Und plötzlich ist die Welt um einiges leerer…

Müsste man meine Mutter mit einem Wort beschreiben, Naturgewalt träfe es wohl! Nur 1,45 m groß, aber gestandene Motorradrocker haben vor ihr gekuscht! Aber fangen wir am Anfang an:

Am 10.11.1954 wurde sie in der Türkei geboren, verbrachte ihre Jugend und Schulzeit dort und kam dann, mit ihren Eltern, Anfang der 70er nach Deutschland. In Berlin lebten und arbeiteten sie, bis meine Mutter dann 1974 meinen Vater geheiratet hat. Kurz danach bin ich dann auf der Bildfläche aufgetaucht. 1979 kam dann noch meine Schwester dazu.

Nach der Heirat lebte und arbeitete meine Mutter in Darmstadt, oder besser in der näheren Umgebung von Darmstadt. Damals haben wir in Ober-Ramstadt gewohnt. Anfang der 80er sind wir nach Darmstadt-Dieburg umgezogen. Damals war es eine eigene Gemeinde die sich dann auch Münster nannte, später aber in Dieburg eingemeindet wurde. Das gab ein paar ganz nette Verwechslungen, denn wer kennt schon das klitzekleine Münster da neben Dieburg? 🙂

1985 sind meine Großeltern wieder nach Türkei zurückgekehrt, meine Eltern und ich sind dann wieder zurück nach Ober-Ramstadt gezogen. Dort haben wir bis Anfang der 90er gelebt.

Mein Vater hat in der Zeit mehrere Projekte gestartet, Lebensmittelläden, Restaurants, Kneipen, und hat so ziemlich jedes davon an die Wand gefahren. Mutter hat zu dieser Zeit in einer Chemiefabrik gearbeitet und gut verdient. Irgendwer musste ja die Bonität für die Kredite haben… Zusätzlich dazu hat sie auch in den Lebensmittelläden oder Kneipen mitgearbeitet.

Anfang der 90er sind wir dann nach Wuppertal umgezogen. Meiner Ansicht nach ist das der Punkt, wo der Karren sich so richtig in die Scheiße gefahren hat und auch nicht wieder hat rausziehen lassen. Ich hatte ja noch Glück, da ich zu dieser Zeit in Marburg im Internat war und mich um Wuppertal erst mal nicht kümmern musste, außer an Wochenenden. Und es war damals schon Müll!

Dieses Mal hat es mein Vater mit 2 Kneipen versucht, einer Nachtkneipe oder Nachtlokal, und einer gewöhnlichen Eckkneipe. Die Eckkneipe hat meine Mutter betrieben. Das war Alt Wuppertal, Höchsten 2, das wird später noch wichtig. So, und ein Mal dürft ihr raten, was passiert ist? Genau, das Nachtlokal hat Vater gegen die Wand gefahren. 🙂 Und wo er schon mal dabei war, seine Ehe gleich mit… 1996 kam die Scheidung, meiner Ansicht nach, längst überfällig.

Mutter hat Alt Wuppertal weiter betrieben. Reich konnten wir damit nicht werden, aber einigermaßen vernünftig leben ging schon. Und obwohl Mutter wie gesagt nur 1,45 m groß ist, konnte sie sich immer durchsetzen. Das mag auch am Baseballschläger gelegen haben, den sie unter der Theke hatte… 🙂 Den musste sie übrigens nie benutzen, zeigen hat schon gereicht… 🙂

Die Stammkundschaft stand immer geschlossen hinter Mutter, auch als der recht schmutzige Scheidungskrieg losging. Die haben sie immer Medusa genannt, weil sie es irgendwie nie hinbekommen haben, Mesude richtig auszusprechen. Sei’s drum, Mutter mochte das zumindest ein bisschen. 🙂

