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Hinweise zur Geschichte:

Star-Trek-Kurzgeschichte

Takahashi saß auf seiner Terrasse in Little Federation und widmete sich
Origami, einer japanischen Papierfaltkunst. Er fand, er könne so seine
handwerklichen Fähigkeiten auf dem Level halten, auf dem sie waren, falls
die Eclypse noch einmal auf Mission geschickt werden würde. Tressa würde
sicher nichts mit einem Assistenten anfangen können, der zwei linke Hände
hätte.

Es war ein schöner warmer Frühlingstag. Little Federation war in eine laue
und weiche wohlriechende Luft getaucht. Plötzlich mischte sich unter den
Gesang der Vögel ein seltsames anschwellendes Geräusch. Seine technisch
geschulten Ohren verrieten Takahashi, dass es sich um mindestens zwei
Schiffsantriebe handeln musste. Außerdem erkannte er die typischen Geräusche
von einem genesianischen und einem Ferengi-Phaser. Die Schiffe kamen schnell
näher - zu schnell - eigentlich zu schnell. Er sah nur noch zwei gleißende
Lichtkegel und dann gab es einen lauten durchdringenden Knall.

Als Takahashi begriffen hatte, was da passiert war, mussten bereits mehrere
Minuten vergangen sein, in denen er regungslos dagesessen und abwechselnd
auf sein Papier und die Trümmer gestarrt hatte. Endlich gelang es ihm, sich
aus seiner Erstarrung zu lösen und hinüber zu gehen. Er sah das
genesianische und das Ferengi-Schiff. Das genesianische war quer, das
Ferengi-Schiff war längs mitten durchgebrochen. „Bei Buddha!”, sagte
Takahashi zu sich. „Da hat sicher keiner überlebt. Ich werde Agent Sedrin
und Commander Huxley informieren müssen.”

Die beiden wohnten unweit von Takahashis Haus. Der Japaner beeilte sich
nicht sehr, denn er konnte ja nicht ahnen, was sich Minuten später abspielen
sollte. Huxley öffnete, als Takahashi die Sprechanlage betätigte. „Nett,
dass Sie uns diese Ostern mal besuchen, Tak.”, sagte der Amerikaner gewohnt
flapsig und bedeutete Takahashi, hinein zu gehen. „Sie zittern ja schlimmer
als der Wackelpudding meiner Großmutter, aber es gibt nichts was’n
anständiger Whisky nicht kurieren könnte.” In diesem Moment hörte Tak, wie
ihn alle nannten, ein weibliches Räuspern hinter sich. „Wenn ich mit ihm
fertig bin, Jaden.”, begann die Frau. „Kannst du ihm so viel Whisky geben,
wie du willst. Aber jetzt nicht. Das könnte nämlich die Ergebnisse meiner
Vernehmung verfälschen. Folgen Sie mir, Tak, wir gehen nach nebenan.”

„Ich hab’ zwei Shuttles gesehen.”, stammelte Tak, während er seiner
Vorgesetzten ins Nebenzimmer folgte. „Oh, Mann, die haben miteinander
gekämpft. Die haben noch beim Abstürzen miteinander gekämpft.” „Nur die
Ruhe, Tak.”, versuchte die demetanische Agentin ihn zu beruhigen. „Jetzt
sortieren Sie erst mal und dann fangen wir da an, wo es sich gehört: Am
Anfang.” Tak musste lachen. Tressa, seine direkte Vorgesetzte, hatte Sedrin
des Öfteren scherzhaft mit T’Pol und Huxley des Öfteren mit Archer
verglichen, weil die beiden ähnlich oft gestritten hatten. Jetzt waren sie
aber sogar verheiratet. Tressa hatte immer gesagt: „Wissen S’e, Tak, was
sich liebt, das neckt sich.” Sie sollte Recht behalten.

Es gelang Tak einfach nicht, einen vernünftigen Bericht über die Ereignisse
abzuliefern. Nach einigen fruchtlosen Minuten ging Sedrin schließlich zur
Sprechanlage und sagte Cupernica Bescheid. „Sie zeigen alle Symptome eines
Schocks, Technical Assistant. So wird das nichts mit uns beiden.”

Cupernica versprach, noch in der gleichen Stunde vorbeizukommen, aber kaum
hatte Sedrin das Mikro wieder eingehängt, piepte die Sprechanlage erneut. Am
anderen Ende war Chief-Agent Tamara. „Gut, dass ich Sie gleich dran habe,
Sedrin.”, begann die Halbklingonin. „Verschreckte Bürger aus Little
Federation haben eine Genesianerin und einen Ferengi gemeldet, die mit
gezogener Handfeuerwaffe durch die Stadt laufen und versuchen, sich
gegenseitig umzubringen. Weitere Geheimdiensteinheiten sind auf dem Weg zu
Ihnen. Ich ernenne Sie zum Agent-Commander in dieser Angelegenheit.”
Agent-Commander ist der Ausdruck für den leitenden Agenten einer Ermittlung.

