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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Es war mal wieder soweit. An die durch das Dorf wandernden
alkoholschwangeren Männerprozessionen, die sich fast jedes Jahr an unserem
Haus vorbeischlängelten, hatte ich mich gewöhnt. Sie waren mir nicht mehr
fremd. Fremd war eigentlich auch jenes Geräusch nicht, das sich plötzlich
unter die unartikulierten Gesänge mischte, aber ich konnte nicht glauben,
was ich da hörte. Meine Ohren signalisierten mir das Geräusch eines
interdimensionalen Shuttleantriebes, der sich auf unseren Garten zu bewegte.


Unsicher tapste ich näher. Als ich die Außenhaut des Schiffes berührte,
öffnete sich die Tür. „Komm her, Betsy, schnell.” Die etwas künstlich
anmutende Frauenstimme kannte ich. Ungläubig kletterte ich ins Innere des
Schiffes. Die Tür schloss sich. Ich tastete herum und erkannte, dass
Cupernica auf dem Rücksitz saß. Ihr Kopf war mittels ihres Haftmoduls mit
dem Schiffsrechner verbunden.

Instinktiv legte ich meine Hand auf ihre Schulter. „Ruhig, Cupernica, ich
bin ja jetzt da.”, sagte ich. „Was ist denn passiert?” Ihre Antwort kam
verzögert. „Ich weiß es nicht genau. Seit einigen Wochen habe ich
Aufmerksamkeitsstörungen und jetzt hat ein Unterprogramm angefangen, in
Intervallen einen Kopierbefehl für eine bestimmte Reihe von Daten zu senden,
die sich in einem meiner Verzeichnisse befinden. Ich konnte den Befehl noch
gut umgehen, aber jetzt geht es schon fast nicht mehr. Tressa wollte das
beobachten, aber ich wollte unbedingt diesen Testflug mit dem Shuttle
machen. Ich kann nicht mehr.”

Wieder schien der Kopierbefehl den gesamten Arbeitsspeicher zu beanspruchen,
was es Cupernica unmöglich machte, weiter zu reden.

Hilflos tastete ich erneut in der Kapsel herum. Dann fiel meine Hand
plötzlich auf das Sprechgerät. Ich gab immer noch unsicher das Rufzeichen
der Eclypse ein. Illianes Stimme ließ mich aufatmen. „Hier IDS-Eclypse,
Allrounder St. John.”, sagte sie sachlich. „Illiane, schnell, verbinde mich
mit Tressa oder Tac.”, stotterte ich ins Mikro. „Betsy.”, fragte sie zurück.
„Was machst du in unserem Shuttle?”

Ohne auf ihre Frage einzugehen sagte ich: „Cupernica braucht Hilfe! Bitte
mach schnell!”

Sekunden danach hörte ich Tressas Stimme. „Mann, Betsy.”, begann sie. „Bin
ich froh, dass sie bei dir gelandet ist und nicht als Saurierfutter geendet
hat. Pass auf, sag ihr, sie darf nicht senden. Nicht bevor wir da sind. Wir
kommen gleich zu euch. Lenk sie ab. Ich erkläre dir alles.”

Minuten nach unserem Gespräch bemerkte ich eine Hand auf meiner Schulter.
Eine tiefere Frauenstimme sprach mich an. „Setz dich, Betsy.”,  sagte sie
und führte mich zum zweiten Rücksitz des Shuttles. „Sedrin, was ist mit
Cupernica?”, fragte ich irritiert.


Tressa hatte sich in der Zwischenzeit Cupernica zugewandt. „OK, Cupernica.”,
sagte sie sehr bestimmt. „Wenn ich sage, senden Sie einen Teil des
Programms. Nicht alles auf einmal, sondern stückweise. Kapiert?” Die
Androidin nickte. Tressas Erfasser meldete ihr das erneute Auftreten des
Sendeimpulses. „OK, senden, Cupernica.”, Tressas Stimme klang etwas unsicher
und ich hatte das Gefühl, sie hatte mit so etwas noch nie zu tun. Ich
versuchte, sie nicht merken zu lassen, dass ich dies bemerkt hatte. Das
ganze wiederholte sich einige Male. Dann spuckte der Replikator plötzlich
einen vollständigen Androidenkörper aus. Tressa wandte sich jetzt diesem zu
und scannte ihn, dann sprach sie ihn einfach an: „Na, Kleiner.” Tatsächlich
begann der Androide sich zu bewegen.