Eines Tages gibt es in der Kneipe eine kleine Schlägerei. Nun, so was passiert in ’ner Kneipe gelegentlich, aber Mutter fackelt da nicht lange und ruft die Polizei. Das war nicht das erste, aber auch nicht das letzte Mal. Der Polizist kommt also rein, und fängt gleich an: „Welcher Ausländer hat den Krawall angefangen!“… Oh, Alter, so darfst du meiner Mutter echt nicht kommen! Wie eine Furie jagt sie hinter der Theke vor und baut ihre 1,45 m vor dem Polizisten auf:

Warum du sagen Ausländer? Ich Ausländer, ist meine Lokal, ich gerufen Polizei! Da Deutsche machen alles kapuut! Hau ab und schicke anständig Polizei!

Der Polizist wurde immer kleiner, sein Partner fühlte sich auch sichtlich unwohler in seiner Uniform, und ich stand hinter der Theke, weil ich mich auch gelegentlich um die Musik gekümmert habe, und konnte nicht mehr vor lachen! Die Polizisten sind dann tatsächlich abgezogen und kurze Zeit später kamen 2 andere Polizisten. Von da an nahm alles einen sehr zivilisierten Gang! 🙂

Ich war in der Zeit übrigens in der Ausbildung und nur gelegentlich Wochenends dort. Eigentlich habe ich in Soest gewohnt, in einer WG mit ein paar Freunden.

Im Jahre 2000 wollte meine Mutter die Kneipe abgeben. Der Stress war dann doch etwas viel, und die Besoffskies wurden teils immer aggressiver. Mutter hatte also versucht, mit dem Hauseigentümer, Herr Nöttkes, oder wie der sich nun schreibt, einen Vertrag zu machen, um die Kneipe zu übergeben. Hierbei wurde sie nach allen Regeln der Kunst verarscht! Mutter mag in mancherlei Situation resolut sein, in geschäftlichen Dingen war sie manchmal etwas zu gutgläubig.

Es kam, wie es kommen musste, sie verlor die Kneipe, ohne etwas dafür zu bekommen. Zwischenzeitlich ist der Hauseigentümer insolvent gegangen, so dass das Haus zwangsversteigert wurde, ich meine mich zu erinnern, durch die Deutsche Bank, das wird auch noch mal wichtig.

Die Bank hat sich einen Scheiß dafür interessiert, dass wir mehrmals gesagt haben, dass das Inventar unser Eigentum ist. Das wurde mit Brauereikrediten von Wicküler bezahlt. Die Kredite waren längst abbezahlt, das Inventar längst unser Eigentum. Die Bank versteigert das Haus dennoch mit Inventar und hat uns de facto um knapp 40000 DM enteignet. Gerichtsprozesse führten ins Leere, und zwischenzeitlich starb der Hauseigentümer. Da das Risiko zu hoch sei, wurde ihr von weiteren Prozessen abgeraten. Viel wäre finanziell ohnehin nicht mehr gegangen.

Wieder bei 0 angekommen, beginnt meine Mutter als Reinigungskraft zu arbeiten. Dies tat sie in mehreren Firmen bis heute.

Ich habe 1999 einen Job in Wuppertal angenommen, wodurch ich dann auch dauerhaft dort wohnte. Zwar hatte ich den Job 2002 nicht mehr, weil die Niederlassung schloss, aber ich bin in Wuppertal geblieben.

Nun haben wir, mehr schlecht als recht, unser Leben gelebt. Es hätte alles sehr viel einfacher sein können, aber so war es nun mal. Die Gelder aus dem Verkauf des Inventars hätten zumindest einen schönen Notgroschen abgegeben. Übrigens, das Inventar ist immer noch im Lokal und wird auch immer noch verwendet. Ich hab letztens mal jemanden reinschauen lassen.

Ende 2015 hat meine Schwester zum 2. Mal geheiratet, und das ist auch so die Zeit, wo ich meine Mutter zum letzten Mal wirklich gesund erlebte. Im Nachhinein freue ich mich, dass Mutter das so erleben durfte.