Sedrin klärte Tamara über Taks Zeugenschaft auf und übergab ihn dann an
Cupernica, die in der Zwischenzeit eingetroffen war. Dann machte sie sich
mit dem Solarjeep zum Ort des Geschehens auf.

Vor Taks Haus war bald alles großzügig abgesperrt. Agenten mit Erfassern
flitzten hin und her und sicherten Spuren. Sedrin sah sich alles aus einer
kurzen Entfernung an. Plötzlich trat ein platonischer Agent auf sie zu und
hielt seinen Erfasser hoch. „Ma’am.”, begann er. „Da ist was, das Sie sich
unbedingt ansehen sollten.“ Sie folgte ihm und bald standen sie vor den
Trümmern des genesianischen Shuttles. „Da ist noch jemand drin.”, sagte der
Platonier und zeigte auf die Achterkabine, die fast unversehrt geblieben
war. Sie überbrückten den Türmechanismus und sahen in die Augen eines
Teenagers, der laut Erfasser halb Genesianerin und halb Ferengi war. „Na
komm.”, sagte Sedrin. „Kletter’ hier erst mal raus. Die Strahlung ist nicht
gut für dich. Außerdem müssen wir wissen, ob du verletzt bist.” Was die
schätzungsweise 14-jährige dann sagte, irritierte Sedrin zunächst sehr.
„Danke, Tante. Mama und Papa hassen sich ganz doll. Warum weiß ich nich’ Ich
versteh’ das nich’. Papa will, dass ich ein Dabo-Mädchen werde. Aber Mama
sagt, das is’ was Böses.” Sedrin sah sich nach ihrem platonischen
Untergebenen um und flüsterte ihm zu: „Gehen Sie zu meinem Jeep und rufen
Sie mit dessen Sprechgerät Scientist Cupernica her. Ich glaube, wir haben es
hier mit einer geistig Behinderten zu tun.” Der Platonier nickte und rannte
davon.

„Ihre Diagnose war richtig.”, bestätigte die androide Ärztin, nachdem sie
das Kind untersucht hatte. „Wir haben hier quasi den Verstand einer
8-jährigen im Körper einer 14-jährigen. Aber das ist kein Wunder.
Normalerweise sind genesianische und Ferengi-DNS nicht kompatibel, oder es
kommt, wie in diesem Fall, ein geistig behindertes Kind dabei heraus.
Außerdem sind ihre Physiologien so verschieden, dass eine Paarung auf
natürlichem Weg nicht möglich ist. Die Kleine könnte nur durch künstliche
Befruchtung entstanden sein. Ich gehe davon aus, dass die Genesianerin den
Ferengi entführt und sich mit dem chirurgischen Transporter geholt hat, was
sie brauchte.” Huxley, der alles mitbekommen hatte, verzog das Gesicht. Dann
meinte er beiläufig: „Die muss ja sehr verzweifelt sein.”

„Agent-Commander.”, wendete sich bald einer von Sedrins Kollegen an sie.
„Wir haben die Eltern eingesammelt.” Tatsächlich führten zwei klingonische
Kleiderschränke bald eine Genesianerin und einen Ferengi vor. Ein weiterer
Agent, ein Celsianer, präsentierte Sedrin die Waffen der beiden. „In die
Asservatenkammer damit.”, sagte die Demetanerin. Und die zwei Ruhestörer
wandern erst mal ins Gefängnis. Morgen mache ich persönlich mit ihnen Urlaub
auf den Verhörinseln. Cupernica, ich würde gern unter Ihrer medizinischen
Aufsicht zunächst die Kleine vernehmen. Der Rest sichert die Beweise zu Ende
und dann rücken wir ab.”

Aufgrund ihrer demetanischen Herkunft war Sedrin sehr einfühlsam und konnte
tatsächlich aus der Kleinen herausbekommen, dass sie die Tochter einer
genesianischen Prätora war. Auch stimmten die Vermutungen über ihren
Ferengi-Vater. Sedrin besprach sich auch mit den Agenten, die den Ferengi
und die Genesianerin vernommen hatten. „Jetzt wird ein Schuh draus.”, sagte
sie zufrieden, nachdem sie die Berichte von Agent Samira, die die
Genesianerin vernommen hatte, da diese auf keinen Fall mit einem Mann
geredet hätte und Agent Williamson ihrem eigenen hinzugefügt hatte. „Also,
fassen wir zusammen.”, begann sie. „Da ist Prätora Shakira vom Clan der
Talwasch, die unbedingt eine Erbin braucht, weil sie mit einem anderen Clan
im Krieg ist und in diesem ihre Tochter getötet wurde. Sie entführt den
nächstbesten Mann, der ihr über den Weg läuft und nimmt sich, was sie
braucht, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Das Kind wird zwischen zwei
Kulturen hin und her gezerrt, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten,
versteht aber nicht, was los ist. Die eine Kultur will sie zum reinen
Sexobjekt machen, die andere zu einer Kriegerin, die die Männer nicht besser
behandelt, als die Ferengi ihre Frauen. Ich hörte sogar von Fällen, in denen
es Genesianerinnen erlaubt ist, ihre Ehemänner am Nasenring zu führen und
körperlich zu züchtigen, sollten sie nicht das tun, was die Frauen sagen
oder wollen.”

