Nachbarn
dazu bringen musste, in ihren Wohnungen zu bleiben. Im Notfall sollte sie
sogar deren Türen verbarrikadieren.

Nach dem Telefongespräch führte mich mein nächster Weg aus dem Haus einige
Straßen weiter durch den Ort. Provokativ hielt ich jedem Borg, der mir
begegnete, meinen Taststock unter die Nase und grinste dabei.

Ich betrat die Computerwerkstatt eines befreundeten Informatikers, der durch
einen Unfall ebenfalls eine Behinderung davongetragen hatte. Als ich ihm
meinen Plan unterbreitete, erwiderte er traurig: „Natürlich kann ich ein
Virus schreiben, das ihre Elektronik lahm legt. Aber die seltsamen Gestalten
haben meinen Sohn.” „OK, Borgqueen.”, dachte ich. „Langsam nehme ich die
Sache persönlich.” „Ihrem Sohn wird nichts passieren.”, versicherte ich.
„Sie müssen sich aber beeilen, denn ich glaube nicht, dass die Phase, in der
diese Wesen noch mit Windows operieren müssen, noch lang andauert. Sie
werden bald alles umstrukturiert haben.” Sofort begann er mit dem Schreiben
des Virus.

Ich hatte die Computerwerkstatt kurzerhand zu unserem Hauptquartier erklärt.
Auch hatte ich zwischenzeitlich meine Kollegen verständigt. Diese achteten
darauf, dass Betreuer oder andere Gesunde das Haus nicht verließen. Jenny
und Andreas sowie Michael aus Braunschweig hielt ich über Handy auf dem
Laufenden.

„Ich bin fertig mit dem Virus.”, ließ sich nach einer Weile die Stimme
unseres tapferen Programmierers vernehmen. „Ab damit ins Internet.”,
skandierte ich. „An irgendeine verdammte Behördenmailadresse.”

„Warte mal, Betsy.”, sagte Michael im Hintergrund. „Warum haben die Borg
überhaupt Deutschland erobert?”

Ein jähes Geräusch ließ mich aufhorchen. Ein Borg wankte unsicher ins
Gebäude. Er schien jegliche Verbindung zum Kollektiv verloren zu haben. Ich
stellte ihm ein Bein, so dass er sich unfreiwillig hinlegte. Dann schrie ich
ihn an: „OK, du Borgabschaum, wieso seit ihr hier. Na, wohl die Sprache
verloren, was? Ja, ja, ich weiß, du verstehst nicht, was hier vorgeht, aber
das ist auch meine Absicht. Tja, kommt davon, wenn man uns unterschätzt.”
Zitternd versuchte sich das Etwas vor mir wieder aufzurichten. Das unterband
ich aber, indem ich die Energiekupplung an seiner Hand mit einem
Computernetzstecker verband und drohte, das andere Ende in eine Steckdose zu
stecken. Der elektrische Schlag könnte tödlich sein. „Ich zähle bis drei,
dann her mit der Info, sonst gibt es gegrilltes Borgschweineschnitzel!”

Das Surren seiner kybernetischen Bauteile verstummte plötzlich und ich
erkannte den Sohn meines Nachbarn. „Alles wird gut.”, beruhigte ich ihn.
„Was ist passiert.”, fragte er beunruhigt. Ich erklärte ihm, dass die Borg
versucht hatten, Deutschland zu erobern, und dass er eines ihrer Opfer
geworden war. „Zu deiner Frage.”, sagte er später. „Ich glaube, dass es um
die Familie einer gewissen Janeway ging, die wahrscheinlich deutsche
Vorfahren hatte. Zumindest hat die komische Königin immer so etwas gesagt.”

Einige Zeit danach waren auch alle anderen wieder zu sich gekommen und
wieder sie selbst. Das Dankschreiben aus Berlin blieb zwar aus, aber ich war
froh, dass alles vorbei war.

ENDE
von Bianca Trs, Mai 2007

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