Über Neujahr 2015/2016 flog Mutter in die Türkei, um ihre Eltern, also meine Großeltern, zu besuchen. In dieser Zeit starb eine meiner Großtanten, die schon seit Jahren außer an Diabetes noch an diversen anderen Krankheiten gelitten hat. Anfang Januar kommt Mutter zurück, und zunächst scheint alles normal. Der einzige Unterschied ist, dass sie über starke Müdigkeit und Erschöpfung klagt, aber da schieben wir es noch auf ihre Überarbeitung. Um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen, übernimmt Mutter in der Firma schon lange immer wieder Vertretungsschichten. Daher fällt das erst mal nicht weiter auf.

Meine Mutter war eigentlich eine sehr gesundheitsbewusste Frau. Sie ging immer zu den Vorsorgeuntersuchungen, achtete genau auf das, welche Früchte, Gemüse, Kräuter und Tees sie zu sich nahm, ohne jedoch eine Religion daraus zu machen. Im Februar 2016 ging sie also zur mal wieder fälligen Darmspiegelung. Dort sagte man ihr schon, dass da etwas zu sehen sei, aber das müsse sie noch genauer untersuchen lassen.

Zeitgleich sagte ihr Orthopäde, ihre Leberwerte im Blut seien merkwürdig, sie solle das mal untersuchen lassen. Der macht die Blutuntersuchungen übrigens um Knochenabbauprodukte zu finden, Osteoporose-Untersuchung.

Zwar ist es nicht ausgesprochen, aber dennoch ist zumindest mir im Innern schon klar, wohin die Reise gehen wird. Also geht sie zu weiteren Untersuchungen, und die Befürchtungen bewahrheiten sich leider. Es wird ein bösartiger Gallengangskrebs festgestellt, der nicht operabel ist und auch nicht heilbar ist.

Zuerst realisiert man das gar nicht so recht. Das war bei ihr so, aber auch bei mir. Krebs, OK, aber wir leben ja nicht im Mittelalter. Vielleicht ist er nicht heilbar, dachten wir beide, aber vielleicht kann man ihn unter Kontrolle halten.

Von da an ging alles sehr schnell. Beratung, Einsatz eines Port-Katheters, Besprechung der Chemotherapie, usw. Dann kamen die ersten Zyklen. Und die Effekte waren zwar für 2 oder 3 Tage niederschlagend, danach war die Kraft bei Mutter aber wieder fast vollständig da.

Das ging eine Weile wirklich gut. Der Tumor schrumpfte sogar um die Hälfte. Wir waren dementsprechend optimistisch. Im Sommer 2016 konnten wir sogar noch für 3 Wochen in den Urlaub fliegen, für mich der erste Urlaub nach 6 Jahren.

Aber da begannen die neuen Probleme: Wie den Großeltern sagen? Wir haben uns letztlich dazu entschlossen, nichts zu sagen. Meine Großeltern kriegen ja schon einen Rappel, wenn jemand nur einen Schnupfen hat, was würde passieren, wenn wir ihnen sagten, ihre einzige Tochter hat einen unheilbaren Tumor? Beide Großeltern sind um die 86 Jahre alt, haben Blutdruck- und Herzprobleme. Das wollten wir dann lieber nicht riskieren. Abgesehen davon brauchte meine Mutter in der Zeit Kraft, und auch wenn das jetzt zynisch klingt, jammernde Eltern hätten sie nur weiter runtergezogen. Im Nachhinein bin ich zwar immer noch der Ansicht, dass es richtig so war, aber wir haben dennoch vielleicht zu lange gewartet, um was zu sagen.

Zwar hat die Chemo meine Mutter arg mitgenommen, der Tumor blieb aber tatsächlich unter Kontrolle. Wenn auch wesentlich langsamer und nicht mehr so ausdauernd, konnte sie jedoch immer noch alles selbst tun und das Leben genießen. Bis Ende 2016, wo der Arzt die Therapie umgestellt hat. Von da ging alles schnell bergab.

