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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Die Geräusche, die ich hörte, waren mir bekannt, nicht aber die Stimme, die
mich bald auf Deutsch ansprach. „Du musst Betsy sein.”, sagte die mir
unbekannte Frau. „Ich habe dich wegen Data auf die Enterprise gebeamt. Er
benötigt deine Hilfe. Ich spreche Deutsch mit dir, damit Picard uns nicht
verstehen kann. Das hat Data mir aufgetragen. Übrigens, ich bin Fähnrich
Fassbinder, oder auch Brigitte für dich.” „Schon gut.”, antwortete ich
ebenfalls in Deutsch. Ich versuchte, jedes englische Wort zu vermeiden, um
mich nicht der Kompromittierung der Zeitlinie verdächtig zu machen.

Auf dem Weg zu Datas Quartier dachte ich: Eine Landsmännin, was kann so
schlimm sein, dass solche Vorkehrungen getroffen werden müssen? Brigitte
setzte mich im Flur ab und sagte, dass sie jetzt gehen müsse. Ich würde
jetzt nur geradeaus gehen müssen und schon wissen, wo ich lang müsse. Das
tat ich und stieß tatsächlich auf die offene Tür. „Data!”, rief ich. „Bist
du da?” „Ja, Betsy.”, kam es zurück. „Komm auf meine Stimme zu.” Ich machte
ein paar Schritte und rief: „Ich bin unterwe …” Weiter kam ich nicht, denn
im gleichen Moment stolperte ich über eine Staffelei und fiel in Zeitlupe,
wie man es von mir kennt, mit der rechten Hand in einen Farbtopf, die linke
landete in einem Wasserglas, meine Ellbogen drückten jeweils einen klebrigen
Pinsel platt, meine Füße verloren den Halt und zwei wegen des Jugendschutzes
hier nicht weiter zu erwähnende Körperteile von mir stempelten Kornkreise,
nur eben ohne Korn, in die Farbe auf der Leinwand.

„Iii ba, Schande, sorry, Scheibenkleister!”, kommentierte ich mein
Missgeschick. Data war herbei geeilt und hatte mich lange betrachtet. Dann
half er mir auf und bedankte sich auch noch. „Was?”, flüsterte ich darauf
verwirrt. „Du hast mir sehr geholfen, Betsy.” Seine gewohnt nüchterne
Erklärung verwirrte mich nur noch mehr. Um meiner Verwirrung Ausdruck zu
verleihen, machte ich: „He?” und zeigte auf das zerstörte Bild. „Ich nehme
an.”, begann Data. „Du weist nicht, worum es geht.” „Ne.”, entgegnete ich.
„Du musst schon etwas konkreter werden.”

Er berichtete mir, dass er schon seit geraumer Zeit versuchte, die Stimmung
von jemandem mit meiner Behinderung einzufangen. „Ich habe das schon mit
Geordie ausprobiert, aber es hat nicht geklappt.”, sagte er resigniert.
„Kein Wunder.”, erklärte ich. „Er trägt seinen Visor seit, em, wann?” „Seit
er denken kann.”, beantwortete Data meine Frage. „Deshalb der ganze
Aufriss.”, brummelte ich.

„Du hast keine Ahnung, was in mir los war.”, rechtfertigte sich Data,
während er mich verschmutztes Etwas zu sich auf das Sofa zog. „Die Sache hat
mich so in Anspruch genommen, dass ich nicht mehr dienstfähig war. Picard
wollte, dass ich das Problem endlich löse, aber ich wusste nicht wie.”
„Moment!”, fiel ich ihm ins Wort. „Du bist doch multi-tasking-fähig, oder?”
„Ja.”, antwortete Data, „Aber ich hatte sozusagen in allen Fenstern das
gleiche Programm offen, nämlich, wie fühlt sich jemand, der nicht sieht?”
„Ach so. Das ist ja wie bei meinem PC.”, sagte ich verständnisvoll. „Wenn
ich fünfmal das Gleiche öffne, dann hat sich das was mit Multi-Tasking.” „Du
hättest Androidenpsychiaterin werden sollen.”, antwortete er erleichtert.

Vor meinem geistigen Auge erschienen Praxisräume. Ich wartete in meinem
hübsch eingerichteten Sprechzimmer auf die künstliche Kundschaft. Ich saß an
einem großen Schreibtisch und hatte einen Berg Datenkristalle vor mir
liegen. In Mundhöhe stand ein Computermikrofon. Das Piepen der Sprechanlage
riss mich aus meiner Büroarbeit. Dexa, meine talaxianische Empfangsdame, war
am anderen Ende und teilte mir mit, dass Sensora ihren Termin nicht
wahrnehmen könne, weil die Electronica auf Mission sei, Switcher wollte mit
mir über seine zwanghafte Schaltsucht reden und Law über seinen
Vaterkomplex. Außerdem wollte …

„Träumerin.”, vernahm ich plötzlich eine leise weibliche Stimme.
„Brigitte?”, fragte ich. „Nein, Deanna.”, entgegnete die Frau. Data
schaltete sich ins Gespräch ein: „In Anbetracht der doch sehr privaten
Stellen, an denen du dich beschmutzt hast, fand ich es besser, wenn dir eine
Frau beim Saubermachen hilft und nicht ich.” Troi zog mich wortlos hinter
sich her und wir landeten in einer Schalldusche.

„Wenn Picard uns sieht.”, stammelte ich. „Genau das soll nicht passieren.”,
erklärte Deanna, während sie eilig meine Kleidung von der Farbe befreite.
„Deshalb sei jetzt lieber still.”

Kaum hatte ich vom „Teufel“ gesprochen, war dieser auch schon an der
Sprechanlage zu vernehmen. „Ich habe gehört, die Frau aus dem 20.
Jahrhundert ist wieder da. Leugnen ist zwecklos.”

Entdeckt zu werden, musste mir eine solche Angst eingejagt haben, dass ich
davon aufwachte. Ich fand mich nämlich wohlbehalten in meinem Bett wieder
und war froh, dass alles nur ein Traum war.

ENDE
von Bianca Trs, November 2006

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