„Das ist jetzt nicht wirklich passiert, Sedrin?”, fragte ich. „Doch, doch.”,
antwortete die Demetanerin lächelnd.

„Da brat mir doch einer einen Storch.”, staunte Tressa. „Lieber nicht,
Techniker.”, gab Sedrin zurück. „Wer wird denn gleich den Boten töten
wollen.” Ich musste lachen. „Echt witzig, Ma’am.”, brummelte Tressa, während
sie den Neuankömmling noch einmal scannte. „Er hat viele Komponenten von
Data, Agent.”, flüsterte sie ihrer Vorgesetzten ins Ohr. „Du liebe Zeit!”,
rief Sedrin aus. Sich mit einem strengen Blick Cupernica zuwendend sagte
sie: „Ich fürchte, Sie müssen uns etwas erklären.”

Cupernica legte den Kopf schief und sagte: „Ich weiß auch nicht genau, was
passiert ist. Data und ich haben einmal gemeinsam Betsy geholfen und er
wollte mehr über meine Systeme wissen. Deshalb haben wir über ein
Doppelmodul kommuniziert. Dabei muss sich die Hälfte seiner Programme mit
der Hälfte meiner Programme verbunden haben und eine Kopie der beiden
Programme in das leere Verzeichnis gewandert sein.”

Sedrins fragenden Blick schmetterte Tressa mit den Worten ab: „Stimmt, Ma’am
und dann hat sich ein Unterprogramm zur Replikation von Hardware
geschrieben.”

Sedrin sank in den Pilotensitz des Shuttles. „Dass Androiden sich so
fortpflanzen können, ist mir neu.”, sagte sie und gab mir das Gefühl,
förmlich die eintretende Blässe auf ihrem Gesicht hören zu können.

Tressa zückte ein Pad. „Wie soll der Kleine denn nun heißen.”, frotzelte sie
in Cupernicas Richtung.

In diesem Augenblick landete ein zweites Shuttle auf unserem Rasen. Heraus
stieg Data. Sedrin sprang von ihrem Platz auf und führte ihn energisch zu
uns. „Warum hast du mir nie etwas gesagt?”, fragte Data die völlig verdutzte
Cupernica. „Na, wegen der Zeitlinie.”, erklärte Sedrin in einem ziemlichen
Verhörton. „Hey, Sekunde mal.”, mischte ich mich ein. „Data hat das doch
nicht mit Absicht gemacht. Die beiden wussten doch auch nicht, was sie da
tun. Für sie war das doch auch neu.” „Du hast ja Recht.”, entschuldigte sich
Sedrin.

„Könnte vielleicht endlich jemand meine Frage beantworten.”, meldete sich
Tressa mürrisch zu Wort. Ich war irgendwie geistig bei dem Wort neu hängen
geblieben. Deshalb sagte ich: „Nun, wenn ich einen Vorschlag machen dürfte.”
Data und Cupernica nickten. „Nennt den Kleinen doch einfach Novus, also, der
Neue.” „Einverstanden.”, entfuhr es Cupernica und Data wie aus einem Mund.
„Die Frage ist jetzt, wo bleibt Novus erst mal.”, überlegte Tressa.

Ein plötzliches Geräusch ließ mich ziemlich nervös werden. „Klärt den
Sorgerechtsstreit bitte wo anders.”, warf ich ein. „Da kommen meine Eltern.
Die dürfen euch nicht sehen.”

Mehr weiß ich von diesem Traum leider nicht mehr. Aber eins steht fest. Das
war der heftigste Vatertag, den ich je erlebt hatte.

ENDE
von Bianca Trs, Mai 2007

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