Nun würde ich euch gerne offen und ehrlich sagen, zu welchem Arzt ihr in Wuppertal auf gar keinen Fall hingehen solltet, wenn ihr einen Onkologen braucht, das würde aber in Klagen gegen mich resultieren. Man brauchte eine Brechstange, um die Zähne des Mannes auseinanderzubekommen, wenn man was erklärt haben wollte, aber wenn es ihm selbst was genutzt hat, da konnte der reden, das glaubt ihr gar nicht!

Wie auch immer, wir haben sofort den Onkologen gewechselt, nachdem wir bei dem Typ nicht weitergekommen sind. Leider war das evtl. zu spät, denn die Entwicklung, wie sie jetzt eingesetzt hatte, war nicht mehr umzukehren. Mutter wurde schnell schwächer.

Meine Aufgabe war es in der Zeit, mit Ärzten zu reden, Bankgeschäfte zu tätigen und ihren Papierkram in Ordnung zu halten. Und eines kann ich euch sagen: Selten habe ich mich durch die Krankenkasse so alleingelassen gefühlt. Ständig wurde ich nach Unterlagen geschickt, wie z. B. eine Aufenthaltsbestätigung, dass meine Mutter im Krankenhaus ist. Alter, die Tussi sagt mir selbst, dass sie weiß, dass meine Mutter im Krankenhaus ist, sie aber dieses Papier braucht! Wozu, um den Angehörigen zu ärgern? Ohne das Papier gibt es kein Krankengeld. Passierschein A38, wissen schon… 🙁

Nun hat Mutter mich, der hinter den Unterlagen her rennen kann, und sich dabei die linke Hand brechen kann. Aber gefragt, was denn mit mir wäre, der ich ja nun keinen Angehörigen hätte, der diese Unterlagen beschaffen kann, würde man mich dann fallen lassen wie eine heiße Kartoffel? Diese Frage konnte oder wollte mir die Mitarbeiterin der Krankenkasse dann nicht beantworten. Die Leute hofieren, wenn sie gesund sind, aber abschießen, wenn sie krank sind? So eine Krankenkasse braucht kein Mensch!

Meine Mutter hat Konten bei der Deutschen Bank. Und damit die Bankgeschäfte weiter laufen können, wenn meine Mutter mal nicht selber hingehen kann, wollte sie mir eine Bankvollmacht ausstellen. Alter, die haben sich so dermaßen angestellt bei der Bank, dass ich mich echt beherrschen musste, um nicht laut loszubrüllen: Um 40000 DM enteignen könnt ihr, aber für so’n lächerliches Konto kriegt ihr keine Vollmacht eingetragen? Ich frage mich ja heute noch, was meine Mutter geritten hat, ausgerechnet bei diesen Bankstern Verträge abzuschließen! Sei’s drum, am Ende hatte ich meine Vollmachten.

Seit nun fast 2 Monaten bekam Mutter schon keine Chemo mehr, weil ihre Entzündungswerte im Blut zu hoch sind. In der Zwischenzeit wuchs der Tumor und begann zu streuen. Das war Ende März, Anfang April, knapp 1 Jahr nach Diagnose. Ende April konnte sich Mutter kaum noch um sich selbst kümmern, und die Schmerzen wurden immer stärker. Daher ging sie ins Krankenhaus.

Zwar hatten wir gehofft, häusliche Pflege organisieren zu können, aber der Gesundheitszustand meiner Mutter ging so rapide Berg ab, dass das keine Option mehr war.