Die Föderation erklärte sich zur neutralen Instanz, denn man wollte diesen
Streit so schnell wie möglich beenden. Außerdem waren die Shuttles ja auf
Föderationsterritorium abgestürzt, beziehungsweise hatten sich dort
gegenseitig abgeschossen, wie sich später herausstellte.

Familienrichterin T’Pel hatte den Vorsitz. Es fiel ihr aber extrem schwer,
hier ein Urteil zu fällen, denn, aufgrund der kulturellen Unterschiede war,
wenn man es mal ganz emotionslos betrachtete, quasi jeder im Recht. Jeder
legte ja nur seine Kultur da und wer war die Föderation, dass sie sich
erlauben konnte, die eine oder andere Kultur als schlecht oder gut zu
verurteilen. Das würde sich mit der obersten Direktive ja nicht vereinbaren.
Es vergingen drei geschlagene Monate ohne Ergebnis. Dann wollte es der
Zufall, dass sich Sedrin und T’Pel auf der Straße begegneten. Die
demetanische Agentin fasste sich ein Herz und sprach die vulkanische
Richterin an: „Wie lange sollen die beiden streitbaren Parteien eigentlich
noch in unseren Gefängniszellen bleiben? Die Kleine ist ja, Mutter Schicksal
sei dank, bei Pflegeeltern. Aber das ist kein Dauerzustand. Was macht Ihnen
die Urteilsfindung eigentlich so schwer?” Sedrin lauschte T’Pels Erklärung
und sagte dann: „Nichts leichter als das. Es geht ja schließlich um das
Kindeswohl. Um herauszufinden, wie es damit steht, habe ich eine Idee.
Betrachten Sie es einfach als Ermittlung zur Abklärung des Kindeswohls.”

Tak und Tressa wurden beauftragt, eine Simulation zu schreiben, die der
Kleinen einmal das Leben als Ferengi-Mädchen und einmal das als Genesianerin
zeigte. Dann fragte Sedrin sie im Auftrag der Richterin: „Wie hast du dich
gefühlt?” „Angst.”, antwortete das Mischlingskind, über dessen Namen sich
die Eltern noch nicht mal einig waren. Sedrin rückte näher an die Kleine
heran und sagte: „Du brauchst keine Angst zu haben. Erzähl mal, was war so
grauslich?” „Da bei meinem Papa.”, begann die Namenlose. „Da waren so
komische Onkels. Sie haben mich komisch angeguckt und ich sollte machen,
dass die Leute das Spiel verlieren. Aber das macht man doch nich’. Schummeln
is gemein. Nich wahr, Tante Sedrin? Das hab’ ich meinem Papa gesagt. Der hat
ganz doll mit mir geschimpft. Außerdem musste ich immer nackt sein. Manche
Onkels haben mich auch angefasst. Mein Papa is’ gemein und böse. Aber als
ich bei meiner Mama war, hatte ich auch Angst. Die haben ganz viel
geschossen und ich hab’ Angst, dass ich sterben muss. Mama is auch böse,
wenn sie das erlaubt. Ich will nich’ bei bösen Leuten wohnen. Ich will zu
Susan und Harald, da hab ich bis jetzt gewohnt. Die sind lieb und ich hab’
keine Angst.”

Durch Sedrins Ermittlungen kam es tatsächlich bald zu einem entsprechenden
Urteil. Die Kleine wurde in die Obhut ihrer Pflegeeltern entlassen und der
Ferengi und die Genesianerin mussten mit lehren Händen in ihre Heimat
zurückkehren.

Tak und Sedrin sprachen noch einmal über die Vorkommnisse. „Eins steht
fest.”, begann Tak. „Mutter Natur hat sich sicherlich was dabei gedacht,
Genesianer und Ferengi so unterschiedlich zu machen. Da sollte keiner
dazwischenpfuschen. Wir haben ja gesehen, was dabei herauskommen kann.”
„Ganz Ihrer Ansicht.”, antwortete die Demetanerin, bevor sie mit ihm
anstieß.

ENDE
von Bianca Trs, April 2009

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