Und obwohl ich alle Hände damit zu tun hatte, mein eigenes Leben neu zu sortieren, den Papierkrieg für Mutter zu machen und mit der Erkenntnis klarzukommen, dass sie bald sterben würde, plante ich, im Juni auf die Fedcon zu gehen. Ich wollte es absagen. Ich hatte Mutter gefragt, ob sie es lieber hätte, wenn ich bei ihr bin. Und selbst jetzt, schwach und im Bett liegend, tut man, was sie sagt. Nachdem ich so viel für sie getan hätte, solle ich gefälligst auch mal an mein Leben denken! Kurz gesagt, sie hat mich regelrecht dahin befohlen…

Mit einem extrem unguten Gefühl und einem gigantischen schlechten Gewissen würde ich also auf die Fedcon gehen. Das würde sehr schwer für mich werden. Einerseits versuchen, Spaß zu haben, und andererseits es irgendwo auch nicht zu können, weil ich ständig an Mutter denken musste.

Am 28.05. war ich wieder bei Mutter. Es zerreißt mir das Herz! Diese unglaublich starke Frau, die nicht mal vor Motorradrockern angst hat, die locker mal doppelt so groß sind wie sie, liegt im Bett und kann kaum ihr eigenes Wasserglas halten. Zum Glück hat sie geschlafen und nicht gesehen, dass ich ein paar Tränen verdrückt hatte. Alter, die wäre aus dem Bett gesprungen und hätte mir den Arsch sowas von versohlt!

Mutter war immer optimistisch. Wir wussten beide von Anfang an, dass das Ende kommen würde. Dennoch, Aufgeben war für Mutter niemals eine Option. Selbst jetzt im Bett spürt man, wie sie stur um jede Minute Leben kämpft.

Ich habe es dann dennoch nicht ausgehalten, bin kurz raus, habe mir eine stille Ecke gesucht und mich erst mal ausgehäult. Nicht, weil ich mich dessen schämen würde, ich hatte einfach keinen Bock auf diese „Das wird schon“-Sprüche! Nein, wird es nicht, und ich will den Scheiß auch nicht hören!

Unsere Großeltern waren immerhin schon so weit informiert, dass sie möglichst bald ein Visum beantragen und nach Deutschland kommen konnten. Sie würden uns, also meiner Schwester und mir, niemals verzeihen, wenn wir sie zu spät rufen würden und sie ihre Tochter nicht noch ein mal sehen könnten.

Alles, was bleibt ist die Erkenntnis, dass man im Krankheitsfall durchaus auf sich allein gestellt sein kann. Plötzlich ist keiner zuständig, plötzlich braucht es Prozeduren, die aber irgendwie keiner kennt, weil man ist ja irgendwie der erste, dem so was passiert… Ich sage es ganz ehrlich, ich habe eine scheiß Angst! Was ist mit mir, wenn ich mal Krank werde? Man möchte vor so viel Konzeptlosigkeit schier verzweifeln! Aber ich werde herausfinden, ob das etwas spezifisches unserer Krankenkasse ist, oder ob das ganze System im Arsch ist. Aber ich gebe zu, sehr optimistisch bin ich nicht. Gut möglich, dass das ein Systemfehler ist.

Am 31.05.2017 um 11:42 Uhr kam dann der Anruf, den ich zwar erwartet habe, den ich aber niemals erhalten wollte. Kurz zuvor ist sie verstorben. Sie wurde 62 Jahre alt.

Als ich im Krankenhaus war, um mich zu verabschieden, hatte sie einen friedlichen Gesichtsausdruck. Doch erst, als ich ihre Hand gehalten und über’s Haar gestrichen habe, wurde es für mich zur Realität: Nun ist die Welt wirklich viel leerer geworden…

All die Schmerzen, all das Leid, sie hat es nun hinter sich. Und ich? Ich bin noch da und muss nun zusehen, dass ich irgendwie ins Leben zurückfinde. In ein Leben voller Zweifel, voller Unsicherheiten und einer Gesellschaft, in die ich nachhaltig das Vertrauen verloren habe.

Für Mutter war das Leben und eine gute Einstellung wichtig. Keine einzige Sekunde hat sie sich von der Krankheit runterziehen lassen. Klar, es gab immer mal Momente der Verzweiflung, aber die dauerten nie lange. Geschwächt von der Chemo hat sie dennoch Pläne für einen Urlaub im Sommer geschmiedet. Immer der Blick in die Zukunft, immer die Hoffnung, dass vielleicht zwischenzeitlich vielleicht eine Möglichkeit gefunden würde. Doch, falsche Hoffnungen hat sie sich nie gemacht. Sie wusste, wie es endet, und hat dem bis zuletzt aufrecht ins Angesicht geblickt.

Wie oft man sie auch immer getreten hat, sie hat sich nie unterkriegen lassen! Und ich werde das Andenken an sie nicht dadurch beschmutzen, indem ich jetzt zusammenbreche! Ich stehe noch, und genau wie diese unbeugsame und starke Frau werde ich stehen, bis zur fucking letzten Sekunde!

Von Kamil Günay

Ich bin an allem, was zu SF und Fantasy gehört, interessiert. Außerdem interessiere ich mich für Astronomie, Technik im Allgemeinen und Luft- und Raumfahrt im Besonderen, Computer, Netze und Musik. Ich lese viel, höre viel Musik und gehe gelegentlich auch auf Konzerte. Dabei ist mein Musikgeschmack recht weit gefächert, von NDW bis Hip-Hop, von Klassik bis Metal, ich mache da keine Einschränkungen. Es gibt viele gute Musiker da draußen, da möchte ich mich nicht auf einen Stil einschränken. Auf die Fedcon gehe ich auch seit einigen Jahren regelmäßig. Und noch ein kleines Detail am Rande, ich bin stark sehbehindert, aber das hat mich bisher auch nie aufgehalten. :-)

2 Kommentare

  1. Hallo Kamil, mein Beileid. Ich habe selten einen Nachruf gelesen, der mich so sehr beeindruckt hat! Ich habe deine Mutter als Energiebündel in Erinnerung und habe auch die Geschichten noch im Ohr, die du über sie erzählt hast. Und ihr Essen war echt lecker. 🙂

    Ich wünsche Dir von ganzen Herzen ganz viel Kraft und alles Gute!
    Liebe Grüße

  2. Hallo Kamil Abi,

    Ich weiß nicht ob du dich noch an mich erinnern kannst, ich bin die Schwester von Alimann Sakine, wir waren Nachbarn im Hochhaus.
    Du hast Mesüde Abla so gut beschrieben, genau so hatte ich sie in Erinnerung, möge sie in Frieden ruhen .
    Ich kann So gut nachempfinden was sie durchgemacht hat durch ihre Krankheit. Ich habe selbst Krebs (Leukämie) und weiß nur zu gut was das aus einem Menschen machen kann. Aber ich bin mir sicher das Mesüde abla verdammt stolz war so einen Jungen zu haben der bis zu letzten Sekunde an ihrer Seite war.
    Den Papierkrieg kenne ich auch nur zu gut, aber ich muss sagen ich hatte das Glück das alles super ablief bei mir ohne irgendwelche Probleme. In der Hinsicht bin ich froh in Deutschland zu sein, weil vorstellen möchte ich mir nicht wie alles wohl abgelaufen wäre wenn ich evtl. in Türkei gelebt hätte!
    Ich muss natürlich auch dazu sagen, das ich stolz bin meine Familie zu haben, die immer hinter mir stehen und mir die Kraft geben am Leben weiter teilnehmen zu wollen. Das einzige ist nur was einen innerlich sehr kaputt macht, Menschen die einen so lieben weh zu tun.
    Aber Danke das du so schönes über deine Mutters stärke geschrieben hast, weil das ist nun ein Vorbild für mich egal wie hart auch einige Tage sind, ich werde immer versuchen so stark wie möglich zu sein.
    Allah sana ve yetgine sabir versin.
    Başınız sağ olsun, topra bol mekanı cennet olsun

    Sakine

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